3Vgl. Nr. 56 TOP I.
1Staatsminister Dr. Seidel berichtet zunächst über die bisherige Entwicklung seit dem Eintreffen des Schreibens des Direktors der Militärregierung für Bayern vom 20. 12. 1948 über die Einführung der Gewerbefreiheit.4 Bekanntlich seien von der unbeschränkten Gewerbefreiheit lediglich 6 Gruppen von Gewerbebetrieben ausgenommen worden.5 Ein bayerisches Gesetz sei in seinem Ministerium zwar ausgearbeitet,6 dem Landtag aber bisher noch nicht vorgelegt worden,7 da immer noch mit einer bizonalen Regelung habe gerechnet werden müssen.8 Aller Voraussicht nach werde aber wohl eine derartige Regelung nicht zustande kommen, da die britische Zone eigene Wege gehe. Vorläufig habe das Wirtschaftsministerium durch eine Ministerialentschließung vom 31. 1. 499 insoweit eine Klärung herbeigeführt, daß ein praktisches Arbeiten der unteren Dienststellen im Rahmen der amerikanischen Anordnung gewährleistet sei. Die Berichte aus dem Land zeigten, daß man vorläufig mit dieser Entschließung durchkomme.10
4Gemeint ist Van Wagoner an Ehard, 18. 12. 1948, das Ehard am 20. 12. 1948 zugegangen war (StK-GuV 92 und NL Ehard 1348); Abdruck in Nr. 54 TOP I Anm. 4 sowie in BBd.
III Nr. 2468 .5Vgl. Nr. 56 TOP I Anm. 11.6Vgl. Nr. 52 TOP V und Nr. 54 TOP I.7Vgl. Anm. 11.8Vgl. Nr. 55 TOP I.9Entschließung des StMWi, 31. 1. 1949, an die Regierungen, die Landräte und die Stadträte der kreisunmittelbaren Städte betr. Gewerbefreiheit (5 S.) (StK-GuV 92). Seidel übersandte sie MPr. Ehard, 1. 2. 1949, mit folgendem Begleitschreiben (ebd.): „In der Sache ‚Gewerbefreiheit‘ habe ich im Hinblick auf den derzeitigen Sachstand in Frankfurt die im Abdruck mitfolgende Weisung v. 31. 1. 1949 an die Zulassungsbehörden hinausgegeben, die den dringenden Bedürfnissen der Praxis nach Klärung zahlreicher Zweifelsfragen entgegenkommen soll. Wenn auch die Frage des sog. kleinen Befähigungsnachweises (Befugnis zur Führung des Meistertitels und zur Lehrlingshaltung) mit der Zulassung von Gewerbebetrieben nicht unmittelbar zusammenhängt, so glaubte ich mit Rücksicht auf die Einstellung der Handwerker diese Einrichtung doch ausdrücklich als vorerst weiterbestehend erklären zu sollen.“ Vgl. ferner Van Wagoner an Ehard, 5. 4. 1949 (StK-GuV 92 und StK 30830). Darin gab die Militärregierung nähere Erläuterungen zu ihrer Direktive über das Gewerbezulassungswesen, 18. 12. 1948. Im Vollzuge dieser neuerlichen Weisungen erließ das StMWi unter Aufhebung der ME vom 31. 1. 1949 eine neue Ministerialentschließung, 13. 4. 1949, betr. Gewerbefreiheit, an die Regierungen, Landräte und Stadträte der kreisfreien Städte, Bayer. Staatsanzeiger 29. 4. 1949.10Vgl. Niederschrift über die Sitzung des Stadtrats der Stadt Nürnberg, 2. 3. 1949, betr. Gewerbefreiheit. Darin hieß es u.a.: „Seit der Wiedereinführung der Gewerbefreiheit ist eine außerordentliche Zunahme der Anträge festzustellen. Während 1948 der monatliche Durchschnitt bei 210 Gewerbezulassungsanträgen lag, waren es im Januar 1949 549 und im Februar 1837 Anträge. Diese Anmeldungen und Anträge verteilen sich auf den Großhandel mit 364, Industrie 143, Einzelhandel 785, Handwerk 686 und Handelsvertreter 408. Besonders stark ist der Andrang zum ambulanten Gewerbe. Während in den Jahren 1946/48 durchschnittlich 205 Stadthausierscheine und 626 Wandergewerbescheine ausgestellt wurden, waren es in den beiden ersten Monaten des Jahres 1949 bereits 290 Stadterlaubnis- und 527 Wandergewerbescheine. Zum Schluß seiner Ausführungen gibt der Referent der Hoffnung Ausdruck, daß recht bald durch den Erlaß eines Gesetzes Klarheit über das künftige Gewerberecht geschaffen wird“; vgl. Nürnberg 1945–1949 Teil III S. 1220.
