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Nr. 96MinisterratssitzungDienstag, 6. Mai 1952 Beginn: 9 Uhr Ende:
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Dr. Müller, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Oberländer (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Dr. Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Regierungsdirektor Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialdirigent Brunner (Verkehrsministerium).1

Entschuldigt:

Kultusminister Dr. Schwalber, Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium).

Tagesordnung:

I. 8%ige Schatzanweisungen des Freistaates Bayern. II. Bundesratsangelegenheiten. III. Interpellation im Bayerischen Landtag. IV. Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung von Zeltlagern. V. Übertragung einer weiteren Aufgabe (Mitwirkung bei der Durchführung der Darlehensaktion „Gemeinschaftshilfe“) auf die Bayer. Landesanstalt für Aufbaufinanzierung. VI. [Fall Graf Soltikow]. [VII. 8%ige Schatzanweisungen des Freistaates Bayern]. [VIII. Obersalzberg]. [IX. Lastverteilung in bayerischen Grenzgebieten]. [X. Sicherheitsausstellung in Nürnberg]. [XI. Auszahlung eines halben Monatsgehalts für Angestellte]. [XII. Übernationale Kontrolle der Polizei deutscher Länder]. [XIII. Eröffnung des Julius-Spitals in Würzburg].

I. 8%ige Schatzanweisungen des Freistaates Bayern2

Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, das Verkaufsangebot der Bayer. Hypotheken- und Wechselbank über 8%ige Schatzanweisungen von 1952 des Freistaates Bayern habe überall große Aufregung hervorgerufen.3 Er müsse feststellen, daß das Kabinett von diesem Plan keinerlei Kenntnis gehabt habe, ebensowenig wie die Landeszentralbank und die Bayer. Staatsbank. Der Zinssatz von 8% sei absolut ungewöhnlich und gehe über alles bisherige hinaus. Der Ministerrat müsse wohl jetzt entscheiden, was zu geschehen habe und ob man den Verkauf einstellen solle, was jederzeit möglich sei.

Staatsminister Zietsch erwidert, die B.H. & W.B. sei vorgeprellt und er selbst habe zu seiner Überraschung die Ankündigung in der Presse gelesen. Eigentlich sollte die Ankündigung erst morgen erscheinen und die Aktion vorher noch im heutigen Ministerrat besprochen werden.4

Ministerpräsident Dr. Ehard fährt fort, die Frage sei nun, ob die ganze Sache zurückgezogen werden solle, um den zweifellos zu befürchtenden Schwierigkeiten auszuweichen.

Staatsminister Zietsch erklärt noch, die Präsidenten Dr. Grasmann5 und von Hellingrath6 seien bei ihm gewesen und hätten ihre Bedenken zum Ausdruck gebracht, ein nochmaliges Gespräch mit ihnen werde stattfinden. Herr von Hellingrath habe eigentlich seinen Rücktritt erklärt, seine Entscheidung aber noch zurückgestellt.

Anschließend wird ein Schreiben des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen vom 5. Mai verteilt.7

Staatsminister Dr. Seidel führt aus, der Sachverhalt, mit dem sich der Ministerrat heute zu beschäftigen habe, sei in der Tat einmalig und höchst bedenklich. Seit Monaten mache er die Beobachtung, daß das Finanzministerium im Gegensatz zur früheren Übung wirtschaftspolitische Maßnahmen in die Wege leite, ohne das Wirtschaftsministerium überhaupt zu verständigen. Bei der Beratung der neuen Geschäftsordnung der Staatsregierung habe sich das Kabinett bereits mit dieser Frage beschäftigt.8 Im gegenwärtigen Zeitpunkt seien Überlegungen im Gang, auf welche Weise der Kapitalmarkt wieder in Ordnung gebracht werden könne. Die Auffassungen seien sehr geteilt, vor allem gebe es Leute, die mit guten Gründen jede Zinserhöhung bekämpften und darauf hinwiesen, daß 1951 die Spareinlagen die Abhebungen um rund 2 Milliarden DM überschritten hätten. Es werde auch auf die allgemeine konjunkturelle Lage hingewiesen und eine Abschwächung des wirtschaftlichen Aufschwungs in der ganzen Welt festgestellt. Aus diesen Gründen werde der Schluß gezogen, daß in einem solchen Zeitpunkt eine Erhöhung des Zinsniveaus gefährlich werden könne. Von anderer Seite allerdings würden diese Argumente nicht anerkannt und eine Erhöhung des Zinsniveaus verlangt.

