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Nr. 185MinisterratssitzungMontag, 7. Dezember 1953 Beginn: 19 Uhr Ende: 21 Uhr
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Stain (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialdirektor Leusser (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).

Entschuldigt:

Kultusminister Dr. Schwalber, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium).

Tagesordnung:

I. Weihnachtszuwendungen 1953. II. Entwurf eines Gesetzes über Straffreiheit. III. Verkaufszeit am sogenannten Kupfernen Sonntag (6. Dezember 1953). IV. Ausländerlager Valka in Nürnberg. V. Entwurf einer Allgemeinen Dienstordnung für die Staatsbehörden. VI. Entwurf eines Gesetzes über die Änderung der Grenzen von Amtsgerichtsbezirken. VII. Entwurf eines Staatsvertrags zwischen dem Freistaat Bayern und dem Land Baden-Württemberg über die Ableitung der sog. Egauquellen durch die Staatliche Landeswasserversorgung in Stuttgart. VIII. Entwurf einer Verwaltungsvereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Länderregierungen über einen gemeinsamen Prüfungsausschuß für den höheren Staatsdienst im Bergfach. IX. Beschluß des Bayer. Senats vom 20.11.1953 betr. Einführung einer Baunotabgabe auf Landes- oder Gemeindebasis (Anlage 328). X. Instandsetzungsarbeiten am Dom zu Regensburg. XI. Erhöhung der Notenumlaufsgrenze. XII. Interpellation des Abg. Dr. Baumgartner und Fraktion betr. Heimkehrerentschädigungsgesetz (Beilage 4852). XIII. Ergänzung des Bundesrats. XIV. Verbot des Filmes „5 Minuten nach 12“.

I. Weihnachtszuwendungen 19531

Ministerpräsident Dr. Ehard unterrichtet das Kabinett kurz über den derzeitigen Stand der Angelegenheit und teilt mit, heute habe dem Bundesverfassungsgericht gegenüber eine Äußerung abgegeben werden müssen, so daß es nicht mehr möglich gewesen sei, die Ministerratssitzung abzuwarten; die Äußerung sei gemeinsam vom Staatsministerium der Finanzen und von der Staatskanzlei ausgearbeitet worden.2

Ministerialrat Dr. Gerner verliest daraufhin den Text der bayerischen Stellungnahme, in der zunächst der Sachverhalt geschildert und sodann auf die Rechtslage eingegangen werde. Unter anderem werde ausgeführt, der von der Bundesregierung behauptete Verstoß gegen die Sperrvorschriften bestehe zumindest insoweit nicht, als wie im Vorjahr,3 eine Weihnachtszuwendung in Gestalt einer Kinderzulage gewährt werde. Übrigens habe die Bundesregierung selbst gegen die Gewährung von Weihnachtszuwendungen im Bereich der Kommunalverwaltungen Einwendungen nicht erhoben, so daß sie ihr Verhalten in dieser Hinsicht nunmehr gegen sich gelten lassen müsse.

Außerdem werde in der Äußerung betont, daß die Einheitlichkeit der Besoldung ohnedies nicht mehr vollständig, sondern mehrfach vom Bundesgesetzgeber selbst durchbrochen worden sei, so z.B. in dem Gesetz über besoldungsrechtliche Rahmenvorschriften für Richter und Staatsanwälte.4 Dazu komme, daß der Bund in zahlreichen anderen Fällen von der allgemeinen Besoldungslinie dadurch abgewichen sei, daß er an seine Bediensteten mehr leiste als die Länder, z.B. auf dem Gebiet der Trennungsentschädigungen, Umzugskosten, Beihilfen und Unterstützungen, Ministerialzulagen usw.

Abschließend werde erklärt, die zur Zeit durchbrochene Einheitlichkeit auf dem Gebiet des Besoldungsrechts könne seitens des Bundes nur im Wege entsprechender gesetzlicher Maßnahmen, z.B. im Zusammenhang mit der seit langem angekündigten großen Besoldungsreform, wieder hergestellt werden.

Die Stellungnahme schließe mit dem Antrag der Bayerischen Staatsregierung, die Anträge der Bundesregierung vom 28. und 30. November 1953 abzuweisen.5

Staatsminister Dr. Oechsle meint, ob es nicht ein etwas gefährliches Argument sei, den Bund auf sein Versäumnis im Bereich der Kommunalverwaltung hinzuweisen.

