3Vgl. die Vormerkung Henles für Gumppenberg als Vorlage zu diesem Ministerrat, 2. 2. 1949: „Das Gesetz will die ‘Landeskulturrentenanstalt’ unter der neuen Bezeichnung ‘Bayerische Landesbodenkreditanstalt’ und unter Überleitung aus dem Geschäftsbereich des Landwirtschaftsministeriums in den des Finanzministeriums zu einer Grundkreditanstalt des Bayerischen Staates ausbauen. Zu ihren bisherigen Aufgaben auf dem Gebiet der Boden- und Wasserwirtschaft soll ihre Tätigkeit auf dem Gebiet des Wohnungsbaukredits stark erweitert und intensiviert werden. Der öffentliche Wohnungsbau- und Siedlungskredit, insbesondere die Gewährung nachstelliger Hypothekendarlehen und die Leistung von Bürgschaften soll bei ihr einheitlich zusammengefaßt werden. Der Entwurf folgt Vorbildern in Württemberg und in Baden. Die württembergische Landeskreditanstalt bestehe seit 30 Jahren und habe sich mustergültig bewährt. Zur Organisation ist zu sagen, daß die Anstalt als Staatsanstalt mit Beamten besetzt wird, daß ihr Vorstand als eine dem Staatsministerium der Finanzen unmittelbar untergeordnete Staatsbehörde bezeichnet wird. Das Staatsministerium der Finanzen bestellt einen Staatskommissar und einen Treuhänder. Der Bayerische Staat leistet für die Anstalt volle Gewähr und hat dementsprechend auch durchgehende Überwachungsbefugnisse“ (StK-GuV 669).
1Staatsminister Dr. Kraus führt aus, seit der Erlassung des Landeskulturrentengesetzes4 seien so tiefgreifende politische, rechtliche und wirtschaftliche Änderungen eingetreten, daß dieses Gesetz den heutigen Bedürfnissen nicht mehr genüge. Vor allem sei die Regelung des öffentlichen Wohnungsbaukredits in Bayern nicht befriedigend.5 Wenn die großen Aufgaben auf dem Gebiet des Wohnungs- und Siedlungswesens gelöst werden sollten, so sei eine Zusammenfassung und einheitliche Regelung des öffentlichen Wohnungsbau- und Siedlungskredits unerläßlich.4Landeskulturrentengesetz vom 15. März 1929 (GVBl. S. 25
); vgl. ferner Erstes Gesetz zur Änderung des Landeskulturrentengesetzes vom 29. Juni 1943 (GVBl. S. 131
).5Vgl. Nr. 55 TOP III.
2Die Landeskulturrentenanstalt verfüge über den notwendigen Apparat und über reiche Erfahrungen auf dem Gebiet des nachstelligen Wohnungsbaukredits und der Siedlungsfinanzierung und sei deshalb für die vorgesehenen Aufgaben durchaus geeignet. Die Aufgaben der zukünftigen Landesbodenkreditanstalt seien in Art. 17 des Entwurfs6 aufgeführt, wobei a-d die bisherigen Aufgaben enthalte.7
6StMF und StMELF hatten den Entwurf eines Gesetzes über die Bayerische Landesbodenkreditanstalt am 31. 1. 1949 dem MPr. zugeleitet (StK-GuV 669).7Art. 17 (Darlehenszwecke) lautete im Entwurf (vgl. Anm. 6): „I Die Anstalt kann Darlehen zu folgenden Zwecken gewähren: a) Bodenwirtschaft, insbesondere Schaffung, Erhaltung, Umwandlung, Verbesserung, Erwärmung, Umlegung und Verteilung landwirtschaftlichen, gärtnerischen und forstwirtschaftlichen Bodens, b) Wasserwirtschaft, insbesondere Förderung, Zuleitung, Speicherung, Aufstauung, Verteilung, Erhaltung, Benutzung, Unschädlichmachung und Ableitung des Wassers, sowie Bauten für die Fischerei, c) Energiewirtschaft, insbesondere Gewinnung, Umwandlung und Verteilung elektrischen Stromes, d) landwirtschaftlicher Wege- und Brückenbau, insbesondere Bau von Feld-, Wald- und Seilwegen, sowie von Orts-, Gemeinde- und Gemeindeverbindungswegen, e) Siedlung, insbesondere Erwerb, Erhaltung, Verbesserung, Umlegung, Erschließung und Baureifmachung des Siedlungsgeländes, Errichtung, Vergrößerung und Verbesserung landwirtschaftlicher, gärtnerischer, vorstädtischer und städtischer Siedlungen und Kleinsiedlungen einschließlich der Gemeinschafts- und Gartenanlagen, f) Wohnungsbau, insbesondere Erwerb, Erhaltung, Verbesserung, Umlegung, Erschließung und Baureifmachung des Baugeländes, Errichtung, Vergrößerung und Verbesserung von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden einschließlich der Gemeinschaftsanlagen, jedoch mit Ausnahme der Luxus- und Industriebauten, ferner Umlegung und Auflockerung der Städte und Dörfer, g) Wiederaufbau und außerordentliche Instandsetzung der unter a bis f fallenden Anlagen einschließlich der Trümmer- und Schuttbeseitigung. II Für Wohnungsbauten sind vorwiegend nachstellige Darlehen zu gewähren.“
3Das Finanzministerium, dem nunmehr die Landesbodenkreditanstalt unterstehen solle, habe sich bereiterklärt, das ganze Vermögen der Stiftung zur Förderung des Wohnungs- und Siedlungsbaues in Bayern mit rund 61/2 Mill. DM sowie den Landeswohnungsfürsorgefonds mit rund 20 Mill. DM auf die Anstalt zur Verstärkung ihres Grundkapitals zu übertragen. Der Entwurf richte sich übrigens nach den Erfahrungen, die man in Württemberg und Baden gemacht habe, wo derartige Anstalten mit größtem Erfolg schon seit vielen Jahren bestünden. Zusammenfassend könne er feststellen, daß diese Vorlage sehr wesentlich für das Wohnungswesen sein werde und man bestimmt Erfolge erzielen werde, wenn in Zukunft neben der Staatsbank die Landesbodenkreditanstalt als zweite staatliche Bank in der Gestalt einer staatlichen Hypothekenbank arbeiten werde.
