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Nr. 221MinisterratssitzungDienstag, 20. Juli 1954 Beginn: 9 Uhr Ende: 12 Uhr 15
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Stain (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium). Zu Punkt II und VI der Tagesordnung: Ministerialdirigent Dr. Baer (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei)

Entschuldigt:

Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium).

Tagesordnung:

I. Hochwasserkatastrophe in Bayern. II. Bundesratsangelegenheiten. III. Entwurf des Haushaltsgesetzes für das Rechnungsjahr 1954. IV. a) Bereitstellung von außerordentlichen Haushaltsmitteln für den Um- und Ausbau der Landstraßen I. Ordnung. b)Verkauf der Beteiligung des Bayerischen Staates an der Eisenwerkgesellschaft Maximilianshütte AG. V. Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung des Art. 134 des Grundgesetzes. VI. Entwurf neuer Urlaubsrichtlinien. VII. Trinkmilchkleinhandelsspannen. VIII. Residenztheaterausschuß. IX. Personalangelegenheiten.

I. Hochwasserkatastrophe in Bayern1

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, daß bis zum 20. Juli 1954, 9 Uhr, auf dem Spendenkonto bei der Staatsbank ein Betrag von 1,7 Mio DM eingegangen sei; darin sei die vom Herrn Staatsminister der Finanzen angekündigte 1 Mio DM noch nicht enthalten.

Er bitte den Herrn Staatsminister des Innern, bei den Regierungspräsidenten anzufragen, ob die überwiesenen Gelder schon verteilt seien und in welcher Form zusätzlich etwas getan werden könne. Er denke z.B. daran, die den einzelnen Landkreisen zur Verteilung gegebenen Spenden zu verdoppeln, ferner der Arbeitsgemeinschaft der Verbände der freien Wohlfahrtspflege ebenfalls noch einmal eine Zuwendung von etwa 75 000 DM zu geben.

Auf alle Fälle komme es jetzt darauf an, sofort zu helfen, der Weg über die Arbeitsgemeinschaft scheine ihm dabei besonders wirkungsvoll zu sein. Für morgen vormittag 11 Uhr werde er das Kuratorium zur Verwaltung des Spendenfonds wieder einberufen.

Er bitte die Herren Staatsminister, die Mitglieder seien, an der Sitzung teilzunehmen.

Was die Schadensfeststellungen betreffe, so bitte er nochmals, auch dies möglichst zu beschleunigen und lieber weniger eingehend und genau zu prüfen, als Zeit zu verlieren, Dies sei schon deshalb notwendig, weil man die jetzt sicher noch bestehende Hilfsbereitschaft des Bundes ausnützen müsse. Er werde auch morgen darüber mit dem Herrn Bundesfinanzminister sprechen.

Staatsminister Dr. Seidel bittet, ihn zu verständigen, da er dringend eine Unterredung mit dem Bundesfinanzminister wegen der Grenzlandhilfe von 29 Mio DM haben müsse.

Ministerpräsident Dr. Ehard ersucht Herrn Staatsminister Dr. Hoegner, die Regierungspräsidenten zu verständigen, damit sie möglichst auf die Landrätcein der Richtung einwirken, daß die Schadensfeststellungen beschleunigt werden.

Zum Abschluß setzt sich Ministerpräsident Dr. Ehard mit den Behauptungen auseinander, die auf einer Pressekonferenz des Bayer. Bauernverbandes von niederbayerischen Bauernvertretern aufgestellt worden seien. Was die angebliche Vernachlässigung des Hochwasserschutzes betreffe, so hätten die Bauern leider die Parolen des Leipziger Senders übernommen. Hinsichtlich der Forderung auf völligen Erlaß der Steuern in den Notstandsgebieten müsse man doch wohl sagen, daß es zunächst genüge, alle Steuern bis 31. August 1954 zu stunden. In welchen Fällen die Steuern ermäßigt oder nachgelassen werden könnten, sei doch erst dann fest zustellen, wenn die endgültigen Schäden bekannt seien.2

Unwetterkatastrophen

II. Bundesratsangelegenheiten

1 a) Wahl des Präsidenten des Bundesrates3

b) Wahl des Vizepräsidenten

c) Wahl der Schriftführer

Linisterialrat Dr. Gerner teilt mit, daß das Präsidium des Bundesrats für das nächste Jahr Herr Ministerpräsident Altmeier von Rheinland-Pfalz übernehmen werde.

3. Entwurf eines Gesetzes über die Verlängerung der Vereinbarung vom 14. Juli 1952 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über die Fürsorge für Hilfsbedürftige5

Sachliche Bedenken bestünden nicht. Der Entwurf scheine jedoch zustimmungsbedürftig gem. Art. 84 Abs. 1 GG. Die Zustimmungsbedürftigkeit ergebe sich daraus, daß die Vereinbarung vom 14. Juli 1952 Regelungen über das Verwaltungsverfahren landeseigener Behörden enthalte und daher auch dem nunmehrigen Entwurf des Verlängerungsgesetzes zugestimmt werden müsse.

Der Ministerrat beschließt, gemäß Art. 84 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 78 GG zuzustimmen und eine Erklärung über die Zustimmungsbedürftigkeit abzugeben.6

4. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die vorläufige Regelung der Errichtung neuer Apotheken7

Der Ministerrat beschließt, der bisher vertretenen Auffassung folgend dem Gesetzentwurf die Zustimmung zu versagen, da keine Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes bestehe.8

5. Entwurf einer Prüfungsordnung für Zahnärzte9

Dieser Punkt wird abgesetzt werden.10

6. Entwurf einer Entscheidung über die sachliche Zuständigkeit zum Erlaß von Verwaltungsakten auf dem Gebiet des Gesundheitswesens11

Nach Vortrag von Ministerialrat Dr. Gerner beschließt der Ministerrat, das Einvernehmen gemäß Art. 129 Abs. 1 GG12 entsprechend der Empfehlungen des Agrarausschusses unter Ziff. I und des Innenausschusses unter Ziff. II 4 der BR-Drucks. Nr. 98/1/54 zu versagen. Außerdem wird beschlossen, die Empfehlungen unter Ziff. II 1 mit 4 zu unterstützen, falls der Vorschlag des Agrarausschusses keine Mehrheit finde.