Staatsminister Dr. Seidel erwidert, er teile diese Bedenken nicht, zumal es nicht wahrscheinlich sei, daß diese Angelegenheit nochmals aufgegriffen werde.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt dann die Frage, ob der Ministerrat mit dem Text der Stellungnahme einverstanden sei und fügt hinzu, ursprünglich habe man erwogen, materiell überhaupt keine Erklärung abzugeben, mit Rücksicht auf den Landtag habe man sich aber dann doch entschlossen, auch auf die materiellen Einzelheiten einzugehen.

Staatsminister Dr. Oechsle ist der Auffassung, man hätte einen stärkeren Unterschied zwischen den Beamten einerseits und den Arbeitern und Angestellten andererseits machen sollen, nachdem hier die Rechtslage doch wesentlich verschieden sei.

Ministerpräsident Dr. Ehard entgegnet, die Anträge der Bundesregierung richteten sich in gleicher Weise gegen die Weihnachtszuwendungen an alle Kategorien von öffentl. Bediensteten.6

Wenn die einstweilige Anordnung nicht ergehe, so müßten die Weihnachtszuwendungen in Bayern ausgezahlt werden. Die Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht finde am Mittwoch, den 9. Dezember statt,7 er schlage vor, daß die Staatsregierung dabei durch Ministerialdirigent Dr. Bachl vom Staatsministerium der Finanzen und Ministerialrat Dr. Gerner vertreten werde. Herr Ministerialdirektor Leusser werde auch in Karlsruhe sein, er halte es aber nicht für zweckmäßig, wenn er dort als Parteivertreter auftrete.

Staatsminister Zietsch hält es auch für richtig, wenn die beiden genannten Beamten die Staatsregierung vertreten.

Der Ministerrat erklärt sich mit diesem Vorschlag einverstanden.

Ministerialrat Dr. Gerner erkundigt sich, ob er und Herr Dr. Bachl ermächtigt seien, zu widersprechen, falls das Bundesverfassungsgericht zu der Auffassung komme, eine Entscheidung über eine8 einstweilige Anordnung sei nicht erforderlich.

Der Ministerrat beschließt, daß auf einer sofortigen Entscheidung bestanden werden müsse.9

Weihnachtszulagen

II. Entwurf eines Gesetzes über Straffreiheit10

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet, dieser Gesetzentwurf der Bundesregierung werde am 18. Dezember 1953 in das Plenum des Bundesrats kommen und deshalb diese Woche im Rechtsausschuß beraten werden, der Wert darauf lege, schon jetzt die Meinung der Kabinette zu erfahren.11 Außer der grundsätzlichen Entscheidung, ob ein Straffreiheitsgesetz für zweckmäßig erachtet werde, seien noch einige Punkte zu klären, damit evtl. entsprechende Anträge vorbereitet werden könnten.

Anschließend gibt Ministerialrat Dr. Gerner einen Überblick über die wichtigsten Bestimmungen des Gesetzes und verweist besonders auf § 8, der die Amnestie auf Straftaten ausdehne, die unter dem Eindruck der außergewöhnlichen Verhältnisse beim Zusammenbruch begangen worden seien; diese Bestimmung umfasse auch Tötungsdelikte außer Mord.

ln dem vorliegenden Gesetzentwurf sei auch die sogenannte Platow-Sache eingebaut worden, nachdem die frühere Amnestie, welche diese Fälle umfaßt habe, niemals verkündigt worden sei; alle derartigen Fälle würden jetzt durch § 7 geregelt.

Ministerialdirektor Leusser fügt hinzu, auch hier stehe, wie bei der früheren Amnestie, der Personenkreis, der betroffen werde, fest, allerdings seien einige Änderungen vorgenommen worden.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß zunächst die grundsätzliche Frage geklärt werden müsse, ob dem Gesetzentwurf zugestimmt werden solle oder nicht.

