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Nr. 157MinisterratssitzungDienstag, 26. Mai 1953 Beginn: 10 Uhr 05 Ende: 12 Uhr 15
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirigent Dr. Baer (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).

Entschuldigt:

Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Oberländer (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium).

Tagesordnung:

I. Vorbereitung der nächsten Landtagssitzung. II. Zuschuß des Landes Bayern zu den Kosten der Arbeiten der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft für naturgemäße Wirtschaft. III. Zuschuß des Landes Bayern zu den Verwaltungskosten der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit. IV. Angleichung der Ministerialzulage in Bayern an die Bundessätze. V. Lehrerbesoldung. VI. Instandsetzung von Straßen am Urlaubsort des Herrn Bundespräsidenten. VII. Aktion zum Absatz neuer Rundfunkgeräte. VIII. Waldbrand in Grafenwöhr. IX. Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Staatsministerium der Finanzen und des Innern über die künftige Verteilung von Verwaltungszuständigkeiten. X. Sicherung des Nationaltheaters. XI. Beisetzung des ehemaligen amerikanischen Generalkonsuls S. Woods. XII. Eröffnung der Grenzlandausstellung in Hof am 4. Juli 1953. XIII. Enteignungsantrag der Firma Otto Gruber & Co., München, Rosenheimer Straße 17.

I. Vorbereitung der nächsten Landtagssitzung

1. Interpellation der Abg. Bezold, Dr. Brücher1 und Fraktion, sowie Dr. Lippert2 und Fraktion betreffend den Bericht des Obersten Rechnungshofs für das Rechnungsjahr 1950

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt den Wortlaut der beabsichtigten Interpellation bekannt.3

Staatsminister Zietsch erklärt, nach seiner Auffassung sei es Sache des Landtags, von sich aus bezüglich des Berichts des Obersten Rechnungshofs tätig zu werden. Der Landtag müsse den Bericht beraten und sich hierbei darüber schlüssig werden, ob bzw. unter welchen Auflagen er der Staatsregierung die Entlastung erteilen wolle. Weder der Senat, der nach dem Rechnungsprüfungsgesetz auch gehört werden müsse, noch der Landtag hätten sich aber bisher mit dem Prüfungsbericht 1950 befaßt.

Er schlage vor, die Interpellation im Landtag in diesem Sinne zu beantworten.

Die Staatsminister Dr. Hoegner und Dr. Seidel erklären, daß auch die Regierung von sich aus tätig werden könne und daß dies durchaus zweckmäßig sei.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, es ergebe sich die Frage, ob die Staatsregierung zuwarten oder von sich aus tätig werden solle.

Staatsminister Zietsch meint, man könne erklären, die Staatsregierung beschäftige sich bereits mit dem Bericht.

Der Ministerrat einigt sich dahin, bei der Beantwortung der Interpellation auf die Frage nicht einzugehen, ob die Initiative für die Behandlung des Prüfungsberichts des Rechnungshofs bei der Staatsregierung oder beim Landtag liege.

Der Ministerrat erörtert des weiteren die Frage, ob die Interpellation zum Anlaß genommen werden solle, den Prüfungsbericht des Rechnungshofs im Landtag bereits eingehend zu erörtern.

Der Ministerrat ist einhellig der Auffassung, daß seitens der Staatsregierung bei der Beantwortung der Interpellation auf jeden Fall darauf hinzuweisen sei, daß eine eingehende Debatte über den Prüfungsbericht die im Rechnungsprüfungsgesetz vorgesehene Behandlung des Berichts im Landtag vorwegnehme.

Wenn seitens des Landtags darauf beharrt werden sollte, daß die Bayerische Staatsregierung bei der Beantwortung der Interpellation bereits zu allen Einzelbeanstandungen des Obersten Rechnungshofs Stellung nehme, so müsse hierfür der Staatsregierung entsprechend Zeit gelassen werden. Eine Stellungnahme der Staatsregierung zu den einzelnen Punkten im Bericht des Obersten Rechnungshofs könne erst in einer späteren Sitzung des Landtags abgegeben werden.

