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Nr. 15MinisterratssitzungMittwoch, 23. Januar 1946 Beginn: 15 Uhr 25 Ende: 18 Uhr 40
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Hoegner, Arbeitsminister Roßhaupter, Innenminister Seifried, Finanzminister Dr. Terhalle, Kultusminister Dr. Fendt, Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Wirtschaftsminister Dr. Erhard, Minister ohne Portefeuille Schmitt, Staatssekretär Ficker (Innenministerium), Staatssekretär Thunig (Staatsministerium für Ernährung und Landwirtschaft), Staatssekretär Fischer (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Dr. Meinzolt (Kultusministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Staatssekretär Staatsrat Dr. Ehard (Justizministerium), Reichspostpräsident Dr. Geiger.

Tagesordnung:

I. Verordnung über Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts bei Beamten. II. Gesetz über den beratenden Landesausschuß. [III. Abänderung des Gesetzes über die Einsetzung von Friedensrichtern]. [IV. Ablehnung des Gesetzes über die Bayerische Staatsangehörigkeit]. [V. Betäubungsmittelgesetz]. [VI. Verordnung über die Säuberung der Personalakten]. [VII. Teilnahme des Leiters des Informationsamtes der Bayer. Staatskanzlei an den Ministerratssitzungen]. [VIII. Communiqué über die Ministerratssitzungen]. [IX. Treuhändergesetz]. [X. Zusammenlegung von Gemeinden im Bereich der Militärregierung Regensburg]. [XI. Bodenreform]. [XII. Wohnungsbau]. [XIII. Urlaub für Beamte]. [XIV. Pensionen ehemals bayerischer Beamter, die nach 1933 Reichsbeamte geworden sind]. [XV. Behandlung österreichischer Staatsangehöriger im öffentlichen Dienst]. [XVI. Vorführung des Films „Die letzte Chance“]. [XVII. Überprüfung der Beschwerden über Landräte]. [XVIII. Verbrechen in Passau am 7. 1. 1946].

I. [Verordnung über Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts bei Beamten]

Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, daß das Finanzministerium nunmehr einen Entwurf eingereicht habe, der gegenüber dem ursprünglichen Entwurf1 ziemliche Abänderungen aufweist. Er gibt hierauf diesen Entwurf bekannt. Finanziell sei seines Erachtens die Auswirkung äußerst gering, die in den Ruhestand versetzten Beamten hätten nur den Anspruch auf ihr Ruhegehalt. In den meisten Fällen seien die entlassenen Beamten ohnedies mit dem Ruhegehalt abgefunden worden. Vielleicht sei unter Ziffer 1 noch hinter den Worten „typisch nationalsozialistischer Gesetze“ zu ergänzen „und Maßnahmen“. Im übrigen scheine ihm in der sehr ins Einzelne gehenden Verordnung nur der Fall nicht getroffen zu sein, daß z. B. ein jüdischer Beamter, der 1933 mit vollem Ruhegehalt entlassen worden sei, später überhaupt nichts mehr ausbezahlt erhalten habe. Diesem müsse man das Ruhegehalt nachzahlen.

Staatsminister Dr. Terhalle meint, daß dieser Fall durch Ziffer 3 erfaßt werde.2

Ministerpräsident Dr. Hoegner glaubt, daß dieser Fall doch nicht ausdrücklich geregelt sei und schlägt folgende Ergänzung vor: Nichtbezahlte Ruhe- und Hinterbliebenengehälter sind nachzuzahlen.

Staatsminister Dr. Terhalle präzisiert diesen Vorschlag in folgender Weise: Nach dieser Verordnung geschuldete, aber nicht ausgezahlte Ruhegehälter und Hinterbliebenenbezüge sind nachzuzahlen.

In dieser Fassung wird der Vorschlag einstimmig angenommen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner wiederholt, daß der Entwurf im allgemeinen dem entspreche, was bereits von allen Verwaltungen getan worden sei, auch von den Gemeindeverwaltungen. Es handle sich nur um eine Zusammenfassung. Auch der Fall der jüdischen Witwen, der nach einem Entwurf von Staatsminister Roßhaupter bis jetzt nicht geregelt war, werde jetzt erfaßt. Hierauf eröffnet er die allgemeine Aussprache.

Staatssekretär Ficker weist auf seinen früher gemachten Vorschlag hin, auch die Arbeiter und Angestellten hereinzunehmen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, daß er den Finanzminister schon darauf hingewiesen habe, es sei in diesem Falle aber sehr schwer, eine Regelung zu treffen, man müsse wissen, wie bei Arbeitern und Angestellten seinerzeit die Sache gehandhabt worden sei.

Staatssekretär Ficker erklärt, er sei 1933 Arbeiter bei der Städtischen Straßenbahn gewesen und sei wegen seiner Zugehörigkeit zur KPD fristlos entlassen worden. In zahlreichen anderen Fällen sei das Gleiche vorgekommen.

Staatsminister Roßhaupter führt aus, im allgemeinen seien für die Beamten Erhebungen gepflogen worden, wie viele zur Entlassung gekommen seien. Es seien verhältnismäßig sehr wenig gewesen. Anders lägen die Dinge bei den Arbeitern und Angestellten. Er halte es auch hier für notwendig, daß festgestellt wird, wieviel Angestellte und Arbeiter in Betracht kämen. Wenn man die Zahl habe, könne man auf Einzelheiten eingehen. Die Dinge lägen bei den Arbeitern nicht so einfach wie bei den fest Angestellten. Wenn einem Arbeiter inzwischen eine Arbeit vermittelt worden sei, unter Umständen sogar eine höherwertige, dann sei keine Schädigung eingetreten. Es sei nur zu prüfen, in wieweit Schädigungen eingetreten seien dadurch, daß der Arbeiter die Rechte aus einer Zuschußkasse verloren habe.

Staatsminister Schmitt meint, daß es auch andere Fälle gegeben habe. Wenn ein Werkmeister wegen Zugehörigkeit zu einer politischen Partei entlassen worden sei, sei er oft gezwungen gewesen, sein Arbeitsverhältnis an anderer Stelle wieder von unten zu beginnen. Dadurch habe er schwere Lohneinbußen erlitten. Er sehe nicht ein, daß man solche Leute anders behandeln solle. Er stimme aber dem zu, daß noch Erhebungen angestellt werden müßten.

Ministerpräsident Dr. Hoegner glaubt, daß man beide Dinge nicht verquikken könne, man solle aber ausdrücklich vorbehalten, daß diese Verordnung auch entsprechend auf Arbeiter und Angestellte anzuwenden sei, wenn die rechtlichen Voraussetzungen gegeben seien, z. B. wenn eine Kündigungsfrist nicht eingehalten wurde. Von rechtswegen sei dann der Lohn bis zum Ablauf der ordnungsgemäßen Kündigungsfrist nachzuzahlen. Dann sei der Arbeiter oder Angestellte in die gleiche Lage versetzt wie der Beamte. Der Beamte bekomme ja auch nicht den Schaden dafür ersetzt, daß er aus dem aktiven Dienst hinausgeworfen worden sei.

Staatsminister Schmitt führt noch einen anderen Fall an, nämlich, daß viele Leute entlassen und zwangsweise am Westwall eingesetzt worden seien.

Ministerpräsident Dr. Hoegner bezeichnet dies als eine Sache der Entschädigung nach dem Wiedergutmachungsgesetz.

Staatssekretär Krehle ist der Ansicht, daß darunter auch die Leute fallen, die entlassen und bezüglich deren dem Arbeitsamt die Weisung gegeben wurde, sie nicht zu vermitteln.

Ministerpräsident Dr. Hoegner bestätigt diese Auffassung. Der Beamte bekomme ja auch nicht das, was er bei normalen Verhältnissen verdient hätte.

Staatssekretär Krehle führt aus, es sollten also, wenn jemand aufgrund dieser Verordnung nachträglich befördert werde, ihm nicht die Bezüge des höheren Dienstgrades nachgezahlt werden, sondern nur das Besoldungsdienstalter heraufgesetzt werden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner bestätigt diese Auffassung. Etwas anderes wäre eine Sache der Wiedergutmachung.

Staatsminister Dr. Terhalle unterstreicht diese Ausführungen. Die meisten seien mit voller Pension in den Ruhestand versetzt worden, nur wenige mit Kürzungen; nur diese sollten eine Nachzahlung erhalten. Bezüglich der Angestellten und Arbeiter halte auch er es für zweckmäßig, zuerst Erhebungen anzustellen.

Reichspostpräsident Dr. Geiger wirft eine Frage auf, die bei der Post immer wiederkehre. Wenn Beförderungen nachgeholt werden sollen, müßten dann die Aufstiegsprüfungen nachgeholt werden oder nicht?

Staatsminister Dr. Terhalle spricht sich für eine Nachholung der Prüfungen aus. Wir müßten eine Leistung und den Nachweis dieser Leistung verlangen. Eine Ausnahme könne es nur geben, wenn jemand sich in einer höheren Position schon bewährt habe.

Reichspostpräsident Dr. Geiger erklärt, er sei auch dieser Ansicht. In der Regel sei es zweckmäßig, die Prüfung nachholen zu lassen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt folgende Zusätze zur Verordnung vor:

„4. Hängt die Beförderung in ein höheres Amt von einer Leistungsprüfung ab, so ist diese grundsätzlich nachzuholen.

5. Entsprechende Bestimmungen für Arbeiter und Angestellte des Bayerischen Staates usw. bleiben Vorbehalten“.

Reichspostpräsident Dr. Geiger meint, man solle noch hereinnehmen, daß, wenn der Beamte schon gestorben sei, die Witwe dann höhere Pension bekomme, wenn der Beamte zwar die Leistungsprüfung nicht nachgeholt, aber sich in der höheren Stelle bewährt habe.

