Ministerpräsident Dr. Hans Ehard, stv. Ministerpräsident Dr. Wilhelm Hoegner, Staatsminister Dr. Pfeiffer, Staatsminister des Innern Josef Seifried, Staatsminister für Unterricht und Kultus Dr. Alois Hundhammer, Staatsminister für Wirtschaft Dr. Rudolf Zorn, Staatsminister für Arbeit und Soziale Fürsorge Albert Roßhaupter, Staatsminister für Verkehrsangelegenheiten, Post und Telegraphenwesen Otto Frommknecht, Staatssekretär Dr. Willi Ankermüller (Innenministerium), Staatssekretär Wolfgang Jaenicke (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Ludwig Hagenauer (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Dieter Sattler (Kultusministerium), Staatssekretär Hugo Geiger (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Lorenz Sedlmayr (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Hans Gentner (Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten), Staatssekretär Dipl.-Ing. Hans Schuberth (Staatsministerium für Verkehrsangelegenheiten), Geheimrat Hepp2 (Finanzministerium).
Staatsminister der Finanzen Dr. Hans Kraus, Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Dr. Joseph Baumgartner, Staatsminister für Sonderaufgaben Alfred Loritz, Staatssekretär Franz Fischer (Innenministerium-Bauabt.), Staatssekretär Johann Pittroff (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Hans Müller (Finanzministerium), Staatssekretär Heinrich Krehle (Arbeitsministerium).
I. Ernennung eines Bayer. Bevollmächtigten für den Exekutivausschuß. II. Betriebsräte-Gesetz. III. Änderung des bayer. Gesetzes Nr. 49 vom 5. 9. 1946 (Rennwett- und Lotteriegesetz). [IV. Einweihung des Denkmals für die Opfer des Nationalsozialismus in Pöcking]. [V. Landtagsausschuß für Eingaben und Beschwerden]. [VI. Verordnung zur Regelung der Rechtsverhältnisse der vom Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus betroffenen Beamten im Warte- oder Ruhestand und Beamten-Hinterbliebenen]. [VII. Besetzung der Stelle des Generaldirektors der Bayer. Staatsbibliothek]. [VIII. Verschiebung von Obst]. [IX. Illegaler Zuzug aus der Ostzone]. [X. Umsiedlung von 625 Juden aus der Tschechoslowakei]. [XI. Wiedererrichtung der Paulskirche in Frankfurt]. [XII. Arbeitszeit in den Ministerien]. [XIII. Kritik an der Regierung]. [XIV. Wohnungen für Minister und Staatssekretäre]. [XV. Mordfall in München]. [XVI. Sammlung von Kastanien].
Dr. Ehard schlägt als Bayer. Bevollmächtigten für den Exekutivausschuß des Wirtschaftsrats in Frankfurt Ministerialdirektor Dr. Gebhard Seelos vor und wirft die Frage auf, welche Stellung er erhalten solle. Auf alle Fälle müsse Dr. Seelos4 Beamter bleiben. Er verfüge über eine Reihe von Eigenschaften, die ihn besonders geeignet erscheinen ließen. Beim Länderrat in Stuttgart sei er stets über alles unterrichtet gewesen und habe die Regierung sofort und gründlich über alle Vorkommnisse informiert; das könne auch der stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner bestätigen. Eine vollständige und rasche Information der Bayer. Regierung sei von Frankfurt aus besonders wichtig, vor allem auch im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung. Die Stellung der Bevollmächtigten beim Wirtschaftsrat sei bereits in Wiesbaden geklärt worden, dahingehend, daß sie Exponenten der Länderregierungen seien, an deren Weisungen gebunden und jederzeit abberufbar.5 Denselben Standpunkt habe auch OMGUS in Berlin vertreten. Der Bevollmächtigte dürfe kein einseitiger Fachmann sein, sondern habe die Aufgabe, eine Zusammenfassung vorzunehmen und einen Überblick über die große Linie zu behalten. Er müsse dafür eintreten, daß die Grundsätze eingehalten würden, die seine Regierung verfolge. Infolgedessen müsse der Bevollmächtigte einen entsprechenden Rang erhalten und er schlage deshalb vor, ihn zum Staatsrat zu ernennen. Natürlich müsse er gegebenenfalls in eine entsprechende Stellung im Staatsdienst zurückkehren können.