4Ministerialrat Dr. Woerner
8 erklärt, die Landeskulturrentenanstalt sei ursprünglich ein reines Agrarkreditinstitut gewesen, das seine Aufgaben zur Zufriedenheit erledigt habe und es sei auch nicht beabsichtigt, durch die Umwandlung eine Änderung in dieser Hinsicht eintreten zu lassen. Dagegen greife der Entwurf sehr stark in das Gebiet des Wohnungswesens ein, so daß auch von Seiten der Hypothekenbanken und Sparkassen Einwendungen erhoben worden seien. Man habe aber diese Bedenken im wesentlichen zerstreuen können, zumal ja nicht beabsichtigt sei, den Kreditinstituten die ersten Hypotheken wegzunehmen; deshalb habe man auch in Art. 17 als 2. Absatz die Bestimmung aufgenommen, daß für Wohnungsbauten vorwiegend nachstellige Darlehen zu gewähren seien. Die Landeskulturrentenanstalt habe als einzige derartige Anstalt in Deutschland ein Schuldbuch geführt, eine Einrichtung, die sich sehr gut bewährt habe, insbesondere deshalb, weil man auf diese Weise nur einen einfachen Apparat benötige, die Gefahr von Fälschungen ausgeschlossen sei, keine Kriegsschäden eingetreten seien usw. Man habe deshalb auch vorgesehen, diese Einrichtung beizubehalten und zwar in den Bestimmungen des 2. Abschnitts.8Dr. rer. pol. Otto Woerner (1884–1968), 1910 große juristische Staatsprüfung, Eintritt in die Bayer. Staatsverwaltung, 1917–1929 RR, ORR und MinRat im StMI und für Landwirtschaft, 1929–1949 Direktor der Bayer. Landeskulturrentenanstalt, 1949–1. 2. 1953 Präsident der Bayer. Landesbodenkreditanstalt. Vgl. Nr. 22 TOP V.
5Außerdem wolle er noch darauf hinweisen, daß man mit diesem Gesetzentwurf den Zentralisierungsbestrebungen in Frankfurt entgegentreten könne. In diesem Zusammenhang erinnere er an die Schwierigkeiten, die man 15 Jahre lang mit der Deutschen Rentenbankkreditanstalt gehabt habe.
6Ministerpräsident Dr. Ehard erkundigt sich, ob die Möglichkeit bestehe, daß von deutscher oder alliierter Seite Schwierigkeiten gemacht würden.
7Ministerialrat Dr. Woerner antwortet, er halte das nicht für wahrscheinlich, wenn man auch in Frankfurt wohl keine allzugroße Freude an dem Gesetz haben werde.
8Staatsminister Dr. Schlögl erklärt sich mit dem Gesetzentwurf grundsätzlich einverstanden, ersucht aber, bei der Umgestaltung so vorzugehen, daß das Institut seinen alten Charakter nicht vollständig verliere. Die bisherigen Aufgaben der Landeskulturrentenanstalt müßten genau wie bisher weitergeführt werden.
9Ministerpräsident Dr. Ehard regt an, bei der Wichtigkeit dieses Gesetzentwurfs dafür zu sorgen, daß alle beteiligten Ministerien bei den Beratungen in den Landtagsausschüssen vertreten seien, unter Federführung des Finanzministeriums.
10Der Ministerrat beschließt sodann, den Gesetzentwurf zu verabschieden und dem Landtag zuzuleiten.9
9MPr. Ehard leitete den Entwurf eines Gesetzes über die Bayerische Landesbodenkreditanstalt am 9. 2. 1949 dem Landtagspräsidenten mit Begründung zu; vgl. BBd.
III Nr. 2220 . Der Landtag beschloß das Gesetz mit geringfügigen Änderungen am 17. 3. 1949; vgl. BBd.
III Nr. 2324 . Am 6. 4. 1949 beschloß der Landtag, den Einwendungen des Senats gegen das Gesetz (s. im Detail Verhandlungen des Bayer. Senats 2. Tagung 1948/49 Anlage 201/1949) zum Teil stattzugeben; StB
III S. 894 (6. 4. 1949). – Gesetz über die Bayerische Landesbodenkreditanstalt vom 19. April 1949 (GVBl. S. 85
).
10Vgl. Nr. 45 TOP II.
1Ministerialrat von Miller
11 der Obersten Baubehörde berichtet über den Gesetzentwurf12 und führt aus, die Behauptung, daß in allen anderen Ländern der Staat die Kosten für die Trümmerbeseitigung übernommen habe, sei nicht richtig.11Zu seiner Person s. Nr. 55 TOP III.12S. im Detail StK-GuV 704. Vgl. den Entwurf der OBB, 28. 12. 1948, mit Begründung auch in NL Müller B 83/1 und MSo 69.
2Auf Frage des Herrn Ministerpräsidenten antwortet Ministerialrat von Miller, der Senat habe ursprünglich dem Entwurf zugestimmt, allerdings habe später ein Gutachten des vereinigten Rechts- und Haushaltsausschusses des Senats festgestellt, daß die Trümmerbeseitigung nicht eine Aufgabe des eigenen Wirkungskreises der Gemeinden, sondern des übertragenen Wirkungskreises sei.13 Dieses Gutachten sei dadurch zustande gekommen, daß in diesem Ausschuß eine Reihe von Bürgermeistern und Stadtkämmerern vertreten seien. Er schlage vor, trotz dieses Gutachtens das Gesetz in der vorliegenden Form dem Landtag zuzuleiten.13Vgl. Nr. 45 TOP II Anm. 10. S. im Detail Fasz. Anl. 202/1948/49.
3Ministerpräsident Dr. Ehard betont, auch bei diesem Gesetzentwurf müsse dafür gesorgt werden, daß er in der notwendigen Art und Weise in den Ausschüssen des Landtags vertreten werde.
4Der Ministerrat beschließt sodann, den Gesetzentwurf zu verabschieden und dem Bayer. Landtag zuzuleiten.14
14MPr. Ehard leitete den Entwurf eines Gesetzes über die Räumung von Trümmergrundstücken, die Verwertung der Trümmer und die Beseitigung gefahrdrohender Zustände (Trümmergesetz) am 9. 2. 1949 dem Landtagspräsidenten mit Begründung zu; vgl. BBd.
III Nr. 2219 . Am 6. 4. 1949 stimmte der Landtag dem Gesetz in der vom Ausschuß für Rechts- und Verfassungsfragen vorgelegten Fassung zu; vgl. BBd.
III Nr. 2340 und 2364. Am 18. 5. 1949 beschloß der Landtag den vom Senat am 11. 4. 1949 erhobenen Einwendungen (s. im Detail Verhandlungen des Bayer. Senats 2. Tagung 1948/49 Anlage 212/1949) nicht Rechnung zu tragen; BBd.
III Nr. 2478 . – Gesetz über die Räumung von Trümmergrundstücken, die Verwertung der Trümmer und die Beseitigung gefahrdrohender Zustände (Trümmergesetz) vom 30. Mai 1949 (GVBl. S. 117
).
11. Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, er habe ein Schreiben des Präsidenten des sogenannten Notparlaments der Flüchtlinge,15 Herrn Goetzendorff,16 erhalten, in dem dieser in heftiger Form dagegen protestiere, daß das Finanzministerium zunächst eine Finanzierung des Notparlaments abgelehnt und auf die Notwendigkeit hingewiesen habe, wegen der Bewilligung der Mittel den Bayer. Landtag einzuschalten.17 Er selbst sei der Auffassung, daß man wohl irgendetwas tun müsse,18 allerdings sei es unmöglich, ein zweites privates Parlament zu finanzieren und auch er sei der Meinung, daß sich der Landtag damit befassen müsse.15Vgl. Nr. 43 TOP II und Nr. 54 TOP IV.16In der Vorlage fälschlich „Götzendorf“. – Günter Goetzendorff, geb. 1917, Studium der Volkswirtschaft und Germanistik, Schriftleiter, 1939–1945 Wehrmacht, 1948 Gründer des Neubürgerbunds (Keimzelle der bayer. Organisation des BHE), 1948–1950 Präsident der Landesvertretung der Ausgewiesenen in Bayern (Notparlament), 1946–1949 Redakteur der Passauer Neuen Presse, 1952 Mitbegründer der Nationalen Reichspartei, 1949–1953 MdB (WAV, der Neubürgerbund war zur BT-Wahl 1949 ein Wahlbündnis mit der WAV eingegangen; 29. 3. 1950 Deutsche Reichspartei; 12. 9. 1951 fraktionslos; 29. 3. 1953 erneut WAV). Vgl. Goetzendorff.
17Goetzendorff an Ehard, 26. 1. 1949 (StK 14848). Vgl. auch Goetzendorff an Ehard, 13. 1. 1949, in der Anlage der Haushaltsplan der Landesvertretung der Ausgewiesenen in Bayern für das Jahr 1949 in Höhe von 194200 DM (NL Ehard 1593).18Vgl. die zahlreichen Protestschreiben und -telegramme betr. Finanzierung des Notparlaments an MPr. Ehard, Januar und Februar 1949, in: StK 14848.
2Staatsminister Dr. Hundhammer erklärt, man dürfe keinesfalls ein derartiges Parlament, das höchstwahrscheinlich ein revolutionäres Instrument werden würde, heranziehen. Der Staat habe keinerlei Veranlassung, ein derartiges Parlament zu finanzieren, das eine private Unternehmung sei, die sich selbst um die notwendigen Mittel bemühen müsse.
3Ministerpräsident Dr. Ehard meint, mit einer Ablehnung allein käme man wohl nicht durch und man müsse jedenfalls die Sache vor den Landtag bringen.
4Staatssekretär Jaenicke regt an, ob man nicht der in Hessen gefundenen Lösung folgen könne. Der hessische Landtag habe nämlich die Vertreter der Flüchtlinge eingeladen, in jeden Ausschuß des Landtags ein beratendes Mitglied zu entsenden.19 Was die Frage der Finanzierung betreffe, so müsse man wohl versuchen, das Notparlament in irgendeiner Form mit dem Hauptausschuß der Flüchtlinge zu verbinden, der an sich schon staatliche Mittel zur Erfüllung seiner Aufgaben erhalte. Herr Schütz,20 der wie verschiedene andere Mitglieder des Hauptausschusses, gleichzeitig dem Notparlament angehöre, habe das gleiche Bestreben. Eine eigene Finanzierung des Parlaments halte er ebenfalls für unmöglich, da diese den Landtag in eine untragbare Lage bringen würde.19Vgl. in diesem Sinne Jaenicke an Ehard, 27. 1. 1949 (StK 14848); vgl. zur Berufung, allerdings auch zur begrenzten Wirksamkeit der Flüchtlingssachverständigen in Hessen Winkler S. 62 Anm. 248.20Hans Schütz (1901–1982), Schreiner, 1923–1938 Leiter des Gesamtverbandes der Sudetendeutschen Christlichen Gewerkschaften, 1935–1938 Mitglied des tschechoslowakischen Parlaments (Christlich-Soziale Volkspartei), 1939–1941 Angestellter, 1941–1945 Teilnahme am Zweiten Weltkrieg u. amerikanische Kriegsgefangenschaft, 1945 CSU-Mitglied, 1946 Referent der kirchl. Hilfsstelle für Heimatvertriebene in München, Vors. des Landesflüchtlingsausschusses der CSU u. Vors. des Hauptausschusses der Flüchtlinge und Ausgewiesenen in Bayern, 1947 Vors. der Union der Ausgewiesenen (seit 1953 der Vertriebenen) in der CSU, 1948/1949 Mitglied des Wirtschaftsrates (Vors. des Flüchtlingsausschusses), 1948–1969 Vors. der Ackermann-Gemeinde, 1949–1963 MdB (CSU), 1957–1962 stellv. Vors. der CSU-Landesgruppe, 11. 12. 1962–24. 6. 1964 Staatssekretär im StMArb, 24. 6. 1964–5. 12. 1966 StMArb. Vgl. Schütz; Akkermann-Gemeinde.
5Staatsminister Dr. Hundhammer gibt zu bedenken, daß sich der Landtag wohl kaum darauf einlassen könnte, nicht gewählte Personen zu den Ausschüssen zuzuziehen. Das Parlament dürfe keinesfalls den Charakter einer gewählten Volksvertretung verlieren. Wenn man hier eine Ausnahme mache, würden sich bestimmt die Gewerkschaften melden, bei denen ähnliche Tendenzen schon zu bemerken seien. Er halte es auch nicht für richtig, dieses sogenannte Notparlament überhaupt von Staats wegen zu finanzieren. Das Parlament für die gesamte Bevölkerung des Landes Bayern sei der Landtag, in dem auch Flüchtlingsvertreter, wenn auch leider nicht in genügender Zahl, seien.21 Er müsse sich deshalb gegen jede Art von Zuschußgewährung in diesem Fall wenden.21Bis zur Gründung der Bundesrepublik ließ die Militärregierung keine Flüchtlingsparteien zu. Erst 1950 konnte mit dem Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE) eine Flüchtlingspartei bei bayerischen Landtagswahlen antreten; vgl. Gelberg, Kriegsende S. 751 ff.