Ministerpräsident Dr. Hoegner hält dies für überflüssig. Diese Möglichkeit sei durch die Hinzufügung des Wortes „grundsätzlich“ eröffnet.

Staatssekretär Dr. Meinzolt regt an, nachdem es sich nicht um eine Wiedergutmachung handeln solle, sei die Überschrift irreführend. Man solle anstelle des Wortes „Wiedergutmachung“ das Wort „Beseitigung nationalsozialistischen Unrechts“ wählen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, nicht die Form einer Rechtsverordnung, sondern einer gemeinsamen Dienstanweisung sämtlicher Staatsministerien zu wählen.

Reichspostpräsident Dr. Geiger erklärt sich bereit, für die Reichspost diese Richtlinien auch anzunehmen. Er glaubt, daß das gleiche bei der Reichsbahn der Fall sein werde.

Staatssekretär Krehle erkundigt sich, ob nur bayerische Beamte in Betracht kämen und nicht auch solche, die in der Zwischenzeit in den bayerischen Staatsdienst übernommen worden seien.

Hierzu erklärt Ministerpräsident Dr. Hoegner, diese seien mit der Übernahme bayerische Beamte geworden.

Staatssekretär Krehle bezweifelt, ob man in diesen Fällen entsprechende Nachprüfungen machen könne. Er halte diese Frage für wichtig.

Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt in Ziffer 1 folgenden Zusatz in Zeile 4 vor: „während ihrer Tätigkeit in Bayern“. Damit fielen auch die Reichsbeamten darunter, die bei Reichsdienststellen in Bayern tätig seien. Damit halte er alle Möglichkeiten für erschöpft.

Staatsminister Dr. Baumgartner erklärt, ihm sei die Sache mit den öffentlich rechtlichen Körperschaften nicht ganz klar. Er denke vor allem an die früheren Landesbauernkammern.3

Staatssekretär Dr. Ehard erklärt, daß es sich hier um kein Gesetz handle, sondern um eine Dienstanweisung, die jederzeit durch eine Entschließung des Ministerpräsidenten interpretiert werden könne.

Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt abschließend vor, Ziffer 1 so zu fassen: „Beamte des Bayerischen Staates, der Bayerischen Gemeinden, Gemeindeverbände und sonstigen Bayerischen Körperschaften des öffentlichen Rechts sowie von öffentlichen Verwaltungen, die vom Land Bayern treuhänderisch verwaltet werden, haben, wenn sie während ihrer Tätigkeit in Bayern in Auswirkung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 (RGBl. I S. 175  ) und des Änderungsgesetzes vom 26. September 1934 (RGBl. I S. 845  ) oder anderer typisch nationalsozialistischer Gesetze und Maßnahmen durch Entlassung, durch vorzeitige Ruhestandsversetzung oder durch Ruhestandsversetzung mit geringerem als dem gesetzlichen Ruhegehalt geschädigt worden sind, Anspruch auf Wiedergutmachung nach folgenden Bestimmungen“.4

In dieser Fassung wird die gemeinsame Dienstanweisung einstimmig angenommen.5

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß die Einzelfälle von den Ressortministern im Benehmen mit dem Finanzministerium zu entscheiden seien.

II. [Gesetz über den beratenden Landesausschuß]

Ministerpräsident Dr. Hoegner erstattet Bericht über den Entwurf des Gesetzes über den beratenden Landesausschuß.6 Es sei eine andere Präambel vorgeschlagen, die nunmehr folgendermaßen lauten solle: „Zur Weiterentwicklung des Staatsaufbaues nach demokratischen Grundsätzen wird für die Zeit bis zum Zusammentritt eines nach allgemeinem, gleichen und geheimen Wahlrecht gewählten Bayerischen Landtags zur Stärkung des Vertrauens zwischen Staatsregierung und Volk ein beratender Landesausschuß gebildet. Für die Zusammensetzung, Zuständigkeit und Tätigkeit des beratenden Landesausschusses gelten folgende Bestimmungen:“.

Zu Art. 1 erklärt Ministerpräsident Dr. Hoegner, dessen Inhalt stehe bereits im vorläufigen Staatsgrundgesetz.7 In Art. 2 werde die Höchstzahl der Mitglieder festgesetzt. Er schlage hierfür 180,8 das sei der Landtag von 1919, vor.9 Wenn man den württembergischen Maßstab zugrundelege, kämen wir auf über 300 Mitglieder.10 Ursprünglich habe er 60–70 Leute haben wollen, dann seien die Wünsche und Vorschläge gekommen und die Zahl sei immer größer geworden. Für den Landtag könne man nun die Aula der Universität bekommen, so daß genügend Platz vorhanden sei.11 In dem württembergischen Entwurf sei die Zusammensetzung im Einzelnen geregelt. Er halte dies aber nicht für notwendig.

Staatsminister Dr. Terhalle meint, im Oberfinanzpräsidium sei ein großer Saal mit 400 Sitzen vorhanden. Der Zugang zu diesem Saal sei repräsentativer wie in der Universität und man brauche nicht bis Mitte Februar zu warten. Außerdem seien Nebenräume für Ausschüsse usw. vorhanden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, daß von einem solchen Gremium keine Ausschüsse gebildet werden könnten, das sei bei wohlorganisierten Parteien möglich, aber nicht bei der Zusammensetzung dieses vorberatenden Landtags. Er wolle aber zunächst das Gesetz im ganzen vorlesen und dann nochmals die einzelnen Artikel zur Diskussion stellen. Zu Art. 3 bemerkt er, daß er angeordnet habe, daß von allen Leuten Fragebogen erholt werden. Wenn jemand nicht sauber sei, scheide er aus.12 Art. 4 erläutert Ministerpräsident Dr. Hoegner dahin, daß der Landesausschuß gehört werden solle, aber nicht müsse.13 Wenn er von der Militärregierung den Auftrag bekomme, binnen 24 Stunden ein Gesetz zu machen, dann könne er nicht zuerst den Landesausschuß hören. Daß der Landesausschuß nur ein Beratungsrecht habe, sei von der Militärregierung in Frankfurt festgelegt worden.

Hierauf verliest Ministerpräsident Dr. Hoegner noch die Art. 5–914 und beginnt sodann mit der Beratung und der Beschlußfassung über die einzelnen Artikel.

Artikel 1 wird einstimmig angenommen.

Zu Art. 2 schlägt Ministerpräsident Dr. Hoegner eine Höchstzahl von 180 Mitgliedern vor.

Staatsminister Roßhaupter bezeichnet diese Zahl als viel zu hoch. Dabei komme nichts heraus, er habe beim Landtag von 1919 seine Erfahrungen gemacht. Damals sei es fürchterlich gewesen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner stimmt dem zu.

Staatssekretär Thunig erkundigt sich, ob man heute schon Einzelheiten über die Zusammensetzung erfahren könne.

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt hierauf einen kurzen Überblick über die geplante Zusammensetzung. Der Landesausschuß solle sich folgendermaßen zusammensetzen:

24 Vertreter der politischen Parteien

7 Landräte

3 Oberbürgermeister der Großstädte

4 Bürgermeister kleinerer Städte und Märkte

5 Bürgermeister der ländlichen Gemeinden

7 Vertreter der Gewerkschaften

7 Vertreter des Bauernverbandes

1 Vertreter der Genossenschaften

3 Vertreter der Industrie- und Handelskammer

3 Vertreter der Handwerkskammern und Innungen

die 4 Rektoren der Universitäten und der Technischen Hochschule

je 1 Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche und der israelitischen Kultusgemeinde

1 Rechtsanwalt

1 Arzt

3 Vertreterinnen der Frauen

1 Künstler

1 Schriftsteller

4 Vertreter der Presse

1 Vertreter des Weberausschusses15

und dann noch eine Reihe von Einzelvorschlägen. Bis jetzt seien schon, obwohl ziemlich gestrichen worden sei, 164 Vertreter festgelegt. Wenn man zu einem anderen System übergehe, müsse man ganz brutal streichen.

Staatsminister Roßhaupter meint, man brauche nicht so viel Vertreter politischer Parteien und der Gewerkschaften.

Staatsminister Schmitt ist umgekehrter Meinung. Die Parteien sollten Träger dieses vorparlamentarischen Ausschusses sein.

Staatsminister Dr. Baumgartner meint, die anderen Leute verträten doch auch die Parteien.

Demgegenüber erklärt Staatsminister Schmitt, die politische Indifferenz in der Bevölkerung sei heute sehr groß.

Auch Staatssekretär Thunig ist der Ansicht, daß die politischen Parteien in den Hintergrund treten, wenn man andere Vertreter einberufe. Wenn die Vertreter der Frauen von den politischen Parteien aufgestellt würden, hätten sie ein ganz anderes Gewicht.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, daß die Praxis ganz anders aussehe. Bei den politischen Parteien sei es sehr schwierig, Frauen als Kandidaten unterzubringen. Vor allem mangle es aber auch an geeigneten Frauen.

Staatsminister Schmitt führt aus, dieses Vorparlament solle nicht so sehr den Charakter eines Ständeparlaments als den eines Parteienparlaments haben. Man solle die Parteien stärker vertreten sein lassen und die anderen Vertreter streichen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt hierzu, wenn der Landesausschuß ein Parlament wäre, könne man es überhaupt nicht in der vorgeschlagenen Weise machen. Die politische Aufgabe des Vorparlamentes sei sehr bescheiden. Es werde die Regierungserklärung anhören, Wünsche und Beschwerden Vorbringen. Mehr könne es aber nicht tun.

