1Zu Beginn der Sitzung teilt Staatsminister Dr. Ankermüller mit, in der letzten Vollsitzung des Bundestags habe eine Debatte über das Jugendschutzgesetz stattgefunden.2 Ein entsprechender Antrag sei durch den Abgeordneten Strauß3 eingebracht worden,4 die Bayern-Partei habe dagegen mit dem Hinweis Stellung genommen, daß für dieses Gebiet die Länder zuständig seien.5 Dieser Einwand sei auch zutreffend; denn das Gesetz berühre Fragen der Kulturpolitik und der Polizeihoheit, also Dinge, für die keinesfalls eine Zuständigkeit des Bundes gegeben sei.6 Schon aus politischen Gründen müsse man entschieden Stellung nehmen und versuchen, den Gesetzentwurf zu Fall zu bringen.7
2Sten. Ber. 19. Sitzung, 1. 12. 1949, S. 532–543. S. im Detail zu dem Gesetzentwurf StK-GuV 12767 sowie MInn 92077.3Franz Josef Strauß (1915–1988), 1949–1978 MdB (CSU), 1949–1953 geschäftsführender, 1953–1957 und 1963–1966 Vors. der CSU-Landesgruppe im Bundestag, 1949–1952 Vors. des BT-Ausschusses für Jugendfürsorge, 1961–1988 Landesvorsitzender der CSU, 1953–1955 Bundesminister für besondere Aufgaben, 1955/1956 Bundesminister für Atomfragen, 1956–1962 Bundesminister der Verteidigung, 1966–1969 Bundesminister der Finanzen, 1978–1988 Bayerischer Ministerpräsident und MdL; Lexikon der Christlichen Demokratie S. 377ff.4Antrag (Gesetzentwurf zum Schutz der Jugend in der Öffentlichkeit) Strauß, Kemmer und Gen. (BT-Drs. I/180 vom 10. 11. 1949).5Vgl. die Ausführungen der Abg. Etzel und Besold, Sten. Ber. 19. Sitzung, 1. 12. 1949, S. 537, 542. – Dr. Hermann Etzel (1882–1978), 1949–1953 MdB (BP, 1951 FU); Dr. jur. Anton Besold (1904–1991), 1949–1953 und 1957–1969 MdB (BP, 1951 FU, ab 1955 CSU).6Vgl. die Stellungnahme des Generalreferenten für die Gesetzgebung im StMI, Staatsrat Kollmann, 28. 11. 1949, Abdruck Nr. 88 TOP I Anm. 68.7Zum Fortgang s. Nr. 88 TOP I 15.
2Ministerpräsident Dr. Ehard bedauert es, daß offensichtlich keine genügende Querverbindung zwischen der Fraktion der CDU/CSU und der Bayerischen Regierung hergestellt sei.8
8Zum Fortgang s. Nr. 88 TOP I 15. Vgl. Einleitung S. LIII.
1Anschließend teilt Staatsminister Dr. Ankermüller mit, daß heute die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über das Landeswahlgesetz gefallen sei.9 Dabei sei das verbesserte Verhältniswahlrecht als solches genehmigt worden, während die Bestimmungen über Volksbegehren als verfassungsändernd aufgehoben worden seien.10
9Abdruck der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom 2. 12. 1949 in: Sammlung von Entscheidungen S. 181–220. S. im Detail StK 10954.10Vgl. Einleitung S. LXXXIX. Das Landeswahlgesetz wurde im September 1950 dementsprechend geändert. – Gesetz über Landtagswahl, Volksbegehren und Volksentscheid (Landeswahlgesetz) vom 29. März 1949 in der Fassung der Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung vom 27. September 1950 (GVBl. 128).
11Vgl. Nr. 86 TOP VIII; ferner 20 Jahre Bayerische Grenzpolizei; 50 Jahre Bayerische Grenzpolizei 1946–1996 sowie Haag S. 63.
1Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, daß in der Frage der Abgrenzung zwischen Grenzpolizei und Zollgrenzdienst Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Finanzministerium und dem Innenministerium bestünden; er hoffe aber, daß das Finanzministerium nachgeben werde. Er glaube, daß die Aufgaben des Zolldienstes einerseits und der Grenzpolizei andererseits keineswegs identisch seien, vor allem nachdem die polizeilichen Aufgaben ja nicht an der Grenze enden, sondern eine Verbindung mit der Landpolizei und der Stadtpolizei notwendig sei. Im übrigen würden auch die Amerikaner darauf warten, daß man die Grenzpolizei in vollem Umfang aufrecht erhalte und als Landespolizei einrichte.12
12Die Wiedererrichtung der Bayer. Grenzpolizei ging auf eine Weisung von OMGB, 11. 10. 1945, zurück; Abdruck in 50 Jahre Bayerische Grenzpolizei vor S. 1. Das StMI kam dieser Weisung durch die Verordnung Nr. 72 des Staatsministeriums des Innern über die Bildung einer Bayerischen Landesgrenzpolizei vom 15. November 1945 (GVBl. S. 217
) nach, die zum 1. 3. 1946 in Kraft trat.