6Staatsminister Dr. Kraus weist darauf hin, durch eine Zuschußgewährung legalisiere die Regierung diese Einrichtung, bei der auch formell eine richtige Volksvertretung mit Präsidium, Ausschüssen usw. aufgezogen werde und man könne und dürfe sich darauf nicht einlassen. S. E. sei es notwendig, möglichst bald festzustellen, was der Hauptausschuß der Flüchtlinge und was der Bayer. Landtag zu diesem Notparlament zu sagen habe.
7Staatssekretär Jaenicke meint, man könne vielleicht einer staatlichen Finanzierung dadurch ausweichen, daß sich das Hauptparlament am Hauptausschuß beteilige.
8Staatsminister Dr. Ankermüller schließt sich der Auffassung der Herren Staatsminister Dr. Hundhammer und Dr. Kraus an und erklärt, das Beispiel von Württemberg und Hessen22 sei in vollem Umfang abzulehnen. Eine staatliche Unterstützung halte auch er für unmöglich, aber vielleicht könne man den Hauptausschuß der Flüchtlinge zu einem vernünftigen Vorschlag veranlassen. Dies sei aber nicht Sache der Staatsregierung, die sich zweifellos auf den Standpunkt stellen könne, die ganze Frage sei nicht von der Staatsregierung selbst, sondern nur vom Landtag zu entscheiden.22S. Winkler, Flüchtlingsorganisationen in Hessen.
9Staatsminister Dr. Kraus schlägt vor, zunächst die Sache in der CSU-Fraktion des Bayerischen Landtags zu besprechen.
10Der Ministerrat erklärt sodann seine Zustimmung zu diesem Vorschlag.23
23Zum Fortgang s. Nr. 60 TOP I.
112. Staatssekretär Jaenicke erklärt sodann, er müsse sich gegen den geplanten völligen Abbau der Flüchtlingsobleute24 wenden, deren Aufgabe darin bestehe, den Kreisbeauftragten für das Flüchtlingswesen zu unterstützen. Auch dagegen habe er große Bedenken, daß die sogenannten fliegenden Kolonnen jetzt völlig aufgehoben werden sollten.25
24S. MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 345.25Zum Fortgang s. Nr. 61 TOP VII.
12Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, in den nächsten Tagen müßten eine Reihe von Dingen, die das Flüchtlingswesen betreffen, besprochen werden und dabei könne man auch diese Frage erörtern.26
26Zum Fortgang s. Nr. 60 TOP I.
1. Beurlaubung des Herrn Staatsrats Dr. Niklas27
U27Vgl. Nr. 56 TOP VI sowie die Vormerkung von Baer für Gumppenberg zur Aufnahme in die Tagesordnung des Ministerrats, 4. 2. 1949 (StK 11680).
1Der Ministerrat beschließt, mit Rücksicht auf die bereits vorliegende Zustimmung des Finanzministeriums, Herrn Staatsrat Dr. Niklas zunächst auf die Zeit von einem Jahr vom Bayer. Staatsdienst zu beurlauben.28
28Zum Fortgang s. Nr. 83 TOP XIII.
2. Leitung der Abt. C Forsten im Landwirtschaftsministerium U
1Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, von verschiedenen Seiten sei an ihn der Wunsch herangetragen worden, Herrn Landforstmeister Klietsch,29 der bereits seit 3 Jahren die Abt. C Forsten führe, zum Landesforstmeister zu ernennen oder doch wenigstens zum Ministerialrat zu befördern. Wie man ihm gesagt habe, sei dies schon mit Rücksicht auf die Vertretung des bayerischen Staates in forstwirtschaftlichen Fragen in Frankfurt notwendig.30
29Albert Klietsch, geb. 1898, 1926–1933 Regierungsforstrat am Regierungsforstamt Oberbayern, 1933–1938 Leiter der Forstamtsaußenstelle Rott a. Inn, 1. 4. 1938 Forstmeister im Bayer. Wirtschaftsministerium, Leiter der Außenstelle des Reichsforstmeisters, 1. 9. 1939 ORR am Regierungsforstamt Oberbayern, 1942 NSDAP-Mitglied, nach Kriegsende kurzzeitig entlassen, 5. 10. 1945 Rückgängigmachung der Entlassung, seit 1946 in der Forstabteilung des StMELF,30Zum Fortgang s. Nr. 61 TOP VI und Nr. 72 TOP XII.
2Staatsminister Dr. Schlögl erwidert, er werde in der nächsten Zeit dem Ministerrat Vorschläge wegen der Abt. C Forsten vorlegen.
3. Leiter des Jagdreferats Freiherr v. Beck31
U31Wolfgang Beck Freiherr von Peccoz (1905–1988), Jurist, 1935 große juristische Staatsprüfung, in den dreißiger Jahren längerer USA-Aufenthalt, Tätigkeit in der Landwirtschaft auf den väterlichen Gütern Hohenberg und Au-Hallertau, 1942–1945 auf dem Lehrgut Wurmanstätter in Obing (Chiemgau), Mai – November 1945 Zusammenarbeit mit verschiedenen CIC-Detachments im LKr. Miesbach, 5. 11. 1945 Ernennung zum Landesjagdmeister für Bayern durch MPr. Hoegner (vgl. Protokolle Hoegner I Nr. 4 TOP VII
), 15. 11. 1946 Referent für das Jagdwesen im StMELF im Angestelltenverhältnis (vgl. Protokolle Hoegner I Nr. 49 TOP II
), 7. 1. 1949 Kündigung (vgl. Anm. 36), zum 3. 2. 1949 Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
1Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, er müsse die Äußerungen des Leiters des Jagdreferats im Landwirtschaftsministerium, Freiherrn v. Beck, die dieser in der Frage des neuen bayerischen Jagdgesetzes32 der Presse gegenüber33 geäußert habe, sehr bedauern.34 Sie seien geeignet, die Verhandlungen über das Gesetz mit der Militärregierung aufs äußerste zu erschweren.35
32Eine neue landesgesetzliche Regelung war notwendig geworden, weil durch das Gesetz Nr. 13 der Militärregierung – Deutschland (Amerikanisches Kontrollgebiet) Aufhebung des Reichsjagdgesetzes vom 1. Februar 1949 (GVBl. 1948 S. 267
) die frühere Rechtsgrundlage entfallen war. Vgl. Leonard J. Ganse, stellv. Direktor Legal Division (OMGB) an StK, 1. 10. 1948, betr. Gesetz Nr. 13. Darin hieß es u.a.: „Durch das beiliegende Gesetz wird das deutsche Reichsjagdgesetz vom 3. Juli 1934 mit seinen Änderungen wegen seiner nationalsozialistischen und militaristischen Tendenzen aufgehoben, und die in den verschiedenen Ländern vor dem 30. Jan. 1933 gültige Jagdgesetzgebung wieder in Kraft gesetzt. Hierdurch werden die Länder in die Lage versetzt, die örtlichen Traditionen, die vor der Hitlerzeit bestanden, wieder aufzunehmen und zu entwickeln. Zugleich bleibt das Recht der Länder ungeschmälert, die wieder in Kraft gesetzten Gesetze im Einvernehmen mit ihren Verfassungsbestimmungen zu ersetzen oder zu ändern, so daß bei geänderten Verhältnissen in demokratischer Weise verfahren werden kann“ (StK 30826). Vgl. ferner Bolds an Ehard, 1. 2. 1949, betr. Richtlinien der Militärregierung für Jagd- und Fischereiwesen. Darin hieß es in den beiden letzten Absätzen: „Die Militärregierung hat das Jagd- und Fischereiwesen im Lande Bayern und seine Nutzbarmachung als Sport und als Einkommens- und Nahrungsquelle für das bayerische Volk seit einiger Zeit studiert. Als Ergebnis hat die Militärregierung bestimmte, im beiliegenden Schriftstück enthaltene ‘Richtlinien der Militärregierung für Jagd- und Fischereiwesen’ niedergelegt. Ich bin überzeugt, daß Ihre Regierung bei der Vornahme der zur Modernisierung und Demokratisierung des alten Gesetzes für angemessen gehaltenen Änderungen den Wunsch hat, die in den neuen Richtlinien enthaltenen Grundsätze in Erwägung zu ziehen“; mit den Leitsätzen der Militärregierung als Anlage (MInn 79680); Abdruck der Leitsätze in: BBd.