In dieser Situation angestrengter Überlegung vorzupreschen und eine Anleihe aufzulegen, die mit 8,15% bis 9,10% dotiert werde, sei bei aller Anerkennung der Bedürfnisse des Staates ein Schritt, der sehr leicht, im Hinblick auf die gesamte wirtschaftliche Lage, als wenig verantwortungsvoll bezeichnet werden könne. Die verhältnismäßig liquiden Banken und Versicherungsgesellschaften würden aller Voraussicht nach ungünstige Anlagen abstoßen und diese Anleihe zeichnen, die Auswirkungen werde man bald zu spüren bekommen. Er erinnere nur an die Schuldscheindarlehen der Rhein-Main-Donau AG usw., die sicher gekündigt würden, da sie keinesfalls so günstige Bedingungen wie diese Anleihe böten. Sicher sei auch, daß sehr bald die Auswirkungen im Landtag fühlbar würden, wenn die Abgeordneten in dem Verkaufsangebot lesen könnten, wie der Verwendungszweck des Erlöses der Schatzanweisungen sei.9 Das Finanzministerium müsse sich auch sehr reiflich überlegen, daß es einen schweren Stand bei allen Verhandlungen über den Finanzausgleich habe und immer wieder auf diese Anleihe verwiesen werde. Seiner Meinung nach hätte auf andere Weise etwas erreicht werden können, es sei z.B. möglich gewesen, die zweite Tranche der unverzinslichen Schatzanweisungen von 60 Millionen DM unterzubringen. Er für seine Person sei wirklich erschüttert, weil man hier in die ganze Entwicklung mit sehr rauher Hand eingegriffen habe, ohne sich zu überlegen, welche Wirkungen ein solcher Schritt des Bayerischen Staates haben könne. Ein Bundesland könne mit einer solchen Anleihe unter derartigen Bedingungen nicht in die allgemeine Entwicklung eingreifen. Er müsse sich überlegen, ob er nicht den Antrag stellen solle, daß das Finanzministerium den Verkauf sofort einstellt,

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt die Frage, wie gerade die Hypothekenbank dazu komme, die Sache zu übernehmen, nachdem sie doch als Pfandbriefanstalt an einer Konsolidierung des Pfandbriefzinses interessiert sein müsse.

Staatsminister Dr. Oechsle erklärt, in Bonn werde zurzeit ein Kampf zwischen Bundesfinanz- und Bundeswirtschaftsminister über den Kapitalmarkt und die Zinsbildung ausgetragen. Die Frage sei aber, ob überhaupt ein Staat ohne den Bund, ohne die Bank Deutscher Länder und die Banken überhaupt einen solchen gewagten Schritt tun könne. Die Erwägungen des Herrn Ministerpräsidenten hinsichtlich der Pfandbriefe seien durchaus berechtigt. Er halte das vom Finanzministerium eingeschlagene Verfahren auch für bedenklich, wenn natürlich auch der Ansturm auf diese 8%igen Schatzanweisungen sehr groß sein werde. Wenig erfreulich sei auch, daß hier einer Bank eine Monopolstellung eingeräumt worden sei und man müsse fragen, warum die Hypothekenbank das getan habe.

Staatsminister Zietsch erwidert, die sachlichen Bedenken würden auch von Seiten des Finanzministeriums geteilt, sie seien sehr genau überlegt worden. Seiten 1 1/2 Jahren fänden Verhandlungen wegen einer Anleihe statt, die eine gewisse Bewegungsfreiheit geben könne.10 Im vorigen Herbst sei versucht worden, mit Schatzanweisungen die Schwierigkeiten zu überwinden, was mit großer Mühe auch gelungen sei. Am 20. Juni laufe aber der Termin für diese 60 Millionen DM ab, wenn nicht eine Prolongation möglich werde. Niemand habe dem Finanzministerium einen Rat geben können, auch nicht Landeszentralbank und Staatsbank. Deren Präsidenten hätten auch zugegeben, daß es vom bankenmäßigen Standpunkt aus erfreulich sein könne, wenn es dem Staat gelinge, sich von dem Kredit bei der Landeszentralbank freizumachen und diese nicht mehr in Anspruch zu nehmen. Im übrigen verweise er auf die soeben verteilte Note des Finanzministeriums und zwar hier besonders auf Seite 2.11Andere Pläne seien von den erwähnten Banken abgelehnt worden, so daß das Finanzministerium nicht weiter gekommen sei.12 Vor etwa 6 Wochen habe nun die B.H. & W.B. von sich aus ganz überraschend ein Angebot gemacht, dessen Aussichten sie durchaus zuversichtlich beurteilt habe.13 Alle Bedenken, die dagegen aufgetreten seien, habe man gründlich erörtert, auch die Frage der Pfandbriefe. Er habe lange gezögert, das Angebot anzunehmen, sich schließlich aber doch entschlossen, um vor der zu erwartenden Zinserhöhung einen Vorsprung zu gewinnen.14 Er wiederhole nochmals, daß niemand bisher geholfen habe; auch die Landeszentralbank und Staatsbank seien nicht auf den Gedanken gekommen, daß man die 60 Millionen DM unverzinsliche Schatzanweisungen unter Umständen verlängern könne. Es handle sich hier in der Tat um ein Wagnis und man könne nicht wissen, ob nicht andere Kapitalanlagen abgestoßen würden. Die Beratungen, die man hinsichtlich der sogenannten Wandelanleihen gemacht habe, hätten aber gezeigt, daß die ursprünglichen Befürchtungen nicht eingetreten seien. Die Initiative eines so bedeutenden Instituts wie die Hypothekenbank habe man nicht beiseiteschieben können, zumal sie das einzige Institut gewesen sei, das sich die Mühe gemacht habe, dem Bayerischen Staat behilflich zu sein. Allerdings bedauere er selbst, daß das Verkaufsangebot so schnell erfolgt sei.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß das Kabinett vor der Frage stehe, ob man die Sache weiter laufen lassen oder den Verkauf sofort einstellen solle, wenn entsprechende Gründe dagegen bestünden.