2Neuerdings sei nun dem Bayer. Landtag ein hauptsächlich von Abgeordneten, die aus dem Handwerk stammten, ausgearbeiteter Initiativ-Gesetzentwurf vorgelegt worden,11 der im Wirtschaftsausschuß beraten werde.12 Er halte es für das zweckmäßigste, daß der Ministerpräsident nun an die Militärregierung ein Schreiben ungefähr des Inhalts richte, daß der Bayer. Landtag die Initiative ergriffen habe und einen entsprechenden Gesetzentwurf berate; die Staatsregierung werde sachkundige Referenten zur Verfügung stellen, um dem Landtag Anregungen zu geben, wie sich dieser Gesetzentwurf im Rahmen der Richtlinien der amerikanischen Militärregierung halten könne. Außerdem habe die Bayer. Staatsregierung von sich aus einen Gesetzentwurf vorbereitet, der den Richtlinien der Militärregierung Rechnung trage. Was den Initiativ-Gesetzentwurf selbst betreffe, so unterscheide sich dieser nicht wesentlich von dem Entwurf seines Ministeriums, allerdings mit einer wichtigen Ausnahme: Er sehe nämlich in Art. 3 die Beibehaltung des sog. großen Befähigungsnachweises vor.13
11Die CSU-Fraktion hatte als Dringlichkeitsantrag, 10. 2. 1949, den Entwurf eines Gesetzes über Gewerbefreiheit (Gewerbefreiheitsgesetz) mit Begründung vorgelegt; vgl. BBd.
III Nr. 2221 .12Vgl. zu den Beratungen des Wirtschaftsausschusses die Vormerkung von Gumppenberg, 19. 2. 1949, für Ehard (NL Ehard 1454).13Art. 3 des Initiativgesetzentwurfs lautete (BBd.
III Nr. 2221 ): „(1) Der selbständige Betrieb eines Handwerks ist jedermann gestattet, der die Meisterprüfung in dem einschlägigen oder einem verwandten Handwerk vor einem staatlichen Prüfungsausschuß bestanden hat. § 133 der Gewerbeordnung gilt mit der Maßgabe, daß das Staatsministerium für Wirtschaft die Prüfungsordnung erläßt. (2) In besonderen Fällen kann jemand ohne Meisterprüfung zum selbständigen Betrieb eines Handwerks zugelassen werden, namentlich wenn infolge mehrjähriger Tätigkeit in einem einschlägigen oder einem verwandten Handwerks- oder Industriebetrieb eine ausreichende sachliche Eignung anzunehmen ist. (3) Wer den selbständigen Betrieb eines Handwerks beginnt, hat gleichzeitig mit der nach § 14 Abs. 1 der Gewerbeordnung zu erstattenden Anzeige die Betriebseröffnung der Handwerkskammer zwecks Eintragung in die Handwerksrolle mitzuteilen.“ Dazu hieß es in der Vormerkung von Gumppenberg, 19. 2. 1949, die Ehard zu dieser Sitzung vorlag, unter 4.): „Das bedenkliche bei dem Initiativentwurf scheint mir zu sein, daß ein Gewerbefreiheitsgesetz mit großem Befähigungsnachweis keinesfalls die Zustimmung der Militärregierung finden wird. Entweder kann der Landtag mit den Stimmen der CSU das Gesetz trotzdem durchbringen mit der Wirkung, daß es von der Militärregierung aufgehoben wird oder Verhandlungen mit dieser lassen schon vorher seine Undurchführbarkeit erkennen. In diesem Fall müßte wohl auf den Regierungsentwurf zurückgegriffen werden. Dann könnte aber eine sehr peinliche Situation dadurch entstehen, daß die Militärregierung die bis auf wenige Ausnahmen wörtliche Identität von Regierungs- und Landtagsentwurf feststellen müßte. Unter Umständen könnte dann mit Recht gesagt werden, das Wirtschaftsministerium betreibe eine doppelte Politik und versuche, seinen Standpunkt über den Landtag durchzusetzen“ (NL Ehard 1454).
