Die Quellen

Quellenbeschreibung

Bei den Protokollen des Bayerischen Ministerrats handelt es sich fast durchgehend um ausführliche Verlaufsprotokolle, in denen die Wortbeiträge der einzelnen Kabinettsmitglieder in indirekter Rede wiedergegeben werden. Ausnahmen vom ausführlichen Verlaufscharakter der Niederschriften lassen sich nur für die Anfangsphase des Kabinetts Schäffer feststellen; ferner finden sich in späteren Jahrgängen – insbesondere für die Regierungszeit des Kabinetts Ehard III (1950-1954) – vereinzelt Protokolle, die als Ergebnis- oder Beschlußprotokoll abgefaßt und in denen nur knapp die Entscheidungen des Ministerrats dokumentiert sind. Dieses Procedere wurde allerdings offensichtlich nur punktuell und abhängig von der behandelten Materie gewählt – beispielsweise bei der schrittweisen und detaillierten Beratung von Einzelpunkten großer Gesetzesvorhaben.

Quellenwert

Der große Quellenwert des Protokolle des Bayerischen Ministerrats beruht ganz wesentlich auf der Ausführlichkeit der Niederschriften. Die Protokolle bilden die Inhalte der Beratungen detailliert ab, die Diskussionsverläufe innerhalb des Kabinetts werden genau nachvollziehbar, und trotz einer gewissen äußeren Formalisierung und teilweise erkennbaren sprachlichen Glättung der Formulierungen werden auch sachliche Divergenzen und Konflikte zwischen einzelnen Mitgliedern des Kabinetts offensichtlich.

Inhaltlich spiegeln die Protokolle in umfassender Weise das Regierungshandeln der bayerischen Nachkriegskabinette wider. Naturgemäß liegt der Schwerpunkt dabei auf der legislativen Materie. Die Ministerratsprotokolle sind aber nicht nur von vorrangig verfassungs- oder rechtshistorischem Interesse, sondern ihre thematische Breite und Vielfalt umfaßt ein äußerst weites Spektrum an politik-, sozial- und wirtschaftspolitischen Aspekten der Besatzungszeit und der Vor- und Frühgeschichte der Bundesrepublik Deutschland auf lokaler, landes- und bundespolitischer Ebene.

Freilich bilden die Ministerratsprotokolle als serielle Regierungsquelle die bayerische Nachkriegspolitik nicht in ihrer Totalität ab. Thematisiert wird in den Niederschriften nur, was für die Regierung als Ganzes zur Entscheidungsfindung anstand und daher auf die Tagesordnung des Kabinetts kam; außerhalb des Geschäftsbereichs der Staatsregierung stehende tagespolitische Fragen wie beispielsweise die Parteipolitik tauchen überhaupt nicht auf.

Editionsgrundsätze

Textgrundlage der Edition sind die im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München aufbewahrten hektographierten Exemplare (Umdrucke) der Protokolle. Bei dieser Serie, die aktuell bis in das Jahr 1976 reicht, handelt es sich um das Dienstexemplar des Protokollführers des Ministerrats. Teilserien der Protokolle, Einzelstücke oder auch nur Auszüge finden sich z.T. in den Beständen anderer Ressorts im Hauptstaatsarchiv oder in Politikernachlässen in anderen Archiven. Die Umdrucke der Protokolle, die von der Staatskanzlei als endgültige und autorisierte Versionen an die Kabinettsmitglieder weitergeitet wurden, basieren ihrerseits auf dem ebenfalls im Bayerischen Hauptstaatsarchiv aufbewahrten Registraturexemplar, das ergänzend als Textgrundlage herangezogen wird. Das Registraturexemplar als Erstausfertigung enthält teilweise handschriftliche Korrekturen, Streichungen oder Zusatzanmerkungen des Ministerpräsidenten, des Protokollführers oder des Leiters der Staatskanzlei.

Sehr vereinzelt sind den Protokollen zusätzliche Unterlagen wie Vormerkungen, Materialsammlungen oder auch Stellungnahmen der Ressorts beigeordnet. In diesen Ausnahmefällen werden solche Zusatzdokumente gemeinsam mit dem Protokoll abgedruckt.

Die Ministerratsprotokolle kommen ungekürzt zum Abdruck. Zusätze des Bearbeiters werden mit eckigen Klammern kenntlich gemacht, ungebräuchliche Abkürzungen werden aufgelöst oder der aktuellen Form angepaßt, Fehler in Orthographie und Interpunktion sowie uneinheitliche und unübliche Schreibweisen werden stillschweigend korrigiert.

Der Dokumentenkopf – mit Protokollnummer, Datum, Uhrzeit, An- und Abwesenheitsliste sowie der Tagesordnung – wurden ebenso wie die teilweise in der Ausgestaltung leicht variierende Schlußformel in eine einheitliche Form gebracht.

Der Kommentar zu den Protokolltexten enthält Sachanmerkungen und Erläuterungen, Vereise auf weiterführende Literatur, auf die zentralen Quelleneditionen zur Nachkriegszeit und zur Geschichte der frühen Bundesrepublik sowie auf einschlägige ungedruckte Quellen vorrangig aus den Beständen des Bayerischen Hauptstaatsarchivs. Für Korrespondenzen oder Schriftstücke, auf die in den Beratungen Bezug genommen wurde oder die im Ministerrat verlesen wurden, wird – wenn immer möglich – der Nachweis in den Akten geführt. Ziel der Edition ist es nicht zuletzt auch, die Bestände des Hauptstaatsarchivs durch die Kommentierungsarbeiten sachthematisch zu erschließen (Fondsedtion).