Auf Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten beschließt der Ministerrat, zunächst eine Erklärung abzugeben, daß nach Auffassung der Staatsregierung das gesetzliche Verfahren der Behandlung des Prüfungsberichts nicht in den Rahmen einer Interpellation gepresst werden könne. Im übrigen solle erklärt werden, die Staatsregierung beschäftige sich bereits mit dem Bericht. Ein Teil der Beanstandungen sei bereits im Zeitpunkt der Abfassung des Berichts gegenstandslos gewesen, was sich aus dem Bericht ergebe. Für einen weiteren Teil der Beanstandungen sei der Grund zwischenzeitlich dadurch weggefallen, daß die Staatsregierung nach Abfassung des Berichts Abhilfe geschaffen habe. Zu den Beanstandungen des Rechnungshofs, welche die Staatsregierung als nicht begründet ansehe, würde bei der Behandlung des Prüfungsberichts im Landtag und Senat noch im einzelnen Stellung genommen werden. Der Herr Staatsminister der Finanzen werde den Antrag auf Entlastung der Staatsregierung dem Landtag übermitteln, wenn die Prüfung des Berichts in den Ressorts abgeschlossen sei. Die Staatsregierung sei auch der Auffassung, daß da, wo Verstöße nachweisbar festgestellt worden seien, die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden sollen.

Der Ministerrat stellt auf Antrag des Herrn Staatsministers der Finanzen fest, daß dieser für den Antrag auf Entlastung der Staatsregierung zuständig ist und daß auch die für den Antrag erforderlichen Vorbereitungen vom Staatsministerium der Finanzen zu treffen sind.4

2. Mißtrauensantrag des Abg. Haußleiter gegen den Herrn Ministerpräsidenten wegen seiner Stellungnahme im Bundesrat zum EVG-Vertrag und zum Generalvertrag5

Der Ministerrat stellt fest, daß dieser Antrag des Abg. Haußleiter sowohl verfassungswidrig ist als auch nicht mit der Geschäftsordnung des Landtags in Einklang steht.

3. Anfrage des Abg. Dr. Sturm,6 Bayernpartei, wegen Aufhebung des Spruchs gegen den ehemaligen Generaloberst Alfred Jodl

Ministerpräsident Dr. Ehard führt hierzu aus, der amerikanische Hohe Kommissar habe daran Anstoß genommen, daß in dem Spruch der Spruchkammer über die tatsächlichen Feststellungen des Nürnberger Urteils hinweggegangen werde.7 Im übrigen sei dem amerikanischen Hohen Kommissar, der einen Beauftragten zu ihm entsandt habe, die Verfügung über den Nachlaß Jodls gleichgültig.8 Der Fall sei dadurch erschwert worden, daß sowohl die Verteidigung als auch der Generalkläger auf die Berufung verzichtet hätten und der Spruch damit rechtskräftig geworden sei. Es habe daher keine andere Möglichkeit mehr bestanden, als den Spruch, der auf jeden Fall bezüglich der tatsächlichen Feststellungen zu beanstanden sei, durch den Minister für politische Befreiung aufheben zu lassen.9

Der Ministerrat beschließt, daß die Anfrage des Abg. Dr. Sturm in diesem Sinne durch den Herrn Staatsminister der Justiz in seiner Eigenschaft als Minister für politische Befreiung beantwortet werden soll.10

4. Anfrage des Abg. Junker11 zur Frage der staatsbejahenden Einstellung verschiedener Richter

Der Ministerrat beschließt, daß die Anfrage durch den Herrn Staatsminister der Justiz beantwortet werden soll. Dieser wird erklären, daß er zu der Anfrage nur Stellung nehmen könne, wenn ihm die Einzelfälle, auf welche sich die Anfrage beziehe; mitgeteilt werden.12

II. Zuschuß des Landes Bayern zu den Kosten der Arbeiten der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft für naturgemäße Wirtschaft13

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt den Inhalt des Antrags der bayerischen Mitglieder der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft für naturgemäße Wirtschaft bekannt.14

Staatsminister Dr. Seidel erklärt hierzu, die Wirtschaftsminister der Länder seien sich darin einig, daß die Organisation keine echten Aufgaben habe. Die wissenschaftlichen Fragen der Landesplanung und Raumordnung würden von dem in Bonn errichteten Institut15 in ausreichender Weise behandelt. Die Wirtschaftsminister hätten daher die Bewilligung des Beitrags aus den in ihren Haushalten bereitgestellten Mitteln einhellig abgelehnt.

Staatsminister Zietsch erklärt, daß der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft zahlreiche Kabinettsmitglieder und Abgeordnete aller Parteien angehören und daß er sich für eine Ablehnung des beantragten Betrags nicht aussprechen könne. Er sei bereit, die Mittel aus dem Einzelpl. XIII zur Verfügung zu stellen.

Der Ministerrat bewilligt daraufhin den Betrag von 6 300,- DM zu Lasten des Einzelplans XIII.16

III. Zuschuß des Landes Bayern zu den Verwaltungskosten der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit17

Staatsminister Zietsch führt aus, die Finanzminister der Länder seien übereingekommen, den Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit nur Zuschüsse von 5 000,- DM zu zahlen.