Staatsminister Schmitt wendet ein, die Erziehung zur Demokratie werde dadurch mehr gefördert, wenn man die Parteien beteilige.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, daß dadurch die Einrichtung an sich überhaupt gefördert würde.

Staatsminister Roßhaupter fügt hinzu, wenn der Landesausschuß ein Parlament wäre, aber er sei ja keines.

Staatsminister Dr. Baumgartner glaubt, die Debatte abkürzen zu können. Der Ministerpräsident wolle dem Volk nur die Möglichkeit geben, sich vor der Öffentlichkeit aussprechen zu können. Er glaube, daß man für diese vorübergehende Sache alles so lassen könne.

Staatsminister Seifried meint, wenn der Landesausschuß die Plattform sein solle, wo sich die Leute aussprechen, gehe es ins Uferlose.

Ministerpräsident Dr. Hoegner ist sich darüber im klaren. Die Schwierigkeit bestehe darin, daß keine Fraktionen gebildet werden könnten, die die Redner, die Redezeit usw. bestimmten.

Staatsminister Dr. Baumgartner fragt an, ob es nicht möglich sei, Fraktionen der Berufsgruppen zu bilden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner hält dies nicht für möglich. Das gehe höchstens bei den Gewerkschaften und dem Bauernverband. Diese Sache zeige die Unmöglichkeit eines Ständeparlamentes. Nachdem es sich beim Landesausschuß aber lediglich um ein Ausspracheorgan handle, könne man ihn nicht rein politisch aufziehen; das habe man in Hessen versucht und sei davon abgekommen.16

Staatsminister Schmitt schlägt vor, die Zahl der Vertreter auf ein Drittel zu verringern und nur Vertreter der politischen Parteien zu nehmen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner bezeichnet dies als unmöglich, da die Sache schon zu weit gediehen sei. Dagegen spreche auch das Vorbild Württembergs17 und Hessens.

Staatssekretär Dr. Ehard meint, die Sache lasse sich durch eine Geschäftsordnung in Ordnung bringen. Man solle einen geschäftsführenden Ausschuß einsetzen und nur über diesen Ausschuß sollen die Mitglieder zu Worte kommen. Wenn die Leute demokratische Disziplin hätten, werde die Sache wohl oder übel gehen. Man müsse sich an ein kleines Gremium halten, mit dem man die Sache besprechen könne. Gehe es nicht, dann bewiesen die Vertreter eben, daß sie mit demokratischen Grundsätzen nicht zu arbeiten verstünden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner meint, das würde bedeuten, nach dem Vorschlag des Landwirtschaftsministers bestimmte Gruppen für die Geschäftsordnung zu bilden. Es gäbe dann vielleicht 7–8 verschiedene Gruppen, die alle zu Wort kommen wollten. Das sei immer noch besser als wenn 180 zu Wort kommen wollten. Dann gäbe es einen Kampf innerhalb der Gruppen.

Staatsminister Roßhaupter schlägt auf Grund seiner parlamentarischen Erfahrungen vor, den Landesausschuß auf 60 Vertreter zu beschränken.

Staatssekretär Fischer ist ebenfalls für eine Verringerung der Sitze.

Staatsminister Dr. Baumgartner schließt sich der Ansicht des Ministerpräsidenten an und zwar deshalb, weil die jetzige Regierung einen Rückhalt im Volke brauche. Vor allem so lange, als die Parteien noch nicht genügend fundiert seien. Er begrüße es, wenn ein breiter Rückhalt gesucht werde.

Staatssekretär Fischer hält 120 Sitze für genügend.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, von seinem ursprünglichen Plan von 60 Leuten sei man durch die Entwicklung selbst abgekommen. Wenn man jetzt rigoros streiche, gebe es nur Verdruß.

Staatsminister Roßhaupter meint, man hätte am ursprünglichen Plan festhalten sollen.

Staatsminister Dr. Baumgartner erklärt, wenn die Tagungen mit dem geschäftsführenden Ausschuß gut vorbereitet würden, dann brauche man nicht so schwarz zu sehen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner fragt an, ob man den Versuch mit dieser Versammlung von 180 Leuten machen solle.

Staatssekretär Ficker glaubt, daß wir in eine gefährliche Situation hineinschlittern, weil jede Berufsgruppe nur ihre Interessen sehe.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, man könne bestimmen, der Landesausschuß habe 3 Tage Zeit. In diesen 3 Tagen könnten so und so viele Leute sprechen, dann sei Schluß.

Staatsminister Schmitt macht folgende grundsätzliche Ausführungen: Gerade die Zusammensetzung der Regierung und ihre Zusammenarbeit zeige, daß eine Möglichkeit vorhanden sei, wenn man sich politisch verantwortungsbewußt fühle. Aus seiner eigenen Erfahrung könne er sagen, daß bei dem größten Teil der Städte ebenfalls diese Zusammenarbeit stattfinde. Das sei aber nur deswegen möglich, weil die dort aufgestellten Ausschüsse an die politischen Parteien gebunden seien. Bei der jetzt geplanten Zusammensetzung des Landesausschusses stelle er sich die Sache aber so vor, daß der Vertreter jeder Stadt die Notwendigkeit der Unterstützung gerade seiner Stadt Vorbringen werde, der Vertreter der Wirtschaftsgruppe die Interessen gerade seiner Gruppe usw. Dadurch gerate man ins Uferlose. Wenn wir das aber beschneiden würden, gingen die Vertreter unbefriedigt nach Hause. Er stehe auf dem Standpunkt, die Hessen und Württemberger sollten es machen wie sie es wollten, wir sollten aber alle aufbauwilligen Kräfte zusammenführen. Er lege gar keinen so großen Wert auf die Parität der Parteien. Man solle keinen zusammengelaufenen Haufen hier nehmen, sondern 60–80 Sitze und dabei die Parteien mehr berücksichtigen.

Staatsminister Roßhaupter meint, daß man unter Zugrundelegung des Gedankens von Staatssekretär Dr. Ehard den Berufsgruppen weniger Sitze zu geben brauche. Die Berufsgruppen sollten sich vorher mit ihrem Vertreter ins Benehmen setzen. Die Industrie- und Handelskammern und Innungen bekämen dann 1–2 Vertreter, die übrigen sollten sich vorher mit diesem verständigen. Wenn die Vertreter durch den Ausschuß abgewürgt würden, falle das der Regierung zur Last. Es sei besser, wenn man das vor den Ausschuß verlege. Es genüge für jeden Berufskreis 1 Vertreter, der die Wünsche der anderen vorbringe. Das sei früher im Parlament auch so gewesen. Nach seiner Ansicht fahre man dabei besser, als wenn man diese Art von Parlament zusammen berufe. 180 Personen seien unmöglich.

Staatssekretär Dr. Meinzolt meint, den Weg mit der Geschäftsordnung dürfe man nicht gehen. Man setze sich sofort dem Vorwurf aus, daß man kein ehrliches Spiel spiele und lade dann die Wut der Enttäuschten auf sich. 7 Landräte halte er für unnötig. Diese könnten ins Innenministerium gehen, die Künstler ins Kultusministerium, die Berufsgenossenschaften zum Arbeitsministerium, wenn sie Sorgen hätten. 1 Vertreter dieser Gruppen genüge, so viele seien nicht nötig.

Staatsminister Dr. Erhard ist der Ansicht, man solle keine Vertreter der Industrie- und Handelskammern, sondern der Industrie und des Handels einberufen. Man solle die Berufsgruppen überhaupt breiter fassen, z. B. Beamtenschaft, freie Berufe und die Funktionen wie z. B. Landräte usw. überhaupt weglassen.

Staatsminister Dr. Fendt meint, man solle sich darauf einigen, daß man grundsätzlich nur Persönlichkeiten einberufe.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, dies sei seine ursprüngliche Idee gewesen, hernach habe sich diese Aufstellung entwickelt. Das schlimme sei, daß bereits alle Berufsgruppen angeschrieben wurden und Hoffnungen erweckt worden seien.

Staatsminister Dr. Fendt meint, daß diese Anschreiben schon notwendig gewesen seien, um einen Überblick über die Persönlichkeiten zu gewähren.

Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt weiter, daß auch ein Ausschuß von nur 60 Leuten nicht von der Pflicht einer straffen Geschäftsordnung enthebe.

Staatsminister Dr. Fendt glaubt, daß man den Landesausschuß modellweise vielleicht als 2-Parteien-Parlament aufziehen könne.

Ministerpräsident Dr. Hoegner meint dagegen, das sei gar nicht gewollt. Für die nächsten 5–6 Jahre brauche man alle nicht nationalsozialistischen Parteien. Das Spiel zwischen Regierungspartei und Opposition könnten wir jetzt nicht brauchen. Es scheine ihm auf die Frage der Zahl hinauszugehen.

Reichspostpräsident Dr. Geiger hält eine geringere Zahl schon deswegen für erforderlich, weil es an geeigneten Personen mangle.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, dies sei nicht der Fall. Jeder der nicht Nationalsozialist war, halte sich jetzt für geeignet. Daraus ersehe man wieder, daß politische Parteien als Klärbecken der Meinungen und Persönlichkeiten notwendig seien.

Staatsminister Dr. Baumgartner schlägt vor, die Führung an die politischen Parteien zu geben und von den Vertretern zu verlangen, sich an eine politische Partei anzuschließen.

Staatsminister Roßhaupter hält das für unmöglich, während Staatsminister Schmitt den Gedanken als nicht schlecht bezeichnet.

Staatsminister Dr. Terhalle meint, nachdem die Dinge schon so weit gediehen seien, könne man vielleicht mit Ersatzleuten arbeiten. Für jeden Mann werde ein Vertreter bestellt, der sei dann auch geschmeichelt, wenn er überhaupt noch genannt werde.

