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Nr. 79MinisterratssitzungFreitag,23. September 1949 Beginn: 10 Uhr Ende: 12 Uhr
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Hans Ehard, Justizminister Dr. Müller, Innenminister Dr. Ankermüller, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Krehle, Staatssekretär Fischer (Innenministerium-Oberste Baubehörde), Staatssekretär Geiger (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Sedlmayr (Verkehrsministerium), Ministerialdirektor Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Forstmeister Dr. Ferst.

Entschuldigt:

Kultusminister Dr. Hundhammer, Finanzminister Dr. Kraus, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Verkehrsminister Frommknecht, Staatsminister Dr. Pfeiffer, Staatssekretär Dr. Schwalber (Innenministerium), Staatssekretär Jaenicke (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Sattler (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Müller (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Grieser (Arbeitsministerium), Staatssekretär Sühler (Landwirtschaftsministerium).

Tagesordnung:

I. Gesetz zur Änderung des Rechtsmitteländerungsgesetzes und zur Änderung des Gesetzes Nr. 124. II. Gesetz zur Abwicklung der landwirtschaftlichen Entschuldung. III. Verordnung über die Umgliederung von Teilen des gemeindefreien Forstbezirkes Saalachauen, Landkreis Berchtesgaden, in den Stadtkreis Bad Reichenhall. IV. Personalangelegenheiten. [V. Salinenforsten]. [VI. Max-Planck-Institut für Silikatforschung]. [VII. Benennung von zwei Ländervertretern für den Ausschuß für Kapitalverkehr]. [VIII. Siedlung Haar]. [IX. Fremdenverkehr]. [X. Autobahn Unterhaching].

I. Gesetz zur Änderung des Rechtsmitteländerungsgesetzes und zur Änderung des Gesetzes Nr. 124

Stv. Ministerpräsident Dr. Müller schlägt vor, diese Vorlage des Justizministeriums1 vorläufig nicht zu behandeln, weil im Zusammenhang mit ihr noch eine Reihe von Fragen bezüglich des Obersten Landesgerichts2 zu prüfen seien.

Der Ministerrat beschließt sodann, den Gesetzentwurf zurückzustellen.3

II. Gesetz zur Abwicklung der landwirtschaftlichen Entschuldung

Staatsminister Dr. Schlögl macht darauf aufmerksam, daß dieser Entwurf genau der bisherigen Verordnung zur Abwicklung der landwirtschaftlichen Entschuldung entspreche. Die Militärregierung habe aber zu der Verordnung ihre Zustimmung verweigert, so daß nunmehr ein Gesetz notwendig geworden sei. Der Entwurf selbst entspreche den Bestimmungen der britischen Zone und sei in der Arbeitsgemeinschaft zur Überprüfung der Agrargesetzgebung der VELF besprochen und gebilligt worden.

Der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Form zuzustimmen und ihn dem Bayerischen Landtag zuzuleiten.4

III. Verordnung über die Umgliederung von Teilen des gemeindefreien Forstbezirkes Saalachauen, Landkreis Berchtesgaden, in den Stadtkreis Bad Reichenhall

Staatsminister Dr. Schlögl ersucht, die Behandlung dieser Verordnung zurückzustellen und sie erst im nächsten Ministerrat vorzunehmen.5

IV. Personalangelegenheiten

Wiederernennung des ehem. Ministerialrats Ernst Fischer6

Ministerialdirektor Dr. Ringelmann begründet den Vorschlag des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen, den ehem. Ministerialrat Ernst Fischer, jetzigen Angestellten des Obersten Rechnungshofs, wieder zum Ministerialrat zu ernennen.

Nach kurzer Besprechung wird festgestellt, daß der Ministerrat nicht beschlußfähig sei, worauf die Behandlung der Angelegenheit bis zum nächsten Ministerrat zurückgestellt wird.7

[V.] Salinenforsten8

Forstmeister Dr. Ferst 9 im Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten führt aus, die wertvollen Salinenforsten des bayerischen Staates in Österreich, drei Fortstämter10 mit insgesamt 18000 ha, seien in äußerster Gefahr, da sie auf die Liste des deutschen Eigentums in Österreich gesetzt worden seien und nun unter Treuhänderschaft stünden. Bei den Besprechungen des Staatsvertrages mit Österreich hätten die Russen bezüglich des deutschen Eigentums Schwierigkeiten gemacht, worauf von amerikanischer Seite vorgeschlagen worden sei, deutsches Eigentum nicht mehr in deutsche Hände zurück zu übertragen. Die österreichischen Stellen selbst könnten in dieser Angelegenheit nicht viel tun.11

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, er halte es für notwendig, sofort Herrn Bundesminister Dr. Niklas12 zu unterrichten und ihn zu bitten, mit Herrn Bundeskanzler Dr. Adenauer zu sprechen.13 Jedenfalls müßten alle Möglichkeiten versucht werden, um doch noch etwas zu retten.

Forstmeister Dr. Ferst macht nochmals auf die Dringlichkeit der Sache aufmerksam und betont, es könnte sich evtl. um Tage handeln.14

[VI.] Max-Planck-Institut für Silikatforschung15

Ministerpräsident Dr. Ehard ersucht das Unterrichts- und Finanzministerium, die Sache weiter zu betreiben.

