Ministerpräsident Dr. Hans Ehard, stv. Ministerpräsident Dr. Müller, Innenminister Dr. Ankermüller, Kultusminister Dr. Hundhammer, Finanzminister Dr. Kraus, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Krehle, Verkehrsminister Frommknecht, Staatsminister Dr. Pfeiffer, Staatssekretär Jaenicke (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Müller (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Grieser (Arbeitsministerium), Staatssekretär Geiger (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Sühler (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Sedlmayr (Verkehrsministerium); [zu TOP III auch MinRat Dr. Baer].
Staatssekretär Dr. Schwalber (Innenministerium), Staatssekretär Fischer (Innenministerium-Oberste Baubehörde), Staatssekretär Dr. Sattler (Kultusministerium).
Dr. Ehard erkundigt sich, wie es jetzt mit den Verkaufsgenossenschaften für Ausgewiesene stehe und bemerkt, daß nach wie vor Protestschreiben des Einzelhandelsverbandes einliefen.2 Wie sei die Genossenschaft „Soziales Hilfswerk“3 zu beurteilen? Man müsse dieser Sache wohl besondere Aufmerksamkeit schenken, da sich der Wirtschaftsausschuß des Bayerischen Landtags auch bereits damit befaßt habe.4
MinisterpräsidentDr. Schlögl erklärt, die Organisation Steffen habe die genaue Anweisung erhalten, daß von dem Zeitpunkt ab, bis zu dem die Errichtung von Verkaufsstellen genehmigt worden sei, keine Stellen mehr beliefert werden dürften, mit Ausnahme der Lager. Was die Verkaufsorganisation des Bayer. Bauernverbandes betreffe, so sei diese wohl gegründet worden. Er habe aber sofort mit Präsident Dr. Rothermel5 gesprochen und jetzt bestehe diese Organisation nicht mehr.
StaatsministerDr. Ehard schlägt daraufhin vor, daß in dieser Angelegenheit, bei der das Landwirtschaftsministerium, das Wirtschafts- und Innenministerium beteiligt seien, die Federführung beim Wirtschaftsministerium liegen solle.
Ministerpräsident6
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.Dr. Ehard teilt mit, es sei jetzt notwendig, die endgültige bayerische Vertretung im Bundesrat zu besprechen.7 Außerdem müsse jetzt die Bundesratsvertretung so organisiert werden, daß sie aktionsfähig sei.
MinisterpräsidentDr. Pfeiffer führt aus, der Bundestag habe von Anfang an versucht, ein Übergewicht über den Bundesrat in Anspruch zu nehmen, ein Versuch, dem er entgegengewirkt habe.
Staatsminister8 ein großes Sekretariat zu errichten, das Koordinierungsaufgaben erhalten soll, zu verhindern. Demgegenüber habe das Organisationskomitee kein Sekretariat, sondern lediglich ein Büro vorgeschlagen,9 und die Ministerpräsidentenkonferenz habe dem zugestimmt. Neuerdings werde aber versucht, die Frage nochmals aufzuwerfen.
Sein Bemühen gehe jetzt darauf hinaus, einmal den Versuch,10 habe die Vorstellung, daß er ein persönliches Kabinett brauche. Er habe Ministerialrat Leusser angeboten, Direktor des Bundestags zu werden und gleichzeitig sein Kabinett zu leiten. Dazu sei jetzt noch das Ministerium für Beziehungen zum Bundesrat geschaffen worden.11 Schließlich seien noch 20 Personen für die Verbindung der Bundeskanzlei 12 zum Bundesrat vorgesehen. Er selbst habe erklärt, das könne keineswegs geduldet werden, da dies ein Steuerungsorgan von innen her bedeute, während die Verstärkung des sogenannten Kabinetts des Bundestagspräsidenten eine Steuerung von außen darstellen würde. Er halte es für sehr notwendig, daß die Ministerpräsidenten diese Dinge besprechen und zu einem Übereinkommen kommen. Der Geschäftsordnungsausschuß sei übrigens noch im Gang, bei dem Herr Leusser beteiligt sei.13
Bundestagspräsident KöhlerMinisterialdirektor v. Lex sei von Bundeskanzler Adenauer gebeten worden, ein Gutachten abzugeben und arbeite jetzt mit verschiedenen anderen Herren zusammen. Insbesondere stelle Herr v. Lex einen Organisationsplan für die verschiedenen Bundesministerien auf.