Staatsminister Dr. Oechsle gibt zu überlegen, ob sich Papiere mit einer 8%igen Verzinsung nicht überhaupt schon in der nächsten Zeit durchsetzen würden. Außerdem weise er darauf hin, daß ein Betrag von 67 Millionen DM, den der Bayerische Staat vorschußweise gezahlt habe, Ende Mai aus der Arbeitslosenversicherung wieder zurückgezahlt werde.

Staatssekretär Dr. Koch erklärt, auch die Frage spiele eine Rolle, wie sich diese Aktion auf die Steuervergünstigungen der Pfandbriefe auswirken werde. Jedenfalls sei auch er der Meinung, daß das Kabinett früher von dieser Sache hätte erfahren müssen. Was die Schlußklausel betreffe, wonach der jetzige Schluß des Verkaufs Vorbehalten werde, so glaube er nicht, daß man diese Klausel so auffassen könne, daß sofort abgestöppt werden könne.15 Der früheste Termin scheine doch wohl nach sechs Monaten zu sein.16

Staatsminister Zietsch entgegnet, das sei nicht der Fall, entweder habe die Aktion in den nächsten zwei Monaten Erfolg oder sie könne abgeblasen werden.

Ministerpräsident Dr. Ehard erkundigt sich, was im Vertrag mit der B.H. & W.B. vereinbart worden sei.17

Staatsminister Dr. Seidel stimmt zu, glaube aber, die ganze Sache müsse doch noch reiflich überlegt werden und das Kabinett dann nochmals zusammentreten.

Dieser Vorschlag findet allgemeine Zustimmung, Es wird beschlossen, am Mittwoch, den 7. Mai 1952, nachmittags 18 Uhr, nochmals zusammenzukommen.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt abschließend fest, er müsse wieder darauf hinweisen, daß in den einzelnen Ministerien nicht genügend überlegt werde, wer noch beteiligt und zugezogen werden müsse.

Staatsminister Dr. Oechsle unterstreicht diese Bemerkung und betont, daß gerade bei dieser Sache ja alle Ministerien irgendwie beteiligt seien.18

II. Bundesratsangelegenheiten

1. Entwurf einer Verordnung über einen allgemeinen Mietzuschlag bei Wohnraum des Althausbesitzes19

Der Ministerrat beschließt, der ablehnenden Stellungnahme der Ausschüsse20 beizupflichten und an seiner Auffassung, daß einer Erhöhung der Mieten nur in Verbindung mit der Bereitstellung von Mitteln für den Wohnungsbau beigepflichtet werden könne, festzuhalten.

Ferner wird beschlossen, sich einem allenfallsigen Absetzungsantrag anzuschließen.21

2. Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Anordnung über Preise für Steinkohle, Steinkohlenkoks und Steinkohlenbriketts aus den Revieren Ruhr, Aachen, Niedersachsen sowie für oberbayerische Pechkohle und Gaskoks vom 30. Juli 194822

Regierungsdirektor Dr. Gerner berichtet, der Wirtschaftsausschuß habe eine Reihe von Vorschlägen ausgearbeitet (BR-Drucks. Nr. 159/1/52  ), auch der Agrar- und Verkehrsausschuß hätten Empfehlungen gebracht. Der Koordinierungsausschuß sei der Meinung gewesen, daß diese Empfehlungen zusätzlich seien, jedenfalls aber nochmals verhandelt werden müssen, wenn alle Verkehrsunternehmen ausgenommen werden sollten.23

Staatsminister Dr. Seidel führt aus, die Preise für Spitzenkohle seien um 35 DM teuerer als für Normalkohle. Außer diesen beiden Kategorien müsse man noch die tschechische, die jugoslawische und die sogenannte Stollkohle, die nicht bewirtschaftet sei, berücksichtigen.

Dieser Zustand sei für die Wirtschaft nicht günstig gewesen, man wolle deshalb aus zwei Gründen den Kohlepreis erhöhen und zwar einmal um die Spitzenkohle abzuschaffen; damit werde der Preis pro Tonne im Durchschnitt um 10 DM erhöht. Die Industriezweige, die bisher auf die Spitzenkohle angewiesen gewesen seien, sollten Preiserleichterungen bekommen. Der andere Grund sei der, damit die Einfuhr von amerikanischer Kohle zu verringern.