MinisterpräsidentDr. Hundhammer schließt sich der Auffassung des Herrn Ministerpräsidenten an und betont ebenfalls, daß der Bayer. Repräsentant in Frankfurt eine entsprechende Position haben müsse. Das sei man sowohl Bayern wie dem gesamten Deutschland schuldig. Auch er halte Dr. Seelos für den geeigneten Mann, da dieser ja die Materie und die Technik von Stuttgart her am besten kenne. Da das Schwergewicht der Wirtschaftseinheit nach Frankfurt verlegt werde, sei Dr. Seelos dort am Platz.
StaatsministerSeifried führt aus, er kenne Dr. Seelos viel zu wenig, um ein eigenes Urteil über ihn abgeben zu können. Er müsse sich daher auf die Beurteilung derjenigen Herren verlassen, die ihn wirklich kennen. Er könne sich deshalb weder dafür, noch dagegen aussprechen.
StaatsministerDr. Hoegner erklärt, es sei die Frage, ob ein Mann der Wirtschaft zu entsenden sei oder eine Persönlichkeit, die besonders die bayer. Interessen vertreten könne. Im letzteren Fall habe er die Überzeugung, daß man in Dr. Seelos den richtigen Mann habe. Dieser habe die bayer. Interessen in Stuttgart immer ausgezeichnet vertreten, habe die Bayer. Regierung stets aufs Beste informiert, so daß man von seiner Arbeit wesentliche Vorteile gehabt habe. Wenn Bayern in Stuttgart gut abgeschnitten habe, so sei dies großenteils sein Verdienst gewesen. Bezüglich der Frage, ihn zum Staatsrat zu ernennen, weise er darauf hin, daß beabsichtigt sei, die Staatsratstellen überhaupt abzuschaffen; wenn Dr. Seelos Staatsrat werde, müsse aber auch anderen Beamten die gleiche Möglichkeit Vorbehalten bleiben. Er sei unter der Bedingung mit der Ernennung von Dr. Seelos zum Staatsrat einverstanden, daß diese Frage grundsätzlich behandelt werde.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard stimmt Dr. Hoegner bei und meint, daß man die Staatsratstellen nicht einfach abschaffen könne. Der Staatsrat solle verantwortlich sein für das reibungslose Funktionieren des technischen Apparats in den Ministerien. Jedenfalls müsse diese Frage noch einmal besprochen werden. Vielleicht könne man durch den Fall Seelos das Problem grundsätzlich wieder aufwerfen. Zur Frage der Ernennung von Dr. Seelos weise er nochmals darauf hin, daß dieser die bayer. Interessen 100%ig vertreten werde, andererseits werde er aber auch nicht unnötig Porzellan zerschlagen. Er könne bestimmt gleichzeitig deutsche Politik betreiben und die bayer. Notwendigkeiten nicht vernachlässigen.
MinisterpräsidentDr. Hoegner ersucht den Herrn Ministerpräsidenten, die Frage der Staatsräte auch bei dem Landtag zu vertreten.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard antwortet, er werde das gerne tun.
MinisterpräsidentDr. Pfeiffer weist darauf hin, daß zu dem Vorschlag des Finanzministeriums, die Institution der Staatsräte überhaupt wegfallen zu lassen, Stellung genommen werden müsse, wobei man sich auf die heutige Debatte stützen könne.
StaatsministerDer Ministerrat erklärt sich sodann einstimmig mit der Ernennung von Dr. Seelos zum Bayer. Bevollmächtigten im Exekutivausschuß einverstanden.
