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Nr. 19MinisterratssitzungSamstag, 26. April 1947 Beginn: 8 Uhr 30 Ende: 10 Uhr 10
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, stellv. Ministerpräsident und Justizminister Dr. Hoegner, Innenminister Seifried, Kultusminister Dr. Hundhammer, Wirtschaftsminister Dr. Zorn, Verkehrsminister Frommknecht, Staatsminister Dr. Pfeiffer (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Dr. Ankermüller (Innenministerium), Staatssekretär Fischer (Innenministerium-Bauabteilung), Staatssekretär Dr. Hagenauer (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Sattler (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Müller (Finanzministerium), Staatssekretär Geiger (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Sedlmayr (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Gentner (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium).

Entschuldigt:

Finanzminister Dr. Kraus, Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Arbeitsminister Roßhaupter, Sonderminister Loritz, Staatssekretär Jaenicke (Innenministerium), Staatssekretär Pittroff (Kultusministerium), Staatssekretär Dipl.-Ing. Schuberth (Verkehrsministerium), Staatssekretär Höltermann (Sonderministerium).

Tagesordnung:

[I. Gesetzentwürfe der KPD]. [II.] Gesetz über den Senat. [III. Aufruf an die Emigranten].

[I. Gesetzentwürfe der KPD]1

Ministerpräsident Dr. Ehard eröffnet die Sitzung und gibt zunächst bekannt, daß er die von einer Flüchtlingskonferenz der KPD dem Landtag eingereichten Gesetzentwürfe, wie erinnerlich, dem Staatssekretär für das Flüchtlingswesen zur Stellungnahme gegeben habe. Diese Stellungnahme sei inzwischen eingelaufen. Er gebe sie bekannt und beabsichtige, die Entwürfe mit dieser Stellungnahme dem Landtagspräsidenten wieder zuzuleiten.

Hiermit besteht allgemeines Einverständnis.

[II. Gesetz über den Senat]2

Ministerpräsident Dr. Ehard tritt hierauf in die Beratung des Gesetzes über den Senat ein.3 Die grundsätzlichen Bestimmungen über den Senat seien in den Artikeln 34 ff. der Verfassung enthalten. Seine Zusammensetzung sei in Art. 35 geregelt. Nicht geregelt sei aber die Frage, wie man zu diesen Vertretern, die ja gewählt werden müßten, komme. Diese Wahl zu regeln sei schwieriger als man glaube, insbesondere deshalb, weil ein Teil der Körperschaften bereits wahlberechtigt [sei], weil er bereits demokratisch aufgebaut sei, ein anderer Teil aber noch keineswegs stehe, während ein dritter Teil außerordentlich schwer zu erfassen sei. Am schnellsten werde man vorwärts kommen, wenn man die Bestimmungen im Einzelnen behandle.

§ l:4

Staatssekretär Gentner hat Bedenken gegen Abs. 1 Satz 2, in dem die Vertreter der Forstwirtschaft und des Gartenbaus besonders erwähnt seien.5 Der Senat sei doch eine politische Körperschaft.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, es handle sich hier nur um eine Sollvorschrift, die mit dem Bauernverband im übrigen abgesprochen sei.

Staatsminister Dr. Zorn regt an, dem Gesetz eine Präambel vorauszuschikken.

Ministerpräsident Dr. Ehard widerspricht dem; das Gesetz sei eine schlichte Ausführungsvorschrift zur Verfassung. Man könne sogar daran denken, es noch einmal zu unterteilen, da man wohl noch eine Rahmenwahlordnung brauche. Den Satz 2 von Abs. 1 könne man ruhig stehen lassen. Der Landtag könne ihn immer noch streichen.

§ 1 wird unverändert angenommen.

§2:6

Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, daß die hier vorgesehene mittelbare Wahl durchaus demokratisch sei.7 Andere Körperschaften wie die Industrie- und Handelskammern werde man kaum finden. Das Gleiche gelte für die Handwerkskammern in § 3.