Staatsminister Weinkamm führt aus, der Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Herr Dr. Strauß,12 habe ihn persönlich gebeten, dafür einzutreten, daß von Bayern aus keine Schwierigkeiten gemacht würden. Die Amnestie sei schon deshalb erforderlich, weil schon viel zu lange Zeit von ihr die Rede sei, so daß von den Rechtsanwälten in einer Unzahl von Fällen vorsorglich Rechtsmittel eingelegt worden seien. Auch würden zum Teil von Staatsanwaltschaften oder Gerichten im Hinblick auf die Amnestie Akten zurückgelegt usw. Aus diesen Gründen sei tatsächlich ein Gesetz über Straffreiheit unvermeidlich, zumal ja auch im Januar der 70. Geburtstag des Bundespräsidenten sei, zu dem es in Kraft treten solle. Andererseits13 könne man natürlich über Einzelheiten noch beraten.

Auch Ministerpräsident Dr. Ehard meint, es sei wohl nicht möglich, den Entwurf abzulehnen, es sei aber doch sorgfältig zu überlegen,14 ob man im einzelnen noch Anträge stellen solle.

Ministerialrat Dr. Gerner regt an zu prüfen, ob in § 10 Abs. 1 der zweite Halbsatz: „nicht in den Fällen des § 8“ gestrichen werden solle.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, in diesem Punkt könne man geteilter Meinung sein und müsse sich überlegen, ob es mehr schade, diese Fälle durch eine Amnestie zu erledigen oder weiterhin Verfahren durchzuführen, bei denen es infolge der veränderten Situation schwierig sei, Zeugen beizubringen, deren Aussagen ein einwandfreies Urteil zuließen.

Staatsminister Dr. Seidel schlägt vor, zunächst die Beratung des Rechtsausschusses abzuwarten, da sich dann der Ministerrat ja nochmals mit dem Entwurf befassen müsse.

Ministerialrat Dr. Gerner fügt hinzu, jedenfalls werde er versuchen, die Stimmung bei den übrigen Ländern zu erforschen,

Staatssekretär Dr. Nerreter spricht sich dafür aus, grundsätzlich keine Einwendungen gegen den Entwurf zu erheben, in den Fällen, in denen aber nur die geringsten Bedenken bestehen, entsprechende Anträge zu unterstützen.

Staatsminister Zietsch schließt sich dieser Auffassung an.

Der Ministerrat beschließt, grundsätzlich dem Gesetzentwurf zuzustimmen, im übrigen aber die Beratung im Rechtsausschuß abzuwarten, in dessen Sitzung Ministerialrat Dr. Gerner im Sinne der möglichsten Einschränkung des Entwurfs Stellung nehmen soll.15

Gesetz über den Erlaß von Strafen und Geldbußen und die Niederschlagung von Strafverfahren und Bußgeldverfahren (Straffreiheitsgesetz 1954) vom 17. Juli 1954

III. Verkaufszeit am sogenannten Kupfernen Sonntag (6. Dezember 1953)16

Staatsminister Dr. Seidel erinnert daran, daß die Regierung von Unterfranken einen Beschluß des Stadtrats Würzburg, den Kupfernen Sonntag als verkaufsfrei zu erklären, aufgehoben habe. Gegen die Aufhebung habe dann die Stadt Würzburg Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht Würzburg erhoben, das seinerseits durch Beschluß vom 4. Dezember 1953 die Aussetzung der Vollziehung der Regierungsentscheidung angeordnet, demnach der Stadt recht gegeben habe. Die Regierung habe gegen diesen Beschluß Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gerichtet, erstaunlicherweise habe dieser jedoch den Standpunkt des Verwaltungsgerichts Würzburg geteilt und das Eingreifen der Aufsichtsbehörde nicht als zwingend erforderlich und im öffentlichen Interesse gelegen bezeichnet, Er müsse schon feststellen, daß er diese Entscheidung nicht verstehen könne.17

Auch Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner bezeichnet es als höchst bedauerlich, daß in Zukunft jetzt in Zweifel gezogen werden könne, ob überhaupt eine untere Verwaltungsbehörde an die Weisung einer oberen gebunden sei.