Von der Neuregelung solle der Hausbrand ausgenommen worden, dies solle in einem sogenannten Rückerstattungsverfahren geregelt werden. Für die bayerische Wirtschaft sei von besonderer Bedeutung die Frage der Tschechenkohle, nachdem die Tschechen plötzlich sich wieder bereiterklärt hätten, ¼ Jahr lang Kohle für die oberpfälzische und oberfränkische Industrie zu liefern.24 Allerdings sei diese Kohle um 20 DM pro Tonne teurer als die Ruhrkohle, wozu noch komme, daß sich die Betriebe jetzt wieder umstellen müßten. Er habe deshalb im Bundeswirtschaftsministerium verlangt, daß die Lieferungen aus dem Ruhrgebiet fortgesetzt werden sollten und Bayern lediglich zusätzlich Tschechenkohle erhalte.

Die Folge der Kohlenpreiserhöhung, die auch die Bundesbahn betreffen werde, sei eine Tariferhöhung der Bahn. Die Kostensteigerung bei der Bundesbahn betrage allerdings im Jahr etwa 625 Millionen DM; der Anteil der Kohle daran belaufe sich auf 135 Millionen DM, so daß man sich mit dem Gedanken trage, eine Tariferhöhung um 10% vorzunehmen. Im Wirtschaftsausschuß sei vorgeschlagen worden, die Kohlepreiserhöhung für die Bundesbahn und die Binnenschiffahrt erst am 1. Juli in Kraft treten zu lassen. Was Bayern betreffe, so könne die Tariffrage dann vernünftig gelöst werden, wenn über 400 km keine lineare Erhöhung erfolge. Wenn das erreicht werden könne, habe er keine Bedenken, der Verordnung zuzustimmen.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths erklärt, bei einem Besuch in Oberfranken habe er festgestellt, daß die dortige Industrie einverstanden sein könne, wenn sie 50% der bisherigen Kohlenlieferungen erhalte und 50% Tschechenkohle. Im Bundeswirtschaftsministerium habe er die feste Zusage bekommen, daß mit 50% Ausgleichslieferungen gerechnet werden könne. Man dürfe aber nicht übersehen, daß im April eine stark rückläufige Kohlenförderung eingetreten sei. Im Wirtschaftsausschuß habe er den bayerischen Standpunkt vorgetragen, der Ausschuß habe gegen Nordrhein-Westfalen beschlossen, der Kohlenpreiserhöhung zuzustimmen. Nach diesem Beschluß erst habe ein Vertreter des Bundesverkehrsministeriums mitgeteilt, daß das Bundeskabinett eine lineare Erhöhung der Frachten in Höhe von zunächst 10% beschlossen habe. Der Wirtschaftsausschuß habe dann festgestellt, daß versucht werden müsse, eine Regelung mit dem Bundesverkehrsministerium wegen der Frachten zu erreichen, nachdem er sich nicht habe entschließen können, die Bundesbahn von der Erhöhung auszunehmen.

Ministerialdirigent Brunner bestätigt, daß bei der Bundesbahn seit der letzten Tariferhöhung Mehrausgaben von 625 Millionen DM entstanden seien; das Bundesverkehrsministerium sei sich aber darüber klar, daß der Wirtschaft nicht zugemutet werden könne, hiefür einen Ausgleich durch Tariferhöhungen zu leisten. Diese Mehrausgaben könnten auch durch eine lineare Erhöhung von 10% nicht ausgeglichen werden. Der Bundesverkehrsminister25selbst habe nun die Bundesregierung gebeten, ihren Beschluß vorläufig auszusetzen, unter Umständen könnte also die Behandlung der Verordnung wieder abgesetzt werden.

Der Verkehrsausschuß habe sich auf den Standpunkt gestellt, daß er eine allgemeine Tariferhöhung aus verschiedenen Gründen nicht empfehlen könne und erklärt, es werde ein sehr schlechter Eindruck entstehen, wenn jetzt, wo mit einer Tarifsenkung gerechnet worden sei, diese Erhöhung zustande komme. Er begründe seine Auffassung ferner damit, daß man sich geeinigt habe, die nicht bundeseigenen Bahnen auszunehmen, ein Argument, das inzwischen aber überholt sei. Schließlich stelle er fest, daß ein unberechtigter Vorsprung des Kraftfahrzeugverkehrs entstehen werde. Der Verkehrsausschuß empfehle deshalb, alle Verkehrsträger auszunehmen und den Ausfall auf die gesamte Wirtschaft umzulegen. Er glaube, daß die bayerische Wirtschaft auf diese Weise besser wegkomme, als wenn sie mit der Tariferhöhung der Gütertarife belastet werde. Er selbst habe sich im Ausschuß für den Fall einer Erhöhung für eine Abflachung der Tarife für die Gebiete mit weiter Entfernung eingesetzt, dafür habe sich auch eine erhebliche Mehrheit gefunden. Daran müsse man unbedingt festhalten, wenn auch bei einer Tariferhöhung von nur 5 oder 10% diese Erhöhung keine sehr große Rolle spiele; allerdings lehne das Bundesverkehrsministerium jede Abflachung ab. Alles in allem habe er doch den Eindruck, als ob die bayerische Wirtschaft bei einer Herausnahme der Verkehrsträger besser wegkomme, als bei einer Tariferhöhung.