III Nr. 2606 . Am 24. 2. 1949 leitete StMELF Schlögl den Ressorts den neuen Referentenentwurf eines Bayer. Jagdgesetzes zu (MInn 79680). Zum Fortgang s. Nr. 68 TOP II und Nr. 70 TOP III.33„Meinungsverschiedenheiten über Fragen der Demokratie. ‘Richtlinien’ und Kritiken der Militärregierung / ‘Gewerbefreiheit’ auch bei der Jägerei?“ SZ 5. 2. 1949.34Die Formulierung geht auf hs. Korrekturen von MPr. Ehard zurück. Im Registraturexemplar hatte es zunächst geheißen: „…, als Skandal bezeichnen, der geeignet sei, die Verhandlungen über das Gesetz mit der Militärregierung aufs äußerste zu erschweren.“ (StK-MinRProt 11).35Den hier im Registraturexemplar folgenden Satz: „Er verlange die fristlose Entlassung dieses Mannes.“ strich MPr. Ehard ersatzlos (StK-MinRProt 11).
2Staatsminister Dr. Schlögl führt aus, Beck habe ihm einen Brief geschrieben, daß er von seinem Amt zurücktrete.36 Er habe seine fristlose Entlassung bereits angeordnet und sei gestern bei der Militärregierung gewesen, um diese zu informieren.36Vgl. Beck an Schlögl, 7. 1. 1949: „Hiermit gestatte ich mir, Ihnen mein Ausscheiden aus dem Amte unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsbedingungen mit folgender Begründung zu eröffnen: Am 5. 1. 1949 fand im Amt der Militärregierung für Bayern eine Sitzung zur Besprechung des Jagdgesetzes statt, über deren Verlauf die anliegende Niederschrift Aufschluß gibt [ebenfalls im Akt]. Abgesehen davon, daß unter diesen Umständen jeder Boden zu einer Zusammenarbeit entzogen wird, ist es mir unmöglich, diese Politik der Militärregierung, von deren Befolgung die Rückgabe des Jagdausübungsrechts und die Wiederbewaffnung der bayerischen Jäger ausdrücklich abhängig gemacht wurden, mit meinem Namen zu decken. Wenn die Militärregierung dem Ministerium erklärt, es sei die Politik des Landesdirektors van Wagoner, daß es in Bayern solange keine Jagdausübung und keine Jagdwaffen gäbe, bis durch Aufnahme der besagten Punkte (ich verweise in erster Linie auf die geäußerten Grundsätze der Jagdausübung in den Staatsjagden und auf das uneingeschränkte Jagdausübungsrecht des Grundeigentümers, was sogar mit dem Bayer. Jagdgesetz von 1850 Art. 2 u. 4 und damit auch mit dem Gesetz Nr. 13 der Militärregierung für Deutschland betr. Aufhebung des Reichsjagdgesetzes in Widerspruch steht) in das neue Jagdgesetz, dieses als demokratisch anerkannt werden könne, so stellt uns dies vor die Alternative, entweder auf Jagdausübung und Wiederbewaffnung weiter zu verzichten, was gleichbedeutend ist mit dem Andauern des seit 1945 bestehenden und immer weiter anwachsenden jagdlichen Chaos, insbesondere mit der Vernichtung des Wildes durch Wilderei, oder bewußt das Todesurteil über den Rest unserer Wildbestände zu unterschreiben. Für beides werde ich mich aber niemals hergeben. Auf die Unmöglichkeit der Annahme der Forderung der Militärregierung vom Standpunkt der öffentlichen Sicherheit und der Zerstörung des wichtigen Gemeindehaushaltspostens durch Wegfall der Jagdpachten verweise ich hier nur am Rande. Es ist tiefbedauerlich, daß fast 4 Jahre nach der deutschen Kapitulation und nach den großen Bemühungen ideal gesinnter Männer auf deutscher und amerikanischer Seite Wild- und Jagdwesen in Bayern zu retten, durch diese Haltung der Militärregierung ein Zustand geschaffen wird, der die Ausrottung des Wildes unweigerlich zur Folge haben wird. Dies ist umso unverständlicher, da ich im Besitz einer Briefabschrift des Generals Clay vom 6. 3. 1947 an den Constabulary General Harmon, der sich damals auf meine Initiative an General Clay zum Zwecke der Abstellung der sinnlosen Wildvernichtung wandte, bin, in der General Clay folgendes ausspricht: ‘Und ich stimme mit Ihnen überein, daß es in der Tat eine Tragödie wäre, wenn als Folge unserer Besatzung das Wild in Deutschland ausgerottet oder nur ernstlich vermindert würde.’ Nachdem ich das Vertrauen der Militärregierung besessen habe, hoffe ich, daß mein Ausscheiden aus dem Amte als das gewertet wird, was es ist: Ein flammender Protest gegen eine Politik der Zerstörung unersetzlicher Werte und die Vernichtung des schönsten Restes der Natur in einem armen, übervölkerten Lande. Ich bitte Sie, sehr geehrter Herr Staatsminister, dieses Schreiben dem Herrn Landesdirektor van Wagoner unverzüglich zur Kenntnisnahme vorlegen zu wollen“ (StK 14736).