2Staatsminister Dr. Ankermüller unterstreicht diese Ausführungen und verweist darauf, daß das Problem schon wiederholt besprochen worden sei. Es gehe in Wirklichkeit um die alte Rivalität zwischen Zoll und Grenzpolizei, die nunmehr durch das Eingreifen der Bundeszolleitstellen noch verschärft werde. Seiner Ansicht nach sei das Finanzministerium überhaupt nicht mehr zuständig, höchstens insoweit, als die Verstärkung der Grenzpolizei zur Debatte stehe. Bundesminister Schäffer selbst sei durchaus für die Erhaltung der Grenzpolizei. Vor allem dürfe man aber nicht übersehen, daß hier die einzige Möglichkeit bestehe, indirekt die so notwendige Verstärkung der bayerischen Polizei überhaupt durchzuführen. Man dürfe keinesfalls schon mit Rücksicht auf Art. 130 des Grundgesetzes13 und die Bayer. Verfassung hier nachgeben, wozu noch komme, daß der Zollgrenzdienst zur Feststellung der illegalen Grenzgänger keinesfalls in der Lage sei.13Art. 130 GG lautet: „(1) Verwaltungsorgane und sonstige der öffentlichen Verwaltung oder Rechtspflege dienende Einrichtungen, die nicht auf Landesrecht oder Staatsverträgen zwischen Ländern beruhen, sowie die Betriebsvereinigung der südwestdeutschen Eisenbahnen und der Verwaltungsrat für das Post- und Fernmeldewesen für das französische Besatzungsgebiet unterstehen der Bundesregierung. Diese regelt mit Zustimmung des Bundesrates die Überführung, Auflösung oder Abwicklung. (2) Oberster Disziplinarvorgesetzter der Angehörigen dieser Verwaltungen und Einrichtungen ist der zuständige Bundesminister. (3) Nicht landesunmittelbare und nicht auf Staatsverträgen zwischen den Ländern beruhende Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechtes unterstehen der Aufsicht der zuständigen obersten Bundesbehörde.“
3Staatssekretär Dr. Müller erwidert, das Finanzministerium beabsichtige keineswegs, die Grenzpolizei überhaupt aufzuheben. Sie solle vielmehr die Funktionen weiter behalten, die die Landpolizei vor 1933 gehabt habe.14 Der jetzige Zustand sei aber eine neue Einrichtung und gehe schließlich auf die Neuordnung der Polizei durch den Nationalsozialismus zurück. Er halte es nicht für zweckmäßig, zwei Apparate nebeneinander herlaufen zu lassen und sei überzeugt, daß die Zöllner die Überwachung der Grenze genau so gut ausführen könnten. Durch den zweigleisigen Ausbau des Grenzschutzes habe man viel zu hohe Aufwendungen, besonders wenn der Zoll um 1000 bis 1500 Leute verstärkt werde. Hier ergebe sich eine Gelegenheit, die seiner Meinung nach überflüssigen Grenzpolizeibeamten zur Verfügung zu stellen. Lehne man das ab, so werde die Bundeszollverwaltung zweifellos die vorgesehenen Stellen mit Beamten aus Norddeutschland besetzen.14Gemeint ist vermutlich die Landespolizei; vgl. zur Landespolizei in der Weimarer Republik Schwarze. Allerdings hatte es auch bereits nach dem Ersten Weltkrieg eine bayerische Grenzpolizei gegeben. Nach der Auflösung militärischer Grenzschutzeinheiten (Grenzschutz-Bataillone) hatte das StMI per Erlaß am 14. 6. 1919 die Errichtung eigener Grenzpolizeistellen angeordnet, die zunächst in Salzburg, Passau und Lindau errichtet wurden. Später kamen Grenzpolizeistellen in Eger, Kufstein, Mittenwald, Griesen, Pronten und Simbach/Inn hinzu. Am 28. 7. 1919 wurde die Polizeidirektion München als Zentrale und Führungsstelle für den Grenzpolizeidienst bestimmt. Am 1. 4. 1933 wurde die Grenzpolizei in die Bayerische Politische Polizei überführt, ab 8. 5. 1937 die grenzpolizeilichen Aufgaben dem Geschäftsbereich des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei im Reichsministerium des Innern übertragen; 20 Jahre Bayerische Grenzpolizei; Polizei Journal 20 (1982) Nr. 5/6.
4Ministerpräsident Dr. Ehard bezeichnet es als unmöglich, die Grenzpolizei an den Bund auszuliefern. Im übrigen dürfe man nicht übersehen, daß sich die Verhältnisse seit 1933 völlig geändert hätten und dem Grenzschutz eine wesentlich größere Bedeutung wie früher zukomme. Jedenfalls müsse eine einheitliche Stellung im Kabinett eingenommen werden, je nachdem die Entscheidung ausfalle.
5Staatsminister Dr. Ankermüller teilt noch mit, bisher sei die Zusammenarbeit zwischen Zollbehörden und Grenzpolizei gut gewesen, heute drehe es sich aber vor allem um die Sicherheit und um die polizeilichen Aufgaben, die an der Grenze beginnen müßten, aber dort nicht enden dürften. Niemand könne weiter die Verantwortung übernehmen, wenn man die Überwachung der Grenze nicht völlig selbst in der Hand behalte. Er bemerke nochmals, daß Bundesminister Schäffer sich durchaus auf den bayerischen Standpunkt gestellt habe.