Staatsminister Dr. Seidel faßt die Aussprache dahin zusammen, daß der Vorschlag des Wirtschaftsausschusses ihm doch am besten die Situation zu treffen scheine.

Der Ministerrat beschließt, den Empfehlungen des Wirtschaftsausschusses allein zuzustimmen.26

3. Entwurf einer Fünften Anordnung über den Eisenbahn-Gütertarif vom Mai 195227

und

4. Entwurf einer Anordnung über den Reichskraftwagentarif vom Mai 195228

Diese Punkte werden abgesetzt werden.

5. Entwurf eines Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst29

Regierungsdirektor Dr. Gerner führt aus, gegen diesen Entwurf bestünden schwere verfassungsrechtliche Bedenken, da die Anstalt einen Unter- und Mittelbau haben solle, was mit dem Grundgesetz nicht übereinstimme.30 Man versuche nun den Ausweg zu gehen, daß man lediglich von Außenstellen rede. Man könne wohl versuchen, den Entwurf abzulehnen, wahrscheinlich werde man damit aber allein bleiben.

Der Ministerrat beschließt, auf alle Fälle den Gesetzentwurf abzulehnen.

Weiterhin wird beschlossen, falls für die Ablehnung keine Mehrheit zustande komme, den Empfehlungen der Ausschüsse zu folgen.31

6. Vorschlag für die Ernennung von ständigen Mitgliedern des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen32

Staatsminister Dr. Seidel verliest eine Vormerkung, wonach gegen die zuständigen Mitglieder des Bundesaufsichtsamtes von 28 Persönlichkeiten keine Einwendungen zu erheben sind.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.

7. Entwurf eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 195233

Es wird beschlossen, den Vermittlungsausschuß aus den in der BR-Drucks. Nr. 176/1/52  niedergelegten Gründen anzurufen.34

Staatsminister Zietsch berichtet in diesem Zusammenhang über die letzte Sitzung des Finanzausschusses, der seine Haltung in einem Beschluß niedergelegt habe;35 dieser Beschluß bedeute ein Entgegenkommen gegenüber dem Bundesfinanzminister.36

8. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zollgesetzes und der Verbrauchsteuergesetze37

Ein Antrag nach Art. 77 Abs. 2  GG wird nicht gestellt.

9. Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Besteuerung des Kleinpflanzertabaks im Erntejahr 195238

Es wird beschlossen, den Empfehlungen des Finanzausschusses, nicht aber denen des Agrarausschusses zu folgen.39

10. Entwurf einer Erbschaftsteuer-Durchführungsverordnung40

und

11. Entwurf einer Verwaltungsanordnung für die Erbschaftsteuer41

Zustimmung nach Maßgabe der Abänderungsvorschläge des Rechts- und Finanzausschusses.42

12. Entwurf einer Verwaltungsanordnung über die Änderung und Ergänzung der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1950 für die Veranlagung zur Körperschaftsteuer 195143

Auch hier wird beschlossen, nach Maßgabe der Abänderungsvorschläge des Finanzausschusses zuzustimmen, dem Agrarausschuß aber nicht zu folgen.44

13. Zustimmung des Bundesrates zur endgültigen Berechnung der Beiträge und Zuschüsse der Länder aus dem Finanzausgleich 1950 gemäß §5 Abs. 3 der Ersten Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über den Finanzausgleich unter den Ländern im Rechnungsjahr 1950 vom 26. Juni 1951 (BGBl. I S.408  )45

Dieser Punkt wird abgesetzt werden.

14. Entwurf eines Gesetzes über die Aufnahme eines Kredits durch den Bund im Rahmen der von den Vereinigten Staaten gewährten Wirtschaftshilfe46

Ein Antrag nach Art. 77 Abs. 2  GG wird nicht gestellt.

15. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Altersversorgung für das deutsche Handwerk47

Regierungsdirektor Dr. Gerner berichtet, im Koordinierungsausschuß habe sich der Vertreter des Arbeitsministeriums gegen den Entwurf ausgesprochen, da man der Meinung sei, daß eine Zwangsversicherung eingeführt werden müsse.48 Wenn die Ablehnung des Entwurfs aus diesem Grunde keine Mehrheit finden sollte, befürwortet das Arbeitsministerium die Unterstützung der Empfehlungen des Sozialpolitischen Ausschusses vom 24. April 1952.49

Zu entscheiden sei noch die Frage, ob es bei der im Entwurf vorgesehenen Versicherungspflichtgrenze von 10000 DM verbleiben oder ob diese entsprechend dem Vorschlag des Ausschusses für Sozialpolitik auf 15 000 DM erhöht werden solle.50

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner empfiehlt, die Grenze auf 15000 DM festzusetzen, während Staatsminister Zietsch sich dafür ausspricht, bei dem Vorschlag der Bundesregierung zu bleiben.

Der Ministerrat beschließt, einer Versicherungspflichtgrenze von 10000 DM zuzustimmen, im übrigen aber den Empfehlungen des Sozialpolitischen Ausschusses sich anzuschließen.51

16. Entwurf eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Spanischen Staat betr. Gastarbeitnehmer52

und

17. Entwurf eines Gesetzes über das Zusatzprotokoll zum Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Sozialversicherung53

Einwendungen werden nicht erhoben.54

18. Entwurf eines Gesetzes über den Ablauf der durch Kriegsvorschriften gehemmten Fristen in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung55

Es wird beschlossen, zu dem Entwurf unter Berücksichtigung der in der BR-Drucks. Nr. 168/1/52  enthaltenen Abänderungsvorschläge Stellung zu nehmen.56

19. Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über Hilfsmaßnahmen für Heimkehrer (Heimkehrergesetz) vom 13. Juli 1950 (BGBl. I S.327  )57

Dieser Punkt wird abgesetzt werden.

20. Entwurf eines Gesetzes über die Aufhebung einiger Polizeiverordnungen auf dem Gebiet des Verkehrs mit Arzneimitteln58

Es wird beschlossen, keinen Antrag nach Art. 77 Abs. 2  GG zu stellen.

21. Entwurf von Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zur Ausführung des Paßgesetzes59

Wird abgesetzt.

22. Entwurf einer Verordnung zur Ausführung des Personenstandsgesetzes (Änderung der Gebührenordnung)60

Der Ministerrat beschließt, diesen Entwurf ohne besondere Erklärung abzulehnen.

23. Entwurf einer Verordnung zur Ergänzung der Verordnung über den Anbau krebsanfälliger Kartoffelsorten61

24. Entwurf einer Verordnung über die besondere Ernteermittlung für das Jahr 195262

und

25. Entwurf einer Verordnung zur Ergänzung der Verordnung M Nr.1/51 über Preise für Milch und Butter63

Zustimmung.

26. Bericht des Rechtsausschusses, über Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht64

Von einer Äußerung und einem Beitritt zu diesem Verfahren wird abgesehen.

27. Regelung der Zahlung von Sitzungsgeldern und Reisekosten beim Bundesrat

Der Ministerrat beschließt nach kurzer Aussprache, den Vorschlägen des Bundesratspräsidiums vom 24.4. nicht zu folgen, dagegen den Vorschlag des Finanzausschusses vom 7.2. zu unterstützen.

Zum Schluß weist Regierungsdirektor Dr. Gerner noch darauf hin, daß am nächsten Freitag der Vermittlungsausschuß wegen des Landpachtgesetzes65 tagen werde. Außerdem dürfe er berichten, daß der Bundestagsabg. Kunze66dämm gebeten habe, daß Mitglieder des Bundesrats bei der Beratung des Lastenausgleichsgesetzes67 im Bundestag anwesend seien.

III. Interpellation im Bayerischen Landtag

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß voraussichtlich am heutigen Nachmittag die Interpellation der Oppositionsparteien im Landtag vorgetragen und begründet werde.68 Die Begründung müsse man an sich ja noch abwarten, er beabsichtige aber, wenn nicht Unvorhergesehenes geschehe, in folgender Weise darauf zu antworten.

Ministerpräsident Dr. Ehard verliest dann anschließend den Entwurf der Antwort.69 Das Kabinett ist der Meinung, daß die Interpellation in dieser Form am besten zu erledigen ist.

Staatsminister Dr. Müller fügt noch hinzu, daß er sich selbst völlig zurückhalten und nicht sprechen werde.

Ministerpräsident Dr Ehard verliest dann noch ein an ihn gerichtetes Schreiben des Landesrabbiners Dr. Ohrenstein.70

Ministerpräsident Dr. Ehard kommt dann noch auf den angeblich verloren gegangenen Akt Dr. Gindl71 zu sprechen, der dem Mitberichterstatter im Auerbach-Ausschuß, Herrn Abg. Saukel,72 gestohlen worden sein solle.

