Ministerpräsident Dr. Ehard, stv. Ministerpräsident und Justizminister Dr. Müller, Innenminister Dr. Ankermüller, Finanzminister Dr. Kraus, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Krehle, Wirtschaftsminister Dr. Seidel,1 Staatssekretär Dr. Schwalber (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Müller (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Sattler (Kultusministerium), Staatssekretär Sühler (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Dr. Grieser (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Sachs (Sonderministerium).
Kultusminister Dr. Hundhammer, Verkehrsminister Frommknecht, Staatssekretär Jaenicke (Innenministerium), Staatssekretär Fischer (Innenministerium-Oberste Baubehörde), Staatssekretär Geiger (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Sedlmayr (Verkehrsministerium).2
Dr. Ehard eröffnet die Sitzung und erteilt Ministerialdirektor Camille Sachs das Wort.
MinisterpräsidentSachs führt aus, es seien dem Auftrag des Herrn Ministerpräsidenten entsprechend alle Vorkehrungen getroffen worden, das Staatsministerium für Sonderaufgaben als Verwaltungseinheit abzubauen. Die Entnazifizierung sei so gut wie abgeschlossen;3 die Hauptschwierigkeiten lägen nicht mehr auf diesem Gebiet, sondern in der Verwaltungsarbeit, insbesondere in dem Abbau des Apparats. Es seien insgesamt 3700 Zusicherungsinhaber vorhanden, die untergebracht werden müssen.4 Das Ministerium verfüge nur noch über eine kleine Zahl von eigenen Beamten, daneben seien aber verschiedene von anderen Verwaltungen abgeordnete Beamte, insbesondere aus der Justiz, tätig. Letzteres gelte auch für den Kassationshof, der im Augenblick praktisch die Hauptlast der Entnazifizierungsarbeit trage.
MinisterialdirektorAuf die geleistete Arbeit könne Bayern mit Stolz zurückblicken. Man sei in Bayern großzügiger gewesen als in anderen Ländern der US-Zone. Besonders habe sich der Kassationshof bewährt, der eine Angleichung der in der ersten Zeit der Entnazifizierung gefällten Sprüche an die Entwicklung ermöglicht habe.
6700000 Meldebogen seien in Bayern behandelt worden, davon stammten 4800000 von Nichtbetroffenen. Als Hauptschuldige seien 743, als Belastete 11000, als Minderbelastete 52000, als Mitläufer 215000 und als Entlastete 8800 Personen eingestuft worden. Die Ergebnisse seien bei den anderen Ländern der US-Zone prozentmäßig ziemlich die gleichen. Zur Erledigung stünden noch 1445 Fälle der Gruppe I und II. In der Berufungsinstanz seien noch 900 Fälle anhängig.
5 und verwaltungsmäßigen Seite zu unterscheiden. Die Funktionen, die sich aus dem Befreiungsgesetz ergeben, würden durch einen Beauftragten des Ministerpräsidenten wahrzunehmen sein. Die politische Verantwortung trage insoweit der Ministerpräsident. Die haushaltsrechtliche und verwaltungsmäßige Verantwortung könne dagegen einem der anderen Ministerien überbürdet werden. Man könne etwa in der Weise verfahren, daß der Ministerpräsident die Auflösung des Sonderministeriums beim Landtag etwa zum 1. November beantrage und von diesem Zeitpunkt an mit der Abwicklung ein anderes Ministerium betraue.
Bei der Auflösung des Ministeriums sei zwischen der politischen sowie der haushalts-Die Übernahme einiger Herren des Sonderministeriums stoße auf Schwierigkeiten. Es müsse eine Möglichkeit gefunden werden, ihre Planstellen aus dem Haushalt des Sonderministeriums einem anderen Geschäftsbereich zuzuweisen, soweit dies zur Unterbringung der freiwerdenden Beamten notwendig sei. Nach Rücksprache mit dem Haushaltsreferenten des Finanzministeriums scheine es ihm zweckmäßig, eine entsprechende Bestimmung in das Haushaltsgesetz 1949 einzufügen. Alle Herren, die sich im Augenblick auf Planstellen befänden, hätten Zusicherungen im Sinne des Überführungsgesetzes.