1Ministerpräsident Dr. Ehard verliest einen Bericht über eine Rede des ehemaligen Staatsministers Loritz,37 bei einer Versammlung in Passau, in der u.a. eine völlig entstellte Darstellung seiner Tätigkeit als Sonderminister enthalten sei, dazu schwerste Vorwürfe38 gegen die Justizverwaltung, die Staatsregierung usw.39
37Alfred Loritz (1902–1979), 21. 12. 1946–24. 6. 1947 StMSo im Kabinett Ehard I; zu seiner Person s. Protokolle Ehard I Einleitung S. LXVI.38Der Bericht über die Großkundgebung der WAV, 19. 1. 1949, 20 Uhr, in der Nibelungenhalle in Passau vor 5000–6000 Personen, war am 4. 2. 1949 vom Abg. Benedikt Hirschenauer (1884 1951), 1946–1950 MdL (CSU) in der StK abgegeben worden. Darin hieß es: „Loritz wurde bei seinem Empfang freudig begrüßt. Eingangs seiner Rede erklärte er, daß er nicht fähig ist stehend zu sprechen, sondern sitzend auf Grund der vergangenen Jahre, die ihm von der jetzigen Bayer. Regierung ergangen sind. Weiter berichtete er über seine Verhaftung und Behandlung in Stadelheim, sowie von der Flucht aus dem Krankenhaus aus München. Eines Tages durchwühlte die Kriminalpolizei fieberhaft sein Büro, so daß manche Akten durch das Zimmer flogen und was suchten die Herren – 2 Akten! – Der eine des Herrn Ministerpräsidenten Dr. Ehard den anderen von seinem Mitbruder Josef Müller. Als sie beide Akten hatten, verschwanden sie in das zuständige Polizeirevier. Er selbst wurde ohne Befragen vom Ministerrat und Landtag verhaftet und nach Stadelheim überführt. Dort wurde er unter den schlechtesten Verhältnissen behandelt [vgl. Protokolle Ehard I Nr. 27 TOP I und Nr. 28 TOP XVI
sowie Woller, Loritz-Partei], um ihn demnächst bei der Verhandlung mürbe zu machen. Zum Essen gab man ihm in der Suppe beigemischte Kieselsteine und Büschel Haare nicht einzelne Haare, wurde ausdrücklich betont. Und somit glaubte man, Loritz fertig zu machen. Erst wie er amtsärztlich untersucht wurde, mußte man feststellen, daß er keineswegs mehr fähig ist, in Stadelheim zu verbleiben, und somit verbrachte man ihn in das Krankenhaus, wo derselbe Chefarzt zugab, daß Loritz unmenschlich behandelt wurde. Mit Hilfe seiner Kameraden konnte er dem dortigen Krankenhaus entfliehen [vgl. Protokolle Ehard II Nr. 3 TOP I
], somit hielt sich Loritz 13 Monate in München auf. Tausende von Polizeibeamten wurden von Polizeipräsident Piekert [gemeint ist Pitzer] eingesetzt, um Loritz wieder zu fangen. Er führte weiter aus, daß nicht einmal auf einen Schwerverbrecher so viel Polizeiaufgebot eingesetzt wurde. Es war wirklich eine Ruhmestat für die bayer. Polizei, Loritz nach 13 Monaten zu finden. Und was hat Loritz verschuldet, nichts – sonst hätte man Loritz nicht freigelassen. Er führte weiter aus: Ich wollte nichts wie eine saubere Wirtschaft und nicht eine unsaubere Wirtschaft, wie sie z.Zt. von der bayer. Regierung geführt wird. Bei Ministerratssitzungen warf der frühere Minister Dr. Baumgartner päckchenweise nicht kartenweise Lebensmittelmarken seinen Kollegen bezw. Ministern zu. – Auch Herr Ministerpräsident Dr. Ehard nahm Päckchen Lebensmittelkarten an. Ich persönlich warf die Lebensmittelkarten zurück. Als ich Herrn Ministerpräsident zur Rede stellte, warum er das annehme, antwortete er: Ich kann doch als Ministerpräsident nicht auf den schwarzen Markt gehen. Worauf ich ihm erwiderte, aber das kleine Volk. Und was hab ich gemacht: In meiner kurzen Amtsdauer von 6 Monaten bekamen 6 Mill. kleine Bürger von Bayern ihren Entnazifizierungsbescheid. Ich persönlich habe mich für die Jugendamnestie eingesetzt, der Ministerpräsident Ehard ablehnend bei der Militärregierung gegenüberstand. Und wie sieht es mit M. E. [Ministerpräsident Ehard] aus? Er war ein Wegbereiter der ehem. Nationalsozialistischen Bewegung und zwar deshalb, da er 1924 Staatsanwalt in München war und zugleich den Prozeß Röhm führte, in dem Röhm auf freien Fuß gesetzt wurde. Weiterhin war er 1939 Rechtsvertreter beim Erbhofgericht in München. Ungefähr das Gleiche trifft bei seinem Freund Josef Müller zu, aber beide werden sich noch einmal verantworten müssen. Ehard selbst ist ein guter Aktenanleger, aber keineswegs ein Politiker, der jemals das Volk aus diesem Elend herausführen könnte. Ebenfalls baut Loritz keine Häuser und kauft sich auch keine Autos, wie andere Ministerkollegen es machen. Loritz hat kein Haus und wird sich keines bauen, Loritz hat kein Auto und wird sich keines kaufen. Weiter erklärte er, daß er schon wiederholt die Regierung aufgefordert hätte, endgültig dem Volke Aufklärung zu geben, wieviel die Bauern abgeliefert haben, wieviel zur Verteilung gelangt und wieviel aus Bayern ausgeführt wurde. Leider wurden bis jetzt diese Zahlen verschwiegen. Wenn ich heute die Regierung übernehmen würde, so könnte ich euch versichern, daß ich ab sofort 1000 gr. Fleisch pro Monat für jede Person ausgeben könnte und nach 2–3 Monaten 3–4000 gr., das Gleiche auch bei Fett. Zum Flüchtlingsproblem ausführend erklärte er, daß er dieses Problem schon längst gelöst hätte. Er frug somit die Flüchtlinge, die anwesend waren: Seid ihr bereit, wenn Euch der Staat Grund und Boden gibt, selbst Häuser zu bauen, worauf sie ihm die Antwort zuriefen: Jawohl, das tun wir. Das Bayernland hat genügend Lehm, um Häuser zu bauen, ebenfalls sei Holz genügend vorhanden, somit