Staatssekretär Fischer spricht sich für den Vorschlag des Wirtschaftsministers aus: Ernennung von Vertretern größerer Gruppen sowie die Erhöhung der Sitze der politischen Parteien.

Staatsminister Dr. Erhard meint, man solle zur Hälfte Vertreter politischer Parteien, zur anderen Hälfte Vertreter größerer Gruppen aufstellen.

Staatsminister Schmitt bezeichnet dies als einen guten Gedanken.

Staatsminister Roßhaupter fügt an, daß man für jeden Vertreter gleich einen Ersatzmann bestimmen solle.

Staatsminister Dr. Erhard erklärt noch, die anderen Vertreter könnten sich an die Parteien anschließen, das ergebe doch eine gewisse Stabilisierung.

Staatsminister Roßhaupter schlägt als Zahl 80 Mitglieder und 80 Ersatzleute vor.

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß mit diesem Vorschlag allgemeines Einverständnis besteht.

In dieser Fassung wird Artikel 2 einstimmig angenommen.18

Artikel 3 und 4 werden einstimmig angenommen.19

Staatsminister Roßhaupter fragt zu Artikel 5 an, ob der Landesausschuß in seiner Tagungszeit nicht begrenzt werden könne, damit die Regierungsmitglieder nicht zu sehr belastet seien. Einmal im Monat auf die Dauer von 3 Tagen genüge.

Staatsminister Dr. Erhard und Staatsminister Dr. Baumgartner halten dies für zu häufig.

Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, daß der Landesausschuß nach Bedarf zusammengerufen werden solle.

Staatssekretär Dr. Ehard schlägt die Einfügung des Wortes „regelmäßig“ vor.

Dies hält Staatsminister Roßhaupter für bedenklich.

Staatssekretär Dr. Meinzolt spricht sich für die Formulierung „nach Bedarf“ aus. Das schließe auch die Ermächtigung zur Festsetzung der Tagungszeit ein.

Staatsminister Roßhaupter möchte diese Festsetzung nicht in die Hände des Ministerpräsidenten gelegt haben, da sonst der Anschein der Diktatur entstehe.

Staatsminister Dr. Fendt hält aus diesem Grunde auch die Formulierung „nach Bedarf“ für bedenklich.

Ministerpräsident Dr. Hoegner hält diese Sache nicht für so wichtig, da das richtige Parlament ja doch bald komme. Der Landesausschuß bestehe höchstens ein halbes Jahr.

Staatsminister Dr. Terhalle schlägt als Tagungszeit die zweite Monatshälfte und als Dauer 2 Tage vor.

Ministerpräsident Dr. Hoegner regt folgende Fassung an: Der Landesausschuß wird vom Ministerpräsidenten in der Regel alle 6 Wochen jeweils bis zu 3 Tagen einberufen.20

In dieser Fassung wird Art. 5 einstimmig angenommen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt weiter, die Frage der Entschädigung der Mitglieder sei noch offen. 20 RM im Tag werde man wohl geben müssen. Dann komme noch die Frage der Unterbringung der Mitglieder. Mit dieser Schwierigkeit könne man übrigens in der Öffentlichkeit die Herabsetzung der Zahl begründen.

Art. 6 wird einstimmig angenommen.

Zu Art. 7 erklärt Ministerpräsident Dr. Hoegner, daß er die Berufung von Ausschüssen nur ausnahmsweise empfehle.

Dieser Artikel sowie Art. 8 und 9 werden einstimmig angenommen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner fügt hinzu, daß man sich gleich an den Erlaß der Geschäftsordnung machen müsse.21

Staatsminister Roßhaupter fragt zu Art. 10, was unter Verkündung des Gesetzes zu verstehen sei. Das Gesetz- und Verordnungsblatt erscheine oft sehr verspätet.

Ministerpräsident Dr. Hoegner führt hierzu aus, es sei einmal auf einem Juristentag empfohlen worden, es solle der Tag des Inkrafttretens jeweils im Gesetz ausdrücklich bestimmt werden.22 Das sei heute mit Schwierigkeiten verbunden, weil die Militärregierung Gesetze oft monatelang liegen lasse und dann stimme der ursprünglich festgesetzte Tag nicht mehr. Für die Zukunft schlage er folgende Regelung vor: Man solle immer ein bestimmtes Datum einsetzen. Endgültig solle man dann das Datum nehmen, an dem wir die Genehmigung von der Militärregierung erhielten. Artikel 10 solle demzufolge lauten: „Dieses Gesetz tritt am 1. Februar 1946 in Kraft“.23 Wenn wir es früher von der Militärregierung zurückbekämen, werde das Datum vorgesetzt. Man müsse in dringenden Fällen, da das Gesetz- und Verordnungsblatt sehr spät herauskomme, andere Bekanntmachungsmittel, wie Rundfunk und Presse, nehmen. Auch wenn das festgesetzte Datum durch die verspätete Genehmigung der Militärregierung überholt sei, müsse man dann den Tag nehmen, an dem die Militärregierung das Gesetz genehmigt habe.

Staatsminister Schmitt gibt noch eine allgemeine Anregung über die Zusammensetzung des Landesausschusses. Bei der Zusammensetzung sollten die einzelnen Regierungsbezirke berücksichtigt werden.

Staatsminister Roßhaupter erklärt hierzu, daß nicht nur die einzelnen Regierungsbezirke gleichmäßig, sondern insbesondere Nordbayern besser vertreten sein solle.24

[III. Abänderung des Gesetzes über die Einsetzung von Friedensrichtern]

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt zunächst eine Abänderung des Gesetzes über die Einsetzung von Friedensrichtern bekannt. Auf der Justizministerkonferenz sei diese empfohlen worden und bestehe in folgendem Zusatz zu Art. 2: „Sie können solche Streitigkeiten, abgesehen von Ehesachen, mit Einwilligung beider Parteien durch Schiedsspruch erledigen“.25 Diese Möglichkeit sei in dem amerikanischen Plan für die Justizverwaltung in Bayern enthalten.26

[IV. Ablehnung des Gesetzes über die Bayerische Staatsangehörigkeit]

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt weiter bekannt, daß das Gesetz über die Bayerische Staatsangehörigkeit27 von der Militärregierung als verfrüht abgelehnt worden sei.28 Beim Kontrollrat werde ein deutsches Staatsangehörigkeitsgesetz ausgearbeitet. Bis dahin müsse man abwarten. Bedauerlich sei, daß dadurch auch die ganze Wiedergutmachung zurückgestellt werde.

[V. Betäubungsmittelgesetz]

Weiter gibt er bekannt, daß auf Weisung der Militärregierung ein Gesetz über die Rauschgiftkontrolle in Bayern zu erlassen sei.29

[VI. Verordnung über die Säuberung der Personalakten]

Außerdem habe er eine Verordnung über die Säuberung der Personalakten erlassen, wonach die in den Personalakten der Beamten, Angestellten und Arbeiter der öffentlichen Verwaltungen und Betriebe enthaltenen Erklärungen über Rassezugehörigkeit und die sogenannten Nachweise der arischen Abstammung aus den Personalakten zu entfernen seien.

Staatssekretär Dr. Ehard bezeichnet die letztere Verordnung als eine Sache, die große Schwierigkeiten machen werde, da man zu ihrer Durchführung niemand habe.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, daß in der Verordnung kein Termin gesetzt sei; er sei der Ansicht, man solle die Urkunden an die Einlieferer zurückgeben.

Staatssekretär Dr. Ehard erklärt, dies sei in den meisten Fällen bereits geschehen. In den Akten befänden sich nur noch Bescheinigungen über den erbrachten Nachweis.

[VII. Teilnahme des Leiters des Informationsamtes der Bayer. Staatskanzlei an den Ministerratssitzungen]

Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt hierauf eine Zuschrift des Leiters des Informationsamtes der Bayer. Staatskanzlei bekannt, worin dieser beantragt, daß jeweils ein Vertreter des Presseamtes oder Informationsamtes am Ministerrat teilnehmen solle, um in einem am Ende des Ministerrats zusammenzustellenden kurzen Communiqué den Rundfunk und die Presse von Beschlüssen in Kenntnis zu setzen, und weiter vorschlägt, daß bei Reisen nach Stuttgart oder sonstigen Reisen von politischer Bedeutung nach Möglichkeit ein Mitglied des Presseamtes mitgenommen werde.30

Staatsminister Dr. Erhard erklärt hierzu: Bei der letzten Sitzung in Stuttgart sei über einen ähnlichen Antrag abgestimmt und dieser einstimmig abgelehnt worden. Die Dinge befänden sich meistens noch so in Gärung, daß durch eine evtl. Anwesenheit der Presse nur Unheil angestiftet werden könne.

Auch Staatsminister Dr. Terhalle bezeichnet diesen Vorschlag als ganz untragbar.

