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Nr. 208MinisterratssitzungDonnerstag, 22. April 1954 Beginn: 9 Uhr Ende: 12 Uhr
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Stain (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).

Entschuldigt:

Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Zietsch, Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium).

Tagesordnung:

I. Angelegenheit Kallenbach/Dienstwohnungsangelegenheit Regierungspräsident Martini. II. Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes. III. Änderung der Ortsklasseneinteilung nach § 12 Abs. 3 des Besoldungsgesetzes i.d.F. des 3. Besoldungsänderungsgesetzes des Bundes. IV. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Erstattung der Kosten des Schwerbeschädigtenurlaubs. V. Antrag auf Vorweggenehmigung von Ausgabemitteln für die Erstausstattung des ehemaligen Kunstakademie-Gebäudes in Nürnberg als Justizgebäude (Kap. 04 03 Tit. 873). VI. Haushaltsaufstellung 1954; 2. Ergänzung zum Entwurf des Einzelpl. 06. VII. Vorgriffsweise Bewilligung von Mitteln für Straßen- und Hochbaumaßnahmen. VIII. Bereitstellung von Mitteln für den Bau des Sylvensteinspeichers. IX. Veräußerung der Bayerischen Lagerversorgung. X. Bebauung des Maxburg-Geländes. XI. Internationale Gesellschaft für Christlichen Aufbau. XII. Versorgungsregelung für den Kreispräsidenten Zwisler in Lindau. XIII. 85. Geburtstag des ehemaligen Kronprinzen Rupprecht von Bayern. XIV. Richtlinien zur Aufstellung des Landesentwicklungsplans. XV. BMW Allach. XVI. Dritter Deutscher Studententag in München. XVII. Veranstaltungen.

I. Angelegenheit Kallenbach/Dienstwohnungsangelegenheit Regierungspräsident Martini1

Zu Beginn der Sitzung kommt Ministerpräsident Dr. Ehard auf die Angelegenheit Kallenbach zu sprechen und verweist auf einen in der Hamburger Zeitung „Zeit“ erschienenen Artikel, der ein völlig entstelltes Bild von den tatsächlichen Gegebenheiten bringe.2 Außerdem weise er auf eine in der heutigen Nummer des „Münchner Merkur“ erschienene Notiz hin, wonach der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses des Landtags, Abg. Dr. Bungartz, ankündige, er werde die eidliche Vernehmung des Ministerpräsidenten und des Präsidenten a.D. Kallenbach beantragen, falls deren Darstellungen sich nicht decken sollten.3 Dieser ganze Fall nehme allmählich unerträgliche Formen an, er habe deshalb auch das gesamte Material zusammengestellt, aus dem einwandfrei hervorgehe, daß die Frage der Wohnung des Regierungspräsidenten Martini allein vom Staatsministerium des Innern aufgegriffen worden sei. Er habe jetzt den Wunsch, eine zusammenhängende Darstellung auch den Fraktionen der SPD und des BHE zu geben, nachdem er die Fraktion der CSU bereits unterrichtet habe und bitte die Mitglieder der Staatsregierung um Vermittlung. Er werde nichts anderes tun, als ganz klar und nüchtern die Tatsachen mitzuteilen. Im übrigen werde jetzt auch eine Pressemitteilung vorbereitet, die wahrscheinlich noch heute hinausgehe.4

Staatsminister Dr. Schlögl berichtet in diesem Zusammenhang kurz über die Angriffe der Gewerkschaften gegen angebliche Mißstände beim Verband der Nichtstaatswald-Besitzer, der ebenfalls auf einen noch nicht abgeschlossenen Bericht des Obersten Rechnungshofs zurückgehe.