Ladenschlußregelung

IV. Ausländerlager Valka in Nürnberg18

Staatssekretär Stain teilt mit, die Verlegung von Ausländern aus dem Valka-Lager nach Ingolstadt und Landshut habe leider eine gewisse Beunruhigung hervorgerufen. Tatsächlich seien die Umstände die, daß noch 488 Ausländer der Bayerischen Staatsregierung unterstünden, die verteilt werden sollten. Dagegen sei die in Nürnberg auf Grund von Pressemitteilungen verbreitete Meinung, das Valka-Lager werde überhaupt aufgelöst, irrig, 2 000 Ausländer blieben nämlich nach wie vor dort; es handle sich dabei um die Leute, die einerseits im Bundesauffanglager, andererseits in Steinbauten, welche der Bundesregierung noch unterstünden, untergebracht seien. Mißlich seien in der Tat die Verhältnisse im Bundessammellager, zunächst sei aber eine Verlegung dieser Leute nicht zu erreichen.

Seiner Meinung nach müsse heute die grundsätzliche Entscheidung getroffen werden, ob diejenigen Ausländer, die jetzt über die Grenze kämen, in eine Art Quarantäne gebracht werden sollten. Um das durchführen zu können, sei es aber nötig, das Lager, das an sich mit Mauern umgeben sei, aber offene Tore habe, wirklich abzuschließen. Der andere Ausweg zur Bewachung des Lagers, Bereitschaftspolizei einzusetzen, sei wohl nicht möglich?

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner verneint diese Frage.

Staatssekretär Stain fährt fort, unter diesen Umständen bitte er also zuzustimmen, daß das Lager abgeschlossen werde.

Staatsminister Dr. Seidel verweist auf die strengen Kontrollen, die die Vereinigten Staaten von Amerika gegenüber den Einwanderern auf Long Island durchführten.

Auch Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner hält es für dringend erforderlich, das Lager abzuschließen. Im übrigen könne dort Landpolizei hingebracht werden, die Stadt Nürnberg werde damit wohl sicher einverstanden sein, auch wenn sich das Lager auf Nürnberger Gebiet befinde.

Staatssekretär Stain erklärt, der Bund werde die Abschließung des Lagers übernehmen, wenn Bayern Polizei zur Verfügung stellen könne.

Auf Vorschlag von Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner wird dann beschlossen, diesen Maßnahmen zuzustimmen, wobei Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner noch darauf hinweist, daß Herr Bundesminister Dr. Oberländer dafür sorgen werde, auch das Bundesauffanglager aus Nürnberg zu verlegen.

Anschließend kommt Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner auf die Proteste von Landshut zu sprechen; die Vertreter der Stadt hätten ihm eine Liste von Vorbestraften vorgelegt, die sich bereits dort befänden, die Stadt wende sich nun dagegen, daß weitere Vorbestrafte hinkämen. Er habe ihnen deshalb auch eine entsprechende Zusicherung erteilen müssen.

Staatssekretär Stain wirft ein, diese Zusicherung habe leider wieder in Nürnberg verstimmt.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner meint, entscheidend sei der Umstand, wie die Straflisten aussähen; wenn sich kein Eintrag darauf befinde, müßten die Leute nach Landshut kommen. Wo man die anderen unterbringen könne, wisse er allerdings selbst noch nicht.

Staatssekretär Stain bemerkt, Regierungspräsident Dr. Schregle19 von Ansbach habe sich bereit erklärt, bei den Besprechungen mit den Oberbürgermeistern von Nürnberg, Ingolstadt20 und Landshut mitzuwirken. Interessant sei übrigens, daß die meisten dieser Ausländer nicht aus Ländern hinter dem Eisernen Vorhang, sondern aus westeuropäischen Staaten kämen.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt in diesem Zusammenhang fest, daß ähnliche Erfahrungen auch in Föhrenwald21 gemacht worden seien.22

Valka/Langwasser

V. Entwurf einer Allgemeinen Dienstordnung für die Staatsbehörden23

Staatsminister Dr. Oechsle erklärt, die Meinungsverschiedenheiten, die zwischen dem Staatsministerium des Innern und seinem Ministerium bestanden hätten, seien nun inzwischen erledigt worden.24

Ministerpräsident Dr. Ehard fügt hinzu, auch die Anregungen der Staatskanzlei seien in der jetzigen Fassung der Allgemeinen Dienstordnung verwertet worden, allerdings mit folgender Ausnahme: Ursprünglich sei angeregt worden, in § 47 Abs. 3 folgenden Satz 2 anzufügen:

„Es gelten hiefür die Richtlinien für den Schriftverkehr mit Landtag und Senat (Entschließung des Bayerischen Ministerpräsidenten an die Bayerischen Staatsministerien vom 26.3.1952 Nr. III 5115 Bc 5 a).“

Das Staatsministerium des Innern sei bereit, den vorgeschlagenen Satz 2 anzufügen, die Bezugnahme auf die Entschließung aber nicht in die Allgemeine Dienstordnung selbst, sondern in eine Fußnote zu § 47 Abs. 3 aufzunehmen; auch er halte diesen Weg für zweckmäßig.