3Nach kurzer Beratung wird beschlossen, das von Herrn Staatsminister Dr. Seidel vorgeschlagene Schreiben an die Militärregierung zu richten, mit der Maßgabe, daß noch hinzugefügt werde, das Wirtschaftsministerium habe einen Entwurf ausgearbeitet, den es dem Wirtschaftsausschuß des Bayer. Landtags zuleiten werde, um dessen Beratungen im Sinne der Richtlinien der Militärregierung zu beeinflussen.
4Staatsminister Dr. Seidel erklärt noch, er werde den Entwurf dieses Schreibens ausarbeiten lassen und dem Herrn Ministerpräsidenten vorlegen.14
14Vgl. Seidel an StK, 4. 3. 1949, mit dem Formulierungsvorschlag für das Schreiben des MPr. an die Militärregierung; ferner Ehard an Van Wagoner, 5. 3. 1949, betr. Zulassung neuer gewerblicher Unternehmungen: „Auf Ihr Schreiben vom 28. Januar 1949 [Bolds an Ehard, 28. 1. 1949, betr. Lizenzierung gewerblicher Unternehmungen; ebd.] beehre ich mich mitzuteilen, daß die CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag den Entwurf eines Gesetzes über Gewerbefreiheit vorgelegt und dadurch der Landtag die Initiative ergriffen hat. Abschriften dieses Antrags füge ich in der Anlage bei. Das Bayer. Staatsministerium für Wirtschaft wird bei den kommenden Beratungen im Wirtschaftsausschuß des Landtags durch seine Referenten dahingehend Einfluß nehmen, daß eine tunlichste Übereinstimmung des beantragten Gesetzesvorschlages mit den Richtlinien der Militärregierung, wie sie mit dortigem Schreiben vom 18. 12. 1948 mitgeteilt wurden, erreicht wird. Das genannte Ministerium hat am 6. 2. 1949 einen neuen Entwurf eines Gewerbefreiheitsgesetzes fertiggestellt, von dem es annimmt, daß er sich im Rahmen der Richtlinien der Militärregierung hält. Abschrift dieses Entwurfs samt Begründung liegt gleichfalls an. Er soll bei den erwähnten Ausschußverhandlungen in irgendeiner Form in den dem Landtag vorliegenden Gesetzesvorschlag der CSU-Fraktion eingebaut werden“; als Anlage der Entwurf eines Gewerbefreiheitsgesetzes mit dem hs. Vermerk „Entwurf des Referenten RegDir Kratzer“ (StK-GuV 92). Zum Fortgang s. Nr. 70 TOP IV.
15Vgl. dazu die ungezeichnete Vormerkung für Ehard, 19. 2. 1949 (NL Ehard 1454).
1Ministerialdirektor Ritter v. Lex
16 referiert über den Gesetzentwurf,17 der u.a. in Art. 1 vorsehe, daß hauptamtliche Landräte und hauptamtliche Bürgermeister nach Annahme der Wahl für die Dauer ihrer Amtszeit Beamte im Sinne des Bayer. Beamtengesetzes vom 28. Okt. 1946 seien, ohne daß es der Aushändigung einer Ernennungsurkunde bedürfe. § 4 sehe vor, daß das B. Staatsministerium des Innern im Benehmen mit dem Finanzministerium die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlichen Verwaltungs- und Rechtsvorschriften erlasse.16Hans Ritter von Lex (1893–1970), Jurist, Stipendiat der Stiftung Maximilianeum, 1921 Eintritt in die bayer. Staatsverwaltung, 1923–1927 Bezirksamtmann Rosenheim, 1927–1933 RR im StMUK, 1932/33 MdR (BVP), 1931–1933 Führer der Bayernwacht, September 1933 bis 1945 als RR, ab Dezember 1933 als ORR im Reichsinnenministerium (Vorbereitung der Olympischen Spiele, Zivilschutz), 15. 6.-4. 10. 1945 Ministerial Collecting Center US Group Central Council in Fürstenhagen bei Kassel, 1. 7. 1946 MinRat StMI, 1. 10. 1947 MinDirig StMI (vgl. Nr. 2 TOP XVI), 1. 5. 1948 MD StMI (vgl. Nr. 37 TOP IV), ab 17. 10. 1949 als MD abgeordnet ins BMI, 1. 8. 1950 – 1960 Staatssekretär im BMI (CSU), 1961–1967 Präsident des Dt. Roten Kreuzes. Vgl. Bauer, Flüchtlinge S. 127f. Zu den Bemühungen MPr. Schäffers, Lex 1945 zum StMI zu berufen, vgl. Protokolle Schäffer S. 29; ferner Dierker.