Da in Bayern zwei derartige Gesellschaften – die eine in München, die andere in Nürnberg – bestünden, habe er sich mit der Zahlung des doppelten Betrags einverstanden erklärt. Mit 12 000 DM insgesamt gehe Bayern über das hinaus, was die übrigen Länder zahlen würden, er spreche sich daher gegen jede weitere Erhöhung des Zuschusses aus.18

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt mit Zustimmung der übrigen Kabinettsmitglieder fest, daß jede Erhöhung der staatlichen Zuschüsse nur zur Unterhaltung eines überflüssigen und kostspieligen Verwaltungsapparates führe.

Der Ministerrat beschließt daraufhin, eine Erhöhung des Beitrags des Landes Bayern zu den Verwaltungskosten der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit über 12 000 DM im Jahr abzulehnen.19

IV. Angleichung der Ministerialzulage in Bayern an die Bundessätze

Staatsminister Zietsch führt aus, daß die Ministerialzulage beim Bund20 im Hinblick auf die bekannt sehr hohen Lebenshaltungskosten in Bonn gegenüber den ursprünglichen Reichssätzen, die in Berlin gewährt worden seien, erhöht worden sei.21 Da die Lebenshaltungskosten in München nicht so hoch seien wie in Bonn, könne er sich für eine Angleichung der Ministerialzulage in Bayern an die Bonner Sätze nicht aussprechen. Dagegen sei er damit einverstanden, daß die Ministerialzulage in Bayern vom Rechnungsjahr 1954 ab in Höhe der früheren Reichssätze gewährt werde.

Der Ministerrat beschließt, ab 1. April 1954 die Ministerialzulage in Bayern in Höhe der früheren Reichssätze zu zahlen und die Erhöhung bei der Haushaltsaufstellung für das Jahr 1954 zu berücksichtigen.

V. Lehrerbesoldung22

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt dem Ministerrat Kenntnis von dem vom Herrn Staatsminister der Finanzen mit Schreiben vom 23. Mai 1953 beantragten Kabinettsbeschluß zur Frage der Lehrerbesoldung.23

Staatsminister Zietsch führt hierzu aus, eine Verwirklichung des Vorschlags der Kultusministerkonferenz bringe für Bayern eine Mehrbelastung von 20 Millionen DM,24 eine Verwirklichung des Vorschlags der Besoldungsreferenten25 der Finanzminister der Länder aber nur eine Mehrbelastung26 von 7 Millionen DM.27 Abgesehen davon würde eine Verwirklichung des Vorschlags der Konferenz der Kultusminister die Staatsregierung in die größten Schwierigkeiten gegenüber den übrigen Beamten bringen. Hierzu bestehe in Bayern umso weniger Anlaß, als hier kein Lehrermangel bestehe. Es sei nicht zu vertreten, ein Jahr vor der großen Besoldungsreform die Lehrer in so einseitiger Weise vor den übrigen Beamten zu begünstigen; die zugestandenerweise weiteren notwendigen Verbesserungen der Lehrerbesoldung müßten der großen Besoldungsreform vorbehalten bleiben.

Staatsminister Dr. Schwalber weist darauf hin, daß er an dem zur Erörterung stehenden Beschluß der Kultusministerkonferenz nicht mitgewirkt habe. Er hätte auch diesem Beschluß nicht zugestimmt, da er sich an den Haushalt gebunden fühle.

Der Ministerrat beschließt hierauf entsprechend dem Antrag in dem Schreiben des Herrn Staatsministers der Finanzen vom 23. Mai 1953.28

Besoldung

VI. Instandsetzung von Straßen am Urlaubsort des Herrn Bundespräsidenten29

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, der Herr Bundespräsident werde seinen Urlaub in diesem Jahr im Allgäu verbringen. Die Straßen zu dem von ihm gewählten Urlaubsort seien sehr schlecht; die beiden Gemeinden seien bereit, zusammen 16 000 DM für die Instandsetzung der Straßen selbst aufzubringen, wenn die darüber hinaus noch erforderlichen 32 000 DM vom Bayerischen Staat beigesteuert würden. Er befürworte diesen Antrag im Hinblick auf die Stellung des Herrn Bundespräsidenten.

Staatsminister Zietsch spricht sich gegen den Antrag aus und ist der Auffassung, daß der Wunsch der Gemeinden nur30 im Rahmen der im Finanzausgleich bereitgestellten Mittel berücksichtigt werden könne.