Die §§ 2 und 3 werden unverändert angenommen.

§ 4:8

Ministerpräsident Dr. Ehard hat Bedenken dagegen, daß die Wahl nur durch den Bundestag des Gewerkschaftsbundes erfolgen solle. Diesen könne man nicht für jede Wahl einberufen, sondern müsse einem anderen Organ die Möglichkeit zur Wahl geben.9

Stellv. Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt folgende Formulierung vor: „Die Wahl wird durch den Bundestag oder von dem von ihm ermächtigten Organ des Gewerkschaftsbundes vorgenommen“.

Staatssekretär Krehle meint, dann könne man gleich den Bundesausschuß oder Bundesvorstand mit der Wahl betrauen ähnlich wie beim Bauernverband.

Staatssekretär Sedlmayr wirft folgende Frage auf: Wenn man von Verhältniswahl spreche, setze man notwendigerweise voraus, daß verschiedene Wahlvorschläge existierten. Das sei aber nicht notwendigerweise der Fall.

Stellv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, dieser Einwand sei durchaus richtig; man solle die Worte “nach den Grundsätzen der Verhältniswahl“ streichen.

Ministerpräsident Dr. Ehard schließt sich dem an.

Die Streichung müsse dann aber auch in den §§ 1 und 2 erfolgen.

§ 4 Abs. 2 wird in der folgenden Fassung angenommen:

„Die Wahl wird durch den Bundestag des Gewerkschaftsbundes oder das von ihm ermächtigte Organ des Gewerkschaftsbundes in geheimer Abstimmung vorgenommen“.10

§ 5:11

Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, hier werde es jetzt sehr schwierig. Die Abgrenzung der Verbände der freien Berufe werde durch das Verzeichnis nach Abs. 3 vorgenommen.12 Bei der Bestellung des Wahlausschusses müsse man wohl eine staatliche Stelle einschalten. Die Schwierigkeit sei gewesen, ein System zu finden: 1. bei dem der Kreis der Leute abgegrenzt werde, aus dem die Senatoren genommen werden sollten; 2. wie in diesem abgegrenzten Kreis eine Wahl stattfinden könne; 3. wie diese Wahl technisch durchgeführt werden solle. Ursprünglich habe man daran gedacht, eine Rahmenwahlordnung zu geben und das Übrige den Verbänden zu überlassen. Dies könne man wohl bei den Gewerkschaften und dem Bauernverband machen, aber nicht bei den freien Berufen.

Staatsminister Seifried fügt hinzu, daß eine weitere Schwierigkeit darin bestehe, daß diese Verbände keine Zwangsorganisation mehr seien, sondern auf freiwilliger Grundlage beruhten.

Ministerpräsident Dr. Ehard hält den in § 5 gemachten Vorschlag für brauchbar. Es würden sich zwar sicher Kritiker finden, die behaupten, daß man es ganz anders machen müsse. Eine bessere, brauchbare Lösung zu finden, sei aber sehr schwer.13

Staatssekretär Dr. Sattler führt aus, Schwierigkeiten könnten dadurch entstehen, daß viele Verbände bisher nicht über örtliche Grenzen hinaus gebildet seien. Dazu komme noch, daß sehr verschiedenartige Berufe, die nichts miteinander zu tun hätten, auf einen Nenner gebracht werden müßten.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, daß man hier wohl die Grundsätze der Verhältniswahl beibehalten müsse, allerdings könne man auch darüber reden. Man müsse den Leuten aber auch einmal klar machen, daß ihre Tätigkeit im Senat nicht darin bestehen könne, daß jeder nur für seine Gruppe sorge, sondern an das Ganze denken müsse.