17Das StMI hatte den Entwurf am 5. 1. 1949 den Ressorts mit Begründung zugeleitet; Exemplar in MSo 52.
2Der Art. 5, demzufolge das Gesetz rückwirkend am 1. 2. 1948 in Kraft trete, habe Bedenken des B. Staatsministeriums der Justiz zur Folge gehabt. Wenn das B. Staatsministerium des Innern diese Bedenken auch nicht in vollem Umfang teile, so habe es diesem doch Rechnung getragen und schlage folgende Änderungen vor:
3„Art. 5
4Landräte und Bürgermeister sowie deren Stellvertreter, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes gegen ihre Amtspflichten verstoßen haben, verlieren mit dem 1. 4. 1949 ihr Amt, wenn die Verfehlung nach dem Bayer. Beamtengesetz und der Dienststrafordnung18 eine Entfernung aus dem Dienst rechtfertigen würde. Über das Vorliegen dieser Voraussetzung entscheidet auf Antrag der Aufsichtsbehörde die zuständige Dienststrafkammer.18Vgl. Protokolle Ehard I Nr. 26 TOP VIII
.
5Art. 6
6Dieses Gesetz ist dringlich. Es tritt mit dem 1. 4. 1949 in Kraft.“
7Der Ministerrat beschließt sodann, dem Gesetzentwurf in der abgeänderten Form zuzustimmen.19
19MPr. Ehard leitete den Entwurf eines Gesetzes über die beamten- und dienststrafrechtliche Stellung der Landräte und Bürgermeister am 24. 2. 1949 dem Landtagspräsidenten mit Begründung zu; vgl. BBd.
III Nr. 2247 . Der Rechts- und Verfassungsausschuß des Landtags beantragte am 25. 3. 1949 die Zustimmung des Plenums zu einer wesentlich geänderten Fassung des Entwurfs; vgl. BBd.
III Nr. 2339 . Der Landtag stimmte dem Entwurf in dieser Fassung am 6. 4. 1949 zu; vgl. BBd.
III Nr. 2363 . Nachdem der Senat Einwendungen erhoben hatte (BBd.
III Nr. 2434 ), beschloß der Landtag, 18. 5. 1949, diesen lediglich zu Art. 9 Rechnung zu tragen; BBd.
III Nr. 2477 . – Gesetz über die beamten- und dienststrafrechtliche Stellung der Landräte und Bürgermeister vom 30. Mai 1949 (GVBl. S. 119
). Mit Befehl Nr. 23 erklärte die Militärregierung Art. 8 des Gesetzes für nichtig; OMGB 17/174–2/2.
20Am 7. 2. 1949 hatte StMELF Schlögl den Kabinettsmitgliedern den Entwurf mit Begründung zugeleitet (StK-GuV 750).
1Staatsminister Dr. Schlögl begründet kurz die Notwendigkeit des Gesetzentwurfs, der im wesentlichen eine Vereinfachung der Flurbereinigung21 zum Ziele habe.21S. Hundert Jahre Flurbereinigung in Bayern.
2Staatsminister Dr. Kraus erklärt, er habe noch keinen Überblick über die finanziellen Auswirkungen des Gesetzes und könne deshalb seine Zustimmung noch nicht endgültig erteilen.
3Auf Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten wird sodann beschlossen, dem Gesetzentwurf grundsätzlich zuzustimmen, die Zuleitung an den Bayer. Landtag aber solange noch zurückzustellen, bis diese Frage vom Landwirtschaftsministerium im Benehmen mit dem Finanzministerium geklärt sei.22
22Am 26. 2. 1949 bat die StK das StMF um schriftliche Mitteilung, ob es nach der Besprechung mit dem StMELF nunmehr mit der Weiterleitung des Entwurfs in der Form der Vorlage vom 7. 2. 1949 an den Landtag einverstanden sei. Am 3. 3. 1949 vermerkte RegDir von Gumppenberg hs.: „Herr Finanzminister hat heute im Ministerrat mündlich zugestimmt“ (StK-GuV 750). Das Protokoll der Ministerratssitzung (Nr. 59) vermerkt diese Zustimmung nicht.
4Diese Zustimmung erfolgt unter der Maßgabe, daß in § 1 Satz 2 das Wort „nichts“ durch „nicht“, ferner in § 2 Satz 2 die Worte „für sie“ durch das Wort „dafür“ ersetzt werde.23
23Ehard leitete den Entwurf eines Gesetzes über die Zusammenlegung von landwirtschaftlichen Grundstücken (Arrondierungsgesetz) am 4. 3. 1949 dem Landtagspräsidenten mit Begründung zu; vgl. BBd.