II. Entwurf eines Gesetzes zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes5

Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, dieser vom Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vorgelegte Gesetzentwurf diene der Regelung von Einzelfragen, die das Flurbereinigungsgesetz des Bundes den Ländern überlassen habe. Bedenken gegen den Entwurf bestünden nicht mehr mit Ausnahme einer Einwendung des Staatsministeriums der Finanzen, das der Auffassung sei, der letzte Satz des Art. 16 müsse gestrichen werden, der folgendermaßen laute:

„Die Kosten der beiden Schätzer und anderer Sachverständiger sind Verfahrenskosten nach § 104 FlurbG.“

Staatssekretär Dr. Ringelmann begründet die Auffassung des Staatsministeriums fler Finanzen damit, daß „Verfahrenskosten“ die persönlichen und sächlichen Kosten der Behördenorganisation seien, während „Ausführungskosten“ die zur Ausführung der Flurbereinigung erforderlichen Aufwendungen seien. Man könne nicht sagen, daß Schätzer zur Behördenorganisation gehörten.

Staatsminister Dr. Schlögl entgegnet, in allen anderen Ländern würden die Kosten für die Schätzer vom Staat getragen und er halte es nicht für richtig, in Bayern eine Ausnahme zu machen.

Staatssekretär Dr. Ringelmann bemerkt, daß die Kosten für die Flurbereinigungsämter an sich schon sehr hoch seien und außerdem befürchtet werden müsse, daß auch bei anderen Genossenschaften usw. entsprechende Anforderungen gestellt würden. Außerdem sei er nach wie vor der Meinung, daß das Bundesgesetz keine Handhabe biete, die Kosten für Schätzer und Sachverständige als Verfahrenskosten auf den Staat zu übernehmen.

Der Ministerrat beschließt, dem Vorschlag des Staatsministeriums der Finanzen entsprechend den letzten Satz des Art. 16 zu streichen.

Staatsminister Dr. Seidel bemerkt, das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr schlage nach folgende Ausführungsbestimmung zu § 37 Abs. 2 FlurbG. vor:

„Der Flurbereinigungsbeschluß (§ 4), der Flurbereinigungsplan (§ 59 Abs. 1), Nachricht von dem Anhörungstermin (§ 59 Abs. 2), die Schlußfeststellung (§ 149) sowie Abschriften sonstiger öffentlicher Bekanntmachungen (§ 110) sind der Regierung – Bezirksplanungsstelle – zu übersenden, in deren Bezirk das zuständige Flurbereinigungsamt liegt.

Bei der Aufstellung allgemeiner Grundsätze für die zweckmäßige Neugestaltung des Flurbereinigungsgebietes (§ 38) ist die zuständige Regierung – Bezirksplanungsstelle – zu beteiligen.“

Staatsminister Dr. Schlögl erklärt sich damit einverstanden, worauf der Ministerrat dem Vorschlag des Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr zustimmt.

Abschließend wird vereinbart, im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit den Gesetzentwurf sofort an den Landtag zu leiten und ihm dem Senat lediglich zur Kenntnisnahme zu übersenden.6

Gesetz zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes (AGFlurBG) vom 11. August 1954

III. Änderung der Ortsklasseneinteilung nach § 12 Abs. 3 des Besoldungsgesetzes i.d.F. des 3. Besoldungsänderungsgesetzes des Bundes7

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner verweist auf die Note des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen vom 9. April 1954, mit der Richtlinien für die Einreihung von Orten in eine höhere Ortsklasse gemäß § 12 Abs. 3 BesG übersandt würden, die in einer Besprechung der Finanzministerien der Länder im Bundesfinanzministerium festgestellt worden seien.8 Es handle sich dabei vorwiegend um Orte in der näheren Umgebung von München, sowie um Kur- und Fremdenverkehrsorte vorwiegend in oberbayerischen und schwäbischen Landkreisen. Das Staatsministerium der Finanzen schlage folgenden Ministerratsbeschluß vor:

1. Mit den am 18.3.1954 ausgearbeiteten Richtlinien für die Einreihung von Orten in eine höhere Ortsklasse gemäß § 12 Abs. 3 des Besoldungsgesetzes besteht Einverständnis.