6Stv. Ministerpräsident Dr. Müller erklärt, es dürfe nicht so bleiben, daß Zoll- und Grenzschutzaufgaben ineinander übergingen; denn dann würde es überhaupt nicht klappen; ein gemischtes System sei immer unzweckmäßig. Seiner Meinung nach müsse man das weiter ausbauen, was wenigstens im Ansatzpunkt schon vorhanden sei. Er halte es auch nicht für gut, wenn die Zollbeamten zu stark polizeiliche Aufgaben mitzuübernehmen hätten und neige deshalb dazu, für eine stärkere Verknüpfung der Grenzpolizei mit der Landpolizei einzutreten. Wichtig sei es dabei aber, den richtigen Leiter der Grenzpolizei zu finden, der auch imstande sei, ein gutes Verhältnis mit dem Zoll herbeizuführen.
7Staatsminister Dr. Ankermüller ersucht noch, folgendes zu bedenken: Sämtliche Innenminister haben sich auf den gleichen Standpunkt gestellt, daß nämlich die Grenzpolizei nicht aufgegeben werden dürfe, mit Ausnahme von Hessen. Außerdem habe kein Land eine so ausgedehnte und so schwierige Grenze wie Bayern und es sei unmöglich, daß sich Bayern mit seiner Polizei von der Grenze zurückziehe. Gerade die Grenzpolizei sei von besonderer Wichtigkeit, wichtiger fast noch als die Polizei im Inland.
8Staatsminister Dr. Kraus stellt fest, das Finanzministerium habe nicht gefordert, daß die Grenzpolizei überhaupt aufgegeben werde, sondern lediglich, daß sie auf besonders wichtige Grenzübertrittsorte konzentriert werde. Auf alle Fälle müsse er sich aber gegen eine Verstärkung aussprechen, da dies eine Mehrbelastung von 6 Millionen DM mit sich bringen werde. Er fürchte, daß sonst auch bei den Verhandlungen über den Finanzausgleich darauf hingewiesen werde; selbstverständlich räume er aber ein, daß es sich um eine Frage von großer politischer Bedeutung handle.
9Ministerpräsident Dr. Ehard gibt zu erwägen, daß man keinesfalls mehr gegen eine Bundespolizei ankämpfen könne, wenn man jetzt die Grenzpolizei aus finanziellen Gründen aufzugeben gewillt sei.15
15Vgl. zu dieser Auseinandersetzung 1950 Gelberg, Ehard S. 324–329. Vgl. ferner Gesetz zur Eingliederung der Bayerischen Grenzpolizei in die Bayerische Landespolizei vom 26. Juli 1997 (GVBl. S. 342
).
10Staatsminister Dr. Ankermüller stimmt zu und weist darauf hin, daß Bundesminister Schäffer ausdrücklich erklärt habe, wenn Bayern in der Grenzpolizei nachgäbe, würden sich Konsequenzen wegen der Bundespolizei ergeben. Wenn es gelinge, einen hohen Prozentsatz der Grenzgänger zurückzubringen, spare man sehr bedeutende Summen ein. Man könne ja auch versuchen, durch Bundesminister Schäffer darauf hinzuwirken, daß die Bundes- zolleitstellen weniger Personal nach Bayern brächten, nachdem hier bereits die Grenzpolizei tätig sei.
11Staatsminister Dr. Kraus erklärt sich nicht in der Lage, der Verstärkung der Grenzpolizei zuzustimmen.
12Staatssekretär Dr. Schwalber weist auf die Notwendigkeit hin, heute zu einem Entschluß zu kommen, da man sonst die Vorbereitungen für die Beratung des Haushalts des Innenministeriums nicht abschließen könne.
13Regierungsdirektor Dr. Riedl
16 teilt mit, die Grenzpolizei habe bisher 8 Millionen DM im Jahre erfordert, die Erhöhung um weitere 500 Mann bedeute zusätzliche Mittel von 2 Millionen DM. Es sei wahrscheinlich nicht mehr damit zu rechnen, daß die Militärregierung für eine weitere Verstärkung des Zollgrenzdienstes eintreten werde, er glaube eher, daß die Amerikaner die bayerische Regierung in dieser Frage unterstützen würden. Die Stärke der Grenzpolizei sei in den Jahren 1945 und 1946 festgesetzt worden, seitdem hätten sich die Verhältnisse natürlich weitgehend geändert. Unter anderem möchte er in diesem Zusammenhang nur an die Regelung des Kleinen Grenzverkehrs erinnern. Der Haushaltsausschuß habe über diese Fragen noch nicht entschieden, eine dahingehende Pressemeldung sei unrichtig. Tatsächlich sei die Grenzpolizei zurzeit so in Anspruch genommen, daß sie nicht imstande sei, an den Grenzen, die weniger gefährdet seien, überhaupt noch Streifen gehen zu lassen. Auf die Dauer könne das nicht verantwortet werden, zumal der Zoll keinesfalls in der Lage sei, diese Aufgabe zu übernehmen.16Dr. jur. Karl Riedl (1907–1985), 1918–1927 Gymnasium Amberg, 1927–1931 Stipendiat der Stiftung Maximilianeum, Rechts- und Staatswissenschaftsstudium Univ. München, 1934 große juristische Staatsprüfung, 1935 Promotion, 1. 9. 1936 Staatsanwalt Staatsanwaltschaft München I, zum Teil Verwendung bei der Staatsanwaltschaft OLG München, 1943–1945 Wehrmacht, 10. 7. 1945 StMI, 1. 1. 1946 ORR, 1. 5. 1948 RegDir, 1. 11. 1950 MinRat, 1. 10. 1955 MinDirig, 1. 5. 1957 MD, zunächst Personalreferent für den höheren Dienst sowie für Naturschutz und Feuerlöschwesen verantwortlich, 1948–1972 Leiter der Bayer. Grenzpolizei, 1954–1957 auch Leiter der Personalabt. des StMI, 1957–1. 11. 1972 Amtschef des StMI, 1. 10. 1950–23. 7. 1985 Vorstand der Stiftung Maximilianeum.