Es frage sich nur, ob noch eine Bestimmung über die Beteiligung des Senats an der Gesetzgebung mit hineingebaut werden solle.

Nach kurzer Aussprache wird beschlossen, davon abzusehen.

Ministerialrat Dr. Gerner macht noch darauf aufmerksam, daß die Staatskanzlei außerdem noch angeregt habe, im Abkürzungsverzeichnis nach der Abkürzung bei „BG“ (Bayer. Beamtengesetz) die ungenauen Klammerworte „BG 46“ zu streichen. Nun habe das Staatsministerium der Finanzen die Abkürzung „BG 46“ durch eine im Bayer. Staatsanzeiger veröffentlichte Entschließung eingeführt. Es wäre wohl am besten, wenn nun diese unzweckmäßige Abkürzung dadurch beseitigt werde, daß die fragliche Ministerialentschließung aufgehoben werde.

Staatsminister Zietsch erklärt sich damit einverstanden.

Der Ministerrat beschließt, der Allgemeinen Dienstordnung mit den vorgeschlagenen Änderungen zuzustimmen.25

Allgemeine Dienstordnung für die Staatsbehörden – ADOSt. – vom 22. Dezember 1953

VI. Entwurf eines Gesetzes über die Änderung der Grenzen von Amtsgerichtsbezirken26

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, das Staatsministerium der Justiz halte diesen Gesetzentwurf für notwendig, weil nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die rechtliche Grundlage für fünf bayerische Verordnungen aus den Jahren 1950 – 52, betreffend Änderungen von Amtsgerichtsbezirken,27 die Ermächtigung des § 1 Abs. 2 der Verordnung zur einheitlichen Regelung der Gerichtsverfassung vom 20.3.193528 seit dem 7.9.1949 wegen Verstoßes gegen Art. 129 Abs.  GG29 entfallen sei.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner entgegnet, er könne dem Justizministerium nicht zustimmen, da Art. 77 der Bayer. Verfassung,30 der im Gegensatz zur Bamberger Verfassung nicht nur die innere Verwaltung sondern auch die Justizverwaltung regle, eine entsprechende Rechtsgrundlage darstelle.

Staatsminister Weinkamm erklärt, der bayerische Standpunkt sei gegenüber dem Bundesjustizministerium dargelegt werden, man komme aber über die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nicht gut herum.

Ministerpräsident Dr. Ehard ersucht, die Frage nochmals zu prüfen.

Ministerialrat Dr. Gerner weist darauf hin, daß die Verordnungen auf früheres Reichsrecht gestützt seien, dies müßte man gegen Art. 77 der Bayer. Verfassung auswechseln.

Staatsminister Weinkamm erwidert, die Situation sei dadurch schwierig, daß sich bereits verschiedene Gerichte auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stützten.

Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt trotzdem vor, nochmals zu prüfen, ob Art. 77 der Bayer. Verfassung eine genügende Rechtsgrundlage biete. Wenn ja, könnte man in einer Verordnung aussprechen, daß sich die erwähnten fünf Verordnungen über Änderungen von Amtsgerichtsbezirken auf Art. 77 der Bayer. Verfassung stützten.

Der Ministerrat erklärt sich mit diesem Vorschlag einverstanden und beschließt, diesen Punkt der Tagesordnung vorläufig zurückzustellen.31

Gesetz über die Änderung der Grenzen von Amtsgerichtsbezirken vom 29. März 1954

VII. Entwurf eines Staatsvertrags zwischen dem Freistaat Bayern und dem Land Baden-Württemberg über die Ableitung der sog. Egauquellen durch die Staatliche Landeswasserversorgung in Stuttgart

Ministerpräsident Dr. Ehard fährt fort, das Staatsministerium des Innern habe den Entwurf eines Staatsvertrags zwischen Baden-Württemberg und Bayern hinsichtlich der Ableitung der Egauquellen durch die Staatliche Landeswasserversorgung Stuttgart vorgelegt.