Dr. Ehard berichtet über die Entstehungsgeschichte des Betriebsräte-Gesetzes, das am 6.12.46 durch Ministerpräsident Dr. Hoegner unterzeichnet und sodann als bayer. Gesetz der Militärregierung für Bayern zur Genehmigung vorgelegt worden sei.7 Nachdem nun die OMGUS-Genehmigung vorliege, könne das Gesetz an sich veröffentlicht werden.8 Es ergebe sich aber nunmehr die Frage, ob sich eine Verkündung des Gesetzes ohne Vorlage beim Landtag empfehle.9 Seiner Auffassung nach könne man nicht den Landtag ausschalten. Andererseits bestehe ein erhebliches Interesse daran, das Gesetz möglichst bald zu verabschieden. Der Landtag könne höchstens sagen, daß das Gesetz ohne entsprechende Durchführung des Art. 175 der Bayer. Verfassung nicht erlassen werden könne.10 Wenn eine solche Auffassung im Landtag vertreten werde, halte er sie jedoch nicht für richtig. Das Betriebsrätegesetz enthalte nur eine vorläufige Regelung, während die Durchführung des Art. 175 längere Zeit in Anspruch nehmen werde.
MinisterpräsidentRoßhaupter entgegnet, er könne sich der Meinung des Herrn Ministerpräsidenten nicht anschließen. Sowohl die Arbeitgeber wie die Gewerkschaften wünschten dringend eine baldige Veröffentlichung des Gesetzes, über das sie sich einig seien.11 Die Streichung der Art. 4 und 5 sei deshalb vorgenommen worden, weil man befürchtet habe, daß mittels dieser Bestimmungen eine kommunistische Führung der Betriebsräte eintreten könne.12 Im übrigen könne er nicht einsehen, warum man das Gesetz dem Landtag zuleiten solle, nachdem in der sehr viel wichtigeren Frage des Arbeitsgerichtsgesetzes nichts geschehen sei. Was die Durchführung des Art. 175 betreffe, so sei dabei zu beachten, daß eine Reihe von Gesetzentwürfen notwendig werden würden. Zur Durchführung des Art. 175 sei bereits ein Entwurf in der Hauptsache fertig, der noch mit den übrigen Ländern beider Zonen abgestimmt werden müsse. Die Verständigung hierüber werde wohl keine Schwierigkeiten machen. Er schlage deshalb vor, dem Gesetz zuzustimmen, ohne es dem Landtag vorzulegen.
StaatsministerDr. Ehard erklärt, für ihn handle es sich nur um die Frage, in welcher Form das Gesetz veröffentlicht werden könne, ohne den Landtag vor den Kopf zu stoßen und ohne daß verfassungsrechtliche Schwierigkeiten entstünden. Das Gesetz sei 2 Tage vor dem Inkrafttreten der Verfassung unterzeichnet worden.13 Zwischen der Unterschrift des Ministerpräsidenten Dr. Hoegner und der Genehmigung der Militärregierung lägen sowohl das Inkrafttreten der Bayer. Verfassung, wie Beratungen im Länderrat,14 da es ja Länderratsgesetz hätte werden sollen. Bei diesen Beratungen habe man sich dahin geeinigt, es doch den Ländern zu überlassen. Außerdem sei die Genehmigung mit dem Vorbehalt erteilt worden, daß noch Änderungen durchzuführen seien. Seiner Auffassung nach werde sich der Landtag zurückgesetzt fühlen, wenn man jetzt plötzlich ein Gesetz veröffentliche, das das Datum vom 6.12.46 trage.
MinisterpräsidentDr. Hundhammer stimmt den Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten zu und betont, daß sich aus den Fraktionen heraus scharfe Kritik erheben würde.15 Er halte es deshalb nicht für glücklich, den Landtag auszuschalten, zumal das Gesetz in der Öffentlichkeit nicht bekannt sei.