Staatsminister Dr Oechsle erwidert, er habe mit Saukel selbst gesprochen, dieser erkläre, daß er den Akt an das Landtagsamt zurückgeleitet habe.73

IV. Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung von Zeltlagern74

Stv. Ministerpräsident Dr Hoegner gibt neue Vorschläge des Staatsministeriums des Innern zu diesem Gesetzentwurf bekannt und meint, damit seien die bisher bestehenden Bedenken wohl ausgeräumt. Der Sinn dieses Gesetzes sei nur der, daß Vorkehrungen im Interesse der Gesundheit usw. getroffen würden.

Er sei auf Anregung der Jugendverbände ausgearbeitet und mit diesen durchbesprochen worden.

Staatssekretär Dr Brenner verliest eine im Staatsministerium für Unterricht und Kultus ausgearbeitete Vormerkung zu dem vorliegenden Entwurf und fügt hinzu, auch die Jugendverbände seien jetzt der Meinung, daß ein Polizeigesetz entstanden sei, das das wilde Zelten nicht verhindern könne.75Er selbst habe das Gefühl, daß versucht werde, zuviel zu erreichen und der Zweck des Gesetzes nicht erfüllt werde.

Nachdem auch Staatsminister Zietsch die schon früher von ihm geäußerten Bedenken aufrecht erhält, beschließt der Ministerrat, den Gesetzentwurf nicht weiter zu behandeln und auch nicht dem Landtag zuzuleiten.

V. Übertragung einer weiteren Aufgabe (Mitwirkung bei der Durchführung der Darlehensaktion „Gemeinschaftshilfe“) auf die Bayer. Landesanstalt für Aufbaufinanzierung

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß gegen die Übertragung dieser Aufgabe auf die Landesanstalt für Aufbaufinanzierung keine Bedenken geltend gemacht worden seien. Die Bayer. Staatskanzlei habe aber vorgeschlagen, den an den Bayer. Landtag zu richtenden Antrag etwas anders zu formulieren.

Nachdem sich Staatsminister Zietsch damit einverstanden erklärt, wird beschlossen, dem Landtag folgenden Antrag vorzulegen:

„Der Landtag wolle beschließen:

Dem Beschluß der Staatsregierung vom 29. April 1952,76 wonach das Staatsministerium der Finanzen der Bayer. Landesanstalt für Aufbaufinanzierung die Aufgabe der Mitwirkung bei der Durchführung der Darlehensaktion ,Gemeinschaftshilfe zur Schaffung von Dauerarbeitsplätzen in gewerblichen Betrieben’ (insbesondere Vorbereitung und Bearbeitung von Darlehensanträgen und Durchleitung von Darlehensmitteln) zuweist, wird gemäß § 4 des Gesetzes vom 7. Dez. 1950 in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 20. Februar 1952 (GVBl. S. 79  ) zugestimmt.“

VI. Fall Graf Soltikow77

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, der Geschäftsordnungsausschuß des Landtags habe die Aufhebung der Immunität des Herrn Staatsministers Dr. Müller beschlossen, damit die gegen ihn durch den Grafen Soltikow erhobenen Vorwürfe geprüft werden könnten.78 Herr Dr. Müller habe davon keine Kenntnis gehabt, es sei deshalb notwendig, daß die Angelegenheit vom Plenum des Landtags nochmals an den Ausschuß zurückverwiesen werde. Eine derartige Vereinbarung sei auch in der Koalitionsbesprechung getroffen worden.79

Staatsminister Dr. Müller fügt hinzu, das Spruchkammerverfahren gegen Soltikow habe schon geschwebt, als er das Ministerium übernommen habe. Soltikow sei übrigens unter Berufung auf ein Gespräch mit Herrn Dr. Hoegner im Jahre 1946, der damals Ministerpräsident gewesen sei, als Vertreterder Interessen der Hinterbliebenen der Widerstandskämpfer aufgetreten.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, Soltikow sei damals tatsächlich bei ihm gewesen, er könne sich aber keineswegs auf irgendwelche Zusagen berufen. Daß die Angehörigen der Opfer des 20. Juli Renten bekämen, habe er selbst damals bei Dr. Auerbach durchgesetzt.

Anschließend gibt Staatsminister Dr. Müller noch einen Überblick über seine Tätigkeit in den ersten Kriegsjahren.80

[VII.] 8%ige Schatzanweisungen des Freistaates Bayern81

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, er habe soeben ein Ferngespräch mit Herrn Bundesfinanzminister Schäffer82 wegen der Schatzanweisungen gehabt, Schäffer bitte zu überlegen, ob die Aktion nicht abgestoppt werden könne, zumal er selbst versuchen wolle, bei der Bank Deutscher Länder etwas anderes zu erreichen.83

[VIII.] Obersalzberg84

Staatsminister Zietsch führt aus, die Abbrucharbeiten auf dem Obersalzberg seien in vollem Gang, das Hitlerhaus sei jetzt völlig beseitigt. Durch den langen Nachwinter könne die bis 31. Mai gesetzte Frist nicht eingehalten werden, es sei aber damit zu rechnen, daß die Arbeiten im Laufe des Juni abgeschlossen seien.85