14Staatsminister Dr. Ankermüller betont nochmals, daß beim Bund darauf hingewirkt werden müsse, den Zollgrenzdienst nicht zu verstärken.
15Der Ministerrat beschließt sodann
161. die völlige oder teilweise Eingliederung der bayerischen Landesgrenzpolizei in den Bundeszollgrenzdienst abzulehnen und der beantragten Verstärkung der bayerischen Landesgrenzpolizei um 500 Mann zuzustimmen.
172. Außerdem wird beschlossen, in geeigneter Form beim Bundesfinanzministerium darauf hinzuwirken, den Zollgrenzdienst in Bayern nicht wie vorgesehen um 2500 Beamte zu verstärken.
1Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, Staatssekretär a.D. Sachs habe ihm den Entwurf eines Gesetzes über den Abschluß der Entnazifizierung in Bayern vorgelegt.17 Es sei wohl heute noch nicht möglich, die Angelegenheit zu behandeln, es müsse aber in einem der nächsten Ministerrate geschehen, da am 16. Dezember 1949 die Konferenz der Justizminister sich ebenfalls damit befassen werde.18
17MD Sachs hatte MPr. Ehard am 25. 11. 1949 eine Denkschrift betr. den Abschluß der Entnazifizierung in Bayern zugeleitet, die Grundsätze für den Entwurf eines Gesetzes über den Abschluß der politischen Befreiung in Bayern enthielt (StK-GuV 791).18Gemeint ist die Sitzung des Justizkollegiums am 16./17. 12. 1949 in Düsseldorf; vgl. dazu Nr. 92 TOP I. Zum Fortgang s. zunächst Nr. 88 TOP V.
19Vgl. Nr. 12 TOP V. – Gesetz über die Zahlung von Zuwendungen an nichtbayerische Pensionisten vom 3. Mai 1948 (GVBl. S. 95
).
1Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, das B. Staatsministerium der Finanzen habe soeben diesen Gesetzentwurf vorgelegt, der gewisse Erleichterungen bezüglich der Zuwendungen an nichtbayerische Pensionisten enthalte.20 Irgendwelche Bedenken würden wohl nicht dagegen bestehen.20StMF Kraus an Ehard, 30. 11. 1949, betr. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Zahlung von Zuwendungen an nichtbayerische Pensionisten vom 3. 5. 1948; Entwurf und Begründung als Anlage (ML 10776).
2Das Kabinett beschließt, dem Entwurf zuzustimmen und ihn dem Landtag zur Beschlußfassung zuzuleiten.21
21MPr. Ehard leitete den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Zahlung von Zuwendungen an nichtbayerische Pensionisten am 6. 12. 1949 dem Landtagspräsidenten mit Begründung zu; vgl. BBd.
IV Nr. 3178 . – Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Zahlung von Zuwendungen an nichtbayerische Pensionisten vom 27. Februar 1950 (GVBl. S. 56
).
22Vgl. Nr. 44 TOP II.23Vgl. Nr. 44 TOP I, Nr. 46 TOP V und Nr. 59 TOP V.
1Nachdem festgestellt wird, daß bezüglich dieser beiden Punkte noch verschiedene Auffassungen in den Staatsministerien für Wirtschaft und für Finanzen bestehen, wird beschlossen, die Behandlung noch zurückzustellen und Staatssekretär Geiger zu beauftragen, die schwebenden Fragen unter den beteiligten Ministerien zu klären.24
24Zum Fortgang s. Nr. 91 TOP II.
25Vgl. den interfraktionellen Dringlichkeitsantrag, 21. 7. 1949, BBd.
III Nr. 2758 sowie die Beratung über neonazistische Erscheinungen im politischen Leben in: StB.