2. Das Staatsministerium der Finanzen wird beauftragt, die vorstehenden Orte und etwaige weitere Orte, die die Voraussetzungen der Richtlinien erfüllen, dem Bundesfinanzminister zur Höherstufung im Ortsklassenverzeichnis vorzuschlagen

Der Ministerrat beschließt diesem Vorschlag entsprechend.9

IV. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Erstattung der Kosten des Schwerbeschädigtenurlaubs10

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, dieser vom Staatsministerium des Innern vorgelegte Gesetzentwurf gehe auf folgendes zurück:

Gemäß Beschluß des Bayerischen Ministerrats vom 1.12.1953 sollten die zum Vollzug des Gesetzes über die Erstattung der Kosten des Schwerbeschädigtenurlaubs vom 18.5.1951 (GVBl. S. 71)11 benötigten Mittel in Zukunft nicht mehr wie bisher im Einzelpl. 10 des Bayerischen Staatshaushaltes gesondert ausgewiesen werden; vielmehr seien die anfallenden Kosten aus dem Aufkommen an Ausgleichsabgaben Kap. 03 08, Tit. 61 zu decken. Ferner habe es die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung abgelehnt, daß die Landesarbeitsämter und Arbeitsämter in Zukunft Aufgaben aus diesem Gesetz vollziehen. Außerdem sei die Materie inzwischen durch das Schwerbeschädigten-Gesetz des Bundes vom 16.6.1953 geregelt worden.12

Der Gesetzentwurf, dem das Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge zugestimmt habe, habe im wesentlichen nur formell-rechtliche Bedeutung, es dürfte daher auch genügen, ihn dem Senat lediglich zur Kenntnisnahme zuzuleiten.

Der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Form zuzustimmen und ihn dem Landtag und dem Senat – letzterem zur Kenntnisnahme – vorzulegen.13

V. Antrag auf Vorweggenehmigung von Ausgabemitteln für die Erstausstattung des ehemaligen Kunstakademie-Gebäudes in Nürnberg als Justizgebäude (Kap. 04 03 Tit. 873)

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, das Staatsministerium der Justiz bitte, dem Landtag folgenden Antrag vorzulegen:

„Der Bayerische Landtag wolle beschließen:

Der Staatsminister der Justiz wird ermächtigt, über die im Entwurf des Haushaltsplanes 1954 bei Kap. 04 03 Tit. 873 für die Erstausstattung des ehemaligen Kunstakademie-Gebäudes in Nürnberg als Justizgebäude ausgebrachten Mittel in Hohe von DM 400 000,– vorgriffsweise zu verfügen.“

Es handle sich darum, das im Rohbau fertiggestellte neue Justizgebäude in Nürnberg bis zur Fertigstellung im Herbst dieses Jahres einigermaßen entsprechend einzurichten.

Staatssekretär Dr. Ringelmann erklärt, das Staatsministerium der Finanzen stimme dem Vorgriffsantrag zu.

Es wird beschlossen, den Antrag dem Landtag vorzulegen.14

VI. Haushaltsaufstellung 1954; hier: 2. Ergänzung zum Entwurf des Einzelpl. 06 15

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß es sich bei dieser Ergänzung zum Entwurf des Einzelpl. 06 um den Tit. 302 mit der Zweckbestimmung „Bauleitungskosten für die Erstellung nichtlandeseigener Gebäude“ handle. Er glaube, daß wohl keine Bedenken bestünden, den Antrag dem Landtag vorzulegen. Eine Zuleitung an den Senat erübrige sich, da der Einzelpl. 06 im Senat bereits behandelt und am 30.4.1954 von dessen Plenum verabschiedet werden wird.16

Der Ministerrat beschließt, den Antrag dem Landtag vorzulegen.17

VII. Vorgriffsweise Bewilligung von Mitteln für Straßen- und Hochbaumaßnahmen18

Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert daran, daß dieser Punkt bereits im letzten Ministerrat kurz behandelt, dann aber zurückgestellt worden sei.

Staatssekretär Dr. Ringelmann erklärt, er habe erst heute eine Vormerkung des Finanzministeriums über diese Angelegenheit bekommen und bitte deshalb, die Entscheidung bis zur nächsten Kabinettssitzung zu verschieben. Er werde die Vorhernote des Staatsministeriums des Innern vom 16. März 1954 sofort beantworten.