7. Entwurf einer Verordnung über Speiseeis13

Ministerialrat Dr. Gerner fährt fort, der Wirtschaftsausschuß empfehle, den Verordnungsentwurf abzulehnen, dagegen habe sich aber der Vertreter des Innenministeriums14 im Koordinierungsausschuß ausgesprochen.15

Der Ministerrat bschließt, gemäß Art. 80 Abs. 2 GG zuzustimmen und die Empfehlungen unter Ziff. II der BR-Drucks. Nr. 441/1/53 zu unterstützen mit Ausnahme derjenigen unter Ziff. 3 c, 8 b, 21 c und 21 d.16

8. Entwurf einer Verordnung über Enteneier17

Zustimmung nach Maßgabe der in der BR-Drucks. Nr. 201/1/54 enthaltenen Abänderungsvorschläge gemäß Art. 80 Abs. 2 GG.18

und

12. Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung von Weihnachtsbeihilfen an Empfänger von Arbeitslosenfürsorge und Arbeitslosenunterstützung22

und

13. Entwurf einer Verordnung über die Beschäftigung von Frauen und Jugendlichen mit der Herstellung von Präservativs, Sicherheitspessarien, Suspensorien und dergl.23

Ministerialrat Dr. Gerner macht darauf aufmerksam, daß diese beiden Punkte voraussichtlich von der Tagesordnung abgesetzt würden.24

15. Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Errichtung der Bank deutscher Länder27

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet, der Wirtschaftsausschuß empfehle, festzustellen, daß der Gesetzentwurf zustimmungsbedürftig sei, ihm aber gemäß Art. 84 Abs. 1 GG zugestimmt werden könne.28 Er persönlich sei der Meinung, daß die Frage, ob ein Gesetz zustimmungsbedürftig sei oder nicht, immer häufiger auftauche und deshalb zu überlegen sei, ob nicht doch in bestimmten Fällen das Bundesverfassungsgericht angerufen werden solle. Im vorliegenden Falle könne die Zustimmung wohl erteilt werden.29

Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.30

16. Entwurf eines Gesetzes betreffend die Treuhandverwaltung über das Vermögen der Deutschen Reichsbank31

Zustimmung gemäß Art. 134 und 135 GG.32

und

19. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Herkunftsbezeichnung des Hopfens35

Ministerialrat Dr. Gerner fährt fort, auch dieser Gesetzentwurf erscheine zustimmungsbedürftig, nachdem das Hopfenherkunftsgesetz vom 9. Dezember 1929 Regelungen des Verwaltungsverfahrens landeseigener Behörden enthalte.36 Die nunmehr vorgesehene formelle Änderung des Hopfenherkunftsgesetzes begründe die Zustimmungsbedürftigkeit auch des Änderungsgesetzes.

Der Ministerrat beschließt, den Antrag zu stellen, daß der Bundesrat mit einer ausdrücklichen Erklärung darauf hinweise, daß er dem Entwurf nach Art. 78 GG zustimme.37

21. Entwurf einer Achten Durchführungsverordnung zum Getreidegesetz: Vermahlung von inländischem und ausländischen Weizen40

Zustimmung nach Art. 80 Abs. 2 GG nach Maßgabe der in der BR-Drucks. Nr. 229/1/54 enthaltenen Abänderungsvorschläge.41

22. Entwurf eines Gesetzes über die Lastenausgleichsbank (Bank für Vertriebene und Geschädigte)42

Ministerialrat Dr. Gerner führt aus, im Koordinierungsausschuß sei die Anrufung, des Vermittlungsausschusses zwar nicht angeregt, jedoch betont worden, daß nach § 7 Abs. 1 Ziff. 10 des Entwurfs dem Verwaltungsrat der Lastenausgleichsbank auch sieben vom Bundestag zu wählende Mitglieder angehören sollten.43 Diese unmittelbare Einwirkung des Bundestags auf den Verwaltungsrat begegne im Hinblick auf das Prinzip der Trennung der gesetzgebenden und vollziehenden Gewalt verfassungsrechtlichen Bedenken, zumal es sich bei den zu wählenden sieben Mitgliedern um Abgeordnete des Bundestags handeln könne. Vielleicht sei es deshalb angebracht, diese Bedenken im Wege einer Erklärung geltend zu machen.

Der Ministerrat beschließt, gemäß Art. 78 GG zuzustimmen und die von Herrn Ministerialrat Dr. Gerner vorgeschlagene Erklärung abzugeben.44

23. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Deutsche Genossenschaftskasse45 in der Fassung vom 3. Februar 195146

Zustimmung gemäß Art. 78 GG.

24. Entwurf eines Gesetzes über die Nichterhebung der Abgabe „Notopfer Berlin“ im Lande Berlin47

Dieser Punkt wird voraussichtlich abgesetzt werden.48

26. Entwurf einer Rechtsverordnung zu § 14 des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (BEG) vom 18. September 1953 – BGBl. 1 S. 138750

Es wird beschlossen, den Entwurf gemäß Art. 80 Abs. 2 GG zuzustimmen und die Empfehlungen in der BR-Drucks. Nr. 216/1/54 unter Ziff. 1 mit 6, 7 b und 8 zu unterstützen; dagegen wird die Empfehlung unter Ziff. 7 a nicht unterstützt.51

27. Bericht des Rechtsausschusses über Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht52

Von einer Äußerung und einem Beitritt wird abgesehen.

28. Ernennung des Landgerichtspräsidenten Josef Hartinger53 zum Bundesanwalt

und

29. Ernennung des Oberstaatsanwalts Dr. Walter Wagner54 zum Bundesanwalt

Bedenken gegen die beabsichtigten Ernennungen werden nicht erhoben.

30. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes55

Zustimmung gemäß Art. 78 GG. Gegen eine Berichtigung des Art. III des Entwurfs werden keine Bedenken erhoben.56

31. Entwurf eines Gesetzes über den Erlaß von Strafen und Geldbußen und die Niederschlagung von Strafverfahren und Bußgeldverfahren (Straffreiheitsgesetz 1954)57

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner kommt darauf zu sprechen, daß in letzten Ministerrat vereinbart worden sei, gegen das Amnestiegesetz zu stimmen, wenn sich auch andere Länder für die Ablehnung entscheiden würden. Trotzdem habe Bayern dem Entwurf zugestimmt.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, der Ministerrat habe dabei die Auffassung vertreten, Bayern werde sich anschließen, wenn auf diese Weise eine Mehrheit für die Ablehnung zustande komme.

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet, in der Vorbesprechung sei die Stimmung sehr geteilt gewesen, wider Erwarten hätten sich auch Hessen und Rheinland-Pfalz für den Gesetzentwurf ausgesprochen, so daß eigentlich nur Baden-Württemberg dagegen gewesen war.58

III. Entwurf des Haushaltsgesetzes für das Rechnungsjahr 1954 59

Ministerpräsident Dr. Ehard nimmt Bezug auf die Besprechung des Haushaltsgesetzes in der Ministerratssitzung vom 13. Juli 1954, in der noch einige Fragen ungeklärt geblieben seien. Im einzelnen habe damals Herr Staatsminister Dr. Hoegner eine Abänderung des Art. 3 Abs. 2 angeregt, sowie einige Ergänzungen der Durchführungsbestimmungen. Außerdem sei noch die Frage offen geblieben, ob der Einzelpl. 04 des Staatsministeriums der Justiz ergänzt werden solle oder die durch die Besoldungsreform60 eingetretenen Änderungen in den Einzelplan 13 aufgenommen werden sollten.

Staatsminister Zietsch nimmt Bezug auf seine Note vom 17. Juli 1954, die überschrieben sei:

„Ausbringung des Besoldungsmehrbedarfs sowie Änderung und Ergänzung der Stellenpläne auf Grund der Entwürfe des Dritten und Vierten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts (Richter- und Lehrerbesoldung)“.61

Darin sei unter anderem ausgeführt, daß die besoldungsrechtlichen Verbesserungen zu einem Mehraufwand im Rechnungsjahr 1954 von 18,5 Mio DM führten, die zum Teil Änderungen und Ergänzungen der Stellenpläne der Kapitel der beteiligten Verwaltungseinrichtungen der Einzelpläne 03, 04, 05, 06, 08 und 10 zur Voraussetzung haben. Wegen der Kürze der Zeit sei die Ausarbeitung und verfassungsmäßige Behandlung formgerechter Ergänzungsvorlagen nicht mehr möglich. Das Finanzministerium bitte daher die Staatsregierung, es zu ermächtigen, die Änderungen und Ergänzungen in den Erläuterungen der Ergänzungsvorlage zum Einzelpl.13 Kap. 02 darzustellen. Dazu sei erforderlich, dem Entwurf des Haushaltsgesetzes für das Rechnungsjahr 1954 als neuen Artikel den Art. 5 a einzufügen, der folgenden Wortlaut haben solle:

„(1) Die außerhalb der Zweckbestimmungsspalte in den Erläuterungen zum Epl. 13, Kap. 02, Tit. 100–105, 150–152 ausgebrachten Planstellen für Beamte sind nach Maßgabe des Dritten und Vierten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts bindend genehmigt. Sie sind Bestandteile der insoweit geänderten Stellenpläne der Kapitel der in Betracht kommenden Verwaltungseinrichtungen in den Einzelplänen 03, 04, 05, 06, 08 und 10.
(2) Art. 5 Abs. 1 findet auf diese Planstellen keine Anwendung.“

Staatsminister Weinkamm erklärt sich mit diesem Vorschlag einverstanden, worauf beschlossen wird, der Note des Staatsministeriums der Finanzen vom 17. Juli 1954 zuzustimmen,

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner führt aus, die von ihm am 13. Juli 1954 erhobenen Bedenken seien inzwischen durch eine Besprechung der zuständigen Referenten behoben worden. ln einer Vormerkung über diese Besprechung sei festgestellt worden, daß sich die Änderungswünsche des Staatsministeriums des Innern bezüglich des Art. 3 Abs. 2 des Entwurfs zum Haushaltsgesetz auch nur auf die sächlichen Ausgaben bezögen. Das Staatsministerium der Finanzen erkläre hierzu, daß es bei den zur Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Verwaltung unabweisbar notwendigen sächlichen Ausgaben seine Zustimmung zu einer überplanmäßigen Ausgabe bezüglich der strittigen 5% unter den allgemein üblichen Bedingungen in Aussicht stelle.

Falls Herr Staatsminister Zietsch dieser Erklärung seiner Referenten zustimme, könne das Staatsministerium des Innern seine Bedenken zurückziehen.

Das gleiche gelte für Ziff. 1 der Durchführungsbestimmungen. Auch hier habe das Finanzministerium seine Bereitschaft erklärt, im Bedarfsfall auf dem Wege der überplanmäßigen Bewilligung der Durchführung dringender Baufälle im Austausch gegen andere Projekte zuzustimmen. Auf die gegenseitige Deckungsfähigkeit der Tit. 204 und 205 könne daher verzichtet werden.

Was die Bedenken der Obersten Baubehörde zu Art. 6 Abs. 1 des Entwurfs angehe,62 so habe das Finanzministerium darauf hingewiesen, daß es gerade bei den Baumaßnahmen, die fast sämtlich im ao. Haushalt veranschlagt seien, bisher alle erforderlichen Beträge übertragen habe und daß es dies auch weiterhin tun werde, weil es sich in der Regel um die Fortführung begonnener Baumaßnahmen handle. Dies entspreche der bisherigen Übung.

Zu Ziff. 6 der Durchführungsbestimmungen halte das Staatsministerium der Finanzen daran fest, daß die in den Erläuterungen ausgebrachtcn, mit den Worten „es entfalle auf“ gekennzeichneten Einzelbeträge bindend seien. Diese Regelung sei nach § 6 Abs. 13 RWB zulässig. § 13 Abs. 2 der 2. DVHL werde insoweit durch das Haushaltsgesetz außer Kraft gesetzt.63

Da das Staatsministerium der Finanzen seine Bereitwilligkeit, bei diesen Ansätzen überplanmäßigen Ausgaben zuzustimmen, erkläre habe, könnten die Bedenken des Innenministeriums auch insoweit zurückgestellt worden.