StaatsministerDr. Ehard erklärt sich bereit, bei der Zuleitung an den Landtag die staatsrechtliche Situation darzulegen.16
MinisterpräsidentDr. Ankermüller unterstützt die Auffassung des Ministerpräsidenten und Staatsministers Dr. Hundhammer und regt an, das Gesetz schon auf die nächste Tagesordnung des Landtags zu bringen. Selbstverständlich bejahe auch er das Bedürfnis nach einer alsbaldigen Verkündung.
StaatssekretärSchuberth wirft ein, die Amerikaner hätten offensichtlich ihren Standpunkt wegen der Zentralbetriebsräte bei Post und Bahn geändert und ihre Bedenken wegen einer kommunistischen Führung aufgegeben.
StaatssekretärRoßhaupter weist nochmals darauf hin, daß sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer vollständig einig seien. Er fürchte, daß sachliche Bedenken vom Landtag erhoben werden könnten, Abänderungsanträge gestellt würden usw.,17 worauf dann wieder die Militärregierung zu den Änderungen gehört werden müsse.
StaatsministerDr. Ehard erklärt, wenn das Gesetz jetzt nicht veröffentlicht würde, würden die Gewerkschaften Sturm laufen; in einem anderen ähnlichen Fall würden entrüstete Proteste erhoben werden, wenn man den Landtag ausschalte. Die Bedenken des Staatsministers Roßhaupter könne er freilich verstehen.
MinisterpräsidentDr. Hoegner führt aus, man müsse zwischen der verfassungsrechtlichen und der politischen Seite unterscheiden. Verfassungsrechtlich gäbe es keine Bedenken, da ja die Unterschrift vorliege. Über die Streichung der Art. 4 und 5 könne man mit einer Anmerkung hinwegkommen. Was die politische Seite betreffe, so glaube er auch, daß das Kabinett vom Landtag schwere Vorwürfe bekommen werde, zumal in den anderen Ländern der US-Zone die Landtage gehört werden müßten. Er schlage deshalb vor, daß sich die Fraktionsvorsitzenden dafür einsetzen, daß das Gesetz vom Landtag nur zur Kenntnis genommen und dann angenommen werde, ohne inhaltliche Änderungen. Das werde wohl gelingen, nachdem sich die Arbeitnehmer und die Arbeitgeber einig seien. Am nächsten Dienstag tage der Wirtschaftsausschuß, so daß unter Umständen das Gesetz schon am Donnerstag beschlossen werden könne.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard stimmt dem stv. Ministerpräsidenten Dr. Hoegner zu, der mit seinem Vorschlag seine Gedanken aufgenommen habe, den Landtag auf die staatsrechtliche Situation hinzuweisen.
MinisterpräsidentDr. Hundhammer versichert, er werde sich bei seiner Fraktion mit allen Kräften für den Vorschlag einsetzen. Ob es allerdings möglich sei, das Gesetz schon am nächsten Donnerstag zu verabschieden, könne er nicht sagen. Jedenfalls könne die Sache schon am Dienstag dem Ausschuß überwiesen werden.
StaatsministerDr. Ehard stellt das Einverständnis des Ministerrats fest, daß das Gesetz dem Landtag zugeleitet wird. Anschließend verweist Ministerpräsident Dr. Ehard auf die Entwicklung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, vom Verwaltungsgerichtshof ganz abzusehen. Was er bisher vom Verwaltungsgerichtshof gesehen habe, sei manchmal stark formalistisch. Es könnten dadurch u.a. ernste Schwierigkeiten für eine reibungslose Regierungsarbeit entstehen.18
Ministerpräsident19
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden, daß das Gesetz dem Landtag vorgelegt wird.Hepp erklärt, die Erhöhung der Rennwett-Steuer habe sich als ein mißglücktes Experiment erwiesen.21 Es habe sich dabei um einen Laienvorschlag gehandelt, wie sie schon öfters im Finanzministerium vorgekommen seien. Es sei unmöglich, in Bayern eine andere gesetzliche Regelung wie in Württemberg oder Hessen einzuführen, weshalb nichts anderes übrig bliebe, als das Gesetz vom 5.9.46 aufzuheben.22
GeheimratDr. Ehard erläutert an einigen Beispielen die Unmöglichkeit der bisherigen Regelung, die zu verhängnisvollen Folgen für die Pferdezucht in Bayern führen müsse.23
MinisterpräsidentDr. Hundhammer erklärt sich gegen die rückwirkende Kraft des Gesetzes, da man doch den Rennvereinen nichts schenken könne.24
StaatsministerDr. Ehard entgegnet, ab 1.4.47 sei die Steuerdifferenz bereits gestundet. Im übrigen könne man sich darauf verlassen, daß sich Staatssekretär Dr. Müller das Problem genau überlegt habe.