Der Ministerrat erklärt sich mit der Verschiebung19 einverstanden.20

VIII. Bereitstellung von Mitteln für den Bau des Sylvensteinspeichers21

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß der Ministerrat am 13. April 1954 beschlossen habe, den Haushaltsrest aus dem Rechnungsjahr 1953 in Höhe von 1,89 Mio DM für den Bau des Sylvensteinspeichers zum sofortigen Verbrauch freizugeben. Er habe damals erklärt, damit sei das Staatsministerium des Innern auch berechtigt, Aufträge zum endgültigen Baubeginn zu erteilen. In der Zwischenzeit habe er auch dem Landrat des Landkreises Bad Tölz22 den Beschluß und die Übertragung der Mittel mitgeteilt; in der Presse sei darüber berichtet worden.

Man stehe demnach vor vollendeten Tatsachen. Es gehe auch nicht an, daß jeder Ministerratsbeschluß nachträglich nochmals behandelt werden müsse. Im übrigen habe ja der Landtag entschieden, auch über die künftige Finanzierung des Projektes.23 Auf alle Fälle stünden für heuer entsprechende Mittel zur Verfügung.

Staatssekretär Dr. Ringelmann entgegnet, man müsse sich doch auch Gedanken über die Zukunft machen und sich fragen, ob der bayerische Staat in der Lage sei, alle Kosten, die an sich zum Teil von den Beteiligten getragen werden müßten, gewissermaßen vorzuschiessen. Er verweise auf die Note des Staatsministeriums der Finanzen vom 20. April 1954, in der ausgeführt werde, daß in den nächsten Rechnungsjahren etwa 25 Mio DM bereitgestellt werden müßten. Leider sei die Möglichkeit versäumt worden, den Landtag auf die Konsequenzen seines Beschlusses aufmerksam zu machen; der Herr Finanzminister habe aber gemeint, er könne bei der Behandlung des a.o. Haushalts die Folgen nochmals darlegen. Man müsse sich darüber klar sein, daß mit der Übertragung des Ausgaberestes von 1,89 Mio DM weitere Ausgaben in den kommenden Jahren nicht mehr zu vermeiden seien. Ob es dann allerdings möglich sei, die übrigen so wichtigen Aufgaben im Rahmen des a.o. Haushalts zu bewältigen, stehe dahin.

Der Ministerrat beschließt, an dem Beschluß vom 13.4.1954 festzuhalten.

Sylvenstein

IX. Veräußerung der Bayerischen Lagerversorgung24

Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert daran, daß der Ministerrat am 13. April 1954 beschlossen habe, durch die Staatsministerien der Finanzen und für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten prüfen zu lassen, in welcher Weise die Kündigungswiderrufskagen der leitenden Angestellten der Lagerversorgung, Steffen und Simon, vermieden werden könnten. Die Besprechung habe nun stattgefunden und zu folgendem Ergebnis geführt:

1. Die ausgesprochenen Kündigungen können mit Rücksicht auf die übrigen Angestellten der Lagerversorgung und rechtliche Gesichtspunkte nicht zurückgenommen werden.

2. Die Beendigung des gekündigten Dienstverhältnisses des Herrn Steffen wird bis 30.9.1954 verschoben, wobei allerdings noch nicht feststeht, ob ihm bis zu diesem Zeitpunkt die Dienstbezüge zu belassen sind.

Hier sei er nun der Meinung, daß auf jeden Fall die Dienstbezüge zu belassen seien, wenn die Kündigungsfrist verlängert werde.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.

Ministerpräsident Dr. Ehard fährt fort, der dritte Punkt betreffe die Zusicherung an die Herren Steffen und Simon, sie ihrer Stellung als Beamte z.w.V. nach dem Gesetz zu Art. 131 GG entsprechend unterzubringen. Das Finanzministerium sei damit an sich einverstanden, fordere aber, daß sich das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für die Dauer von zwei Jahren verpflichte, die Herren in seinem Geschäftsbereich unterzubringen. Herr Staatsminister Dr. Schlögl habe sich damit nicht einverstaneden erklärt und trete dafür ein, daß die Verpflichtung zur Unterbringung auf die gesamte bayerische Staatsverwaltung erstreckt werde. Dieser Auffassung stimme er zu, zumal die Herren Steffen und Simon in der Vergangenheit gezeigt hätten, daß sie ungewöhnlich tüchtig und in jeder Weise verwendbar seien. Wenn die Herren auch voraussichtlich von der „Coloniale“ übernommen würden, so müsse doch wohl eine auf die ganze Staatsverwaltung ausgedehnte Zusicherung gegeben werden.