14 In der bayerischen Vertretung müsse es zunächst eine Verwaltungsabteilung geben, die auch diejenigen Aufgaben wahrnehmen müsse, die sich aus den Arbeiten des Bundesrats, soweit sie technischer Art sind, ergeben. Außerdem müsse noch eine Abteilung errichtet werden, die unter anderem die Verbindung mit der Bundestagsfraktion halten und die Sitzungen des Bundesrats genau vorbereiten müsse, soweit es sich nicht nur um technische Dinge handle. Die Verbindung mit der CDU- und CSU-Fraktion, aber auch mit den 24 Abgeordneten der CSU allein sei von großer Bedeutung. Schließlich müsse noch besonders dafür Sorge getragen werden, daß alle wichtigen Fragen sofort nach München übermittelt und dort bearbeitet werden.
Was die Frage der bayerischen Vertretung in Bonn betreffe, so müßte man sie wohl „Vertretung Bayerns bei der Bundesregierung“ benennen. Dies müßte durch einen Brief des Bayer. Ministerpräsidenten an den Bundespräsidenten und Bundeskanzler geschehen, da eine gewisse Form gewahrt werden müsse.15
Staatsminister Dr. Pfeiffer berichtet anschließend noch über den Eindruck der Reden von verschiedenen bayerischen Vertretern, darunter der Abgeordneten Dr. Seelos und Loritz.16 werde als besondere Aufmerksamkeit gegenüber Bayern und dem bayerischen Ministerpräsident angesehen.17 Er sei vom Bundespräsidenten selbst geplant worden, der auch seine Gattin18 mitbringe.19
Staatsminister Dr. Pfeiffer fährt fort, der Besuch des Bundespräsidenten in MünchenDr. Ehard meint, die bayerische Vertretung könne abschließend heute noch nicht festgelegt werden. Dazu sei erforderlich, die Geschäftsordnung vorliegen zu haben,20 von der es abhänge, ob ein Generalsekretariat oder ein technisches Büro eingerichtet werden solle. Die Ministerpräsidenten seien sich an sich einig gewesen, daß kein Generalsekretariat im Bundesrat21 geschaffen werden solle. Anscheinend sei es aber jetzt wieder anders beabsichtigt. Die Frage sei umso wichtiger, als jetzt das Ministerium für die Verbindung mit dem Bundesrat errichtet worden sei,22 von dem man nicht zulassen könne, daß es unmittelbar mit den Ländern selbst verhandle. Die bayerische Vertretung müsse jetzt zunächst wohl technische Dinge machen, daneben müsse aber auch sachliche Referententätigkeit geleistet werden, in Verbindung mit den Ministerien und den Ausschüssen des Bundestags und Bundesrats. Man müsse einen Leiter dieser Vertretung bestellen, er glaube aber nicht, daß man heute schon Vorschläge machen könne. Dieser Leiter der Bonner Dienststelle müsse dort seinen Sitz haben und sich um alles unmittelbar kümmern. Daneben seien natürlich noch eine Reihe von Referenten notwendig und die Ministerien in München, die in Bonn vertreten sein müßten, sollten sich möglichst bald schlüssig werden, welche ihrer Beamten sie entsenden wollten. Vor allem kämen die Ministerien für Wirtschaft, Landwirtschaft, Finanzen, Arbeit und Inneres in Frage und er bitte die betreffenden Herren Minister, ihm ihre Vorschläge zu übermitteln.23
Ministerpräsident24 den Herrn Ministerpräsidenten und die Staatsminister Dr. Pfeiffer, Dr. Seidel, Dr. Kraus und Dr. Ankermüller zu bestellen.25
Nach eingehender Aussprache wird dann beschlossen, als ständige bayerische Vertreter im BundesratDr. Schlögl hält es für nicht möglich, daß ein nichtordentliches Mitglied des Bundesrats den Vorsitz in einem Ausschuß haben könne. Er sei aber dafür in Aussicht genommen, den Vorsitz im Agrarausschuß zu übernehmen.26
StaatsministerDr. Ehard erklärt, diese Frage dürfe man von vorneherein gar nicht auftauchen lassen, man könne und müsse verlangen, daß Bayern in jedem Ausschuß den Vorsitz stellen könne, ohne Rücksicht auf den Umstand, ob der betreffende vorsitzende ständiges Mitglied des Bundesrats sei. Der Vorsitz habe mit der ordentlichen Mitgliedschaft nicht das geringste zu tun.
MinisterpräsidentDr. Ehard erklärt sodann, er werde dem Bundesratspräsidenten die Namen der 5 ständigen Bundesratsmitglieder mitteilen und sich Vorbehalten, jeweils ein anderes Kabinettsmitglied vorzuschlagen. Im übrigen bitte er nochmals die Ministerien, möglichst bald ihre Referenten für Bonn auszuwählen;27 außerdem wäre es wohl zweckmäßig, bald die Aufstellung eines vorläufigen Etats mit dem Finanzministerium zu besprechen.