Gegen die Stimme des Herrn Staatsministers der Finanzen beschließt der Ministerrat, daß den beiden Gemeinden der beantragte Zuschuß von 32 000 DM zur Instandsetzung der Straßen aus Staatsmitteln gewährt wird.

VII. Aktion zum Absatz neuer Rundfunkgeräte

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner berichtet, der Bayer. Rundfunk plane gemeinsam mit einigen Firmen der Rundfunkindustrie und dem Rundfunkfachhandel eine Aktion zum Absatz neuer Rundfunkgeräte. Der erhöhte Absatz solle dadurch herbeigeführt worden, daß jeder 20. Käufer eines neuen Rundfunkgeräts ein neues Gerät umsonst erhalte und daß die alten Geräte zu bestimmten Pauschalsätzen zurückgenommen würden. Sein Ministerium sei mit der Aktion insoweit befaßt, als darin eine genehmigungspflichtige Ausspielung nach dem Lotteriegesetz liege. Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, sein Ministerium trage Bedenken, die Genehmigung nach dem Lotteriegesetz zu erteilen, weil die Höhe der Auszahlungssumme nicht bekannt sei.

Staatsminister Dr. Seidel ergänzt die Ausführungen des Herrn Staatsministers Dr. Hoegner dahin, daß die Aktion auch Fragen des Wettbewerbsrechts aufwerfe. An sein Ministerium sei herangetreten worden mit dem Ersuchen, eine Erklärung abzugeben, daß die Aktion nicht gegen die amerikanischen Dekartellisierungsbestimmungen verstoße. Eine solche Erklärung werde sein Ministerium nicht abgeben, da es nicht Aufgabe seines Ministeriums sei, Besatzungsrecht auszulegen. Im übrigen begegne die Aktion auch insoweit Bedenken, als die beteiligten Firmen nicht bekannt seien.

Rundfunk

Der Ministerrat beschließt hierauf, daß das Staatsministerium des Innern die Genehmigung der Aktion wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen des Lotteriegesetzes versagen soll, welche eine Höhe der Ausspielungssumme vorschreibt, in der Entschließung des Staatsministeriums des Innern soll ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß ein Urteil über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit der Aktion damit nicht getroffen werde.

VIII. Waldbrand in Grafenwöhr31

Staatsminister Dr. Schlögl gibt bekannt, daß in Grafenwöhr ein großer Waldbrand durch das Schießen amerikanischer Einheiten mit Leuchtspurmunition entstanden sei. Die Bekämpfung des Waldbrands habe sich dadurch erschwert, daß der Kommandeur des Truppenübungsplatzes die nicht ortsansässigen privaten Feuerwehren von der Bekämpfung des Waldbrands ausschließe. Diesen Feuerwehren werde das Betreten des um den Truppenübungsplatz liegenden Sicherungsgeländes verboten.32 Er bitte den Herrn Ministerpräsidenten, bei dem Kommandeur der amerikanischen Truppen in dem Sinne vorstellig zu werden, daß bei der Bekämpfung von Waldbränden auf amerikanischen Truppenübungsplätzen alle erreichbaren deutschen Feuerwehren herangezogen werden können.

Ministerpräsident Dr. Ehard sichert zu, sich in der Angelegenheit an den Kommandeur der amerikanischen Truppen zu wenden. Ferner33 wird Staatsminister Dr. Hoegner vom Regierungspräsidenten34 einen ausführlichen Bericht anfordern.35

IX. Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Staatsministerium der Finanzen und des Innern über die künftige Verteilung von Verwaltungszuständigkeiten36

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt das Schreiben des Herrn Staatsministers des Innern vom 23. April 1953 bekannt, in welchem über die Erklärungen des Staatsministeriums der Finanzen zur bevorstehenden Verwaltungsreform Beschwerde geführt wird.37

Nachdem Staatsekretär Dr. Ringelmann betont hat, es sei nicht seine Absicht gewesen, durch das dem Münchner Merkur gewährte Interview in die Zuständigkeiten des Staatsministeriums des Innern einzugreifen, wird die Angelegenheit als bereinigt erklärt.38

Ministerpräsident Dr. Ehard nimmt den Vorfall zum Anlaß, um alle Mitglieder des Kabinetts zu bitten, bei Erklärungen in der Öffentlichkeit auf die übrigen Geschäftsbereiche Rücksicht zu nehmen und die notwendige Koordinierung durchzuführen.