Staatsminister Zietsch erklärt ausdrücklich, daß er mit den Erklärungen der Referenten seines Ministeriums einverstanden sei, worauf Staatsminister Dr. Hoegner nochmals feststellt, daß seine Bedenken damit behoben seien.

Der Ministerrat beschließt daraufhin, auch den Vorschlägen des Staatsministeriums der Finanzen in der Note vom 6. Juli 1954 betr. Entwurf des Haushaltsgesetzes für das Rechnungsjahr 195464 zuzustimmen.65

Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Bayerischen Staates für das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954) vom 11. August 1954

IV. a) Bereitstellung von außerordentlichen Haushaltsmitteln für den Um- und Ausbau der Landstraßen I. Ordnung. b) Verkauf der Beteiligung des Bayerischen Staates an der Eisenwerkgesellschaft Maximilianshütte AG66

Ministerpräsident Dr. Ehard erkundigt sich, welche Beschlüsse der Haushaltsausschuß hinsichtlich dieser beiden Punkte gefaßt habe.67

Staatsminister Zietsch antwortet, in seiner Anwesenheit sei einem Antrag zugestimmt worden, die Mittel für den Straßenbau von 20 auf 70 Mio DM zu erhöhen. Die 50 Mio DM sollten aufgebracht worden:

a) durch die Veräußerung von Wertpapieren im Staatsbesitz in Höhe von 20,4 Mio DM und

b) durch 9,6 Mio DM Mittel der Bundesanstalt.

Die restlichen 20 Mio DM sollten nach dem Beschluß des Haushaltsausschusses durch den Verkauf des Schulbuchverlags68 und des Anteils an der Maxhütte aufgebracht werden. Zunächst müsse wohl abgewartet werden, welchen Beschluß das Plenum des Landtags fasse.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß die Veräußerung der Wertpapiere und die Beschaffung der Mittel der Bundesanstalt wohl keine Schwierigkeiten machten.

Staatsminister Zietsch bestätigt dies und erklärt, dazu brauche er nur die Zustimmung des Kabinetts und des Landtags, was den Schulbuchverlag betreffe, so liefen die Verhandlungen seit zwei Jahren, sic hätten aber bisher noch zu keinem Ergebnis geführt.

Staatsminister Dr. Schwalber fügt hinzu, die privaten Verleger hätten offensichtlich kein Interesse mehr daran, den Schulbuchverlag, der im übrigen – obwohl nicht auf Gewinn abgestellt – Überschüsse bringe, zu erwerben. Dem Beschluß des Landtags vom vorigen Jahr entsprechend, habe er dem Präsidenten einen Bericht erstattet.

Staatsminister Zietsch fährt fort, im Haushaltsausschuß habe die Fraktion der SPD beantragt, 20 Mio DM auf dem Darlehensweg hereinzubringen. Dieser Antrag sei aber abgelehnt worden.

Staatssekretär Dr. Nerreter bemerkt, die Fraktion des BHE habe noch vorgeschlagen, aus diesen Veräußerungen die Mittel für den sozialen Wohnungsbau und für die Wasserversorgung zu erhöhen.

Ministerpräsident Dr. Ehard kommt dann auf die Aussprache im Haushaltsausschuß über die Erklärung der Obersten Baubehörde zu sprechen, daß im Jahre 1954 nur 20–25 Mio DM verbaut werden könnten.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner bestätigt dies mit der Einschränkung, daß Ministerialrat Bruner gesagt habe, die Oberste Baubehörde wünsche die Bereitstellung von 50 Mio DM, damit im nächsten Jahr weiter gebaut werden könne.

Staatssekretär Dr. Nerreter führt aus, wenn 50 Mio DM bereitstünden, s.o könnten in diesem Jahr 25 Mio DM im Straßenunterbau verbaut werden, während der gleiche Betrag im nächsten Jahr für die Straßendecke verwendet werden könne. Das gleiche sei der Fall, wenn z.B. 100 Mio DM zu verbauen seien.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt die Frage, ob es technisch möglich sei, bis zum Winter noch 50 Mio DM zu verbauen; darauf habe er bisher noch keine eindeutige Antwort erhalten.

Staatssekretär Dr. Nerreter erläutert daraufhin nochmals die Meinung der Obersten Baubehörde.

Staatsminister Zietsch erklärt, man könne zwar im Haushaltsjahr 1954 so verfügen, daß die Oberste Baubehörde auch im nächsten Jahr 25 Mio DM habe, das bedeute aber eine Festlegung für den kommenden ao. Haushalt. Er habe schon früher darauf hingewiesen, daß eigentlich keine Beschlüsse gefaßt werden könnten, ohne auf den nächsten Landtag und die nächste Regierung Rücksicht zu nehmen, zumal heute schon bekannt sei, daß für die Zukunft große Schwierigkeiten hinsichtlich des ao. Haushalts überhaupt zu erwarten seien. Deshalb wäre er auch dagege, jetzt schon 50 Mio DM für den Straßenbau bereit zustellen, wahrend bei 30 Mio DM keinerlei Schwierigkeiten bestünden. Aus dieser Erwägung heraus sei auch der Antrag der SPD zu verstehen, der davon ausgehe, daß die Gelder zum Teil erst 1955 gebraucht würden und deshalb 20 Mio DM im Darlehensweg für dieses Jahr aufzubringen seien.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, die Frage, ob heuer überhaupt 50 Mio DM verbaut werden könnten, sei wohl beiseite zu lassen.

Zu überlegen sei nun folgendes:

Wenn heuer mit Mitteln von 25 Mio DM der Unterbau der Straßen fertiggestellt werde, müsse die Decke im nächsten Jahr gebaut werden. Wenn aber die hiefür notwendigen Mittel erst bei den Haushaltsberatungen überlegt und beschlossen werden könnten, lägen die Arbeiten zunächst still. Deshalb sei es doch notwendig, schon jetzt einen Betrag, der dem heuer verbauten entspreche, zur Verfügung oder bereitzustellen.