Der Antrag wird einstimmig abgelehnt.31

[VIII. Communiqué über die Ministerratssitzungen]

Ministerpräsident Dr. Hoegner fügt hinzu, daß nach jeder Ministerratssitzung von ihm und dem Protokollführer ein kurzes Communiqué herausgegeben und dem Informationsamt zur Verfügung gestellt werde.32

[IX. Treuhändergesetz]

Staatsminister Dr. Erhard erkundigt sich nach dem Schicksal des Treuhändergesetzes.33

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt hierzu: auf der letzten Justizministerkonferenz sei von Col. Oppenheimer beanstandet worden, daß der Begriff „Wirtschaftliche Unternehmungen“ nicht deutlich genug sei. Oppenheimer bezweifelt, ob sich dieses Gesetz auf alle Treuhänderschaften erstrecke oder nicht. Heute Vormittag habe er zusammen mit Staatsminister Dr. Terhalle und Oberfinanzpräsident Prugger bei Col. Silvey von der Militärregierung eine Besprechung gehabt, dabei sei festgelegt worden, daß die Treuhänderschaften von uns verwaltet würden im Benehmen mit dem jeweils zuständigen Kontrolloffizier. Wir könnten die Treuhänder ernennen und abberufen. Es werde größter Wert darauf gelegt, daß auch, was jüdische Treuhänder betreffe, nicht nach der Rassezugehörigkeit, sondern nach der fachlichen Eignung vorgegangen werde. Dabei habe sich ergeben, daß das Wirtschaftsbereinigungsamt der Stadt München von sich aus Treuhänder eingesetzt habe. Er sei ersucht worden, das sofort abzustellen und habe dies dementsprechend veranlaßt. Es sei der Verdacht geäußert worden, daß dort politische Schiebungen stattfinden.

Staatsminister Schmitt erklärt, man solle Korruption sagen, damit das Kind beim rechten Namen genannt werde.

Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort: Bei der Militärregierung sei bekannt gewesen, daß ein Entwurf vorliege. Er habe ihn hinausgeschickt. Die Treuhänderschaften über Privatuntemehmen sollten in der Hand des Wirtschaftsministers liegen. Col. Silvey werde morgen Deutschland verlassen und für einige Monate in Amerika bleiben. Vorher habe er aber diese Sache noch regeln wollen. Seine Anweisung gelte ab sofort.

Staatsminister Dr. Erhard fragt an, ob vom Wirtschaftsbereinigungsamt eingesetzte Treuhänder von ihm abberufen werden könnten.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert hierauf, daß alle vom Wirtschaftsbereinigungsamt bestimmten Treuhänderschaften ungültig seien.

Staatsminister Dr. Erhard fragt weiter, ob die Zuständigkeit der Militärregierung sich nur auf solche beziehe, die unter Property Control stehen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, daß sie sich auf die Fälle nach dem Gesetz Nr. 52 erstrecke.

Staatsminister Dr. Erhard erklärt weiter, es bestünden Weisungen, allgemein zu denazifizieren und zwar nach der Verordnung vom 7. Juli 1945. Diese Fälle fielen nicht unter die Property Control.

Ministerpräsident Dr. Hoegner ist der Ansicht, daß in diesen Fällen eine Zustimmung der Militärregierung nicht erforderlich sei.

Staatsminister Schmitt erklärt, er stehe grundsätzlich auf dem Standpunkt, wir bräuchten nur einen Bruchteil der Treuhänder. Wenn jemand Aktivist sei, dann solle er ganz oder zum Teil enteignet werden.

Staatsminister Dr. Erhard erwidert, daß für 80% der Treuhänder keine Rechtsgrundlage vorhanden sei.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, es sei der Standpunkt der Militärregierung, daß solche Leute bei uns nicht Treuhänder werden sollten, die nur durchreisen und sich gesund machen wollten. Treuhänder sollten nur solche Leute werden, die bei uns wohnen.

Staatsminister Dr. Baumgartner führt aus, daß vor allem bei den landwirtschaftlichen Gütern dieser Mißstand bestehe.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, daß hierfür der Landwirtschaftsminister zuständig sei. Auf diesem Gebiete gälten die gleichen Bestimmungen, die gleichmäßig angewendet werden müßten. Es sei am besten, wenn Staatsminister Dr. Erhard in den nächsten Tagen zu dem neuen zuständigen Offizier der Militärregierung gehe und die Einzelheiten durchspreche.

Staatsminister Dr. Baumgartner schlägt vor, daß auch er mit seinem zuständigen Verbindungsoffizier bespreche, daß Anweisungen an die örtlichen Militärregierungen ergingen, die für die Treuhänder fachliche Eignung verlangten.

Staatsminister Schmitt erkundigt sich, ob das Treuhändergesetz schon angenommen sei. Er habe noch Vorschläge dazu und zwar in der Richtung, daß die fachliche Eignung vom zuständigen Ministerium, die politische Eignung vom Denazifizierungsministerium nachgeprüft werde.

Staatsminister Dr. Erhard erklärt sich hiermit einverstanden.

Staatsminister Dr. Terhalle erklärt, er habe heute morgen den Eindruck gehabt, daß man auf diesem Gebiet die ganze Verantwortung auf die deutschen Stellen abwälzen wolle, auch die Frage der Bezahlung. Alles werde genehmigt werden, was von uns vorgeschlagen werde. Die Amerikaner wollten sich nur ein Kontrollrecht Vorbehalten.

Staatsminister Dr. Erhard führt hierzu aus, in Stuttgart sei die Sache so besprochen worden, daß die Treuhänder nur von deutscher Seite gestellt würden. Die von den örtlichen Militärregierungen eingesetzten Treuhänder sollten über die Militärregierung von Bayern abberufen werden. Die schon eingesetzten Treuhänder sollten alle registriert und überprüft werden.

Staatsminister Schmitt meint, das setze voraus, daß wir Einfluß auf die Denazifizierung hätten. Er sei der Ansicht, daß viele einen Treuhänder bekommen hätten, die nach unserem Denazifizierungsgesetz nicht unter diese Bestimmung gefallen wären.34

[X. Zusammenlegung von Gemeinden im Bereich der Militärregierung Regensburg]

Staatsminister Seifried erklärt, er habe bereits in der letzten Ministerratssitzung35 darauf hingewiesen, daß eine weittragende Angelegenheit zu erledigen sei, wenn man die Gemeindewahlen halbwegs befriedigend zu Ende bringen wolle. Die Regensburger Militärregierung habe schon seit Juli 1945 in Zusammenwirken mit der Kreisregierung eine sogenannte Staatsvereinfachung durchgeführt und zwar sei die ganze Angelegenheit von der Militärregierung getragen gewesen und uns mehr oder weniger aufoktroyiert worden. Vor wenigen Tagen sei er zu Major Schweizer gerufen worden, dort sei ein maßgebender Vertreter der Regensburger Militärregierung gewesen, der sich selbst als Landwirt und Bauer von Zivilberuf vorgestellt habe. Die Sache sei auf die Zusammenlegung der Gemeinden hinausgegangen. Die Nachprüfung der Vorarbeiten habe ergeben, daß grundsätzlich in erster Linie die Größe, die Einwohnerzahl und die finanzielle Leistungsfähigkeit der Gemeinden als Grundlage benützt wurde. In erster Linie sollten die Gemeinden unter 300 Einwohnern von der Zusammenlegung betroffen werden. Gemeinden von 300–500 Einwohnern sollten dann einbezogen werden, wenn sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben mit eigenen persönlichen und sachlichen Mitteln außerstande seien. Größere Gemeinden sollten von der Aktion nur ausnahmsweise erfaßt werden. Im übrigen sollte individuell verfahren und den berechtigten Wünschen der Bevölkerung tunlichst Rechnung getragen werden. Änderungen von Landkreisgrenzen sollten nur erfolgen, wenn sich diese aus der Zusammenlegung von Gemeinden zwangsweise ergäben. Die Grenzen des Regierungsbezirkes sollten auf keinen Fall berichtigt werden. Der Gang des Zusammenlegungsverfahrens sei folgender gewesen: Für jeden Landkreis sei von der Regierung ein eigener Vorschlag ausgearbeitet und dem Landrat zur Stellungnahme übermittelt worden. Dem Landrat sei dabei aufgetragen worden, hierüber mit den beteiligten Bürgermeistern zu verhandeln und die Verhandlungen nach Äußerung der örtlichen Militärregierung mit etwaigen Abänderungsvorschlägen wieder vorzulegen. Nach Rücklauf der Verhandlungen sei eine gemeinsame Schlußbesprechung der beteiligten Landräte und örtlichen Militärregierungen und der Regierung, sowie der Militärregierung in Regensburg sofort am Sitz des Landrates anberaumt worden, in der die Gesichtspunkte für die Zusammenlegung endgültig geklärt, und der Zusammenlegungsplan festgestellt worden sei. In vielen Fällen seien auch noch nachträgliche Verhandlungen gepflogen worden, wenn wesentliche Gesichtspunkte erst später vorgebracht werden konnten. Jede auf Grund dieser Verhandlungen ergehende Entschließung sei von der Militärregierung geprüft und genehmigt worden. Staatsminister Seifried gibt sodann eine zahlenmäßige Übersicht über das Ergebnis der Gemeindezusammenlegungen bekannt. Die Kreisregierung sehe dieses Ergebnis ebenso wie die Militärregierung als befriedigend an. Wieweit die Bevölkerung sich diesem Urteil anschließe, sei allerdings unklar. Zweifellos bestehe gegen die Neuordnung bei der Bevölkerung vielfach heftige Abneigung. Es stehe aber ebenso außer jedem Zweifel, daß die Zusammenlegung in größerem Umfang ohne Zwang unmöglich sei. Eine gewisse Unpopularität müsse als unvermeidbar in Kauf genommen werden. Dies werde bestimmt auch dann gegeben sein, wenn die Zusammenlegung zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt worden wäre. Staatsminister Seifried erklärt weiter, er hätte von sich aus ohne Parlament dieses heiße Eisen nicht angerührt. Aber auf Grund der bedingungslosen Kapitulation müsse man in manchen Dingen eine aktive Haltung einnehmen, die wir sonst nicht wünschten. Er sei sich darüber im klaren, daß eigentlich die Angelegenheit vom Parlament gelöst gehöre. Auf Drängen der Militärregierung sei diese Sache aber abgeschlossen worden und bei den jetzigen Gemeindewahlen werde schon nach dieser Zusammenlegung verfahren. Es seien auch einzelne Streitfälle da. In diesen habe er entschieden, daß, wo die Aufstellung der Kandidaten nach dem Zusammenlegungsprinzip noch nicht erfolgt sei, nach dem alten Prinzip die Wahl durchzuführen sei. Wenn eine Zusammenlegung erfolge, könne man sich einigen, welche Personen im gemeinsamen Gemeinderat in Erscheinung treten sollten. Er müsse Wert darauf legen, daß der Ministerrat zu dieser Regelung seine Zustimmung gebe, weil sonst die Wahlen in diesem Regierungsbezirk praktisch nicht durchgeführt werden könnten. Er bedauere sehr, daß die Dinge sich so entwickelt hätten, er könne aber nichts anderes tun, als um die Sanktion zu bitten.