V S. 445 –461, die Ausführungen MPr. Ehards S. 460f. (17. 1. 1950). Vgl. Bolds an Ehard, 27. 1. 1950: „Ich darf die Gelegenheit benützen, um Ihnen meine persönliche Wertschätzung Ihrer ausgezeichneten Ausführungen zum Ausdruck zu bringen, die Sie vergangene Woche im Landtag während der Debatte über den Neo-Faschismus gemacht haben. Nach meiner Auffassung haben Sie dieses Problem und seine heutigen Auswirkungen auf das neue Deutschland mit großer Klugheit dargelegt. Überall in der Welt und fast ständig müssen die staatsbürgerlichen Freiheiten des Einzelnen verteidigt werden. Es ist mir eine große Genugtuung, daß Sie mit Ihrer Autorität als bayerischer Ministerpräsident die Bedeutung dieses Grundsatzes so eindeutig anerkannt und so bewundernswert zum Ausdruck gebracht haben. Ihre Rede hat einen solchen Eindruck auf mich gemacht, daß ich eine Niederschrift Mr. McCloy zur persönlichen Kenntnisnahme zukommen lasse“ sowie McCloy an Ehard, 14. 2. 1950: „Mr. Bolds hat mir einen Abdruck Ihrer am 17. Januar am Schluß der Landtagsdebatte über neonazistische Anzeichen in Deutschland gehaltenen Rede übersandt. Ich habe sie mit dem allergrößten Interesse gelesen und bin überzeugt, daß alles, was Sie über Demokratie gesagt haben, vollkommen zutrifft. Ihre Forderung nach Objektivität in den vielen Auseinandersetzungen, die dem deutschen Volk bevorstehen, hätte zu keinem besseren Zeitpunkt erhoben werden können“ (NL Ehard 1455 und StK 14959). Unter dem Titel „Way of Democracy“ Abdruck der Ausführungen Ehards in: Information Bulletin. Monthly Magazine of the Office of US High Commissioner for Germany (März 1950) S. 30 (Exemplar in: NL Ehard 637).
1Es wird beschlossen, die Behandlung dieses Antrags des Bayer. Landtags zurückzustellen,
26 da an sich der Gesetzentwurf über den Abschluß der Entnazifizierung27 entsprechende Möglichkeiten bieten wird.26Vgl. die ausführliche und ablehnende Stellungnahme von Sachs, StMSo an StK, 23. 9. 1949 (MSo 61).27Vgl. TOP IV.
1. Ernennung des Präsidenten des Bayer. Bauernverbandes, Dr. Fridolin Rothermel,28 zum Mitglied des Landespersonalamts. U28Dr. oec. publ. Fridolin Rothermel (1895–1955), Dipl.-Volkswirt und selbständiger Landwirt, 1928–1933 im Bayer. Christl. Bauernverein tätig, 1932/1933 MdL und MdR (BVP), 1946–1955 Landrat des LKr. Krumbach, 1946–1955 Präsident des BBV, 1946 Mitglied der Bayer. Verfassunggebenden Landesversammlung, 1947–1955 Mitglied des Bayer. Senats; vgl. Der Bayerische Senat S. 252.
1Ministerpräsident Dr. Ehard gibt die von ihm vollzogene Ernennung des Herrn Präsidenten Dr. Rothermel zum Mitglied des Landespersonalamts bekannt.
2. Ernennung des Regierungsdirektors mit der Amtsbezeichnung „Ministerialrat“ Dr. Walter Rinke29 zum Ministerialrat im Staatsministerium für Sonderaufgaben. U29Zu seiner Person s. Nr. 68 TOP I.
1Der Ministerrat stimmt der vorgeschlagenen Ernennung zu.
3. Wiedereinstellung des ehemaligen Regierungsrats Hermann Jäger,30 Ludwigshafen am Rhein, in den bayerischen Staatsdienst.31
U30Hermann Jäger, geb. 1913, Jurist, 1939 große juristische Staatsprüfung, 1942 RR bei der Regierung von Oberbayern, 1945 Suspendierung durch die amerikanische Militärregierung, 1948–1950 Leiter und Geschäftsführer des Bundes Bayern und Pfalz in Ludwigshafen, 1. 1. 1951 Wiedereinstellung im bayer. Staatsdienst als RR beim Landratsamt Freising, allerdings unter Aufgabe seiner Tätigkeit beim Bund „Bayern-Pfalz“, da sich das StMI nicht zur Verleihung einer Planstelle und gleichzeitiger Beurlaubung auf unbestimmte Zeit für seine Tätigkeit in Ludwigshafen bereitfand.31Vgl. die Vormerkung von Baer für den Generalsekretär des Ministerrats, 1. 12. 1949, zur Aufnahme in die Tagesordnung des nächsten Ministerrats: „Der früher bei der Regierung von Oberbayern beschäftigte und im Frühjahr auf amerikanische Weisung vom Dienst suspendierte Regierungsrat Hermann Jäger in Ludwigshafen am Rhein ist seit seiner Begründung im September 1948 Vorsitzender des Ausschusses Bayern und Pfalz in Ludwigshafen. Durch diese Tätigkeit, deren staatspolitische Bedeutung auf der Hand liegt, ist seine Arbeitskraft voll in Anspruch genommen. Herr Jäger hat bereits im Frühjahr d. J. um Wiedereinstellung in den bayerischen Staatsdienst nachgesucht und auf diesseitige Veranlassung darum gebeten, nach seiner Wiedereinstellung für seine bisherige Tätigkeit freigestellt zu werden. Mit Entschließung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 28. Juni 1949 – III Ja 39– wurde seinem