Staatsminister Dr. Schwalber bemerkt, das gleiche Problem bestehe auch beim staatlichen Hochbau.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, ein gewisser Unterschied sei doch vorhanden, da die im Rohbau fertiggestellten Gebäude ruhig einmal stehen bleiben könnten, während man beim Straßenbau die Möglichkeit haben müsse, sofort im nächsten Jahr die Arbeiten fortzusetzen.

Staatssekretär Dr. Nerreter bestätigt dies mit dem Hinweis, daß rechtzeitig die Vorträge mit den Baufirmen abgeschlossen werden müßten.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner wendet ein, wenn heuer der Unterbau hergestellt werde, so könne im nächsten Jahr aus Vorgriffsmitteln weiter gebaut werden. Im übrigen stünden insgesamt 90 Mio DM für den Straßenbau zur Verfügung, die Arbeiten könnten also jederzeit fortgehen.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths betont, die Oberste Baubehörde habe immer erklärt, wenn sie eine bestimmte Summe zur Verfügung habe, plane sie so, daß man den Baufirmen sagen könne, sie sollten ihre Baugeräte an Ort und Stelle lassen, im März würde sofort weiter gebaut werden. Dies sei aber nun seit drei Jahren nicht mehr möglich gewesen, weil man nie rechtzeitig mit dem Etat fertiggeworden sei. Die Oberste Baubehörde behaupte, wenn jetzt zum erstenmal in der vorgeschlagenen Weise beschlossen werde, sei sie auch zum erstenmal in der Lage, im Frühjahr sofort anzufangen.

Ministerpräsident Dr. Ehard hält diese Darstellung für berechtigt.

Staatsminister Dr. Oechsle führt aus, er habe sich mit Ministerialrat Bruner eingehend unterhalten und gefragt, ob die Oberste Baubehörde heuer 50 Mio DM verbauen könne, wenn es gelinge, noch Mittel in Höhe von 18 Mio DM aufzubringen. Bruner habe erwidert, dies sei schon wegen der erforderlichen Arbeitskräfte technisch nicht möglich.

Er werde übrigens beim Verwaltungsrat der Bundesanstalt den Antrag stellen, daß wegen des Hochwassers69 noch weitere Mittel der Anstalt bereitgestellt würden.

Staatssekretär Dr. Nerreter teilt mit, im Ausschuß sei auch behauptet worden, daß es ohne weiteres möglich sei, Straßenbauarbeiten in Gebiete mit hoher Arbeitslosenzahl zu legen.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, man müsse nicht nur darauf Rücksicht nehmen, sondern in erster Linie auf die Dringlichkeit der Baumaßnahmen.

Ministerpräsident Dr. Ehard faßt die bisherige Aussprache folgendermaßen zusammen:

Heuer können noch 20–25 Mio DM verbaut werden, jedoch nur für den Unterbau; im nächsten Jahr würden dann zusätzlich ebenfalls 20–25 Mio DM gebraucht. Dazu komme die Erwägung, daß dieser Betrag jetzt noch zur Verfügung gestcllt werden müsse, weil er noch in den Haushalt 1954 hineinzunehmen sei, wenn im Frühjahr sofort begonnen werden solle. In welcher Weise seien die Mittel aufzubringen? 30 Mio DM aus dem Verkauf von Wertpapieren und aus Mitteln der Bundesanstalt stünden fest. Dazu habe der Haushaltsausschuß beschlossen, den Schulbuchverlag und den Anteil an der Maxhütte zu veräußern. Was nun die Maxhütte betreffe, so seien Verhandlungen über den Verkauf überhaupt noch nicht angelaufen, bisher hätten nur Vorbesprechungen stattgefunden. Er habe bisher den Standpunkt vertreten, wenn der Verkauf des Maxhütten-Anteils akut werde, könne die Staatsregierung erst Stellung nehmen, wenn feststehe, welcher Preis bezahlt werde und unter welchen Bedingungen die Veräußerung vor sich gehen könne. Deshalb empfehle er, mit Flick zu verhandeln und festzustellen, was er biete und welche Bedingungen zu erreichen seien; dies müsse aber möglichst bald geschehen.

Im übrigen teile er vertraulich mit, daß nicht nur Herr Flick, sondern, wie er erfahren habe, auch eine Bankengruppe bereit sei, den Anteil des Bayerischen Staates vollkommen zu übernehmen. Vorläufig könne er noch nicht mitteilen, um welche Bank es sich handle, fest stehe aber, daß sie völlig unabhängig sei. In erster Linie komme es aber – wie gesagt – darauf an, die Bedingungen, unter denen Flick kaufen wolle, kennenzulernen.

Staatsminister Dr. Seidel bemerkt, er habe nichts dagegen, wenn auch mit anderen Interessenten verhandelt werde, wichtig seien jedoch vor allem Sicherungen zu Gunsten der Belegschaft.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, deshalb schlage er vor, möglichst rasch mit Flick zu verhandeln, mit dem er im übrigen selbst schon gesprochen habe, natürlich nicht über irgendwelche Bedingungen und Einzelheiten. Federführend sei seiner Auffassung nach das Staatsministerium der Finanzen, er bitte aber, Wirtschafts- und Arbeitsministerium zu beteiligen.

Staatsminister Dr. Oechsle hält die Bedingungslosigkeit des Beschlusses des Haushaltsausschusses für bedenklich.

Staatsminister Dr. Seidel stellt fest, daß Flick bereit sei, zu kaufen und deshalb mit ihm verhandelt werden müsse, wenn seine Bedingungen nicht annehmbar seien, könne versucht werden, andere Interessenten zu finden.

Ministerpräsident Dr. Ehard hält es für bedauerlich, daß im Landtag so ausführlich debattiert werde, ohne daß man schon die Bedingungen kenne. Schon deshalb bitte er möglichst rasch Verbindung mit Flick aufzunehmen. Er wiederhole nochmals, daß er selbst mit niemand verhandelt habe, weil er dies für eine Sache der Ressorts halte. Bevor nicht bekannt sei, was Flick biete, könne die Staatsregierung nicht Stellung nehmen, auch dann nicht, wenn der Landtag schon einen Beschluß gefaßt habe. Allerdings sei die Regierung durch den Beschluß hinsichtlich des Straßenbaues mehr oder weniger gebunden.