Staatssekretär Dr. Ringelmann bestätigt, daß Herr Steffen sehr befähigt sei und entweder in der Staatsverwaltung selbst oder in einem wirtschaftlichen Unternehmen des Staates untergebracht werden könne. Was die Beendigung seines jetzigen Dienstverhältnisses betreffe, so könne er ja bis 30.9.1954 beurlaubt werden und zwar mit den Dienstbezügen unter Anrechnung anderweitigen Arbeitseinkommens.

Der Ministerrat faßt daraufhin folgenden Beschluß:

Der Bayerische Staat verpflichtet sich für die Dauer von zwei Jahren auf Antrag die Herren Steffen und Simon entsprechend ihrer Stellung als Beamte z.w.V. nach dem Gesetz zu Art. 131 GG im Bereich der bayerischen Staatsverwaltung unterzubringen.

Ministerpräsident Dr. Ehard erkundigt sich, ob die Unterbringung tatsächlich nur in einer Stellung nach A 2 c 2 (Steffen) und A 4 b 1 (Simon) gegeben werden könne.

Staatssekretär Dr. Ringelmann erwidert, es sei nicht möglich, über das Gesetz zu Art. 131 GG hinauszugehen, das hindere aber nicht, daß die beiden Herren im Falle ihrer Verwendung höher eingestuft werden.

Auch damit erklärt sich der Ministerrat einverstanden.25

Bayer. Lagerversorgung

X. Bebauung des Maxburg-Geländes26

Staatssekretär Dr. Ringelmann nimmt Bezug auf seine Note vom 15.4.1954, wonach die 1. Hypothek von 5 Mio DM je zur Hälfte von der Süddeutschen Bodenkreditbank und der Bayer. Hypotheken- und Wechselbank gewährt würde, wobei eine Refinanzierung dieser Hypothek nicht mehr notwendig sei. Diese beiden Hypotheken seien völlig gesichert.27

Die 2. Hypothek von ebenfalls 5 Mio DM werde von der Bayerischen Landesbodenkreditanstalt gegeben, refinanziert durch ein Darlehen der Zusatzversorgungsanstalt des Bundes und der Länder. Was die Landesbodenkreditanstalt betreffe, handle es sich eigentlich um ein reines Durchleitungsdarlehen.

Die weiteren Baukosten in Höhe von 1,041 Mio DM seien nun in der erwähnten Note auch aufgeteilt.

Ministerpräsident Dr. Ehard erkundigt sich, ob nun tatsächlich der ursprünglich im a.o. Haushalt eingesetzte Betrag von 5,5 Mio DM frei werde, wie dies der Herr Staatsminister für Unterricht und Kultus in der letzten Kabinettssitzung gemeint habe. Der Ministerrat müsse Klarheit darüber haben, ob die gesamten Baukosten tatsächlich nur 13,5 Mio DM betrügen oder ob noch 5,5 Mio DM hinzugerechnet werden müßten.

Staatssekretär Dr. Ringelmann antwortet, nach dem ersten Finanzierungsprojekt der Fa. Fries & Co. hätte der Staat Ausgleichsforderungen in Höhe von 10 Mio DM aufkaufen sollen und zwar für die Abdeckung der Kosten des Anteils der Justizverwaltung. Durch eine andere Art der Finanzierung seien aber jtzt die Hypotheken gegeben worden, sodaß dieser Betrag gegenstandslos werde. Die ursprünglich eingesetzten 10 Mio DM. seien zwar frei geworden, sie sollten aber jetzt für die Förderung des Grenzlandes verwendet werden, dadurch werde Bayern dann die angekündigten 29,3 Mio DM des Bundes für die Grenzlandhilfe erhalten.

Staatsminister Dr. Seidel stellt ausdrücklich fest, daß also 10 Mio DM für die Grenzlandhilfe aus bayerischen Mitteln zur Verfügung stünden.

Es wird festgestellt, daß die Finanzierung des Wiederaufbaues des Maxburg-Geländes damit geklärt sei.