Ministerpräsident25
Der Ministerrat stimmt daraufhin dem Gesetzentwurf einstimmig zu.Dr. Ehard teilt mit, daß am 22.6.47 in Pöcking die Einweihung des Denkmals für die Opfer des Nationalsozialismus stattfinden werde.
MinisterpräsidentAls Vertreter des Ministerrats wird Staatssekretär Dr. Ankermüller bestimmt.
Dr. Ehard teilt mit, daß sich der Landtag darüber beschwert habe, daß zu den Sitzungen des Ausschusses für Eingaben und Beschwerden kein Vertreter der Staatsregierung erscheine, obgleich die Eingaben den Ministerien zugeleitet würden.
MinisterpräsidentDr. Ankermüller erwidert, in vielen Fällen seien die Eingaben den Ministerien nicht bekannt.
StaatssekretärDr. Ehard erklärt, er werde sich mit dem Landtagsamt in Verbindung setzen, um den Modus zu finden, daß jeweils die beteiligten Ministerien verständigt würden.
MinisterpräsidentDr. Ehard berichtet über den vorliegenden Entwurf28 und weist darauf hin, daß eine Äußerung der einzelnen Ministerien noch erforderlich sei.
MinisterpräsidentDr. Hoegner teilt mit, daß das Finanzministerium Pensionen an Nazis zahle, sogar an Minderbelastete und daß sogar Nachzahlungen vorgenommen würden. Das habe einen Sturm der Entrüstung hervorgerufen. Zuerst fände eine Überprüfung durch den Überprüfungsausschuß für Ruhestandsbeamte, der mit Genehmigung der Militärregierung arbeite, statt, der bei einer Gruppe von Beamten Pensionszahlung anordne, bei anderen die Entscheidung der Spruchkammer abwarte. Wenn jetzt aber sogar Nachzahlungen erfolgten, so halte er dies für unmöglich.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard erklärt, die Sache müsse jedenfalls aufgeklärt werden.
MinisterpräsidentHepp weist darauf hin, daß nach einer Anordnung der Militärregierung Beamte kein Gehalt bekommen dürften, solange sie nicht tatsächlich im Dienst seien. Bei Pensionisten sei naturgemäß diese Bestimmung nicht anwendbar, nachdem sie nicht mehr im Dienst seien.
Geheimrat29
Der Verordnungsentwurf wird zurückgestellt, bis die Äußerungen aller Ministerien eingegangen sind.Dr. Ehard teilt mit, daß zum Generaldirektor der Bayer. Staatsbibliothek Dr. Gustav Hofmann30 vorgesehen sei, daß er aber vorerst nur zum Direktor ernannt werden soll.
MinisterpräsidentDr. Hundhammer weist darauf hin, daß die Auswahl an geeigneten Persönlichkeiten nicht sehr groß sei. Dr. Hofmann erfülle alle Voraussetzungen. Er sei auch damit einverstanden, zunächst nur zum Direktor ernannt zu werden. Im übrigen sei er evangelisch und nicht Mitglied des Akademischen Gesangvereins gewesen, der ja bekanntlich im Bibliothekswesen eine besondere Rolle spiele.