Gesuch nur in der Weise entsprochen, daß ihm die Wiedereinstellung zugesichert wurde, wenn er sie innerhalb der nächsten zwei Jahre beantrage und in der Lage sei, den Dienst anzutreten. Bisher war Herr Jäger hauptamtlich als Leiter der öffentlichen Rechtsberatungsstelle des Caritas-Verbandes in Ludwigshafen am Rhein tätig und übte seine Aufgaben als Vorsitzender des Ausschusses Bayern und Pfalz nur nebenamtlich aus. Wie bereits erwähnt, nehmen aber schon seit längerer Zeit diese Aufgaben seine Arbeitskraft voll in Anspruch, so daß er nicht mehr länger in der Lage ist, diese Doppeltätigkeit weiterzuführen. Seine Besoldung erfolgt zur Zeit ungefähr zur Hälfte durch den Caritas-Verband, zur anderen Hälfte aus den von der Bayerischen Staatskanzlei dem Ausschuß Bayern und Pfalz in Ludwigshafen zur Verfügung gestellten Mitteln. Dieser Zustand ist ebensosehr aus sachlichen wie aus finanziellen und persönlichen Gründen nicht mehr tragbar. Unter ihm muß die Tätigkeit des Herrn Jäger für beide Dienstherren leiden; dem Caritas-Verband, der diesbezüglich schon in der letzten Ludwigshafener Caritas-Konferenz beanstandet wurde, kann es nicht mehr länger zugemutet werden, eine Arbeitskraft zu bezahlen, die ihm nicht voll zur Verfügung steht; Herrn Jäger selbst und seiner Familie stünden keinerlei Ansprüche gegen den Bayerischen Staat zu, wenn er während seiner im Interesse des bayerischen Staates liegenden Tätigkeit arbeitsunfähig würde. Es ist deshalb eine unabweisbare Notwendigkeit, Herrn Jäger als Regierungsrat auf eine Planstelle der inneren Verwaltung zu übernehmen und für seine Tätigkeit als Vorsitzender des Ausschusses Bayern und Pfalz in Ludwigshafen freizustellen. Irgendwelche in der Person des Herrn Jäger liegende Schwierigkeiten bestehen hierfür nicht. Herr Jäger wurde im Sommersemester 1933 als 19jähriger von einer Münchner katholischen Studentenverbindung in die SA geschickt; Herr Jäger hat im Jahre 1943 in Rußland das linke Bein verloren und ist demzufolge 70% schwerkriegsbeschädigt; er fällt daher unter die Amnestie. Das Gesuch um Wiedereinstellung des Herrn Jäger in den bayerischen Staatsdienst in der obenerläuterten Form wird von den gesamten Mitgliedern der Ausschüsse Bayern und Pfalz in Ludwigshafen und München auf das dringendste befürwortet. Es wäre nicht zu vertreten, wenn Herr Jäger seine jetzige Tätigkeit als Vorsitzender des Ausschusses Bayern und Pfalz in Ludwigshafen aufgeben müßte, entweder weil er nicht in den bayerischen Staatsdienst übernommen würde und dann seine Arbeitskraft wieder voll dem Caritas-Verband zur Verfügung zu stellen hätte oder weil er zwar auf eine bayerische Planstelle übernommen würde, dann aber seinen Dienst in Bayern anzutreten hätte. Beides würde für die bayerischen Interessen in der Pfalz, für die sich in wachsendem Maße auch der Bayerische Landtag und die bayerische Öffentlichkeit einsetzen, einen außerordentlich schweren Rückschlag bedeuten“ (StK 11632). Vgl. Gelberg, Pfalzpolitik.
1Auch hier stimmt der Ministerrat der Wiedereinstellung des ehemaligen Regierungsrats Jäger zu, für den eine neue Planstelle im Bereich des Staatsministeriums des Innern errichtet werden soll, sofern keine freie Stelle verfügbar ist.32
32Diese Formulierung geht auf eine hs. Korrektur zurück. Zunächst hatte es im Registraturexemplar geheißen: „…, für den eine Planstelle im Bereich des Staatsministeriums des Innern errichtet werde“ (StK-MinRProt 12).
4. Ernennung des Regierungsbaudirektors im Bayer. Staatsministerium des Innern – Oberste Baubehörde – Ludwig Brunner33 zum Ministerialrat. U33Ludwig Brunner (1900–1977), 1919–1923 TH München, 1923 Dipl.-Ing., 1926 Staatsprüfung für den höheren Baudienst und Eintritt in die bayer. Staatsverwaltung, 1926–1931 Angestellter beim Straßen- und Flußbauamt Weilheim, 1931–1933 selbständiger Ingenieur Gemeinde Mittenwald, 1933–1935 Bauleiter beim Ausbau der Linderhofstraße in Ettal, 1935/1936 Regierungsbaumeister Straßen- und Flußbauamt Weilheim, 1. 1. 1937–23. 12. 1948 Regierungsbaumeister im StMI, Abt. für Bauwesen, ab Ende 1945 als Leiter der Gruppe Straßen- und Brükkenbau, Dezember 1948 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit Ernennung zum Regierungsbaudirektor, die bereits damals beabsichtigte Ernennung zum MinRat scheiterte am Veto des StMF, 5. 12. 1949 MinRat, 1954 Mitglied der Bayer. Landesstelle für Naturschutz, Ende April 1965 Ruhestandsversetzung.
1Der Ministerrat stimmt der vorgeschlagenen Ernennung zu.