III Nr. 2292 . Am 6. 4. 1949 beschloß der Landtag den Entwurf mit geringfügigen Änderungen; vgl. BBd.
III Nr. 2365 . – Gesetz über die Zusammenlegung von landwirtschaftlichen Grundstücken (Arrondierungsgesetz) vom 10. Mai 1949 (GVBl. S. 112
).
24S. im Detail StK-GuV 7 und NL Ehard 1318.
1Staatsminister Dr. Kraus begründet die Notwendigkeit des Gesetzentwurfs damit, daß das Gesetz Nr. 50 über die Errichtung der Landeszentralbank von Bayern vom 27. 11. 4625 in verschiedenen Punkten dem Gesetz Nr. 60 der amerikanischen Militärregierung über die Errichtung der Bank Deutscher Länder26 und dem 3. Gesetz zur Geldreform (Umstellungsgesetz)27 angepaßt werden müsse. Darüber hinausgehende Neuerungen sollten durch das neue Gesetz nicht bezweckt werden. Es sei im übrigen notwendig, den Frankfurter Bestrebungen, immer größeren Einfluß auf die Kreditpolitik der Länder auszuüben, entgegenzuarbeiten. Man müsse auch verhindern, daß die Staatsbank28 zurückgedrängt und der Aufsicht der Landeszentralbank unterstellt werde. Die in dem vorliegenden Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen seien aber notwendig. Die Landeszentralbank selbst habe sich damit einverstanden erklärt.25Gesetz Nr. 50 über die Errichtung der Landeszentralbank von Bayern vom 27. November 1946 (GVBl. S. 329
); zur Entstehung vgl. Protokolle Hoegner I Nr. 22 TOP VIII, Nr. 34 TOP VII, Nr. 35 TOP IV, Nr. 52 TOP VI, Nr. 53 TOP XIX und Nr. 54 TOP III
.26Gesetz Nr. 60 (abgeänderter Text) Errichtung der Bank deutscher Länder, Militärregierung – Deutschland (Amerikanisches Kontrollgebiet) vom 1. November 1948 (GVBl. S. 251
).27Gesetz Nr. 63 Drittes Gesetz zur Neuordnung des Geldwesens (Umstellungsgesetz) vom 27. Juni 1948 (GVBl. S. 216
).28Vgl. Die Bayerische Staatsbank.
2Staatsminister Dr. Seidel wünscht, den Entwurf noch eingehend prüfen zu können und deshalb die Vorlage an den Landtag vorläufig zu verschieben.
3Der Ministerrat beschließt sodann, dem Gesetzentwurf zuzustimmen, die Vorlage an den Landtag aber erst nach Eintreffen der Äußerung des Wirtschaftsministeriums vorzunehmen.29
29Stattdessen erging zur Änderung und Vereinheitlichung der Gesetze über die Errichtung der Landeszentralbanken das Gesetz Nr. 66 der Militärregierung – Deutschland (Amerikanisches Kontrollgebiet) Landeszentralbanken vom 4. Mai 1949 (GVBl. S. 98
). Durch das Gesetz Nr. 66 wurde u. a. das Gesetz Nr. 50 über die Errichtung der Landeszentralbank von Bayern vom 27. November 1946 außer Kraft gesetzt.
30Vgl. Nr. 56 TOP V.
1Staatsminister Dr. Ankermüller teilt mit, am nächsten Freitag, den 25. Februar 1949 werde eine eingehende Besprechung mit sämtlichen Ministerien über die Feiertagsregelung stattfinden und dann dem Ministerrat eine entsprechende Vorlage zugehen. Es sei aber notwendig, schon jetzt die Regelung für den Josefstag am 19. März zu besprechen. Man beabsichtige, diesen Tag zum gesetzlichen Feiertag für Orte mit überwiegend katholischer Bevölkerung zu machen.31
31Zum Fortgang s. Nr. 59 TOP IV.