X. Sicherung des Nationaltheaters39

Staatsminister Dr. Schwalber führt aus, in der Presse sei unlängst die Behauptung aufgestellt worden, sein Ministerium habe die Annahme des Erlöses der Nationaltheater-Tombola in Höhe von 600 000 DM abgelehnt; den Veranstaltern sei es erst nach einer Vorsprache beim Herrn Staatsminister der Finanzen geglückt, diesen Betrag dem Bayer. Staat zu übergeben.40

Staatsminister Dr. Schwalber erklärt, die Darstellung sei in dieser Form auf jeden Fall unzutreffend, es sei niemals so gewesen, daß er oder Ministerialrat Dr. Keim die Annahme des Betrags abgelehnt hätten. Es sei von seinem Ministerium lediglich darauf hingewiesen worden, daß der Betrag von 600 000 DM nicht ausreiche, um den Wiederaufbau des Nationaltheaters wirksam in Angriff zu nehmen. Andererseits sei eine Bedachung des Nationaltheaters erst möglich, wenn die Wiederaufbaupläne fertiggestellt seien, da das Dach über dem Bühnenhaus von der baulichen Gestaltung des Theaters abhängig sei. Es sei von seinem Ministerium deshalb darauf hingewiesen worden, daß mit Sicherungsmaßnahmen im Nationaltheater erst begonnen werden könne, wenn feststehe, daß auch der über 600 000 DM hinausgehende Betrag, der wahrscheinlich zur Durchführung der notwendigen Sicherungsarbeiten erforderlich sei, aus Staatsmitteln oder anderer Quelle aufgebracht werden könne. Das Kultusministerium könne auch ohne Zustimmung des Landtags einen Bauauftrag nicht erteilen. Für den Wiederaufbau des gesamten Theaters seien 20 – 25 Millionen DM erforderlich. Bei der gegenwärtigen Lage des Bayer. Staates, insbesondere der Notlage der Kliniken, halte er es nicht für vertretbar, in absehbarer Zeit diesen Betrag für die Wiedererrichtung des Theaters zur Verfügung zu stellen, nachdem schon der Wiederaufbau des Residenztheaters zu Angriffen geführt habe.41

Nationaltheater

XI. Beisetzung des ehemaligen amerikanischen Generalkonsuls S. Woods42

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, daß die Beisetzung des ehemaligen amerikanischen Generalkonsuls S. Woods am kommenden Freitag stattfinden werde. Es sei erforderlich, daß die Staatsregierung durch ein Mitglied vertreten sei.

Ein Beschluß, welches Kabinettsmitglied die Staatsregierung bei dieser Trauerfeier vertritt, wird nicht gefaßt.

XII. Eröffnung der Grenzlandausstellung in Hof am 4. Juli 1953

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner berichtet, daß er vom Oberbürgermeister von Hof43 eine Einladung erhalten habe, die Eröffnung der Grenzlandausstellung in Hof am 4. Juli 1953 vorzunehmen. Er wisse heute schon, daß er zu diesem Zeitpunkt verhindert sei und bitte daher Herrn Staatsminister Dr. Seidel, an seiner Stelle die Staatsregierung bei der Eröffnung zu vertreten.

Staatsminister Dr. Seidel erklärt, er könne die Vertretung nicht übernehmen, da er keine Einladung erhalten habe.

Der Ministerrat einigt sich, daß der Regierungspräsident von Oberfranken als Vertreter der Staatsregierung die Eröffnung der Ausstellung vornehmen solle, sofern sich in der Zwischenzeit nicht die Notwendigkeit ergibt, daß an der Veranstaltung ein Mitglied der Staatsregierung teilnimmt.

XIII. Enteignungsantrag der Firma Otto Gruber & Co., München, Rosenheimer Straße 1744

Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert das Staatsministerium des Innern an die Behandlung des Enteignungsantrags der Firma Otto Gruber & Co., welcher im Ministerrat vom 12. Mai 1953 behandelt wurde.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner weist auf die verfassungsrechtlichen Schwierigkeiten hin und erklärt, es stehe noch eine Äußerung des Wirtschaftsministeriums zu der Frage aus, ob das Enteignungsgesetz von 1933 mit dem Grundgesetz zu vereinbaren sei.

Staatsminister Dr. Seidel betont, daß die Enteignungsangelegenheit nicht allein unter rechtlichen Gesichtspunkten behandelt werden könne. Er schlage vor, daß nochmals der Versuch einer gütlichen Einigung gemacht werde, nach Möglichkeit unter Beteiligung eines Ministeriums.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner sichert zu, zunächst den Regierungspräsidenten zu beauftragen, nochmals eine gütliche Einigung zu versuchen.

Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Hans Ehard
Der Protokollführer des Ministerrats
In Vertretung
gez.: Hans Kellner
Oberregierungsrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei
In Vertretung
gez.: Dr. Fritz Baer
Ministerialdirigent