Dr. Seidel erklärt, daß er bisher es für das einzig Richtige gehalten habe, die Abwicklung des Sonderministeriums dem Justizministerium zu übertragen. Auf Grund der soeben gehörten Ausführungen habe er seine Auffassung geändert. Da es sich um eine rein verwaltungsmäßige und haushaltsmäßige Abwicklung handle, wäre es am zweckmäßigsten, das Staatsministerium der Finanzen dafür heranzuziehen.
StaatsministerDr. Ankermüller unterstützt diesen Vorschlag und weist darauf hin, daß das Finanzministerium sowieso Beamtenfragen behandle sowie auf zahlreichen benachbarten Gebieten tätig sei. Das Staatsministerium des Innern dürfte für die Abwicklungsaufgabe nicht in Betracht kommen.
StaatsministerDr. Müller vertritt die Auffassung, daß die Gerichtsbarkeit der Spruchkammern mit der der ordentlichen Justiz nicht vermengt werden solle, auch er hält eine Übertragung an das Finanzministerium für gegeben.
Stv. MinisterpräsidentDr. Kraus weist darauf hin, daß das Finanzministerium mit der Betreuung der Zusicherungsempfänger bereits eine enorme Arbeitslast und eine Sorge größten Ausmaßes übernommen habe. Auf den Gebieten der Rückerstattung und der Wiedergutmachung lägen Aufgaben, die kaum zu bewältigen seien. Er bitte, wenn irgend möglich, von einer Heranziehung seines Ministeriums abzusehen.
StaatsministerDr. Ehard führt aus, daß das Ministerium für Sonderaufgaben baldmöglichst aufgelöst werden solle. Dann ergäben sich, wenn damit allgemeines Einverständnis bestehe, die weiteren Fragen, einmal was mit den besonderen Funktionen auf dem Gebiet der Entnazifizierung und auf dem Gebiet der Überleitung geschehen solle, sowie wer die verwaltungs- und etatrechtliche Abwicklung übernehme. Für letztere Aufgabe erscheine ihm das Finanzministerium am besten geeignet zu sein. Mit den besonderen Funktionen der Entnazifizierung und Überleitung beabsichtige er, Herrn Ministerialdirektor Sachs weiter zu beauftragen.
MinisterpräsidentDer Ministerrat faßt darauf folgenden Beschluß:
1. Das Staatsministerium für Sonderaufgaben soll mit Wirkung vom 1. 11. 1949 aufgelöst werden.
2. Die verwaltungsmäßige und haushaltsrechtliche Abwicklung wird bis zum 31. März 1950 vom Staatsministerium der Finanzen durchgeführt.
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3. Die Funktionen, die sich aus dem Befreiungsgesetz und dem Überführungsgesetz ergaben, werden im Auftrag des Herrn Ministerpräsidenten von Ministerialdirektor Camille Sachs ausgeübt.7 im Staatsministerium der Finanzen zum Ministerialrat zu.
a) Der Ministerrat stimmt der Ernennung des bisherigen Regierungsdirektors BarbarinoDr. Ankermüller trägt vor, daß Herrn Ministerialdirektor Ritter v. Lex der Posten eines Staatssekretärs im Bundesministerium des Innern in Aussicht gestellt worden sei.8 Ministerialdirektor Ritter v. Lex habe die Annahme dieser Stelle von einigen Zusicherungen abhängig gemacht, die ihm den Übertritt vom bayerischen Staatsdienst in den Bundesdienst erleichtern sollen. Er bitte, diesen Wünschen zuzustimmen, da Bayern sehr daran interessiert sei, einen Mann wie Herrn v. Lex an diesen wichtigen Posten im Bundesdienst zu bekommen.9
b) Herr Staatsminister10
Der Ministerrat ist damit einverstanden, daß der Herr Ministerpräsident zusammen mit den Herren Ministern Ankermüller und Kraus die Entscheidung über die von Ministerialdirektor Ritter von Lex beantragten Zusicherungen fällt.