2Ministerpräsident Dr. Ehard weist darauf hin, daß die Verabschiedung dieses Gesetzes in allernächster Zeit dringend notwendig sei. Er sei gerne bereit, an der endgültigen Besprechung im kleineren Kreis teilzunehmen. Seines Erachtens müsse aber das Gesetz bis 19. 3. 1949 verabschiedet sein. Außerdem müsse er darauf hinweisen, daß sowohl die Urlaubsregelung32 wie die zahlreichen Feiertage in Bayern eine besondere Belastung der bayerischen Wirtschaft darstellten,33 eine Frage, über die man sich auseinandersetzen müsse. Er halte es für zweckmäßig, eine Aufstellung über die Verhältnisse in den anderen Ländern zu machen.34
32Vgl. Nr. 32 TOP IV, Nr. 34 TOP III und Nr. 39 TOP XI.33Vgl. Wirtschaftsminister Seidel in Nr. 34 TOP III. S. im Detail StK-GuV 723.34Vgl. diese Aufstellung als Anlage zu dem am 22. 3. 1949 dem Landtagspräsidenten zugeleiteten Entwurf eines Gesetzes über den Schutz der Sonn- und Feiertage in: BBd.
III Nr. 2337 . Vgl. dazu ferner die Ausführungen im Protokoll der Konferenz des bayer. Episkopats, 23. 3. 1949, Hürten, Faulhaber III S. 459: „Ein Entwurf aus dem Bayerischen Kultusministerium vom 2. März zu staatlichen Regelung der Sonn- und Feiertage wird zur Kenntnis gebracht und besprochen. Bei den gegenwärtigen Bemühungen der Industrie und der Gewerkschaften, die kirchlichen Feiertage möglichst zu verringern, muß die Bereitschaft der Bayerischen Staatsregierung anerkannt werden, den Wünschen der Kirche entgegenzukommen. In den Verhandlungen soll vor allem möglichst erreicht werden, daß der Fronleichnamstag ähnlich wie der Karfreitag nicht nur in überwiegend katholischen Gemeinden, sondern für das ganze Land gesetzlicher Feiertag wird. Der 1. Mai ohne Feiertagscharakter.“
3Der Ministerrat beschließt sodann, die Neuregelung solange zurückzustellen, bis die Vorlage an den Ministerrat erfolgt sei.35
35Zum Fortgang s. Nr. 59 TOP IV.
36Vgl. Nr. 45 TOP VIII.
1Staatsminister Dr. Schlögl berichtet über den derzeitigen Stand der Schulspeisung37 und weist darauf hin, daß die von der amerikanischen Militärregierung zugesagte unentgeltliche Lieferung von Lebensmitteln für diesen Zweck noch nicht erfolgt sei. Infolgedessen hätten sich erhebliche Schwierigkeiten bezüglich der Finanzierung der Schulspeisung erhoben.37Vgl. Schlögl an OMGB, Director Food, Agriculture and Forestry Division, 9. 3. 1949 (ML 10708). Vgl. ferner zum Landkreis Wunsiedel Reinhart S. 472ff.
2Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, die Angelegenheit zunächst noch zurückzustellen, da sie noch nicht völlig geklärt sei und möglichst bald eine Besprechung zwischen Landwirtschafts-, Innen-, Finanz- und Kultusministerium herbeizuführen. Seiner Ansicht nach sollte man wenn irgend möglich die notwendigen Zuschüsse geben, der Staat sei aber nicht in der Lage, die gesamten Mittel zur Verfügung zu stellen.38
38Zum Fortgang s. Nr. 60 TOP V.
39Vgl. Nr. 42 TOP IV.
1Staatsminister Krehle teilt mit, der Vermittlungsversuch des Arbeitsministeriums sei gescheitert.40 Wenn bis Mittwoch, den 23. 2. 49 keine Einigung zustande komme, was im übrigen kaum zu erwarten sei, werde den Arbeitern der Metallindustrie mit Wirkung zum 14. 3. 49 gekündigt werden. Es handle sich dabei um ca. 150000 Arbeiter. Politische Hintergründe könne man bei diesen Streiks nicht annehmen. Es handle sich wohl durchwegs um echte lohnpolitische Auseinandersetzungen.41
40Vgl. Krehle an Ehard, 18. 2. 1949 (StK 14741).41Am 25. 2. 1949 konnte Krehle Ehard berichten, daß es dem Vermittler des StMArb, MD Oechsle, am 24. 2. 1949 doch noch gelungen sei, eine Vereinbarung zwischen dem Verein der Bayer. Metall-Industrie und der Industriegewerkschaft Metall herbeizuführen; vgl. Krehle an Ehard, 25. 2. 1949; in der Anlage Abschrift der Vereinbarung. Vgl. ferner Ehard an Oechsle, 28. 2. 1949: „Mit großer Befriedigung habe ich vernommen, daß es Ihnen nun endgültig doch gelungen ist, eine Vereinbarung zwischen dem Verein der bayerischen Metallindustrie und der Industriegewerkschaft Metall herbeizuführen. Damit ist ein Lohnkonflikt, der für die gesamte bayerische Wirtschaft zu höchst nachteiligen Folgen geführt hätte, beigelegt worden. Ich danke Ihnen persönlich und im Namen der bayerischen Staatsregierung für Ihre unermüdliche und verständnisvolle Tätigkeit und spreche Ihnen meine vollste Anerkennung aus“ (StK 14741); „Streik als demokratisches Mittel. Mehr guter Wille und weniger Taktik“ NZ 10. 3. 1949. Zur ersten großen Arbeitsniederlegung kam es in Bayern erst im Zuge des Metallarbeiterstreiks im August 1954; vgl. Gelberg, Kriegsende S. 812f.