Staatsminister Dr. Oechsle verweist auf die Auswirkungen des Beschlusses des Haushaltsausschusses auf die Luitpoldhütte, hinsichtlich der ja ein Rechtsstreit zwischen Bund und Ländern bestehe. Bei den Treuhändern der Luitpoldhütte würden nämlich schon Stimmen laut, dahingehend, Aktien zu verkaufen, denn für Bayern sei ja die Hütte uninteressant, weil der Landtag grundsätzlich gegen jede Staatsbeteiligung eingestellt sei.

Ministerpräsident Dr. Ehard hält diese Frage nicht für allzu vordringlich, weil ja über Aktien der Luitpoldhütte nicht verfügt werden könne, bevor der Streit mit dem Bund nicht entschieden sei.

Staatsminister Dr. Seidel bemerkt, daß die Maxhütte tatsächlich einen Sonderfall darstelle. Es sei bekannt, daß er sich von Anfang an gegen den Erwerb der Beteiligung gewandt habe. Im übrigen sei er der Meinung, daß der Erwerb unter Vorgängen erfolgt sei, die eines geordneten Staatswesens nicht würdig seien. Es sei notwendig, die Vorgeschichte genau zu kennen, insbesondere die Aktion, die im Jahre 1946 von dem damaligen Ministerialdirektor Höltermann70 unternommen worden sei.71

Staatsminister Zietsch entgegnet, diese Vorgänge hätten mit dem späteren Ankauf nichts zu tun, Flick habe vielmehr von sich aus ein Angebot im Jahre 1949 gemacht, das damals nicht angenommen worden sei. Erst im Jahre 1951, also zu einer Zeit, in der niemand Herrn Flick mehr hätte zwingen können, sei der Ankauf der Anteile perfekt geworden.

Staatsminister Dr. Seidel bestätigt, daß 1951 Flick nicht mehr unter Druck gestanden sei, dies ändere aber nichts an den vorausgegangenen Dingen, die jetzt wieder breit zu treten aber nicht zweckmäßig sei. Jedenfalls sei es nicht gut, wenn die Vorgänge, an denen Höltermann beteiligt gewesen sei, nun bekannt würden.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint auch, die Vorgeschichte bleibe besser außer Betracht.

Staatsminister Dr. Seidel fügt noch hinzu, die Gewerkschaften hätten sich im Jahre 1951 entschieden gegen den Verkauf der Beteiligung an den Bayer. Staat gewandt, heute nehmen sie allerdings den gegenteiligen Standpunkt ein.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, in Augenblick könne nichts anderes geschehen, als das Finanzministerium zu Verhandlungen mit Flick zu beauftragen zusammen mit Wirtschafts- und Arbeitsministerium.

Staatsminister Zietsch hält es noch für notwendig, die mit den Art. 8172 und 160 der Bayer. Verfassung73 zusammenhängenden Fragen zu klären und verweist in diesem Zusammenhang auf die Note des Staatsministeriums der Finanzen vom 12. Juni 1954.74

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, auf alle Fälle müsse hier ein Weg gefunden worden.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner meint, die Hauptschwierigkeit sei, daß der Erlös nicht wieder den Grundstockvermögen, sondern dem Straßenbau zugute kommen solle.

Staatsminister Dr. Seidel entgegnet, seiner Meinung nach sei der Anteil an der Maxhütte nicht Grundstockvermögen geworden, weil die Mittel hiefür eben nicht aus den Grundstockvermögen genommen worden seien; das gleiche sei in übrigen bei der Anorgana der Fall.

Staatsminister Zietsch wendet ein, er habe damals ausdrücklich erklärt, die Anteile seien nicht zu dem Zweck gekauft worden, um ein Teil des Grundstockvermögens zu werden. Er habe die Frage nur aufgeworfen, weil der Herr Ministerpräsident vorgeschlagen habe, durch einen Beschluß des Ministerrats das Finanzministerium mit den Verhandlungen zu beauftragen; er fürchte, daß damit seine Position Flick gegenüber geschwächt werde.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, er habe aber ausdrücklich hinzugefügt, damit solle noch kein Beschluß über den Verkauf gefaßt worden.

Der Ministerrat beschließt dem Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten entsprechend, das Staatsministerium der Finanzen zu beauftragen, im Zusammenwirken mit den Staatsministerien für Wirtschaft und Verkehr und Arbeit und soziale Fürsorge in Verhandlungen mit Flick einzutreten.

Im Anschluß daran kommt Staatsminister Dr. Schwalber noch auf den Schulbuchverlag zu sprechen. Neuerdings seien auch die graphischen Betriebe aufgetreten mit dem Wunsch, den Verlag zu erwerben. Auch eine außerbayerische Finanzgruppe sei jetzt erschienen, die ein Angebot gemacht habe.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, ein Beschluß hinsichtlich des Schulbuchverlags liege noch nicht vor, man könne im Landtag aber erklären, die Verhandlungen würden seit längerer Zeit geführt, ein Beschluß sei aber erst möglich, wenn ein Ergebnis vorliege, ähnlich wie man dies auch bei der Bayer. Lagerversorgung75 gemacht habe.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.76

Maxhütte

V. Entwurf eines Gesetzes zur Durchführung des Art. 134 des Grundgesetzes77

Staatsminister Zietsch führt aus, ein Unterausschuß des Finanzausschusses des Bundesrats habe diesen Gesetzentwurf ausgearbeitet, der die Zustimmung der Finanzminister aller Länder gefunden habe.78 Nachdem Ministerialdirigent Dr. Freudling79 vom Bayer. Staatsministerium der Finanzen maßgebend an dem Entwurf mitgewirkt habe, sei vereinbart worden, daß der Entwurf von Bayern im Bundesrat eingebracht werde. Herr Bundesfinanzminister Schäffer habe gebeten, ihm gleichzeitig einen Abdruck zuzuleiten, damit sich sein Ministerium schon damit beschäftigen könne. Selbstverständlich handle es sich hier zunächst nur um eine Diskussionsgrundlage.