Staatsminister Zietsch bemerkt, seine zuständige Abteilung sei nicht herangezogen worden, sie glaube, man könne bei dem Abschluß dieses Staatsvertrags ein Entgegenkommen Württembergs hinsichtlich der Iller oder der oberen Donau erreichen.

Staatsminister Dr. Seidel stellt fest, bei der Iller sei das möglich, er warne aber davor, von der oberen Donau zu sprechen, weil deren Ausbau mit dem großen württembergischen Kanalprojekt zusammenhänge; bekanntlich sei ja der sogenannte Neckarkanal jetzt bis Plochingen fertiggestellt worden. Die Anforderung von weiteren Bundesmitteln für den Ausbau bis zur Donau lasse sich leichter begründen,32 wenn die obere Donau ausgebaut sei.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt die Frage, ob es wirklich zweckmäßig sei, bei Abschluß dieses Staatsvertrags auch auf die Iller zu sprechen zu kommen.

Staatsminister Zietsch erklärt, nicht weiter darauf bestehen zu wollen, er lege aber Wert darauf, daß seine Bemerkung in das Protokoll aufgenommen werde.

Der Ministerrat beschließt, dem Staatsvertrag, gegen den sonst keine Bedenken erhoben werden, zuzustimmen und ihn dann dem Landtag vorzulegen.33

VIII. Entwurf einer Verwaltungsvereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Länderregierungen über einen gemeinsamen Prüfungsausschuß für den höheren Staatsdienst im Bergfach34

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, durch diese Verwaltungsvereinbarung sei beabsichtigt, gleiche Vorschriften über die Ausbildung und Prüfung für den höheren Staatsdienst im Bergfach zu erlassen und einen gemeinsamen Prüfungsausschuß zu bilden. An sich bestünden Bedenken dagegen, daß das Bundeswirtschaftsministerium beteiligt werde, das Bayer. Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr habe aber diese Bedenken nicht durchsetzen können. Trotzdem sei es wohl richtig, dem Abkommen zuzustimmen.

In formeller Hinsicht schlage er noch vor, den Einleitungssatz wie folgt zu fassen:

„Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Bundesminister für Verkehr, und die Regierungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den zuständigen Minister (Senator) treffen folgende Vereinbarung:“

und außerdem eine neue Nr. 18 anzufügen, die etwa lauten könnte:

„Diese Vereinbarung tritt mit ihrer Unterzeichnung in Kraft.“

Der Ministerrat stimmt der Verwaltungsvereinbarung mit dieser Maßgabe zu und ermächtigt den Herrn Staatsminister für Wirtschaft und Verkehr zum Abschluß.35

IX. Beschluß des Bayer. Senats vom 20.11.1953 betr. Einführung einer Baunotabgabe auf Landes- oder Gemeindebasis (Anlage 328)36

Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert daran, daß ein vom Staatsministerium der Finanzen ausgearbeitetes Rechtsgutachten zu diesem Senatsbeschluß im Ministerrat vom 1. Dezember 1953 kurz behandelt, auf Wunsch des Herrn Staatsministers der Finanzen aber zurückgestellt worden sei, da die Bayer. Staatskanzlei Bedenken gegen zwei Stellen des Gutachtens auf Seite 20 und 24 geäußert habe. Hier werde nämlich vorgeschlagen, im Falle der Wiedereinführung einer Baunotabgabe zur Vermeidung von Verfassungsbeschwerden unmittelbar nach Verkündung des bayerischen Gesetzes seine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz vom Bundesverfassungsgericht nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG nachprüfen zu lassen.

Er glaube aber, daß die Angelegenheit heute abgeschlossen werden könne, wenn sich der Herr Staatsminister der Finanzen mit der von der Staatskanzlei angeregten Streichung der beiden Stellen auf Seite 20 und 24 des Gutachtens einverstanden erkläre.

Staatsminister Zietsch erwidert, er halte den Einwand hinsichtlich der beiden Punkte für berechtigt und stimme der Streichung zu.