Stellv. Ministerpräsident Dr. Hoegner weist in diesem Zusammenhang auf die schlechten Erfahrungen hin, die man mit dem Ständestaat in Österreich gemacht habe.14

Nach kürzerer Debatte wird beschlossen, § 5 unverändert anzunehmen, insbesondere in Abs. 2 die Worte „nach den Grundsätzen der Verhältniswahl“ zu belassen.15

§ 6:16

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, hier handle es sich um einen etwas abgegrenzteren Bezirk. Trotzdem müsse man auch für die Genossenschaften ein Verzeichnis vorsehen.

Stellv. Ministerpräsident Dr. Hoegner fragt, ob die landwirtschaftlichen Genossenschaften hier noch einmal zum Zuge kämen.

Staatssekretär Dr. Ankermüller bejaht diese Frage.

Staatsminister Seifried weist darauf hin, daß die bäuerlichen Genossenschaften bereits im Bauernverband verkörpert seien.

Staatssekretär Gentner erwidert, daß in gleicher Weise die Gewerkschaften bei den Konsum- und Baugenossenschaften vertreten seien.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, diese Frage solle man die Leute selber ausfechten lassen. Ein Abgrenzung zwischen Verbraucher- und Erzeugergenossenschaften könne man hier nicht machen. Wenn man den Genosssenschaftsgedanken wirklich fördern wolle, werde man schon die Möglichkeit finden, eine entsprechende Zusammenfassung zustandezubringen.

§ 6 wird mit der Maßgabe angenommen, daß es in Absatz 2 am Ende heißt: „im Benehmen mit den übrigen beteiligten Staatsministerien“.

§ 7:17

Staatssekretär Dr. Ankermüller hat Bedenken dagegen, dem Bischof von Speyer ein Bestimmungsrecht zu geben, nachdem die Pfalz derzeit nicht zu Bayern gehöre.18

Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, Speyer zu streichen.

Staatssekretär Dr. Sattler meint, man solle die Städtenamen überhaupt weglassen.

Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, entweder die beiden Kirchenprovinzen zu nennen oder den Abs. 2 überhaupt zu streichen.

Abs. 2 wird einstimmig gestrichen.

§ 8:19

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, auch hier bleibe nichts anderes übrig, als zu dem System des Verzeichnisses zu greifen, wenn man nicht ein besseres finde.

Staatssekretär Krehle meint, diese Vorschrift gehe schon sehr in die Details.20 Er schlage vor, sie analog dem § 5 zu fassen.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, dies könne man machen, dann müsse man aber eine besondere Wahlordnung schaffen. Wenn man in § 8 nähere Ausführungen treffe, müsse man dies in den §§ 5 und 6 ebenso machen.

Staatssekretär Dr. Ankermüller regt an, dann die §§ 5 und 6 zu ergänzen. Die Wohlfahrtsverbände seien sowieso besser durchorganisiert.

Staatssekretär Sedlmayr hat Bedenken dagegen, daß je 100 Mitglieder einen Vertreter entsenden sollen.

Ministerpräsident Dr. Ehard schließt sich diesen Bedenken an. Er schlage vor, diesen Nebensatz in Absatz 2 herauszustreichen.

Staatssekretär Krehle meint, jede Organisation könne die Wahl für sich vornehmen. Er müsse aber darauf aufmerksam machen, daß gerade bei den Wohltätigkeitsverbänden nicht nur Einzelmitglieder, sondern auch Gesamtmitgliedschaften bestünden.

Stellv. Ministerpräsident Dr. Hoegner hält es für das Beste, die Wohltätigkeitsorganisationen gleich zu benennen; man kenne sie doch.

Ministerpräsident Dr. Ehard hält dies für möglich, während Staatsminister Seifried einwendet, daß täglich neue Organisationen kämen.

Ministerpräsident Dr. Ehard kann sich diesen Einwendungen nicht verschließen, ebenfalls stellv. Ministerpräsident Dr. Hoegner nicht, der aber vorschlägt, dann nur solche Verbände zu nehmen, deren Tätigkeit sich auf ganz Bayern erstreckt.