würde er den Bauern versichern, daß innerhalb 2 Jahren ihre Häuser freistehen würden. Die WAV konnte sich bis jetzt nicht entwickeln, da sie keinerlei Benzin zur Verfügung hatte, dagegen die CSU nehme die wichtigsten Schlüsselstellungen in der Verwaltung ein, aber trotzdem wird er beweisen, daß diese unsaubere Regierung nicht länger in der Lage ist, den Bayer. Staat zu führen. Er kam auch zur Lage Frankfurt zu sprechen, zu der er bemerkte, daß dort dieselben Mitbrüder sitzen, wie in München. Äußerlich wollen sie etwas hetzen aufeinander, um das Volk von den unsauberen Sachen abzulenken. Besonders heftig wurden Hoegner, Scharnagl und Schäffer angegriffen. Über diese Angriffe möchte ich nicht länger eingehen. Am Schluß seiner Versammlung wurde eine Resolution gefaßt, die besagte, daß die Regierung sofort zurücktreten müsse. Er forderte sie auf, wer die Resolution annehme, solle die Hand erheben. Der größte Teil kam der Aufforderung nach. Als er Gegenprobe machte, erhob niemand die Hand, so daß er am Schluß ausführte, die Resolution sei einstimmig angenommen. Die Versammlung wurde sofort geschlossen. Diskussion wurde nicht geführt, da keine Gelegenheit dazu war. gez. Moosbauer“ (NL Ehard 1526).39Vgl. weitere Berichte über Reden von Loritz mit ähnlichem Inhalt sowie folgende Vormerkung Gumppenbergs, 31. 3. 1949, betr. Öffentliche Kundgebungen der WAV: „In den letzten Wochen sind eine Reihe von Zuschriften eingelaufen, die sich mit den Reden des ehemaligen Staatsministers Alfred Loritz bei Kundgebungen der WAV beschäftigen. U.a. liegt vor ein Bericht über eine Versammlung in Passau, ein anscheinend ziemlich genaues Stenogramm einer Rede in Memmingen, ein Schreiben der Neuburger Tagespost über eine Loritzrede in Neuburg a.d. Donau, in der Loritz behauptet haben soll, Ministerpräsident Ehard sei einer der Hauptschuldigen an der Hitler-Diktatur, da er als Staatsanwalt im Hitlerprozeß versagt und später als Präsident des Erbhofgerichts in München das Nazi-Regime unterstützt habe. Er sei ferner einer der Hauptschuldigen am Zustandekommen des Entnazifizierungsgesetzes. Außerdem hat der 1. Bürgermeister der Stadt Weilheim, Herr Dr. Machon, einen Ausschnitt aus der Nr. 33 des Hochland-Boten vom 19. März 1949 sowie einen Bericht der Stadtpolizei Weilheim über eine öffentliche Versammlung übersandt, die am 21. März 1949 in Weilheim abgehalten worden ist. Als letzter Einlauf liegt noch vor eine von dem Vorsitzenden der Freien Demokratischen Partei Memmingen [Rudolf Soenning] übersandte Stellungnahme der Vorsitzenden aller politischen Parteien und parteilosen Wählervereinigungen in Memmingen, in der diese nach einem Hinweis auf die Gefährlichkeit der Methoden des Herrn Loritz Klärung und Einschreiten fordern und erklären, mit dem Totschweigen dieses Mannes sei es nicht getan. Die Autorität des Staates und seiner Einrichtungen müsse eingesetzt werden, um die Beschuldigungen zu entkräften und den Verleumder zu bestrafen und unschädlich zu machen. II. Herrn Ministerpräsidenten mit der Bitte um Kenntnisnahme und Weisung vorgelegt, ob im Laufe der nächsten Woche eine Presse-Konferenz einberufen werden soll, in deren Verlauf auch das Problem Loritz aufgegriffen werden könnte“ (NL Ehard 1526). Zum Fortgang s. Nr. 59 TOP VIII, Nr. 74 TOP II und Nr. 78 TOP VII.
1Staatsminister Dr. Kraus teilt mit, es sei die Beschlußfassung des Ministerrats darüber notwendig, ob das Kohlenbergwerk sowie das Kalk- und Zementwerk Marienstein vom bayerischen Staat übernommen werden sollte.40 Neuerdings sei ein Antrag der SPD im Bayer. Landtag eingebracht worden, der darüber hinaus auch die Verstaatlichung der Bergwerke Penzberg und Hausham fordere.41 Diese zweite Frage könne zurückgestellt werden. Dagegen seien bei Marienstein die Verhältnisse anders. Hier sei tatsächlich ein Notstand gegeben, insofern, als die jetzigen Eigentümer die Werke nicht mehr fortführen könnten.42 Der bayerische Staat sehe sich vor der Alternative, entweder weitere Subventionen zu geben oder die Werke auf den Staat zu übernehmen. Eine Stillegung komme nicht in Frage, da für die dort beschäftigten 800 Arbeiter keine Möglichkeit gegeben sei, anderweitig unterzukommen. Seiner Auffassung nach sei es zweckmäßig, wenn der Staat die beiden Gesellschaften, nämlich Kohlenbergwerk Marienstein GmbH und Kalk- und Zementwerk Marienstein GmbH übernehme und von sich aus zu sanieren suche.40Vgl. Protokolle Hoegner I Nr. 31 TOP VIII
; ferner Direktion des Kohlenbergwerks Marienstein an StMF, MD Ringelmann, 27. 11. 1948, betr. Finanzierung, Inbetriebnahme, Dampferzeugungsanlage bzw. Überleitung des Besitzes an den Staat, zur Kenntnis auch an StMWi, Oberbergamt München und Bergwerksdirektor A. Stinglwagner, Leiter des Bezirks Bayern der Dt. Kohlenbergbauleitung, Essen (Oberbergamt vorl. Nr. 1607).41Vgl. Dringlichkeitsantrag der SPD, 27. 1. 1949: „Der Landtag wolle beschließen: 1. Die Kohlenbergwerke Hausham und Penzberg der Oberbayerischen AG für Kohlenbergbau, sowie das Kohlenbergwerk Marienstein und das Kalk- und Zementwerk Marienstein werden in den Besitz des bayer. Staates überführt. 2. Die gesamten Bergwerke des oberbayer. Pechkohlenbergbaues sowie das Kalk- und Zementwerk Marienstein werden in einer neu zu gründenden Gesellschaft zusammengefaßt“; vgl. BBd.