[IX.] Lastverteilung in bayerischen Grenzgebieten86

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest einen an den Herrn Ministerpräsidenten gerichteten Brief, in dem auf Meinungsverschiedenheiten, die zwischen dem Staatsministerium für Wirtschaft und dem Landeslastverteiler für Bayern87 bestünden, hingewiesen werde.88

Staatsminister Dr. Seidel, der eine eingehende Ausarbeitung das Wirtschaftsministeriums verteilen läßt, ersucht, die Angelegenheit noch bis zur nächsten Sitzung zurückzustellen.89 Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.90

[X.] Sicherheitsausstellung in Nürnberg91

Staatsminister Zietsch erinnert daran, daß der Ministerrat beschlossen habe, sich an der Sicherheitsausstellung in Nürnberg nicht zu beteiligen, da der Bund jeden Zuschuß abgelehnt habe. Vor kurzem sei nun für diese Ausstellung von amerikanischer Seite ein Betrag von 150000 DM zur Verfügung gestellt worden. Es frage sich nun, ob an dem seinerzeitigen Ministerratsbeschluß festgehalten werden solle.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner bestätigt diese Mitteilung und erklärt, die Finanzierung sei nun gesichert, zumal auch verschiedene andere Länder Beträge leisten würden. Er schlage deshalb vor, daß die ursprünglich schon bereitgestellten 50000 DM jetzt doch beigesteuert würden. Er habe jetzt auch keine Bedenken mehr, daß der Herr Ministerpräsident und er selbst als Innenminister dem Kuratorium beitreten. Es müsse aber daran festgehalten worden, daß weitergehende Zusicherungen nicht gemacht und jedenfalls ein nochmaliger Zuschuß nicht geleistet worden könnte.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.92

[XI.] Auszahlung eines halben Monatsgehalts für Angestellte

Staatsminister Zietsch berichtet, nachdem an die Angestellten des öffentlichen Dienstes im Juni ein halbes Monatsgehalt ausgezahlt werden solle, hätten die Gewerkschaften das gleiche auch für die Arbeiter gefordert; dabei werde ein Betrag von 120 DM in Aussicht genommen. Diese Regelung werde ca. 4 Millionen DM benötigen. Er bitte um Meinungsäußerung, da die Tarifgemeinschaft deutscher Länder am 15. Mai wieder zusammentrete.

Staatsminister Dr. Oechsle spricht sich dafür aus, die Arbeiter in der gleichen Weise wie die Angestellten zu behandeln.

Staatsminister Zietsch stellt fest, man müsse allerdings berücksichtigen, daß die Beamten und Angestellten auf 78% des Realeinkommens gegenüber 1938 stehen, die Arbeiter auf 92%.

Der Auszahlung eines halben Monatsgehalts könne man deswegen nicht zustimmen.

Der Ministerrat beschließt, der vom Staatsministerium der Finanzen vorgeschlagenen Regelung von 120 DM im Monat für die Arbeiter des Staates beizupflichten.

[XII.] Übernationale Kontrolle der Polizei deutscher Länder93

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß der Ministerrat am 8. April 1952 beschlossen habe, sich einem Protest des hessischen Innenministeriums gegen eine übernationale Kontrolle der Landpolizei anzuschließen. Das Bundesinnenministerium habe nun mitgeteilt, die Pressenachrichten seien zwar im wesentlichen zustimmend, der Bundeskanzler habe aber diesen Vorschlag abgelehnt und eine Erörterung unter den Mitgliedsstaaten der europäischen Gemeinschaft angeregt. Das Bundesinnenministerium erkläre jetzt, daß den Bedenken der Innenminister der Länder Rechnung getragen worden sei. Trotzdem sei er der Meinung, daß das Bayer. Innenministerium ungefähr in der Weise antworten solle, daß es von dem Schreiben des Bundesinnenministeriums nicht befriedigt sei, Vereinbarungen dürften nur nach vorheriger Verständigung mit den Ländern getroffen werden, dabei könne man sich auf das Grundgesetz berufen. Er beabsichtige abschließend mitzuteilen, daß eine Besprechung mit den Innenministern der Länder nach wie vor für notwendig gehalten werde.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.94

[XIII.] Eröffnung des Julius-Spitals in Würzburg95

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner verliest eine Einladung des Oberpflegamts des Julius-Spitals in Würzburg zur Eröffnung am 20. Mai 1952.

Der Ministerrat vereinbart, am 19. Mai 1952, 17 Uhr, eine Ministerratssitzung in Veitshöchheim abzuhalten und am anderen Tag an der Feier teilzunehmen.96

Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Generalsekretär des
Ministerrats
gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg
Ministerialrat
Der Leiter der
Bayerischen Staatskanzlei
gez.: Dr. Karl Schwend
Ministerialdirektor