Ministerpräsident Dr. Hoegner führt aus, soweit vollendete Tatsachen vorlägen, könne man nichts machen. Soweit die Zusammenlegungen freiwillig erfolgt seien, seien sie in Ordnung. Soweit Zwang ausgeübt worden sei, widerspreche dies der Selbstbestimmung und der Demokratie, die unten beginne. Es handle sich um Gemeinden, die zu 2/3 auf eine Vergangenheit von 1400 Jahren zurückblicken könnten, die restlichen auf eine Vergangenheit von 5–600 Jahren. Man müsse sich überlegen, was dabei herausspringe. Der Verwaltungsapparat werde zwar verbilligt, aber auf Kosten der Bevölkerung. Die Kinder hätten weitere Schulwege, die Bauern verlören einen ganzen Tag, wenn sie zum Bürgermeister oder zum Landrat müßten. Das werde bei allen Zusammenlegungen, die vom grünen Tisch aus erfolgten, nicht berücksichtigt. Außerdem errege man Groll und Erbitterung gegen die Maßnahmen der Regierung. Staatsminister Roßhaupter und er hätten solche Sachen schon früher mitgemacht. Das Parlament habe hierzu schon immer Ansätze gemacht. Auf dem Papier sehe das schön aus, in der Praxis aber ganz anders. Er bedauere es außerordentlich, daß hier von den Amerikanern Zwang ausgeübt worden sei. Das sei keine Demokratie, wenn man die Bauern, auf deren alte Gebräuche und Gewohnheiten man Wert legen müsse, zu solchen Dingen zwinge. Die Gemeinde sei die Urzelle des Staates, man müsse schon eine gewisse Achtung vor der geschichtlichen Vergangenheit haben und dürfe uns nicht zwingen, hier einzugreifen und einfach mit dem Lineal Striche zu ziehen. Das solle kein Vorwurf sein, die Sache falle aber auf diejenigen zurück, die hier Gewalt angewendet hätten.

Staatsminister Dr. Baumgartner unterstreicht diese Ausführungen. Bei ihm und beim Bauernverband seien zahlreiche heftige Beschwerden eingegangen. Es gebe Gegenden, wo die Bauern jetzt 5–6 Stunden zum nächsten Bürgermeister gehen müßten. Das seien unhaltbare Zustände. Jetzt sollten wir einer Maßnahme zustimmen, die nicht einmal Hitler durchgeführt habe. Er vermöge dieser Regelung auf keinen Fall zuzustimmen. Die Wahlen könnten getrennt von dieser Maßnahme durchgeführt werden.

Staatsminister Schmitt führt aus, er stimme diesen Ausführungen auch zu. Man solle aber die Stellungnahme in andere Formen kleiden. Bei der Durchführung der Wahlen sei nichts mehr zu machen. Diese Maßnahme habe mit Demokratie nichts mehr zu tun, das Volk müsse selbst entscheiden können. Er schlage vor, die Stellungnahme in einem Communiqué festzulegen.

Ministerpräsident Dr. Hoegner hält den Zeitpunkt hierfür erst nach den Wahlen für gegeben, wenn die Frage an ihn herantrete.

Staatsminister Seifried erwidert, es sei nicht so, daß die Sache nur vom grünen Tisch aus gemacht worden sei. In wochenlangen Verhandlungen seien die Verhältnisse, z. B. die Lage des Schulhauses, des Bürgermeisteramtes, die Wegentfernungen, geprüft worden. Es handle sich um eine Arbeit, die nach jeder Richtung einwandfrei sei.

Staatsminister Dr. Baumgartner hält für maßgebend den Zwang, der direkt und indirekt ausgeübt worden sei.

Staatsminister Schmitt erkundigt sich, wer die Landräte seien, die diese Maßnahmen durchgeführt hätten, wahrscheinlich landfremde.

Staatsminister Dr. Baumgartner erwidert hierauf, in Wegscheid habe es ein preußischer Landrat gemacht.36 Das sei ein unmöglicher Zustand.

Staatsminister Seifried antwortet, die Landräte hätten nicht die Entscheidung gehabt, sondern hätten nur die Bürgermeisterversammlungen einberufen. Bei diesen sei aber ein Vertreter der Militärregierung und der Kreisregierung dabeigewesen.

Staatssekretär Dr. Ehard wirft ein, daß bei diesen Versammlungen aber die Gemeinden gewußt hätten, daß sie zusammengelegt werden mußten.

Staatssekretär Ficker hält den richtigen Zeitpunkt für die Behandlung dieser Frage jetzt nicht für gegeben. Er habe allen Bürgermeistern gesagt, man könne über die Sache vielleicht in 1–2 Jahren diskutieren.

Staatssekretär Dr. Meinzolt stimmt diesen Ausführungen grundsätzlich zu. Er bittet aber auch eine freundliche Seite dieser Angelegenheit für die Staatsverwaltung nicht außer Acht zu lassen. Als Assessor sei er in der Oberpfalz an einem Bezirksamt37, das 78 Gemeinden umfaßt habe, gewesen. Diese Gemeinden hätten es zu nichts gebracht. Sie hätten schlechte Schulhäuser, schlechte Wege, keine Wasserleitungen gehabt. Später sei er Bezirksamtsvorstand in der Pfalz gewesen.38 Dieses Bezirksamt habe bedeutend weniger Gemeinden gehabt, dafür seien aber die Gemeinden gut ausgestattet gewesen. Bei der Zusammenlegung von Gemeinden könnten die Schulverhältnisse gebessert werden. Aber die Zusammenlegung könne später einmal vorgenommen werden.

Staatssekretär Fischer erkundigt sich, ob die Sache nur von der Militärregierung Regensburg vorgeschlagen und durchgeführt worden sei.

Staatsminister Seifried erwidert, daß auch die bayerische Militärregierung die Angelegenheit behandelt habe. Die Amerikaner wollten uns helfen, deshalb seien sie auf diesen Plan verfallen. Sie sagten, bei diesen kleinen Gemeinden sei es unmöglich, die Verbesserungen, die sie für notwendig halten, durchzuführen. Die Länderregierung stehe auf dem Standpunkt, daß dies nicht Sache der einzelnen Kreisregierungen, sondern mit die Hauptaufgabe der Bayerischen Staatsregierung sei.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, es gäbe zwei Möglichkeiten, solche Dinge zu machen. Die eine sei Zwang, dies führe zu Unzufriedenheit, die andere Zusammenarbeit auf genossenschaftlichem Wege. Gerade ländliche Genossenschaften hätten Ungeheueres geleistet. Dieser freiwillige Weg sei viel besser. Er schlage folgenden Weg vor: Soweit die Sache für die Wahlen gemacht worden sei, könne man nichts mehr machen. Für die spätere Zeit solle man sich aber alles Vorbehalten. Einerseits wolle die Militärregierung die Selbstverwaltung der Gemeinden erhöhen, andererseits werde diese Selbstverwaltung durch den Tätigkeitsdrang eines amerikanischen Offiziers beschnitten. Beschwerden gegen solche gewaltsame Eingriffe in die örtliche Selbstverwaltung müßten wir uns Vorbehalten.

[XI. Bodenreform]

Staatssekretär Thunig kommt nochmals auf die Stellung des Ministerrats zur Bodenreform zurück. Es sei der Auftrag ergangen, einen Ausschuß zu benennen39 und dessen Aufgaben zu umreißen. In der Zwischenzeit hätten Presse und Rundfunk die Auffassung des Ministerrats kommentiert. Die Frage der Bodenreform solle aber positiv in Angriff genommen werden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt hierzu, das habe er gestern in seiner Rede auf der Pressekonferenz ausgeführt.40

Staatsminister Dr. Baumgartner führt aus, er habe einen Arbeitsausschuß einberufen und auch dem Ministerpräsidenten bereits bekanntgegeben.

Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest hierzu die Vorschlagsliste.

Staatssekretär Thunig erwidert, er habe nur gemeint, jetzt, da die Frage beim Länderrat zur Sprache komme, solle der Ministerrat die Angelegenheit in einer größeren Linie umreißen und sich eine Formulierung zurechtlegen, in der für den Ausschuß das Aufgabengebiet umrissen werde und nach der der Ausschuß baldigst wirksam werden solle. Die Kernfrage sei die, ob es sich um die 4000 ha handle, die durch freiwillige Abtretung zur Verfügung stünden. Es handle sich um die Differenz zwischen dem Vorschlag des Kontrollrates und dem Vorschlag, wie er vom Ministerrat ausgegangen sei.

Staatsminister Dr. Baumgartner erwidert, daß wir mit unseren Vorschlägen weitergingen. Wir böten ja auch noch den reichseigenen Grundbesitz und die Ödländereien an.