Die Worte „oder einen bezw. mehrere Regierungsbezirke“ in Abs. 1 werden gestrichen.

Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, die Wahlversammlung des Abs. 2 in Wahlversammlungen aufzuteilen.

Staatssekretär Krehle fragt, warum man hier nicht auch die Spitzen der Wohltätigkeitsverbände mit der Wahl beauftragen könne.

Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt hierauf folgende Fassung des Abs. 2 vor:

„Die Wahl erfolgt durch eine Wahlversammlung oder durch die zur Vornahme der Wahl ermächtigten Organe“.

Staatssekretär Krehle weist darauf hin, daß man dabei aber auch auf die Mitgliederzahl der einzelnen Organisationen Rücksicht nehmen müsse. Man könne vielleicht festlegen, daß auf je 100 Mitglieder eine Stimme entfalle.

Staatssekretär Sedlmayr weist auf die Regelung des § 2 hin, die man auch hier anwenden könne.

Stellv. Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt folgende Fassung des Abs. 2 vor: „Die Wahl erfolgt in einer Wahlversammlung der Vertreter der Wohltätigkeitsverbände nach den Grundsätzen der Verhältniswahl in geheimer Abstimmung. Auf je 100 Mitglieder jedes Verbandes entfällt ein Vertreter“.

Ministerpräsident Dr. Ehard wirft die Frage auf, ob es „ein Vertreter“ oder „eine Stimme“ heißen müsse.

Stellv. Ministerpräsident Dr. Hoegner fragt, ob Abs. 3 Satz 2 nicht wegfallen könne.

Ministerpräsident Dr. Ehard verneint dies; ein Rechtsmittel gegen die Nichtaufnahme oder Weglassung eines Verbandes in das Verzeichnis müsse doch gegeben sein. Im übrigen glaube er, daß sich die Wohltätigkeitsorganisationen einig würden, da gerade diese so vielfältige Gelegenheit zur Zusammenarbeit hätten.

Staatssekretär Krehle schließt sich dem an und meint, daß die Wohltätigkeitsorganisationen unter sich Abmachungen über einen Turnus treffen würden.

Ministerpräsident Dr. Ehard tritt in die nochmalige Behandlung des § 7 ein, nachdem Staatsminister Dr. Hundhammer zurückgekehrt ist.

Staatsminister Dr. Hundhammer hat gegen die Streichung des Abs. 2 nichts einzuwenden. Zu Abs. 1 bemerkt er, daß es wohl Schwierigkeiten geben werde, wenn den zwei Katholiken zwei Protestanten gegenüber gestellt würden.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, daß dies im Verfassungsausschuß so abgesprochen worden sei.21

Staatsminister Dr. Hundhammer meint, eine Festlegung sei aber nicht erfolgt.

Ministerpräsident Dr. Ehard fährt fort, er habe damals schon Bedenken geäußert, er habe ursprünglich ein Verhältnis von 3:2:1 vorgeschlagen. Ihm sei erwidert worden, man habe sich auf das Verhältnis 2:2:1 geeinigt.

Staatsminister Dr. Hundhammer schlägt als Ausweg vor, nachdem die jüdische Kultusgemeinde sehr klein sei, den israelitischen Vertreter zu streichen.

Staatssekretär Dr. Ankermüller widerrät dies. Er empfehle, es doch bei dem Verhältnis 2:2:1 zu lassen, gerade auch, um der evangelischen Bevölkerung entgegenzukommen.

Staatsminister Dr. Hundhammer möchte nur darauf aufmerksam machen, daß gerade über diesen Punkt im Landtag und bei den Fraktionen geredet werde. Er wolle gegen diese Regelung heute nicht stimmen, sie aber auch nicht als endgültig anerkennen.