MinisterpräsidentDr. Kraus betont, man müsse die Vertretung in Bonn möglichst einfach gestalten und keinen zu großen Apparat aufziehen. Ein Vorbild habe man dabei im früheren Reichsrat.28 Es sei keinesfalls gut, wenn sich die Länder gegenseitig überbieten würden, man sollte vielmehr eine gewisse Gleichförmigkeit anstreben.
StaatsministerDr. Ehard stimmt zu, daß man sich für den Anfang auf ein Mindestmaß beschränken müsse.
MinisterpräsidentDr. Pfeiffer erklärt, seine Vorschläge29 beruhten auf den Anregungen der Ressortministerien, während er selbst ursprünglich nur an eine Verwaltungsabteilung auf Grund der Erfahrungen in Bonn gedacht habe.
StaatsministerDr. Seidel macht darauf aufmerksam, daß die Referenten, die zur Bonner Vertretung geschickt würden, ja weiter bei ihren Ministerien blieben und man also keinen eigenen Etat brauche.
StaatsministerDr. Schlögl wirft nochmals die Frage auf, ob ein nicht ordentliches Mitglied des Bundesrats den Vorsitz in einem Ausschuß übernehmen könne und bittet, das Problem nochmals im Ministerrat zu besprechen, wenn die zukünftige Geschäftsordnung des Bundesrats eine andere Entscheidung treffe.
StaatsministerDr. Ehard stimmt zu und erklärt auf eine Anfrage des Staatsministers Dr. Hundhammer, daß selbstverständlich alle Kabinettsmitglieder, also auch die Staatssekretäre, Vertreter der ordentlichen Mitglieder im Bundesrat sein könnten.30
MinisterpräsidentDr. Hundhammer führt aus, es erscheine ihm wichtig, daß auch über die Spitze der bayerischen Vertretung in Bonn im Ministerrat gesprochen werde. Der Leiter müsse in der Lage sein, Bayern auch in jeder Weise würdig zu repräsentieren.31
StaatsministerDr. Kraus wirft sodann die Frage Bonn-Frankfurt auf und betont, er habe die Abstimmung über Bonn sehr bedauert. Er halte es für zweckmäßig, daß jetzt, nachdem diese Frage wieder auf der Tagesordnung stehe,32 von Seiten des Kabinetts eine bestimmte Stellung eingenommen werde. Jedenfalls könne er nicht einsehen, warum man die Gelegenheit nicht benützen solle, den Sitz der Bundesregierung mehr in den Süden zu verlegen. Die Regierungsvertreter ebenso wie die Abgeordneten hätten große Schwierigkeiten durch die weite Entfernung nach Bonn. In der Hauptsache sei er aber aus bayerischen Gründen ein entschiedener Gegner von Bonn als Bundessitz. Er glaube, daß sich das Kabinett mit dieser Frage befassen müsse, da verschiedentlich von Bayern Abgeordnete in Bonn Anfragen über die Auffassung der Bayer. Staatsregierung einliefen.
StaatsministerDr. Müller schlägt vor, schon heute eine Entscheidung herbeizuführen.
Stv. MinisterpräsidentDr. Pfeiffer antwortet, im Bundestag sei die Behandlung dieser Frage einem Ausschuß zugeführt worden, dem keine Vertreter von Nordrhein-Westfalen und Hessen angehörten. Seiner Meinung nach wäre es verfrüht, jetzt schon im Ministerrat eine Entscheidung zu treffen, bevor die vielen aufgeworfenen Probleme nicht geklärt seien.
StaatsministerDr. Ehard meint, Bonn als Bundeshauptstadt sei wohl nicht glücklich, da dort eine Konzentration der Wirtschaft und der Finanzwirtschaft schon gegeben sei, wozu noch jetzt das politische Zentrum kommen solle. Auch er habe von Anfang an Frankfurt für zweckmäßiger gehalten. Er frage sich aber, ob es möglich sei, in Bayern eine politische Entscheidung gegen das Kabinett Adenauer zu treffen, ohne ganz über die Fülle der einschlägigen33 Fragen orientiert zu sein.
MinisterpräsidentDr. Hundhammer stimmt zu und glaubt ebenfalls, daß es nicht richtig sei, jetzt schon einen formellen Beschluß zu fassen. Bei Anfragen könne man ja wohl antworten, daß man Frankfurt für zweckmäßiger halte, weiter solle man aber nicht gehen.
StaatsministerDr. Seidel rät gleichfalls von einem Beschluß ab und schlägt vor, auf Anfragen der Abgeordneten nur allgemein die vorherrschende Meinung des Kabinetts mitzuteilen.