Staatsminister Dr. Seidel erklärt, er habe gegen eine Reihe von Punkten noch Bedenken anzumelden.

Staatsminister Zietsch erwidert, trotzdem könne der Entwurf schon eingereicht werden, die vorgeschlagenen Änderungen könnten im Laufe der Besprechungen angenommen werden.

Der Ministerrat beschließt, den Gesetzentwurf zur Durchführung des Art. 134 GG durch den Herrn Ministerpräsidenten beim Bundesrat einbringen zu lassen.

Staatsminister Dr. Schwalber wendet sich nachdrücklich dagegen, daß in dem § 3 des Entwurfs (Verwaltungsaufgaben der Länder) wieder der Begriff „Jugendwohlfahrt“ eingeführt werde, der an dieser Stelle völlig unrichtig sei und nur neuen Anlaß zu zentralistischen Bestrebungen geben könne.

Er schlage deshalb vor, in § 3 Abs. 1 Ziff. 3 das Wort „Jugendwohlfahrt“ durch „Jugendfürsorge“ zu ersetzen und in Ziff. 4 das Wort „Jugendpflege“ anzufügen.

Staatsminister Zietsch erklärt sich mit dieser Abänderung einverstanden.80

VI. Entwurf neuer Urlaubsrichtlinien81

1. Ministerialdirigent Dr. Baer erläutert den von Staatsministerium der Finanzen mit Note vom 5. Juli 1954 vorgelegten Entwurf der Urlaubsverordnung.82 Entsprechend dem Vorschlag des Staatsministeriums der Justiz habe das Finanzministerium nun für die Urlaubsrichtlinien die Form einer Rechtsverordnung gewählt. Die wesentlichste Änderung gegenüber früher bestehe darin, daß der Urlaub nicht mehr nach Kalendertagen, sondern nach Arbeitstagen berechnet werde. Im allgemeinen sei die bisherige Urlaubsdauer beibehalten worden, mit Ausnahme der Beamten der Besoldungsgruppe A 2 a und A 2 b; hier folge der Entwurf dem Vorbild des Bundes. Dagegen hätten sich die Staatsministerien des Innern und für Unterricht und Kultus ausgesprochen.

Der Ministerrat beschließt, dem Vorschlag des Staatsministeriums der Finanzen hinsichtlich der Urlaubsdauer zuzustimmen.

Im Anschluß daran ergibt sich eine Aussprache über die politische Betätigung von Beamten, insbesondere als Mitglieder von gesetzgebenden Körperschaften.

Ministerpräsident Dr. Ehard hält es für verfassungsrechtlich kaum möglich, daß ein Beamter gleichzeitg Mitglied des Landtags und Referent in einem Staatsministerium sei.

Staatsminister Dr. Schwalber fordert, auf alle Fälle müßten dann diese Ministerien zusätzliche Planstellen erhalten, da die betreffenden Beamten für die Arbeiten der Ministerien praktisch ausfielen.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, diese Frage könne nicht in Rahmen der Urlaubsverordnung entschieden werden.

2. Ministerialdirigent Dr. Baer fährt fort, ein weiterer Differenzpunkt zwischen den Staatsministerium der Finanzen und den Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge sei die Frage, ob die gesetzlich geschützten Feiertage, die in einen Urlaub fallen, als Urlaubstage anzurechnen seien oder nicht.

Staatsminister Dr. Schwalber unterstützt den Vorschlag des Arbeitsministeriums, die gesetzlich geschützten Feiertage ebenso wie die gesetzlichen Feiertage nicht anzurechnen.

Der Ministerrat beschließt, dem Vorschlag des Staatsministeriums der Finanzen zu folgen, daß die gesetzlich geschützten Feiertage anzurechnen sind,

3. Ministerialdirigent Dr. Baer berichtet weiter, das Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge habe beantragt, den Beamten, welche ihren Urlaub in den Wintermonaten einbringen wollten, einen Zusatzurlaub zu gewähren. Auch dieser Vorschlag stoße auf den Widerstand des Finanzministeriums.

Der Ministerrat beschließt, keinen Zusatzurlaub für die Wintermonate zu gewähren.

4. Ebenso wird beschlossen, in der Urlaubsvorordnung keine Bestimmung aufzunehmen, wonach zum Zweck der Bewerbung um ein Mandat ein besonderer Urlaub gewährt werden solle.

5. Ministerialdirigent Dr. Baer fährt dann fort, eine weitere vom Ministerrat zu entscheidende Frage sei die der Dienstbefreiung von Beamten, Angestellten und Arbeitern des bayer. Staates zur Teilnahme an Lehrgängen oder Tagungen der Gewerkschaften und Beamtenorganisationen. Das Staatsministerium der Finanzen schlage in § 10 vor, höchstens Urlaub für die Dauer von sechs Arbeitstagen zu gewähren, während die Gewerkschaften 12 Tage verlangen würden.83

Staatsminister Zietsch stellt fest, daß sechs Tage durchaus ausreichend seien, was nicht hindere, daß in einzelnen besonderen Fällen Ausnahmen gewährt würden.

Ministerialdirigent Dr. Baer verweist dann auf folgenden Entwurf für einen Beschluß des Ministerrats:

„Beamte, Angestellte und Arbeiter des Bayerischen Staates sowie der Aufsicht des Bayerischen Staates unterstehender Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts erhalten zur Teilnahme an Lehrgängen oder Tagungen der Gewerkschaften oder Beamtenorganisationen Urlaub nach Maßgabe des Art. 7 der Urlaubsrichtlinien vom 2.8.1948 bzw. § 10 der neuen Urlaubsverordnung. Abweichende tarifliche Regelungen für Angestellte oder Arbeiter bleiben unberührt.

Bei Schulaufsichtsbeamten oder Lehrkräften kommt die Gewährung von Urlaub gemäß Abs. 1 während der Schulzeit regelmäßig nicht in Betracht.“

Er darf auf die Behandlung dieses Punktes im Ministerrat vom 5. Januar 1954 verweisen.84

Staatsminister Dr. Oechsle erklärt, seine Einwendungen nun zurückzuzichen.