Der Ministerrat beschließt daraufhin, das Rechtsgutachten zu dem Beschluß des Bayer. Senats vom 20.11.1953 abzugeben.37

X. Instandsetzungsarbeiten am Dom zu Regensburg38

Ministerpräsident Dr. Ehard fährt fort, Herr Staatsminister Dr. Hoegner habe einem Beschluß des Ministerrats vom 10. November zufolge einen Bericht des Landbauamts Regensburg über die Instandsetzungsarbeiten am Regensburger Dom vorgelegt. Danach sei es notwendig, zusätzliche Betriebsmittel in Höhe von 50 000 DM für das 4. Rechnungsvierteljahr 1953 zur Verfügung zu stellen; auch die Oberste Baubehörde halte die Maßnahmen für unaufschiebbar.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner fügt hinzu, es müsse in der Tat sofort etwas geschehen, da auch die öffentliche Sicherheit in der Umgebung der Türme gefährdet sei.

Staatsminister Zietsch erklärt sich bereit, zusätzliche Betriebsmittel in Höhe von 50 000 DM zur Verfügung zu stellen, nachdem der Ministerrat diese Maßnahme durch Beschluß für unbedingt erforderlich erklärt hat.

XI. Erhöhung der Notenumlaufsgrenze39

Ministerpräsident Dr. Ehard verliest ein Schreiben des Bundesministers für Wirtschaft, in dem um die Zustimmung der Länder zu der Erhöhung der Umlaufsgrenze für die Noten der Bank Deutscher Länder von 12 auf 13 Milliarden DM ersucht wird. Staatssekretär Dr. Westrick weist daraufhin, daß er selbst in Anerkennung der bestehenden Notwendigkeit der Bundesregierung vorgeschlagen habe, gegen diese Maßnahme keine Bedenken zu erheben.

Der Ministerrat beschließt, der Erhöhung der Notenumlaufsgrenze zuzustimmen.

XII. Interpellation des Abg. Dr. Baumgartner und Fraktion betr. Heimkehrerentschädigungsgesetz (Beilage 4852)40

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet kurz über den Punkt 1 und 2 dieser Interpellation, deren Beantwortung daraufhin durch den Ministerrat besprochen wird.41

Staatsminister Dr. Oechsle macht darauf aufmerksam, daß sie durch den jetzt vorliegenden neuen Entwurf eines Heimkehrerentschädigungsgesetzes praktisch schon überholt sei.42

Ministerpräsident Dr. Ehard ersucht noch Herrn Staatsminister Zietsch, ihm die zur Beantwortung der Punkte 3 und 443 erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.44

Interpellationen

XIII. Ergänzung des Bundesrats

Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, es sei noch notwendig, Herrn Staatssekretär Stain als stellv. Mitglied des Bundesrats zu benennen und dem Bundesratspräsidenten eine entsprechende Mitteilung zu übersenden.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.

XIV. Verbot des Filmes „5 Minuten nach 12“45

Staatsminister Dr. Oechsle erkundigt sich, ob das Verbot dieses Filmes, wie die Presse behaupte, in Kürze wieder aufgehoben werde?

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, er denke nicht daran, Verpflichtungen, die er eingegangen habe, wieder zu lösen und werde auf dem Verbot bestehen bleiben.

Staatssekretär Dr. Nerreter fügt hinzu, auch der hessische Innenminister46 halte an dem Verbot fest.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner fährt fort, am Mittwoch, den 9. Dezember kämen die Innenminister der Länder nochmals in Bonn zusammen, um über diese Frage zu beraten.

Staatsminister Dr. Seidel teilt in diesem Zusammenhang mit, bisher sei es erlaubt gewesen, Kopien von Filmen in das Ausland zu geben. Soviel ihm bekannt sei, sei bereits eine Kopie dieses Hitler-Filmes nach Italien gegangen und zwar bevor das Bundeswirtschaftsministerium die Genehmigung zur Ausführung der Kopien widerrufen habe. Außerdem befinde sich angeblich eine weitere Kopie in Belgien.47

Abschließend wird beschlossen, die außerordentliche Sitzung des Ministerrats zur Beratung des Haushaltsplan 1954 auf Montag, den 14. Dezember 1953, 19 Uhr, festzusetzen.

„Bis fünf nach zwölf“
Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Hans Ehard
Der Protokollführer des Ministerrats gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg Ministerialrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Karl Schwend Ministerialdirektor