StaatsministerSeifried führt aus, er möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß eine Reihe von Mitarbeitern, die sich außerordentlich bewährt haben, jetzt in Gefahr kämen, ihre Stellungen einzubüßen. Er ersuche deshalb, den Grundsatz aufrecht zu erhalten, daß denjenigen Leuten eine gewisse Sicherung gewährleistet bleibe, die sich von Anfang an zur Mitarbeit zur Verfügung gestellt hätten.
StaatsministerDr. Ehard entgegnet, dieser Standpunkt werde allgemein eingenommen. Es sei aber nicht notwendig, daß solche Mitarbeiter sofort in Spitzenstellungen kämen, da dies Mißstimmungen unter der Bevölkerung und der Beamtenschaft hervorrufe.
MinisterpräsidentDer Ministerrat stimmt sodann der Ernennung des Dr. Hofmann zum Direktor der Bayer. Staatsbibiliothek einstimmig zu.
Dr. Ehard gibt bekannt, daß nach einer zuverlässigen Mitteilung in den letzten Tagen von jüdischen Organisationen 120000 Zentner Kirschen verschoben worden seien. Ein gewisses Verschulden daran scheine der Gartenbau-Wirtschaftsverband zu tragen, der die Zuteilung des Obstes ohne Verständigung des Herrn Staatskommissars Dr. Auerbach vorgenommen habe. Dr. Auerbach sei außerordentlich empört über diese Schiebungen, die er leider nicht habe verhindern können.
MinisterpräsidentDer Ministerrat beschließt, das Bayer. Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mit einer sofortigen Untersuchung der Angelegenheit zu beauftragen.
Dr. Ehard berichtet, daß das Körperbeschädigtengesetz31 die Wirkung habe, daß aus der Ostzone, in der eine gleiche gesetzliche Regelung nicht bestehe, immer mehr Schwerbeschädigte in die US-Zone einströmten. Dazu komme, daß Dr. Ziegler vom Staatssekretariat für das Flüchtlingswesen grundsätzlich auf dem Standpunkt stehe, daß allen Flüchtlingsangehörigen aus anderen Zonen der Zuzug gewährt werden müsse.
MinisterpräsidentJaenicke entgegnet, er sei gegen diese Auffassung Dr. Zieglers energisch aufgetreten.
StaatssekretärDr. Ehard weist darauf hin, daß Bayern immer beschimpft werde, nicht genug für die Flüchtlinge zu tun. Wenn man nicht vernünftigerweise abbremse, könnten sich solche Steigerungen von Ausgaben ergeben, daß auch die Berechtigten nichts mehr bekommen würden.
MinisterpräsidentRoßhaupter betont, es müßte selbstverständlich auf sozialem Gebiet eine einheitliche Regelung für ganz Deutschland durchgesetzt werden. Bayern gewähre das Beste in Bezug auf die Rentenversorgung und nur in Bayern seien von Anfang an die Sozialrenten restlos ausbezahlt worden. Andererseits halte er die Gefahr des Einströmens von Schwerbeschädigten nicht für allzugroß.
StaatsministerFrommknecht weist darauf hin, daß tatsächlich ein großer Zustrom aus der Ostzone nach Bayern stattfinde und zwar auch von solchen Leuten, die zuerst in die britische Zone gekommen seien. Die Reichsbahn habe sogar schon beabsichtigt, Schnellzüge nach Bayern doppelt verkehren zu lassen. Selbstverständlich habe er das verhindert.
StaatsministerDr. Ehard macht hier eine Einschaltung und erklärt mit großem Nachdruck, man spräche immer von Sozialisierung, ohne wirklich konstruktive Ergebnisse zu finden. Tatsächlich käme alles nur auf eine Verlagerung der Monopole aus der privaten in die staatliche Hand heraus und das müßte doch wohl verhütet werden.