Staatsminister34
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.1. Ministerialrat v. Elmenau
Dr. Baer teilt mit, daß Ministerialrat v. Elmenau35 beabsichtige, nach München zurückzukehren.36 Obwohl er an sich für die bayerische Vertretung in Bonn besonders geeignet sei, könne man sich seinem Wunsche wohl nicht verschließen.
MinisterialratDr. Hundhammer erklärt, er sei bereit, Herrn v. Elmenau in das Kultusministerium mit dem Titel eines Ministerialrats zu übernehmen.
StaatsministerDer Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.
2. Regierungsdirektor v. Herwarth37
Dr. Pfeiffer teilt mit, Herr v. Herwarth sei bayerischer Beamter in der Staatskanzlei, jetzt aber seit etwa 3 Wochen in Bonn beim Bundespräsidenten und er werde auch bestimmt in Bonn bleiben.38 Er schlage vor, Herrn v. Herwarth noch vorher zum bayerischen Ministerialrat zu ernennen.
StaatsministerDr. Baer mitteilt, die Ministerialdirektorstelle in der Bayer. Staatskanzlei sei frei, beschließt das Kabinett, Herrn Regierungsdirektor v. Herwarth zum Ministerialrat zu ernennen.
Nachdem Ministerialrat3. Ernennung des Regierungsdirektors Dr. Dürrwaechter39 vom Landwirtschaftsministerium zum Ministerialrat
Das Kabinett beschließt, der Ernennung des Herrn Dr. Dürrwächter zum Ministerialrat zuzustimmen.
4. Wiederernennung des ehem. Ministerialrats Fischer40 zum Ministerialrat beim Obersten Rechnungshof41
Der Ministerrat beschließt, auch bei dieser Ernennung zuzustimmen.
Dr. Ehard teilt mit, der italienische Handelsminister Lombardo werde morgen nach München kommen und die Elektromesse42 besuchen.43 Da er keine Zeit habe, auch der Bundesregierung einen Besuch zu machen, halte er es für zweckmäßig, ihn beim Essen auch im Namen der Bundesregierung zu begrüßen.
MinisterpräsidentDr. Seidel schließt sich diesem Vorschlag an. Herr Lombardo sei zwar Gast Bayerns, trotzdem wäre es aber ein Akt der Höflichkeit, wenn er durch den Herrn Ministerpräsidenten auch im Auftrag der Bundesregierung begrüßt werde. Das beste sei wohl, wenn Staatsminister Dr. Pfeiffer mit dem Bundeskanzler Fühlung nehme, und ihm die Absicht der Bayer. Regierung mitteile.
Staatsminister44
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden, daß Staatsminister Dr. Pfeiffer eine entsprechende Mitteilung an den Bundeskanzler weitergibt.Dr. Müller teilt mit, das Justizministerium wolle vor der Vollstreckung der Strafe gegen Egon Herrmann das Ergebnis des 2. z.Zt. laufenden Verfahrens abwarten, über das noch kein Bericht vorliege. Das Ministerium sei der Auffasung, daß es besser sei, Herrmann jetzt nicht wegen des ersten Verfahrens allein zu verhaften.
Stv. MinisterpräsidentDr. Hundhammer erwidert, Herrmann sei rechtskräftig verurteilt worden,46 trotzdem habe er den Wahlkampf durchführen können47 und er sehe nicht ein, warum er nicht jetzt seine Strafe verbüßen müsse.
StaatsministerJaenicke erklärt, er könne die Auffassung des Justizministeriums nicht verstehen;48 selbst Flüchtlingsvertreter stellten die Frage, warum Herrmann nicht eingesperrt werde. Dieser beabsichtige, demnächst eine Zeitung herauszugeben und habe auch sonst verschiedene Pläne, die sicher nicht unbedenklich seien. Er begreife nicht, warum man einen Mann, der wegen eines Verbrechens rechtskräftig verurteilt sei, nicht seine Strafe verbüßen lasse.
StaatssekretärDr. Ehard stellt fest, daß er zunächst die Akten und den Bericht des Justizministeriums einsehen wolle, dann könne man über die Sache entscheiden.49
Ministerpräsident50 und des Herrn Bundespräsidenten bekannt und teilt schließlich noch mit, daß man sich in einem der nächsten Ministerrate über eine eventuelle Zusammenlegung der Ministerien sowie über die Frage der Schulgeldreform51 unterhalten müsse.
Abschließend gibt Ministerpräsident Dr. Ehard noch einige Einzelheiten über die bevorstehenden Besuche S. Exzellenz des Apostolischen Visitators Bischof Muench