Ministerpräsident Dr. Ehard wiederholt, daß er diese Schwierigkeiten vorausgesehen und darauf hingewiesen habe. Seinerzeit sei ihm dies aber bestritten worden. Jetzt sei höchstens noch ein Verhältnis von 3:1:1 möglich und das sei auch nicht befriedigend.22

Staatsminister Dr. Ankermüller führt aus, es solle doch hier gar nicht so sehr auf das Verhältnis ankommen. Er halte es für richtig, wenn man der evangelischen Minderheit entgegenkomme und auch ihr zwei Vertreter gebe. Dies werde sicher sehr gut aufgefaßt werden.

Staatsminister Dr. Hundhammer möchte nicht darauf bestehen, daß im Ministerrat an § 7 Abs. 1 etwas geändert werde, weist aber auf dieses Problem hin.

Ministerpräsident Dr. Ehard betont noch einmal, daß er seinerzeit im Verfassungsausschuß auf die Schwierigkeit der Aufteilung hingewiesen habe. Damals sei ihm entgegengehalten worden, es liege eine Abmachung vor. Er wolle nicht den Vorwurf bekommen, daß er einen Vorschlag gemacht habe, der den tatsächlichen Verhältnissen nicht entspreche.

Staatssekretär Dr. Hagenauer weist darauf hin, wenn man nach der Zahl der Religionsangehörigen aufteilen wolle, müsse man, wenn man den Israeliten einen Sitz gebe, den Katholiken ja noch viel mehr als 3 Sitze geben.23 Dem Zahlenverhältnis könne man aber nicht so viel Gewicht beimessen.

§ 7 Abs. 1 bleibt unverändert.24

Staatssekretär Dr. Ankermüller regt zu § 5 an, für diesen eine ähnliche Fassung wie in § 8 zu wählen, nämlich daß auf 100 Mitglieder eine Stimme komme.

Ministerpräsident Dr. Ehard hält dies für zweifelhaft. Man könne sich die Sache aber noch einmal überlegen und noch einmal darüber reden. Außerdem könne sich der Landtag dazu noch ausführlich äußern.25

Stellv. Ministerpräsident Dr. Hoegner hat doch Bedenken, in § 8 Abs. 2 zu sagen: „eine Stimme“. Von einer geheimen Wahl könne dann keine Rede mehr sein, weil der Stimmzettel kenntlich gemacht werden müsse.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, dann solle man sagen: „ein Vertreter“.

Staatssekretär Krehle sieht eine Lösung darin, daß ein Vertreter mehrere Stimmzettel bekommen könne.

Stellv. Ministerpräsident Dr. Hoegner bezeichnet die Zahl von 100 als etwas gering. Man solle „1000“ sagen und den „Vertreter“ beibehalten.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt sich mit dieser Fassung vorläufig einverstanden.

§ 9:26

Staatssekretär Dr. Sattler schlägt vor, in Abs. 2 die Worte „nach den Grundsätzen der Verhältniswahl“ zu streichen. Außerdem müsse man sich überlegen, welches Verhältnis man zugrundelege, etwa das der Zahl der Studierenden.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, eine Abwägung könne hier nicht stattfinden. Gegen die Streichung in Abs. 2 habe er keine Bedenken.

Staatsminister Dr. Hundhammer möchte klar gestellt haben, daß jede philosophisch-theologische Hochschule einen Vertreter entsenden könne. Aus der jetzigen Fassung könne man herauslesen, daß die philosophisch-theologischen Hochschulen zusammen einen Vertreter hätten. Außerdem müsse es heißen: „die Hochschule der bildenden Künste in München und die Hochschule für Musik in München“. Es könne dann nicht mehr von Akademien gesprochen werden, sondern nur noch von der Akademie.

§ 9 wird in folgender Fassung angenommen:

„(1) Die 3 Vertreter der Hochschulen und der Akademie werden von den 3 Landesuniversitäten, der Technischen Hochschule München, der Handelshochschule Nürnberg, den philosophisch-theologischen Hochschulen, der Hochschule der bildenden Künste in München, der Hochschule für Musik in München und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt durch eine Wahlversammlung, in welche die Senate der Landesuniversitäten und der Technischen Hochschule je 3, die Handelshochschule Nürnberg, die Hochschule der bildenden Künste in München und die Hochschule für Musik in München je einen, die philosophisch-theologischen Hochschulen je einen und die Akademie der Wissenschaften zwei Vertreter entsenden, in geheimer Abstimmung“.