Staatsminister Dr. Seidel bemerkt, er habe insoferne doch noch Bedenken, als die Miete für den qm auf 3,50 DM berechnet werde, also wohl die höchste Miete, die überhaupt in München gezahlt werde.

Staatsminister Dr. Oechsle entgegnet, daß in verschiedenen Gegenden der Mietpreis für den qm noch erheblich höher sei.

Staatssekretär Dr. Koch fügt hinzu, die Justizverwaltung zahle für einen großen Teil des ihr zugewiesenen Raumes überhaupt keine Miete, sodaß sich für die Gesamtfläche eine durchaus angemessene Miete von. DM 2,– pro qm ergebe.

Staatsminister Dr. Seidel bleibt daraufhin auf seinem Einwand nicht weiter bestehen. Er weist noch darauf hin, daß der Erbbaurechtsvertrag für den Staat günstig sei.

Staatssekretär Dr. Nerreter meint, das Staatsministerium der Justiz sollte in einer Note niederlegen, welche Mittel bisher für die verstreuten Dienstgebäude aufgewendet werden mußten.

Ministerpräsident Dr. Ehard faßt das Ergebnis der Besprechung dahin zusammen, daß der Ministerrat vor den Plänen für die Finanzierung des Maxburg-Projektes Kenntnis genommen und dem Staatsministerium der Finanzen seine Bedenken mitgeteilt habe, die jetzt zum Teil ausgeräumt seien.28

Herzog-Max-Burg

XI. Internationale Gesellschaft für Christlichen Aufbau29

Staatsminister Dr. Seidel führt aus, Rottershausen sei ursprünglich eine Munitionsanstalt gewesen, in der jetzt schon einige kleinere Betriebe untergebracht seien. Die Gesellschaft für Christlichen Aufbau wolle nun Rottershausen zu einer großen Industrie-Siedlung ausbauen. Die gesamte Planung sehe 1650 Arbeitsplätze und 1750 Wohnungseinheiten vor. Träger dieses Projektes solle eine Aufbaugemeinschaft Rottershausen werden mit einem Kapital von 2 Mio DM, das zur Hälfte die Gesellschaft selbst, zur anderen Hälfte, der bayerische Staat zeichne. Wenn das Projekt fertiggestellt sei, solle dann eine Gemeinde Rottershausen gegründet werden, worauf der Staat seinen Anteil der neuen politischen Gemeinde übergebe. Natürlich sei klar, daß diese Industrie-Siedlung nicht mit 2 Mio DM durchgeführt werden könne.

Der Bundeswohnungsbauminister habe jetzt grundsätzlich zugesagt, in diesem Jahr einen Zuschuß von DM 500 000,– zu gewähren und dies auch in den nächsten Jahren zu tun, insgesamt in Höhe von 2 Mio DM.30 Darüber hinaus rechne die Gesellschaft damit, Beträge des Bundesausgleichsamts zu erhalten. Allerdings sei auch mit diesen Mitteln das Projekt noch nicht gesichert, erste Voraussetzung sei vielmehr, daß der anzusiedelnden Bevölkerung auch Arbeitsplätze zur Verfügung stünden, demnach leistungsfähige und krisenfeste Betriebe eingerichtet würden. Entscheidend sei die Frage, ob es heute noch gelingen könne, Betriebe zu finden, die mit Aussicht auf Erfolg dort angesiedelt werden könnten; eine Liste liege jetzt vor, die vom Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr geprüft werde. Wenn aber der finanzielle Ring nicht geschlossen werde, sei kein Erfolg zu erwarten. Notwendig seien deshalb bindende Erklärungen, die bisher nur vom Wohnungsbauminister vorlägen. Immerhin sei auch günstig, daß die Dienststelle Blank erklärt habe, sie werde auf das Gelände keinen Anspruch erheben. Das Bayerische Finanzministerium habe dies zwar noch nicht getan, es werde aber wohl auch kaum ein Interesse daran haben.

Staateskretär Dr. Guthsmuths wirft ein, die Freigabe durch das Finanzministerium sei jetzt erfolgt.

Staatsminister Dr. Oechsle erkundigt sich, ob mit internationalen Geldern zu rechnen sei?