Staatssekretär Geiger regt an, auch das Wirtschaftsministerium, das besonders mit Rücksicht auf die Mineralien in der Oberpfalz an der Sache sehr interessiert sei, einzuschalten.

[VII.] Benennung von zwei Ländervertretern für den Ausschuß für Kapitalverkehr

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt ein Schreiben der Dienststelle Bonn der Bayerischen Staatskanzlei bekannt, wonach sich die Finanzminister der Länder geeinigt hätten, Herrn Minister Dr. Hilpert16 als Vertreter der amerikanischen Besatzungszone für den Ausschuß für Kapitalverkehr vorzuschlagen. Die Dienststelle Bonn bitte, möglichst bald die Zustimmung der bayerischen Staatsregierung mitteilen zu wollen.

Ministerialdirektor Dr. Ringelmann stellt fest, Minister Hilpert sei zwar vorgeschlagen, doch glaube er nicht, daß die Sache schon endgültig geregelt sei; angeblich seien noch gewisse Differenzen aufgetaucht. Er könne aber nichts Bestimmtes darüber sagen.

Staatssekretär Geiger schlägt vor, einen turnusmäßigen Wechsel von Vierteljahr zu Vierteljahr einzuführen, da seiner Ansicht nach auch Herr Staatsminister Dr. Seidel in diesem Ausschuß tätig werden müsse.

Der Ministerrat beschließt sodann, sich zunächst mit der Delegierung des Herrn Ministers Dr. Hilpert einverstanden zu erklären, wenn eine endgültige Einigung vorliege, im übrigen aber zu versuchen, einen turnusmäßigen Wechsel zu erreichen,

In diesem Zusammenhang ersucht Ministerialdirektor Dr. Ringelmann, die Ausfertigung der Ermächtigung für die Ausgabe von Pfandbriefen17 auf den 5. 9. 1949 zurück zu datieren.

Staatssekretär Geiger teilt dazu mit, das Wirtschaftsministerium habe bereits alles vorbereitet und die Ausfertigung durch den Herrn Ministerpräsidenten könne sofort erfolgen.

[VIII.] Siedlung Haar18

Staatsminister Dr. Schlögl teilt mit, in den letzten Tagen habe eine Besprechung über die Siedlung Haar stattgefunden, in der sich der Planungsausschuß einstimmig dahin geeinigt hätte, mit dem ersten Bauabschnitt der Siedlung zu beginnen.19 Der zweite Bauabschnitt, der Reihenhäuser vorsehe, sei Angelegenheit der Obersten Baubehörde. Was den dritten Abschnitt betreffe, so könne man damit wohl erst später anfangen. Die erforderlichen Kosten von 3 1/2 Millionen aufzubringen, sei möglich, ein Teil stehe bereits zur Verfügung und er hoffe, durch Einsparungen in seinem Etat weitere Mittel zu bekommen. Die Grundsteinlegung werde durch das Landwirtschaftsministerium und die Oberste Baubehörde vorbereitet und werde voraussichtlich Mitte Oktober stattfinden können. Alle ursprünglich erhobenen Bedenken seien in der Zwischenzeit bereinigt worden.

Ministerialdirektor Dr. Ringelmann stellt fest, daß Einsparungen im Landwirtschaftsetat in den allgemeinen Haushalt fließen müßten und nicht anderweitig verwendet werden dürften.

Staatssekretär Fischer erklärt, leider wisse er noch nicht, wie er die notwendigen Mittel für den zweiten Teil der Siedlung Haar aufbringen solle.

[IX.] Fremdenverkehr20

Staatssekretär Geiger berichtet, leider hätten sich sogar die bayerischen Mitglieder der Wiederaufbaubank21 gegen die Unterstützung des bayerischen Fremdenverkehrs durch Kredite ausgesprochen. Er habe deshalb zu einer Sitzung des Vorstands- und Aufsichtsrats der Wiederaufbaubank22 nach Bayern eingeladen und beabsichtige, am Samstag, den 1. Oktober, einen Empfang mit Kerzenbeleuchtung in Herrenchiemsee zu geben. Bei dieser Gelegenheit könne den auswärtigen Gästen eindrucksvoll vorgeführt werden, was der bayerische Fremdenverkehr zu leisten imstande sei. Er lade alle Mitglieder des Kabinetts herzlich ein, an dieser Veranstaltung teilzunehmen.23

[X.] Autobahn Unterhaching

Ministerialdirektor Dr. Ringelmann berichtet über die Sperrung der Autobahn nach Holzkirchen, die durch die Erweiterung des Flugplatzes Neubiberg notwendig geworden sei. Diese Maßnahme bedeute für eine Reihe von Siedlern, die ihre Häuser räumen mußten, eine außerordentliche Härte, zumal sie keinerlei Vergütung bekämen.24 Es sei dringend notwendig, die Besatzungsmacht dazu zu bringen, daß sie ihre Verpflichtung, Ersatz zu leisten, anerkenne. Die Kosten für die Umleitung der Autobahn könnten unmöglich aus Besatzungskosten aufgebracht werden.25

Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Generalsekretär des
Ministerrats
In Vertretung
gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg
Regierungsdirektor
Der Leiter der
Bayerischen Staatskanzlei
gez.: Dr. Anton Pfeiffer
Staatsminister