Staatssekretär Thunig erkundigt sich, ob nicht dadurch, daß diese reichseigenen Ländereien einbezogen werden sollen, die Sache so aufgefaßt werden könne, als wenn man dem Großgrundbesitz entgegenkomme. Er glaube, man müsse sich klarer ausdrücken. Er schlage vor, daß der Ausschuß selbst berechtigt sein solle, zu prüfen, welcher Grund und Boden von nicht selbstbewirtschaftenden Landwirten einzubeziehen sei. Es sei sehr wichtig, die Erhebungen des Ausschusses wirksam werden zu lassen, damit dieser eine konkrete Durchführung für die Formulierung finde, die vor dem Länderrat vertreten werden könne. Er sei im Zweifel, ob das genüge, was für die Stellungnahme im Länderrat festgelegt worden sei.

Staatsminister Dr. Baumgartner bezeichnet es als verfrüht, jetzt schon konkret vorzugehen. Die Auffassung des Ministerrats werde durch den Ministerpräsidenten im Länderrat vorgetragen. Der Länderrat habe eine gemeinsame Stellungnahme zu finden für die Zone. Diese gehe weiter an General Clay und nach Berlin. Dort würden unsere Vorschläge erwartet.41 General Hester habe erklärt, es werde kein Diktat kommen. Der amerikanische Gesetzesvorschlag sei nur ein Entwurf. Von diesem müßten wir nicht ausgehen. Insoweit stimme er bei, daß man erwägen könne, daß der Arbeitsausschuß auch untersuchen solle, inwieweit der Grundbesitz von Norddeutschen und Naziindustriellen, die sich nur im Süden angekauft hätten, einzubeziehen sei. Dafür sei er ohne weiteres, aber sonst solle man abwarten, bis von General Clay eine Entscheidung getroffen sei.

Staatsminister Dr. Erhard führt aus, daß er sich mit einigen Herren vom Kontrollrat unterhalten habe. Man erwarte von amerikanischer Seite absolut nicht, daß der amerikanische Entwurf angenommen werde, sondern man wünsche geradezu einen Einspruch.

Staatsminister Schmitt führt aus, Staatssekretär Thunig wünsche, daß die Aufgaben des Ausschusses näher umrissen werden. Dieser Ausschuß solle überprüfen, inwieweit das Gesetz in Bayern überhaupt angewendet werden solle.

Staatsminister Dr. Baumgartner erwidert, er habe die Sache so aufgefaßt, daß der Ausschuß das bearbeiten solle, was unter die Bodenreform falle, nicht so, daß der Ausschuß zum Bodenreformgesetz selbst Stellung nehmen solle, das habe schon der Ministerrat getan.

Staatsminister Schmitt erwidert, man habe gesagt, daß man der Bodenreform nicht negativ gegenüberstehen solle. Es seien vom Großgrundbesitz 4.000 ha angeboten worden. Die Frage sei, ob man diese 4.000 ha einfach akzeptieren solle oder ob der Ausschuß sagen könne, das sei noch ungenügend. Diese Möglichkeit solle man dem Ausschuß geben.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, das Aufgabengebiet des Ausschusses sei umrissen. Man habe sich im letzten Ministerrat mit der ganzen Frage beschäftigt, weil uns gesagt worden sei, bis 1. Februar müßten die einzelnen Länder Stellung nehmen. Daraufhin sei der Beschluß im letzten Ministerrat gefaßt worden und zwar in der Richtung, daß der Arbeitsausschuß zu prüfen habe, auf welchem Wege wir eine für süddeutsche Verhältnisse tragbare Siedlungsfläche bekommen sollten. Als Einzelpunkte sei das freiwillige Angebot des Großgrundbesitzes, die Heranziehung reichseigener Flächen und die Einziehung des Vermögens von Nazis genannt worden.

Staatsminister Schmitt erwidert, der Ausschuß solle aber doch alles überprüfen und Vorschläge machen, wie er sich die ganze Sache vorstelle.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, man habe sich in dem Beschluß nicht auf 4.000 ha beschränkt, sondern es heiße schlechtweg: auf dem Wege der freiwilligen Abtretung.

Staatsminister Schmitt meint, daß das Denazifizierungsgesetz noch eine Rolle spielen werde.

Ministerpräsident Dr. Hoegner ist der Ansicht, daß hierdurch die Güter der norddeutschen Industriellen erfaßt würden.

Staatssekretär Thunig bittet, daß diese Ansicht in der Ministerpräsidentenkonferenz vertreten wird.

Ministerpräsident Dr. Hoegner faßt schließlich das Ergebnis der Debatte dahin zusammen, daß der Ausschuß die Erhebungen anzustellen habe, wie man eine für die süddeutschen Verhältnisse tragbare Siedlungsfläche bekomme.

[XII. Wohnungsbau]

Staatsminister Roßhaupter erklärt, er habe an sich eine große Sache besprechen wollen, die aber nach der heutigen Besprechung bei der Militärregierung in der Flüchtlingsfrage jedenfalls gegenstandslos geworden sei. Sein Baureferent habe ein Bauprojekt von 20.000 Wohnungen vorgeschlagen. Hierfür habe ein erhöhter Rundholzeinschlag durchgeführt werden sollen. Nun habe man aber heute gehört, daß alles, was an Baustoffen vorhanden sei, für die Flüchtlinge vorgesehen sei, die viel schneller hereinkommen sollten. Die Militärregierung sei auch nicht geneigt, irgendwelchen zusätzlichen Holzeinschlag zu genehmigen. Damit falle dieses Projekt in sich zusammen. Wenn das alles richtig sei, was man heute gehört habe, dann sei von einem Wohnungsbau in diesem Jahr überhaupt nicht mehr die Rede. Es sei weiter nicht richtig, daß vor dem Eintreffen der Flüchtlinge die Evakuierten wegkämen.42 Diese müßten vielmehr dableiben und die Flüchtlinge kämen noch dazu. Es sei auch nicht richtig, daß die Flüchtlinge gleich durchgeschleust würden nach Württemberg-Baden und Großhessen, sondern sie blieben in Bayern. Ferner habe es geheißen, daß von Frankreich etwa 100.000 Franzosen in die Pfalz und in das Saarland gebracht würden, damit drüben der Aufbau durchgeführt werde. Bayern müsse also in erster Linie in dieser Richtung den verlorenen Krieg bezahlen. Das sei die augenblickliche Lage. Er sei der Ansicht, daß auch nach dieser Richtung eine weitere Aussprache herbeigeführt werden müsse. Bei der Militärregierung sei ein grundsätzlicher Umschwung erfolgt. Capt. Sausser, der bisher den Standpunkt des Arbeitsministeriums vertreten habe, sei abberufen worden. Sein Antrag auf Erhöhung des Bauprogramms sei im Augenblick gegenstandslos, weil es an Baustoffen fehle. Er bitte, hiervon Kenntnis zu nehmen.

Staatsminister Dr. Terhalle hat den Eindruck, daß man die Dinge einmal unter dem Gesichtswinkel der Möglichkeiten prüfen müsse. Es lägen Projekte vor zur Unterbringung der Flüchtlinge in Baracken. Hierbei koste die Unterbringung einer Familie 19.000.- RM, früher habe man für eine Wohnung 10.000 – RM veranschlagt. Wenn man aber erst noch einen Holzeinschlag vornehmen müsse, seien die Baracken gar nicht rechtzeitig fertig. Es handle sich um eine ganz grundlegende Frage sowohl in ökonomischer wie auch in finanzpolitischer Hinsicht. Die Auslagen für die Flüchtlinge seien größer wie die Besatzungskosten. Er wolle in den nächsten Tagen die Sache mit dem Innenminister und dem Arbeitsminister durchsprechen.

Staatsminister Roßhaupter ist ebenfalls der Ansicht, daß die Sache nochmals durchbesprochen werden müsse.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, wenn wir in Bayern 2 Millionen Flüchtlinge aufnehmen müssen, dann gäbe das uns den Rest. Dann bekämen wir Zustände, bei denen Raub und Mord und alles andere an der Tagesordnung sei. Das seien Verhältnisse, die wir nicht mehr verantworten könnten.

[XIII. Urlaub für Beamte]

Staatsminister Roßhaupter schneidet die Frage des Urlaubs an. Auf der Arbeitsministerkonferenz sei die Frage besprochen worden, die Urlaubssperre sei mit Zustimmung der Militärregierung aufgehoben worden. Der Urlaub von 1945 soll in der ersten Hälfte des Jahres 1946 eingebracht werden. Der Finanzminister gestehe aber höchstens die Hälfte des Urlaubs zu.

Staatsminister Dr. Terhalle führt aus, er habe die Anregung bekommen, und habe geglaubt, eine völlige Bewilligung des Urlaubs sei außerhalb jeder Diskussion und zwar aus politischen, ökonomischen Gründen und auch wegen der Arbeitslage. Es müsse aber eine grundsätzliche Klärung erfolgen. Ein Urlaub könne nur unter dem Gesichtswinkel der Rettung der Leistungsfähigkeit gewährt werden.

Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, er müsse mit aller Deutlichkeit sprechen. Es gehe nicht an, daß die Beamten sich auf den Standpunkt stellen, sie hätten ein Recht auf Urlaub. In Notzeiten habe dieses Recht zurückzutreten. Nach der Besetzung hätten nicht alle Behörden voll gearbeitet. Manche Leute hätten monatelang nichts getan. Er sei gewiß nicht unsozial, aber angesichts der Lage, in der wir uns befinden, würde es bei der Bevölkerung maßlose Erbitterung erregen, wenn die Beamten den Urlaub des letzten Jahres nachholen könnten. Das sei untragbar. Er sei froh, wenn man den Beamten in diesem Sommer den Jahresurlaub geben könne. Er bitte für diese Ansicht um Zustimmung.