Der Ministerrat beschließt, den im Wortlaut verlesenen Beschluß zu fassen, und im übrigen der Verordnung zuzustimmen.85

VII. Trinkmilchkleinhandelsspannen86

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, es liege ein Vorschlag des Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr vom 2. Juni 1954 vor, in dem der Antrag des Berufsverbands des Bayer. Milchhandels vom 29. Oktober 1953 übernommen werde, an dem bisherigen Verbraucherhöchstpreis festzuhalten, dagegen die Kleinhandelshöchstspanne aufzuheben und durch Molkereihöchstpreise zu ersetzen.

Staatsminister Dr. Seidel führt aus, der Herr Ministerpräsident habe die grundsätzliche Frage schon dargelegt. Er dürfe hinzufügen, daß sich der Milchhandel eine kleine Verbesserung seiner Einnahmen daraus erwarte, daß die Kleinhandelshöchstspanne aufgehoben und damit ein gewisser Druck auf die Molkereien ausgeübt werden könne. An sich glaube er, daß die kleinen Viehhändler von der Neuerung keinen besonderen Vorteil hätten. Immerhin sei es eine psychologische Entlastung, wenn die Staatsregierung sage, sie gebe dem Milchhandel eine Chance. Das Landwirtschaftsministerium, das sich gegen die geplante Neuordnung wende, müsse konkret angeben, inwieweit die Erzeuger betroffen werden könnten. Selbstverständlich müßten Verbraucher und Erzeuger – wie schon gesagt – aus dem Spiel bleiben. Im übrigen sei er der Meinung, daß bei dem z.Zt. anhängigen Strafverfahren verschiedenes herauskommen werde. Er erkläre jetzt schon, daß daran aber keine Dienststelle des Staates ein Verschulden treffe. Alles in allem rate er, einmal einen Versuch zu machen, zumal auch die Gewerkschaften den Antrag des Milchhandels unterstützten,

Staatsminister Dr. Schlögl stellt fest, daß viel zuviele kleine Milchgeschäfte vorhanden seien. Eigentlich müsse man eine Mindestmenge festlegen, wie dies früher auch schon der Fall gewesen sei, unter der ein Geschäft nicht eröffnet werden dürfe.

Er sei überzeugt, daß die geplante Regelung zuletzt zu einer Belastung der Bauern führen werde und müsse sich dagegen aussprechen. Außerdem werde eine gesetzliche Regelung in dem neuen Bundesmilchgesetz angestrebt, in dem u.a. ein Mindestumsatz für Milchgeschäfte verlangt werde. Dieser Gesctzentwurf werde innerhalb der nächsten zwei Monate kommen. Er bitte also, die Angelegenheit bis dahin zurückzustellen.

Staatsminister Dr. Seidel erwidert, auf das Milchgesetz könne unmöglich gewartet werden, da einmal der Antrag bereits am 29. Oktober 1953 gestellt worden sei und zum anderen noch durchaus nicht abgesehen werden könne, wann das neue Milchgesetz verabschiedet werde. Er bitte nochmals, den Versuch zu machen, wenn er tatsächlich auf Kosten der Bauern gehe, könne die Anordnung immer noch aufgehoben werden. Übrigens werde von dem Gesmtmilchanfall in Bayern etwa 4/5 als Werkmilch und nur etwa ⅕ als Trinkmilch verwertet, so daß schon deshalb die Bauern kaum benachteiligt werden könnten.

Ein Vorschlag von Staatsminister Dr. Schlögl, zunächst zwei Gutachten einzuholen, wird abgelehnt.

Der Ministerrat beschließt dann, dem Antrag des Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr entsprechend, die Kleinhandelshöchstspanne aufzuheben und durch Molkereihöchstpreise zu ersetzen.

Handelsspannen

VIII. Residenztheaterausschuß87

Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert daran, daß der Ausschuß beschlossen habe, den Herrn Landtagspräsidenten und ihn als Zeugen und Sachverständige zu laden. Zunächst sei es nicht möglich, zu dem Urteil der Dienststrafkammer Stellung zu nehmen, ebensowenig zum Schlußbericht, nachdem dieser überhaupt noch nicht vorliege. Er habe zwar dem Herrn Abg. Dr. Bungartz zugesagt, zur Verfügung zu stehen, nachdem er aber noch keine Aufforderung bekommen habe, am Mittwoch zu erscheinen, werde er auch nicht hingehen.88

Übrigens werde mit größter Wahrscheinlichkeit demnächst die Frage der Miete der staatseigenen Wohnungen auftreten. Er bitte den Herrn Staatsminister der Finanzen, sich dieser Frage anzunehmen.

Staatsminister Zietsch antwortet, es seien jetzt seit März dieses Jahres neue Richtlinien über die Höhe der Mieten aufgestellt worden.

Staatssekretär Dr. Nerreter kommt in diesem Zusammenhang auf die Mieten der Beamten der Grenzpolizei zu sprechen, die zum Teil fast um das doppelte hinaufgesetzt worden seien.

Staatsminister Zietsch antwortet, diese Frage müsse im einzenlen noch geprüft werden, es sei aber nicht mehr möglich, Wohnungen für eine Monatsmiete von lediglich 50,– DM zur Verfügung zu stellen

Residenztheater

IX. Personalangelegenheiten

Ruhestandsversetzung des Ministerialrats Dr. Alois Wührer89

Der Ministerrat beschließt, den Ministerialrat Dr. Alois Wührer, Mitglied des Bayer. Obersten Rechnungshofs, mit Wirkung vom 31. Juli 1954 in den Ruhestand zu versetzen.

Zum Abschluß wird noch vereinbart, den Punkt VIII sic! der Tagesordnung „Bergbauliche und wirtschaftliche Lage des Kohlenbergwerks Marienstein“ zurückzustellen und erst in der Sitzung vom 27. Juli 1954 zu behandeln.

Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Hans Ehard
Der Protokollführer des Ministerrats gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg Ministerialrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei In Vertretung gez.: Dr. Fritz Baer Ministerialdirigent