MinisterpräsidentJaenicke berichtet sodann, daß in der Ostzone tatsächlich Musterungen zur russischen Luftwaffe und Marine stattfänden. Er habe daraufhin die Militärregierung zu einer Besprechung grundsätzlicher Art gebeten, da es so wie bisher nicht weitergehe. Jeden Tag kämen 1000 oder mehr Leute aus der russischen Zone nach Bayern, was auf die Dauer unmöglich sei.32 Er habe deshalb auch einen Abteilungsleiter seines Amtes an die Grenze geschickt, um die Zustände zu erforschen. Z.B. müsse man auch feststellen, ob auch Familien hereinkämen. Natürlich sei es furchtbar, diese Flüchtlinge wieder zurückschicken zu müssen, da man sie vielleicht in den Tod schicke. Die Grenze zwischen der britischen und der russischen Zone sei auf große Strecken hin völlig offen, so daß ein ungehindertes Einströmen möglich sei.
StaatssekretärDr. Ehard meint, die Ostzone schicke uns zwar nichts von ihrer Produktion, wohl aber Menschen.33
MinisterpräsidentDr. Ehard teilt mit, daß nach einem Schreiben des Staatskommissars Dr. Auerbach 625 Personen jüdischer Abstammung sich verpflichten müßten, die Tschechoslowakei zu verlassen, da sie deutsch sprächen und früher die deutsche Schule besucht hätten.34 Er frage, ob denn wirklich alle derartigen Gruppen nach Bayern müßten.
MinisterpräsidentSeifried teilt dazu mit, es läge ihm außerdem schon ein Bericht vor über die Auswanderung von 51 Juden aus der Türkei.35
StaatsministerGentner betont, daß jeder Jude mindestens 10 Angehörige, Freunde und Bekannte habe, die ihm nachfolgten.
StaatssekretärDr. Ehard erklärt, das Problem müsse mit ernster Sorge betrachtet werden. Der Antisemitismus werde in einer Form kommen, die man bisher nicht gekannt habe.36 Was diese 625 Juden aus der Tschechoslowakei betreffe, so werde man sich wohl nicht dagegen wehren können. Man müsse aber darauf hinweisen, daß es damit auch sein Bewenden haben müsse.
MinisterpräsidentJaenicke empfiehlt zunächst, zurückzufragen, ob Württemberg und Hessen auch Juden aus der Tschechoslowakei aufnehmen müßten.
StaatssekretärDr. Hundhammer wendet sich in diesem Zusammenhang gegen die Sonderbehandlung der Juden.
StaatsministerGentner teilt dazu mit, in seinem Landkreis37 befänden sich 600 polnische Juden. Von diesen würden nur 2 wirklich arbeiten, während alle anderen Schwarzhandel trieben. Die Folge sei ein Judenhaß, der früher völlig unbekannt gewesen sei. Das Hauptübel sei, daß diese Personen nicht der deutschen Gerichtsbarkeit und Verwaltung unterstünden.
StaatssekretärDr. Ehard stellt fest, man müsse sich vergewissern, ob es auch bei diesen 625 Juden bliebe und ob die anderen Länder der US-Zone entsprechend beteiligt würden.38
MinisterpräsidentDr. Pfeiffer berichtet, daß ein Ersuchen der Stadt Frankfurt vorliege, zur Errichtung der Paulskirche beizutragen. Man habe sich dahin geeinigt, keine Baustoffe beizusteuern, wohl aber einen Betrag von RM 100000.- durch das Finanzministerium zur Verfügung zu stellen. Am nächsten Mittwoch kämen Ministerpräsident Dr. Ehard, stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner und er selbst nach Frankfurt40 und könnten dann dem Oberbürgermeister diese Entscheidung der Bayer. Staatsregierung mitteilen.
StaatsministerDer Ministerrat erklärt sich mit diesem Vorschlag einstimmig einverstanden.
Dr. Hoegner stellt fest, der Ministerrat habe in seiner Sitzung vom 21.5.47 den einzelnen Ministerien die Regelung der Arbeitszeit überlassen.41 Infolgedessen sei ein völliges Durcheinander entstanden, weshalb er eine einheitliche Regelung für dringend notwendig halte.