5. Wiederverwendung von Richtern beim Obersten Finanzgerichtshof Der Ministerrat beschließt auf Vorschlag des Staatsministeriums der Finanzen, die neun ehemaligen Reichsrichter beim Obersten Finanzgerichtshof,34
die bisher im Angestelltenverhältnis beschäftigt worden seien, zu reaktivieren. U34Vgl. Nr. 40 TOP VI.
35Vgl. Protokolle Ehard II (Band 1 1947/1948) Einleitung S. XC; s. ferner „Der Rißbach fließt in den Walchensee. Das größte Bauprojekt des Bundesgebietes vollendet/Regierungsakt bei der Überleitung in Vorderriß“ SZ 22723. 10. 1949 sowie StK 13775.
1Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, es seien ihm neuerdings verschiedene Protestschreiben aus dem Landkreis Tölz zugegangen, in denen unter anderem auch der Bau des Sylvensteinspeichers gefordert werde.36
36Vgl. Bürgermeister Anton Roth (Bad Tölz) an Ehard, 25. 10. 1949, als Anlage die Entschließung der Protest- und Aufklärungsversammlung, 23. 10. 1949, im Kolberbräusaal Bad Tölz und Roth an Ehard, 9. 11. 1949, als Anlage der gedruckte Brief des Stadtrates Bad Tölz an alle Landtagsabgeordneten, 5. 11. 1949, sowie Seifenfabrikant Anton Wiedemann an Ehard, 7. 11. 1949 (StK 13775). Vgl. auch SZ 24. 10. 1949.
2Staatssekretär Fischer antwortet, die notwendigen Untersuchungen würden bereits seit zwei Jahren durchgeführt; sie seien nunmehr abgeschlossen und würden noch vor Weihnachten dem Bayer. Landtag vorgelegt werden.37 Das Ergebnis sei positiv, und er trete rückhaltlos dafür ein, den Sylvensteinspeicher zu bauen.37Vgl. die Ausführungen Fischers im Landtag StB.
V S. 109 f. (8. 11. 1949).
3Staatsminister Dr. Kraus meint, in absehbarer Zeit könne dieses Projekt nicht fertiggestellt werden; vor allem sei das Bayernwerk aus eigener Kraft dazu nicht in der Lage. Er fürchte, daß durch den Sylvensteinspeicher der bayerische Strom so teuer werde, daß man nicht mehr konkurrenzfähig sei.
4Anschließend gibt Staatssekretär Fischer noch einen kurzen Überblick über die Stromversorgung, die sich noch vor Weihnachten durch die Vollendung der Leitung nach Kelsterbach38 erheblich verbessern werde.38Bei Frankfurt a.M.
1Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert an die Ausführungen des Bezirksvorsitzenden der CSU in der Oberpfalz, Dr. Dengler,39 in einer oberpfälzischen Zeitung, der sich scharf gegen die Offizierspensionen ausgesprochen habe. Angeblich hätten die Amerikaner die Pensionszahlung freigegeben, die Schwierigkeiten würden aber darin bestehen, daß es auf Länder-, nicht auf Bundesebene durchzuführen sei. Könnte man nicht eine einmalige Zuwendung oder ein Überbrückungsgeld bis zur Regelung auf Bundesebene geben?39Dr. Fritz Dengler, geb. 1901, Notar, Mitbegründer der CSU in Regensburg, 1948/1949 Mitglied des Wirtschaftsrates.
2Staatsminister Dr. Kraus weist darauf hin, daß Bayern als erstes Land diese Zuwendungen gegeben habe, wenn sie auch für die gegenwärtigen Verhältnisse nicht ausreichend seien.40 Ministerialdirigent Kallenbach41 in seinem Ministerium habe einen Entwurf ausgearbeitet, der einige Verbesserungen enthalte. Es sei recht unangenehm, wenn dann ein prominentes Mitglied der CSU sich dagegen wende.40Vgl. „Vierhundert Generale leben in Bayern“, Schwäbische Landeszeitung 10. 3. 1950. Danach hatte das Bayer. Statistische Landesamt Ende Januar 1950 27480 versorgungsberechtigte Offiziere, Unteroffiziere und Wehrmachtsbeamte in Bayern registriert.41Zu seiner Person s. Nr. 77 TOP V.
3Ministerpräsident Dr. Ehard ersucht, den Entwurf möglichst bald abzuschließen, damit er noch vor Weihnachten an den Landtag geleitet werden könne.42
42Zum Fortgang s. Nr. 91 TOP IV.
43Vgl. SZ 24. und 25. 11. 1949.
1Ministerpräsident Dr. Ehard gibt ein Schreiben des Prinzen Adalbert von Bayern44 bekannt, in dem der Dank für die Teilnahme der bayerischen Staatsregierung anläßlich des Ablebens des Prinzen Ludwig Ferdinand von Bayern45 ausgesprochen wird.46
44Dr. phil. Adalbert Prinz von Bayern (1886–1970), Historiker, 1945–1946 Präsident des Bayer. Roten Kreuzes, 1952–1956 Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Spanien, 1963 Mitglied der Kommission für bayerische Landesgeschichte. – Adalbert Prinz von Bayern: Erinnerungen 1900–1956. München 1991.45Dr. med. Ludwig Ferdinand Prinz von Bayern (1859–1949), Arzt.46Vgl. das Beileidsschreiben Ehards zum Tod von Prinz Ludwig Ferdinand von Bayern, 25. 11. 1949, sowie das Antwortschreiben von Prinz Adalbert an Ehard, 27. 11. 1949 (NL Ehard 272).