Staatsminister Dr. Seidel bejaht diese Frage; Mittel würden durch den Europa-Rat zur Verfügung gestellt werden.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner bemerkt, für das Innenministerium sei die Frage des sozialen Wohnungsbaus wichtig. Gelder könnten dort nur investiert werden, wenn die Arbeitsplätze auch tatsächlich gesichert seien.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths macht Bedenken gegen die Pläne der Gesellschaft geltend und verweist darauf, daß in den übrigen Fällen, in denen neue Industrie-Siedlungen entstanden seien, keine Staatszuschüsse gegeben worden seien. Deshalb müsse man erwarten, daß Beschwerden von anderer Seite eingelegt würden. Er denke da vor allem an die Betriebe in Moosburg, die in schwieriger Lage seien, ferner an Geretsried, Neutraubling und Traunreuth.

Staatssekretär Dr. Ringelmann fügt hinzu, immerhin sei es gelungen, Waldkraiburg und Kaufbeuren in Ordnung zu bringen, er gebe aber zu, daß bei den von Herrn Staatssekretär Dr. Guthsmuths genannten Orten noch Schwierigkeiten bestünden.

Staatssekretär Stain führt aus, die Schwierigkeiten in diesen Orten seien ihm bekannt. Rottershausen stelle aber einen ganz anderen Versuch als bisher dar. Die Bedeutung für Unterfranken könne gar nicht überschätzt werden, weil außer in Rottershausen kaum eine Möglichkeit bestehe, neue Betriebe zu errichten. Der bayerische Staat gebe 1 Mio DM als Bürgschaftskapital, die Entwicklungsgesellschaft werde dann eines Tages abgewickelt. Wenn diese aber überhaupt nicht zustande komme, seien auch keine Betriebe zu finden. Er sei aber überzeugt, daß Betriebe nach Rottershausen gebracht werden könnten, wenn man nur die erforderlichen Voraussetzungen schaffe. Herr Staatssekretär Dr. Guthsmuths habe insoferne nicht recht, als ja auch nach dem Landesentwicklungsplan neue industrielle Ansiedlungen errichtet werden sollten. Bisher seien in Rottershausen übrigens schon 48 Wohnungen gebaut worden, man müsse sich aber jetzt entschließen, wie diese Wohnungen belegt werden sollten, nämlich entweder durch Arbeiter aus Schweinfurt oder durch Arbeiter für die neuen Rottershausener Betriebe.

Staatsminister Dr. Seidel meint, die bayerische Staatsregierung könne jetzt nur ihre Bereitschaft erklären; dafür spreche er sich aber aus, da man schon aus politischen Gründen nicht nein sagen könne. Vielleicht könne man einen Beschluß ungefähr des Wortlauts fassen, daß der bayerische Staat bereit sei, sich an der Aufbaugemeinschaft Rottershausen zu beteiligen, jedoch unter der Bedingung, daß die Voraussetzungen in absehbarer Zeit geschaffen werden.

Staatsminister Dr. Oechsle fügt hinzu, wenn die Planung tatsächlich durchgeführt sei, könne auch die Bundesanstalt in Nürnberg einspringen, die demnächst nochmals 7 Mio DM zur Verfügung stellen werde.

Der Ministerrat faßt daraufhin folgenden Beschluß:

Der bayerische Staat ist bereit, sich an der Aufbaugemeinschaft Rottershausen mit 1 Mio DM zu beteiligen. Die Bereitschaft wird an die Bedingung geknüpft, daß die technischen und finanziellen Voraussetzungen für die Realisierung des Projektes in absehbarer Zeit geschaffen werden.

Staatsminister Dr. Seidel bemerkt noch, er werde der Gesellschaft diesen Beschluß mitteilen und hinzufügen, er selbst als Wirtschaftsminister werde das Projekt unterstützen, ebenso wie Herr Staatiminister Dr. Oechsle.

Staatsminister Dr. Oechsle erklärt sich damit einverstanden.31

Staatssekretär Dr. Ringelmann stellt abschließend fest, das Finanzministerium habe sich mit der Angelegenheit auch schon beschäftigt; es sei zwar zurückhaltend, werde aber keinen Widerspruch anmelden.