Stv. MinisterpräsidentDr. Pfeiffer teilt mit, in der Staatskanzlei hätten alle Beamten und Angestellten jeden 3. Samstag frei. Dieser Regelung sei die 45-Stunden-Woche zugrunde gelegt.
StaatsministerDr. Hoegner schlägt daraufhin vor, diese Regelung einheitlich für alle Behörden einzuführen.
Stv. MinisterpräsidentDr. Hundhammer erklärt, er habe Bedenken, da in der freien Wirtschaft auch am Samstag gearbeitet werden müsse.
StaatsministerDr. Ehard empfiehlt das Beispiel der Staatskanzlei nachzuahmen, in der sich im übrigen niemals Schwierigkeiten ergeben hätten und bei besonderen Gelegenheiten, z.B. bei der Ministerpräsidentenkonferenz, Tag und Nacht gearbeitet worden sei.
MinisterpräsidentDr. Hoegner beantragt daraufhin noch einmal, die Regelung der Bayer. Staatskanzlei solle von allen Ministerien einheitlich übernommen werden.
Stv. Ministerpräsident42
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.Dr. Sattler die Frage der Fahrer der Minister und Staatssekretäre auf. Es seien Unstimmigkeiten dadurch eingetreten, daß diese Fahrer je nach den Bedürfnissen eine verschiedene Arbeitszeit hätten.
In diesem Zusammenhang wirft StaatssekretärDr. Ehard erwidert, die Frage sei nicht einfach zu lösen; in der Staatskanzlei werde dafür gesorgt, daß die Fahrer jeweils Ruhetage hätten.
MinisterpräsidentDr. Ankermüller weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß die Fahrer auch über die Verpflegung klagten. Könnte man nicht für längere Fahrten Zulagen anweisen?
StaatssekretärDr. Pfeiffer antwortet, diese Zulagen stünden den Fahrern an sich schon zu.
StaatsministerDr. Ehard stellt fest, daß man sich auf den Fahrten persönlich um die Verpflegung der Fahrer kümmern müsse, da es sonst nicht klappe. Im übrigen solle man sich bemühen, die Typen der Fahrzeuge in den Ministerien zu vereinheitlichen. Z.B. bestehe vielleicht die Möglichkeit, eine Reihe von Mercedes-Wägen zu bekommen.
MinisterpräsidentDr. Zorn antwortet, er habe schon entsprechende Schritte unternommen.
StaatsministerDr. Zorn berichtet über eine Druckschrift von Dr. Schlögl,43 die eine reine Schwarz-Weißmalerei darstelle und eine Reihe von falschen Angaben enthielte. Er bitte um Genehmigung, amtlich oder als Privatmann dazu Stellung zu nehmen.
StaatsministerDr. Ehard hält dies nicht für zweckmäßig, empfiehlt aber Material zusammenzustellen. Er habe z.B. auch verschiedenes zu den Ausführungen von Mr. Dayton44 zu sagen, die dieser bei der Jahresfeier der Exportschau gemacht habe.45 Man müsse sich überlegen, wann und in welcher Form man sowohl zu den Ausführungen von Dr. Schlögl, wie zu denen Mr. Dayton's46 Stellung nehmen könne.
MinisterpräsidentSeifried teilt mit, verschiedene Minister und Staatssekretäre hätten immer noch keine Wohnung. Es müsse eine Zentralstelle geschaffen werden, die sich dafür einsetze. Er habe dafür einen geeigneten Mann zur Verfügung.
StaatsministerSeifried verliest einen Bericht des Polizeipräsidiums München über einen Mord, der offensichtlich politischen Hintergrund habe und wobei im Zusammenhang damit ein merkwürdiges Verhalten eines Öffentlichen Klägers festgestellt werden müsse. Die Angelegenheit sei vorerst noch vertraulich zu behandeln.
StaatsministerSeifried berichtet noch über eine geplante Aktion zur Sammlung von Roßkastanien.
Staatsminister47
Der Ministerrat erklärt zu den vorgeschlagenen Maßnahmen sein Einverständnis.