42Vgl. Nr. 49 TOP IX und Nr. 51 TOP XI.
1Auf Vorschlag von Staatsminister Dr. Ankermüller wird beschlossen, die Frage der Errichtung von Spielbanken in Bayern im nächsten Ministerrat zu besprechen.43
43Zum Fortgang s. Nr. 67 TOP XII.
1Staatsminister Frommknecht ersucht das Kabinett, der Übernahme des Oberprüfungsamtes für die höheren technischen Beamten auf den Haushalt der Verwaltung für Verkehr zuzustimmen. Diese Regelung sei im Interesse der bayer. Beamten, die beim Weiterbestehen eines eigenen Prüfungswesens in Bayern außerhalb Bayerns abgelehnt würden.
2Staatsminister Dr. Kraus äußert Bedenken und erklärt, bis 1936 habe ein solches Prüfungsamt nicht bestanden. Er halte dies überhaupt für eine überflüssige Einrichtung.
3Die Angelegenheit wird sodann zur nochmaligen Prüfung durch Verkehrs- und Finanzministerium zurückgestellt.
1Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, die Militärregierung habe zu einer Bürgerversammlung am 5. 3. 1949 im Löwenbräukeller44 in München eingeladen, bei der Mr. Schweizer45 sprechen werde.46 Er schlage vor, daß die Kabinettsmitglieder selbst an der Veranstaltung nicht teilnehmen,47 sich aber durch Referenten vertreten lassen sollten.48
44Lt. Einladung (NL Ehard 1589) und SZ fand die Veranstaltung im „Bürgerbräukeller“ statt.45Albert C. Schweizer (1900–1949), Stadtplaner, 1945 Verwaltungsoffizier bei der MG für Schwaben, August 1945 Chief Administration and Local Government Section RMG, 1946 – 21. 9. 1949 Director Civil Administration Division (CAD) OMGB, September/Oktober 1949 Director Political Affairs Division des Land Commissioner for Bavaria, 8. Oktober 1949 Opfer eines Autounfalls in Bayern. – Schweizer war einer der einflußreichsten Offiziere von OMGB und in den Jahren 1945–1949 zentraler Ansprechpartner aller bayer. Regierungen; vgl. Protokolle Schäffer S. 92f. Seine einflußreiche Stellung innerhalb von OMGB dokumentiert auch die Berichterstattung der SZ 1948: u.a. „Um die Reform des Berufsbeamtentums“, SZ 3. 4. 1948 (Stellungnahme und Photo Schweizers) sowie dessen Kommentar über Radio München zum neuen bayer. Gemeindewahlrecht, SZ 17. 4. 1948. Vgl. zu seinem Tode Nr. 81 TOP VI.46Bürgerversammlungen waren ein ganz zentrales Element der Demokratisierungspolitik der amerikanischen Militärregierung. Sie sollten die deutsche Bevölkerung zur aktiven und kritischen Beteiligung an ihrem Gemeinwesen erziehen; vgl. generell künftig Latzin; Schlemmer, McCloys Botschafter S. 272f. Bei der Bürgerversammlung mit Schweizer handelte es sich offenbar um eine Auftaktveranstaltung. „Parteireden statt Aussprache. Die erste Bürgerversammlung mißglückt/Fragen blieben unbeantwortet“, SZ 8. 3. 1949. Danach war Schweizer an der Teilnahme verhindert, sein Vortrag zum Thema „Wiederaufbau in Deutschland“ wurde verlesen; „Weg zu gegenseitigem Verständnis. Bürgerversammlungen sollen politisches Leben auflockern“ NZ 26. 3. 1949. Vgl. die in der Bewertung kritische Vormerkung Gumppenbergs für Ehard über diese Bürgerversammlung am 5. 3. 1949 (4 S.) (NL Ehard 1589) sowie zur Vorbereitung dieser Veranstaltung von amerikanischer Seite OMGB 10/86–1/9. S. ferner die Ansprache Van Wagoners im Juni 1949 auf einer Bürgerversammlung in Kelheim; Gelberg, Quellen S. 68–74; ferner zu Bürgerversammlungen in Arbeiten mit lokalem Bezug Frei S. 73ff. (hier bereits 1946); Schott S. 141–146 und Grypa S. 58.47Schweizer hatte die Minister persönlich eingeladen; vgl. die Einladung an StMELF Schlögl in: ML 10708.48Zum Fortgang s. Nr. 59 TOP XI.