47Vgl. Nr. 86 TOP VI.
1Zum Schluß des Ministerrats berichtet Ministerpräsident Dr. Ehard über die von ihm vorgenommene Besichtigung der KZ-Gräber auf dem Leitenberg bei Dachau.48 Unter anderem habe er angeordnet, daß das Gräberfeld sofort in einen würdigen Zustand versetzt, mit Tannenzweigen und Kränzen belegt und mit einem niederen Holzzaun eingefriedet werde.49
48Vgl. „Staatsregierung auf dem Leitenberg“ SZ 2. 12. 1949: „Ministerpräsident Dr. Hans Ehard, Justizminister Dr. Josef Müller, Innenminister Dr. Ankermüller und Staatssekretär Dr. Sattler (in Vertretung von Kultusminister Dr. Hundhammer) besuchten gestern die Massengräber auf dem Leitenberg bei Dachau. Von amerikanischer Seite waren erschienen Mr. Clarence M. Bolds, Mr. Clark und Mr. Grosser. Dr. Ehard erklärte nach seiner Rückkehr aus Dachau, er habe mit dem Landeskommissar vereinbart, daß für das abseits gelegene Grab eine vorläufige würdige Ausgestaltung geschaffen werde. Es sollen jedoch keine Veränderungen vorgenommen werden, die einer späteren Untersuchung hinderlich sein könnten. Man könnte daran denken, die Gebeine in ein Mausoleum oder eine Grabkapelle zu überführen.“49Vgl. Auerbach an Ehard, 2. 12. 1949: „Ich danke Ihnen verbindlichst für den heutigen Anruf und Ihre freundliche Information über den gestrigen Besuch auf dem Leitenberg. In Gemäßheit Ihrer Anordnung habe ich sofort alle notwendigen Vorbereitungen getroffen, damit noch vor Weihnachten sowohl das alte wie das neue Grab so hergerichtet werden, wie es dem Wunsche der Bayerischen Staatsregierung und der Militärregierung entspricht. Es wird also bei dem Massengrab eine würdige Form der Grabstätte gefunden, die zunächst darin besteht, daß die Grabstätte mit Tannengrün bzw. isländischem Moos bedeckt und das Gesamtterrain mit einem kleinen Staketzaun aus Birke oder einem anderen geeigneten Holz, nicht höher als 80 cm, umgeben wird. Die Wege, die nicht über Gräber führen dürfen, werden hergerichtet, um ein Einsinken zu verhindern. Ebenso wird das neue Grab mit einem Zaun umgeben und mit Tannengrün abgedeckt, bis die Anweisung zur endgültigen Beisetzung durch den Landeskommissar von Bayern erfolgt. Wir hoffen, daß innerhalb von 14 Tagen alles so hergerichtet ist, wie es Ihrem Wunsche entspricht. Im Einvernehmen mit dem Herrn Landrat von Dachau habe ich angeordnet, daß nach Abdeckung der Gräber mit Tannengrün diese anläßlich der Weihnachtszeit mit genügend Adventskränzen und Weihnachtskerzen versehen werden, und ich gebe der Hoffnung Ausdruck, daß die Staatsregierung wenige Tage vor Weihnachten den Gräbern einen Besuch abstatten kann. Bezüglich der Kosten werde ich die Abrechnung in gewohnter Weise an das Finanzministerium gehen lassen. Die Regelung dieser Angelegenheit wird im engsten Einvernehmen mit dem Herrn Landrat von Dachau vor sich gehen. Der Ministerausschuß, bestehend aus den Herren Stellvertretender Ministerpräsident Dr. Müller, Staatsminister für Unterricht und Kultus, Dr. Hundhammer, und Staatsminister des Innern, Dr. Ankermüller, wird über den Fortschritt der Arbeiten informiert“ (StK 13626).
Am Freitag, 16. 12. 1949 (14.30 Uhr) fand dann auf Einladung von MPr. Ehard die feierliche vorläufige Einweihung des Friedhofs auf der Leiten bei Dachau statt. Weihbischof Neuhäusler, Landesbischof Meiser und Oberrabbiner Aaron Ohrenstein hielten Ansprachen (StK 13625; vgl. Einladungskarten auch in: NL Pfeiffer 73 und StK 12998). Ehard hatte dazu u.a. auch Bundeskanzler Adenauer eingeladen. Die Bundesregierung wurde schließlich durch Bundesvertriebenenminister Lukaschek vertreten; vgl. StK 13079. Vgl. im Detail zu dieser Veranstaltung SZ 17./18. 12. 1949 sowie Marcuse, Legacies S. 147 und Abb. 36. Zum Fortgang s. Nr. 95 TOP VII, Nr. 96 TOP I, Nr. 101 TOP IV, Nr. 103 TOP VIII, Nr. 104 TOP VIII, Nr. 113 TOP XII, Nr. 127 TOP IX und Nr. 128 TOP XV.
Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Generalsekretär des
Ministerrats
Im Auftrag
gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg
Regierungsdirektor
Der Leiter der
Bayerischen Staatskanzlei
gez.: Dr. Anton Pfeiffer
Staatsminister