Internationale Gesellschaft für Christlichen Aufbau

XII. Versorgungsregelung für den Kreispräsidenten Zwisler in Lindau

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, der Beratende Ausschuß des Kreises Lindau habe für den Kreis mit dem gegenwärtigen Kreispräsidenten Zwisler am 11.3.1954 einen Vertrag abgeschlossen, wonach dieser bei Eintritt des Versorgungsfalles 75 v.H. der Versorgungsbezüge aus der Besoldungsgruppe B 6 erhalten solle. Das Staatsministerium des Innern lege nun diesen Vertrag mit der Bitte um Zustimmung der Staatsregierung vor. Die Genehmigung des Vertrages, der eine Besoldung entsprechend der eines bayerischen Regierungspräsidenten vorsehe, könne wohl ohne weiteres erteilt werden.

Nachdem kein Widerspruch erhoben wird, wird beschlossen, der vorgesehenen Versorgungsregelung zuzustimmen.

XIII. 85. Geburtstag des ehemaligen Kronprinzen Rupprecht von Bayern32

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, es sei der Wunsch an ihn herangetragen worden, am Vorabend des Geburtstages des Kronprinzen Rupprecht, nämlich am 17. Mai 1954, die Bereitschaftspolizei für einen Zapfenstreich zur Verfügung zu stellen. Wenn er persönlich auch im Hinblick auf die Tatsache, daß der Kronprinz der letzte noch lebende Generalfeldmarschall des 1. Weltkrieges sei, nichts dagegen einzuwenden habe, so sei doch zu befürchten, daß Schwierigkeiten in der Öffentlichkeit entstehend könnten. Er bitte deshalb um die Entscheidung des Ministerrats.

Nach längerer Aussprache wird beschlossen, die Bereitschaftspolizei nicht zur Verfügung zu stellen.

XIV. Richtlinien zur Aufstellung des Landesentwicklungsplans33

Staatsminister Dr. Seidel teilt mit, er habe die Richtlinien zur Aufstellung des Landesentwicklungsplans dem Herrn Ministerpräsidenten übergeben mit der Bitte, zu klären, ob er diese Pläne vom politischen Standpunkt aus gesehen billige. Er werde sie dann den Kabinettsmitgliedern zuleiten.34

Landesentwicklungsplan

XV. BMW Allach35

Staatsminister Dr. Oechsle teilt mit, das amerikanische Hauptquartier in Heidelberg habe sich entschlossen, die Entlassung der 40 Arbeiter von BMW Allach nochmals zu überprüfen.

XVI. Dritter Deutscher Studententag in München36

Ministerpräsident Dr. Ehard macht darauf aufmerksam, daß gegen das Programm des Studententages jetzt keine Bedenken mehr bestünden. Er selbst und nicht der Bundesinnenminister werde die Tagung eröffnen. Allerdings habe er nach wie vor die Befürchtung, daß sich die Schlußkundgebung im Lichthof der Universität zu einer Art Demonstration entwickeln könne; es sei auch nicht einzusehen, warum diese gerade im Lichthof stattfinden müsse, nachdem alle anderen Veranstaltungen im Deutschen Museum seien.

Der Ministerrat beschließt, zur Durchführung des Dritten Deutschen Studententages einen Zuschuß bis zur Höhe von DM 20 000,– zu gewähren; die Einzelheiten werden dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus überlassen.

Der Betrag ist aus Einzelpl. 03 Tit. 302 zu nehmen.37

XVII. Veranstaltungen

Der Ministerrat vereinbart, die Bayerische Staatsregierung bei dem Kirchentag auf dem Hesselberg durch Herrn Staatssekretär Dr. Nerreter,38 bei der Ausstellung „Das sichere Haus“ durch Herrn Staatsminister Dr. Oechsle vertreten zu lassen.

Ferner wird vereinbart, daß zur Grundsteinlegung des neuen Rathauses in Schweinfurt Herr Staatsminister Dr. Hoegner fahren wird.

Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Hans Ehard
Der Protokollführer des Ministerrats gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg Ministerialrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Karl Schwend Ministerialdirektor