Reichspostpräsident Dr. Geiger fügt hinzu, daß schon in den letzten Monaten des Krieges in vielen Behörden nicht mehr ordentlich gearbeitet worden sei.

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß es die übereinstimmende Meinung des Ministerrats ist, daß der Urlaub für 1945 nicht nachgeholt werden kann. Höchstens an Ostern könne der Karsamstag freigegeben werden, so daß vier dienstfreie Tage entstünden.43

[XIV. Pensionen ehemals bayerischer Beamter, die nach 1933 Reichsbeamte geworden sind]

Staatsminister Roßhaupter bringt die Frage der Pensionen derjenigen Beamten zur Sprache, die früher bayerische Staatsbeamte waren und später verreichlicht worden sind. Diese erhielten, weil sie in Bayern keinen Dienst geleistet hätten, seit Monaten keine Pension. Dieser Standpunkt könne auf die Dauer nicht aufrecht erhalten werden. Die Ersparnisse gingen zu Ende, vielfach handle es sich um alte Leute, die nicht mehr zur Arbeit gehen könnten. Hier müsse generell eine Maßnahme getroffen werden, daß für alle die Personen, die früher im bayerischen Staatsdienst waren, Ruhegehalt ausgezahlt werde und zwar vorschußweise aus Mitteln des bayerischen Staates.

Staatsminister Dr. Terhalle erklärt, er lasse z. Zt. den ganzen Fragenkomplex bearbeiten. Der vom Arbeitsminister angeführte Fall sei nur einer unter vielen. Es gäbe ungezählte Komplikationen. In Bayern sei eine sehr mißliche Lage, da viele Beamte aus früheren Reichsverwaltungszweigen zu uns gekommen seien, die alle ihre Pension wollten. Er lasse z. Zt. prüfen, wo wir hier einspringen könnten. Zunächst lasse er feststellen, wie viele solche Beamte in Bayern seien. Im nächsten Ministerrat könne er darüber Angaben machen.

Staatsminister Roßhaupter meint, daß nur solche Beamte in Betracht kämen, die früher bayerische Beamte gewesen seien, insbesondere von den Ämtern, die in den letzten 12 Jahren verreichlicht worden seien.

Staatsminister Dr. Terhalle möchte die Maßnahme beschränken auf diejenigen Verwaltungszweige, die jetzt wieder in die staatliche Betreuung hineinkommen. Das sei eine Grenze, die man leicht ziehen könne.

Staatssekretär Krehle hält dies nicht für richtig. Gerade ein großer Kreis von kleinen Pensionisten z. B. von den ehemaligen Heeresbekleidungsämtern werde dann nicht mehr erfaßt.

Staatsminister Roßhaupter erkundigt sich, ob die Heeresbekleidungsämter früher bayerische Einrichtungen gewesen seien. Dies seien doch Reichsinstitutionen schon seit langer Zeit. Für diese Einrichtungen habe das Reich aufzukommen.

Staatssekretär Krehle erwidert, es seien Rentner von diesen Ämtern noch aus der Zeit da, als sie bayerische Einrichtungen waren.

Staatsminister Dr. Terhalle will eine Liste sämtlicher Fälle vorlegen. Momentan könne man nur diejenigen Pensionen respektieren, die aus der bayerischen Landeskasse bezahlt wurden. Sonst sehe man keine Grenze. Allerdings gäbe es viel Zweifelsfälle. Es wäre wohl auch zu machen, die Pensionen der alten bayerischen Beamten zu bezahlen.

[XV. Behandlung österreichischer Staatsangehöriger im öffentlichen Dienst]

Staatsminister Dr. Terhalle will weiter die Frage der österreichischen Staatsangehörigen grundsätzlich geklärt haben, die im Staats- oder im öffentlichen Dienst beschäftigt seien, nachdem die Österreicher die Deutschen alle hinausgeworfen haben.44

Staatsminister Roßhaupter wendet sich dagegen, daß österreichische Beamte in den bayerischen Staatsdienst übernommen werden.

Staatsminister Dr. Terhalle spricht sich ebenfalls grundsätzlich für diese Maßnahme aus, möchte aber auf dem Gebiet der Hochschulen Ausnahme[n] gemacht haben, da auch an den österreichischen Hochschulen Deutsche beschäftigt seien.

Staatsminister Dr. Fendt befürwortet diese Ausnahme für Hochschulen und verwandte Institute.

Staatsminister Dr. Terhalle regt an, daß der Ministerpräsident hierüber eine Verordnung erlassen solle. Er erklärt sich aber auch bereit, daß das Finanzministerium diese Verordnung herausgebe.

Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt abschließend fest, daß das Finanzministerium nach dem Beschluß des Ministerrats eine solche Verordnung erlassen soll.45

[XVI. Vorführung des Films „Die letzte Chance“]

Staatsminister Dr. Fendt gibt bekannt, daß von amerikanischer Seite am Freitag ein moderner Film „Die letzte Chance“ in Geiselgasteig aufgeführt werde,46 zu dem die Mitglieder der Staatsregierung eingeladen seien. Er bitte um Bekanntgabe bis morgen 9 Uhr, ob und mit wieviel Personen von jedem Ministerium gerechnet werden dürfe.

[XVII. Überprüfung der Beschwerden über Landräte]

Staatsminister Seifried führt aus, die Anklagen und Beschwerden über die einzelnen Landräte häuften sich derartig und seien inhaltlich so gewichtig, daß sie unbedingt einer genauen Nachprüfung bedürften. Er habe infolgedessen im Benehmen mit dem Ministerpräsidenten Herrn Kurt Schimmel,47 früheren Reichsrevisor des Zentralverbandes der Angestellten in das Innenministerium berufen und bitte um Stellungnahme, daß dieser als Ministerialrat seine Prüfungstätigkeit ausübe. Mit Rücksicht auf die Bedeutung dieser Sache müsse er eine gehobene Stellung haben.

Diesem Antrag wird zugestimmt.

Ministerpräsident Dr. Hoegner ist der Ansicht, daß er nicht nur die erforderliche Autorität, sondern auch die Energie haben müsse, weiter die Möglichkeit, sofort die erforderlichen Verhaftungen im Benehmen mit der Staatsanwaltschaft vorzunehmen.

Staatsminister Dr. Erhard und Staatsminister Schmitt erklären, daß auch sie beide große Listen für Herrn Schimmel hätten.

Staatssekretär Fischer führt aus, diese Landräte seien meistens von der örtlichen Militärregierung gestützt. Antifaschisten, die sich gegen sie beschwert hätten, seien wegen Verleumdung verhaftet und 6 bis 8 Wochen festgehalten worden. Herrn Schimmel könne es leicht passieren, daß er ebenfalls von der örtlichen Militärregierung verhaftet werde.

Ministerpräsident Dr. Hoegner will es auf eine Gewaltprobe ankommen lassen. Er wolle sehen, ob derartige Offiziere, die Unrecht und Korruption schützen, von der bayerischen Militärregierung gestützt werden.48

Staatsminister Schmitt erklärt, ein Mann, der sich bei ihm über den Landrat beschwert habe, sei von diesem als Denunziant aus der Wählerliste gestrichen worden.

Staatsminister Seifried führt aus, in jedem Falle, in dem der örtliche Militärgouverneur in die Wahl eingegriffen habe, habe er sofort an Major Vacca Mitteilung gegeben. Dieser habe sofort durch Feldtelefon angeordnet, daß keinerlei Eingriffe vorgenommen werden dürfen. Major Schweizer sei der Ansicht, daß man die Bereinigung der Landräte nicht so stürmisch in Angriff nehmen solle, sondern mit gewissem Taktgefühl. Dort wo es sich zeige, daß der örtliche Gouverneur beteiligt sei, werde er aber für entsprechende Ordnung sorgen.

Staatssekretär Fischer wiederholt, daß hier ein Rattenschwanz von Korruption vorliege. Wenn der Dienstweg eingehalten werde, verschwänden die Akten oder verstaubten. Die Landräte, welche die Handlanger der örtlichen Gouverneure seien in Form von Lieferungen, bringe man nicht weg. Man müsse es tatsächlich auf eine Gewaltprobe ankommen lassen.

Staatsminister Seifried erklärt, er wolle im Benehmen mit dem Justizministerium eine Dienstanweisung für Herrn Schimmel ausarbeiten, in der auch alle Vollmachten enthalten seien.

[XVIII. Verbrechen in Passau am 7. 1. 1946]

Staatsminister Dr. Terhalle erkundigt sich, ob man über den Passauer Fall noch etwas gehört habe.49

Staatsminister Seifried antwortet, daß er inoffiziell erfahren habe, es solle sich um eine Frauengeschichte handeln.

Staatssekretär Ficker erklärt zu den Verhältnissen in Passau noch, daß dort sämtliche Stellen von ehemaligen höheren Offizieren besetzt seien. Er habe Major Schweizer eine Liste überreichen lassen, und werde demnächst hinunterfahren, um dort auszumisten.

Staatsminister Seifried fügt hinzu, in Kissingen sei das Gleiche der Fall.50 Er habe dem Bürgermeister von Passau schon Vorhaltungen gemacht. Dieser habe erwidert, der Militärgouverneur von Passau gestatte die Entlassung dieser Leute nicht. Nunmehr habe aber die Militärregierung von Bayern zugestimmt.51

Der Bayerische Ministerpräsident:
gez. Dr. Wilhelm Hoegner
Der Sekretär d. Ministerrats:
gez. Claus Leusser
Oberregierungsrat
Der Leiter d. Bayer. Staatskanzlei:
gez. Dr. Anton Pfeiffer
Staatssekretär