III Nr. 2184 . – Das Pechkohlebergwerk in Hausham gehörte, wie die Grube Penzberg, zur Oberbayerischen AG für Kohlenbergbau München, einer Tochtergesellschaft der Preussag AG. Vgl. Kronawitter, Wirtschaftskonzeptionen S. 140f.42Am 30. 3. 1946 waren Bergwerk und Zementwerk Marienstein von der Portland-Zementwerke AG Heidelberg an die Industriewerke Marienstein der Bayern-Chemie Dr. Bothfeld & Co. KG für 1250000 RM verkauft worden. Geschäftsführende Gesellschafter waren als Komplementäre die Herren Albert Maly-Motta und Dr. Werner Bothfeld, die bisher schon das Werk Marienstein geleitet hatten; Kommanditisten der Gesellschaft die Herrn Clemens Maly-Motta, bislang Leiter der Einkaufsabteilung des Bergwerkes und Zementwerkes Marienstein, und die Firma Bauunternehmung Leonhard Moll, München (BHS Marienstein vorl. Nr. 38). Während der Treuhänderschaft kam es dann zu einer Auseinandersetzung zwischen den Gesellschaftern, die, mit Ausnahme der Firma Leonhard Moll, aus dem Unternehmen ausschieden; vgl. Bericht über Kohlenbergwerk und Kalk- und Zementwerk Marienstein seit ihrer Gründung (21 S.), 18. 11. 1948, von Geschäftsführer H. Bode, Direktion Verwaltungsgemeinschaft Kohlenbergwerk Marienstein GmbH u. Kalk- und Zementwerk Marienstein GmbH (Oberbergamt vorl. Nr. 1607). S. OMGB 5/447–1/2.
2Ministerpräsident Dr. Ehard erkundigt sich, ob Schwierigkeiten von Seiten der Militärregierung zu erwarten seien.
3Als Vertreter des Wirtschaftsministeriums führt Abgeordneter Emmert
43 aus, Marienstein falle unter die von der Militärregierung beschlagnahmten Objekte und es sei mit Rücksicht auf Gesetz Nr. 7544 nicht möglich, den augenblicklichen Zustand zu ändern. Die Militärregierungen hätten sich bisher noch nicht geäußert, wie sie sich die weitere Entwicklung verwaltungsmäßig vorstellten und im übrigen sei auch der sogenannte Zwölferrat noch nicht endgültig konstituiert.45 Andererseits sei es aber auch bedenklich, einen Präzedenzfall für die Sozialisierung zu schaffen. Da die rückständigen Schulden abgedeckt worden seien, bestehe auch bei Marienstein im Moment kein besonderer Notstand mehr. Allerdings würden die Verluste auch in Zukunft im Monat zwischen 50 und 60000 DM betragen.43Emmert versah seit Oktober 1947 das im StMWi angesiedelte Amt des „Staatsbeauftragten zur Durchführung des Art. 160 der Verfassung“; zu seiner Berufung s. Nr. 2 TOP XVIII. – Heinrich Emmert (1901–1974), Dipl.-Kaufmann, 1946–1950 MdL (CSU), bis 31. 3. 1956 Staatsbeauftragter zur Durchführung des Art. 160 im StMWi.44Gesetz Nr. 75 der Militärregierung – Deutschland (Amerikanisches Kontrollgebiet) Umgestaltung des deutschen Kohlenbergbaues und der deutschen Eisen- und Stahlindustrie vom 10. November 1948 (GVBl. S. 263
).45Gemeint ist die Stahltreuhändervereinigung (STV) mit Sitz in Düsseldorf, die sich am 1. 9. 1949 konstituierte; vgl. Vogel, Westdeutschland II S. 248–254; vgl. Nr. 52 TOP VI.
4Auf die Frage des Herrn Ministerpräsidenten antwortet Abgeordneter Emmert, man könne jetzt keine endgültige Regelung treffen. Das Wirtschaftsministerium halte es für das zweckmäßigste, wenn das Finanzministerium die Werke weiter subventioniere, aber unter der Bedingung, daß Herr Dr. Langecker46 vom Bergwerk in Hausham von Staatswegen mit dem Auftrag eingesetzt werde, die Betriebe zu reorganisieren. Auf diese Weise könne man nach einigen Monaten endgültige Klarheit erhalten. Übrigens habe die deutsche Kohlenbergbauleitung47 einen erheblichen Zuschuß bewilligt. Dr. Langecker könne seine neue Tätigkeit übrigens sofort in Marienstein beginnen.46Dr. Ing. Franz Langecker, Leiter des Kohlenbergwerks Hausham.47Am 18. 11. 1947 hatten die britische und amerikanische Militärregierung die Deutsche Kohlenbergbauleitung mit Sitz in Essen errichtet und ihr Lenkung, Hebung der Produktion, Verteilung, Verkauf, Verladung und Versand in der Stein- und Braunkohlenbergbauindustrie übertragen; vgl. Vogel, Westdeutschland II S. 232–241; NZ 21. 11. 1947. S. MWi 14014.
5Staatsminister Dr. Kraus erklärt sich mit diesem Vorschlag einverstanden, worauf der Ministerrat beschließt, die Angelegenheit zunächst zurückzustellen.48
48Zum Fortgang s. Nr. 63 TOP IV.
49Vgl. Nr. 27 TOP II. S. Marb-Landesflüchtlingsverwaltung 868/I und 1202.
1Staatssekretär Jaenicke teilt mit, die Lage in Grafenwöhr habe sich sehr zugespitzt, nachdem die Militärregierung nunmehr die Räumung bis 1. März verlangt habe. Von dieser Räumung würden insgesamt 1000 Personen betroffen.
2Der Landesdirektor der Militärregierung für Bayern habe sich sehr eingesetzt und erreicht, daß eine Untersuchung über die dortigen Verhältnisse vorgenommen werde. Daß hier die Militärregierung die Interessen der einheimischen Bevölkerung vertrete, könne als großer Fortschritt betrachtet werden. Allerdings liege die Entscheidung bei der Truppe und wenn diese nein sage, müsse die Räumung bis 1. März durchgeführt werden. Das bedeute praktisch, daß man, wenn überhaupt, nur die Menschen unterbringen könne, die dann gezwungen seien, ihr Vieh und Mobiliar zu verkaufen.
3Staatsminister Dr. Schlögl gibt dazu noch bekannt, am Montag den 7. 2. begebe sich ein Beauftragter von ihm nach Grafenwöhr, um die Unterbringung des Viehs zu prüfen.
Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Generalsekretär des
Ministerrats
In Vertretung
gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg
Regierungsdirektor
Der Leiter der
Bayerischen Staatskanzlei
gez.: Dr. Anton Pfeiffer
Staatsminister