49Vgl. Protokolle Ehard II (Band 1 1947/1948) Einleitung S. CXI.
1Stv. Ministerpräsident Dr. Müller berichtet über folgende Todesurteile, bei denen das Kabinett über die Vollstreckung oder Begnadigung zu beschließen habe:50
50Die Aussage des Satzes ist unpräzise. In Nr. 26 TOP XI hatte MPr. Ehard bei der Beratung eines Begnadigungsfalles die Formulierung „Der Ministerrat beschließt“ hs. in „Der Ministerrat befürwortet“ abgeändert, da das Begnadigungsrecht nicht vom Ministerrat, sondern vom Ministerpräsidenten (Art. 47 (4) BV) allein ausgeübt wird. Nur um den Vollzug der Todesstrafe anzuordnen, benötigte er die Bestätigung der Staatsregierung.
21. Therese Dorr, geb. 17. 7. 191251 und Georg Mederer, geb. 15. 6. 1894,52
51Therese Dorr (1912–1971), Schreinerswitwe; durch Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth, 30. 7. 1947, wegen eines Verbrechens der Anstiftung zu einem Verbrechen des Mordes zum Tode verurteilt. Vgl. die Entschließung des MPr., 23. 2. 1949, betr. Umwandlung der Todesstrafe für Therese Dorr in eine lebenslange Zuchthausstrafe (StMJu, Gnadenakt Dorr).52Georg Mederer (1894–1966), Maurer; durch Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth, 17. 3. 1948, wegen Mordes zum Tode verurteilt. Vgl. die Entschließung des MPr., 23. 2. 1949, betr. Umwandlung der Todesstrafe für Georg Mederer in eine lebenslange Zuchthausstrafe (StMJu, Gnadenakt Mederer).
32. Maria Meixner, geb. 12. 2. 1927,53
53Maria Meixner, geb. 1927, Arbeiterin; durch Urteil des Landgerichts Bamberg, 18. 7. 1947, wegen Mordes zum Tode verurteilt. Vgl. die Entschließung des MPr., 24. 2. 1949, betr. Umwandlung der Todesstrafe für Maria Meixner in eine lebenslange Zuchthausstrafe (StMJu, Gnadenakt Meixner).
43. Ernst Gustav Hädelt,54 geb. 2. 11. 1922.55
54In der Vorlage fälschlich „Haedelt“.55Gustav Hädelt (1922–1959), Zimmermann; durch Urteil des Landgerichts Bayreuth, 13. 7. 1948, wegen Mordes in Tateinheit mit besonders schwerem Raub zum Tode verurteilt. Hädelt hatte am Karfreitag, 26. 3. 1948, nach einem 3 Tage vorher gefaßten Plan einen ihm persönlich bekannten Lagerarbeiter vorsätzlich und mit Überlegung sowie aus niedrigen Beweggründen durch mehrere Beilhiebe getötet und seiner Habseligkeiten beraubt. Vgl. die Entschließung des MPr., 24. 2. 1949, betr. Umwandlung der Todesstrafe für Gustav Hädelt in eine lebenslange Zuchthausstrafe (StMJu, Gnadenakt Hädelt).
5Nach kurzer Beratung beschließt der Ministerrat einstimmig die Begnadigung von Dorr, Mederer und Meixner, mit allen gegen eine Stimme die Begnadigung des Ernst Gustav Hädelt.56
56Zum Fortgang s. Nr. 59 TOP VI.
Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Generalsekretär des
Ministerrats
In Vertretung
gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg
Regierungsdirektor
Der Leiter der
Bayerischen Staatskanzlei
gez.: Dr. Anton Pfeiffer
Staatsminister