Staatsminister Dr. Hundhammer weist darauf hin, daß noch eine Akademie der bildenden Künste in Nürnberg zur Zeit in Ellingen bestehe. Es sei angeregt worden, auch dieser einen Sitz zuzubilligen. Er sei aber nicht der Meinung, daß dies notwendig sei, weil sie kaum mehr 70 Schüler habe.

Staatsminister Seifried schlägt vor, die Volkshochschulen hereinzunehmen.

Ministerpräsident Dr. Ehard bezeichnet dies als unmöglich. Die Volkshochschulen hätten nicht den Sinn, die Wissenschaft zu pflegen, sondern hätten den Zweck, die Bildung weiterzutragen. Dann müsse man auch die Berufsschulen hereinnehmen.

Staatsminister Dr. Hundhammer schließt sich diesen Ausführungen an.

§ 10:27

Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, hier müsse das Innenministerium entscheiden, ob alle Gemeinden und Gemeindeverbände erfaßt seien.

Staatsminister Seifried erwidert, ein Verband der Landgemeinden bestehe noch nicht, werde aber kommen.

Staatssekretär Krehle schlägt vor, auch hier die Worte „nach den Grundsätzen der Verhältniswahl“ zu streichen.

Mit dieser Streichung wird § 10 angenommen.

§11:28

Ministerpräsident Dr. Ehard bezeichnet diese Bestimmung als ein Ventil, bei dem man die einzelnen Gruppen noch einmal hören könne. Den Abs. 2 halte er für vernünftig.

§ 11 wird unverändert angenommen; desgleichen § 12 mit der Maßgabe, daß es in Abs. 2 an Stelle von 20 Tagen „einen Monat“ heißen muß, ebenso §13.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, man müsse jetzt abbrechen, weil die Zeit für die Pressekonferenz gekommen sei.29

Staatssekretär Dr. Ankermüller bemerkt noch, daß in den §§14 und 15 an Stelle des Wortes „Berufung“ das Wort „Wahl“ treten müsse, doch könne man diese Dinge nächstes Mal besprechen. Es müsse dort auch die „Neugewählten“ heißen und nicht die „Neuberufenen“.

Ministerpräsident Dr. Ehard bezeichnet dies wohl als richtig; man müsse die Sache aber noch einmal prüfen und zwar bis zum nächsten Ministerrat, der am Mittwoch, den 30. April, um 3 Uhr stattfinden solle.30 Zum Schluß habe Staatssekretär Dr. Sattler noch eine dringliche Sache vorzutragen.

[III. Aufruf an die Emigranten]

Staatssekretär Dr. Sattler führt aus, er habe schon seit einigen Monaten den Plan, der ihm in der heutigen Situation wichtig zu sein scheine, mit dem Ausland in Kontakt zu treten und von Seiten der Staatsregierung aus einen Aufruf an die Emigration mit der Einladung zur Rückkehr zu erlassen.31

Hierauf verliest er den Entwurf dieses Aufrufs.32

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, darüber könne man aus dem Handgelenk keine Entscheidung treffen. Staatssekretär Dr. Sattler möge sich mit einigen Regierungsmitgliedern zusammensetzen und nächsten Mittwoch einen schriftlichen Entwurf vorlegen.

Hierfür stellen sich stellv. Ministerpräsident Dr. Hoegner, Staatsminister Dr. Pfeiffer und Staatssekretär Dr. Ankermüller zur Verfügung.33

München, den 30. April 1947.

Der Bayerische Ministerpräsident:
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Sekretär des Ministerrats:
gez. Claus Leusser
Ministerialrat