Ministerpräsident Dr. Hans Ehard, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Krehle, Verkehrsminister Frommknecht, Staatssekretär Fischer (Innenministerium-Oberste Baubehörde), Staatssekretär Jaenicke (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Müller (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Grieser (Arbeitsministerium), Staatssekretär Geiger (Wirtschaftsministerium), Regierungsdirektor Wagenhöfer (Finanzministerium).
Stv. Ministerpräsident und Justizminister Dr. Müller, Innenminister Dr. Ankermüller, Kultusminister Dr. Hundhammer, Finanzminister Dr. Kraus, Staatsminister Dr. Pfeiffer, Staatssekretär Dr. Schwalber (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Sattler (Kultusministerium), Staatssekretär Sühler (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Sedlmayr (Verkehrsministerium).1
Vorbereitung der Sitzung des Deutschen Bundesrates am 19. Dezember 19492: I. Verordnung über die Notaufnahme von Deutschen in das Bundesgebiet. II. Anordnung über die Neuregelung der Mineralölpreise. III. Gesetz über die Gewährung von Straffreiheit. IV. Entwurf einer zweiten Anordnung über den Eisenbahngütertarif. V. Bewirtschaftungsanordnungen. [VI. Landwirtschaftliche Bewirtschaftungsanordnungen]. [VII. Gesetz zur Erleichterung der Annahme an Kindesstatt]. [VIII. Steuerfreiheit für Weihnachtszuwendungen]. [IX. ERP-Abkommen]. [X. Verlängerungsgesetz über Festsetzung und Verrechnung von Ausgleichs- und Unterschiedsbeträgen für Einfuhrgüter der Land- und Ernährungswirtschaft]. [XI. Verlängerung des Bewirtschaftungsnotgesetzes, des Gesetzes zur Deckung der Kosten für den Umsatz ernährungswirtschaftlicher Waren und des Preisgesetzes]. [XII. Handelsrechtliches Bereinigungsgesetz]. [XIII. Entwurf einer 4. Anordnung über den Reichskraftwagentarif]. [XIV. Verlängerung des Fachstellengesetzes und der Fachstellengebührenordnung]. [XV. Gesetz über die Wirkung der bei den Annahmestellen Darmstadt und Berlin eingereichten Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichenanmeldungen in den Ländern der französischen Zone]. [XVI. Gesetz über die Verlängerung des Lohnstopps].
Dr. Ehard stellt fest, daß der Standpunkt der bayerischen Regierung zu dieser Frage ja bereits bekannt sei4 und Herr Staatssekretär Jaenicke am 19. 12. 1949 ihn in Bonn vertreten werde.5 Übrigens werde er auch Gelegenheit finden, heute mit Herrn Bundesminister Dr. Lukaschek6 die Frage zu besprechen.7
MinisterpräsidentJaenicke erklärt, es werde sehr schwierig sein, den bayerischen Standpunkt durchzusetzen, weil jetzt auch Berlin eine andere Haltung einnehme. Er werde jedenfalls versuchen, damit durchzudringen, daß er die ganze Angelegenheit als so dringlich darstelle, daß man mit einem Gesetz zu spät kommen werde. Im übrigen habe er bei den zuständigen amerikanischen Stellen in Frankfurt beantragt, daß Bayern überhaupt keine Ostflüchtlinge aufzunehmen brauche.8
StaatssekretärDr. Seidel berichtet über die Behandlung dieser Sache im Wirtschaftsausschuß. Der Wirtschaftsausschuß habe sich zusammen mit dem Agrar- und Verkehrsausschuß eingehend beraten und grundsätzlich einer Erhöhung der Mineralölpreise zugestimmt.10 Was das Ausmaß dieser Erhöhung betreffe, so schlage die Bundesregierung einen Preis von DM 60,- gegenüber bisher DM 40,- pro 100 l Benzin vor und einen Grundpreis von DM 45,- pro 100 l Dieselkraftstoff statt bisher DM 30,-. Der Verkehrsausschuß hat demgegenüber festgestellt, daß diese Erhöhung nicht tragbar sei und seinerseits DM 53,- bzw. DM 35,- vorgeschlagen. Wirtschafts- und Agrarausschuß hätten zugestimmt, während der Finanzausschuß sich der Meinung der Bundesregierung angeschlossen habe.
StaatsministerWagenhöfer teilt mit, der Finanzausschuß habe die Erhöhung für unbedingt notwendig gehalten. Allein schon um die bisherigen Subventionen wegfallen zu lassen, müsse man den Preis für Benzin und Dieselkraftstoff auf mindestens DM 55,- bzw. DM 39,- erhöhen. Das Finanzministerium sei der Auffassung, daß eine Globalerhöhung vorgenommen werden müsse und die Interessen der bayerischen Wirtschaft und Landwirtschaft durch Sondervergünstigungen berücksichtigt werden sollten. Wer diese Sondervergünstigungen erhalten solle, müsse natürlich durch die zuständigen Fachministerien entschieden werden. Für das Finanzministerium sei natürlich das fiskalische Interesse maßgebend und er müsse darauf aufmerksam machen, daß im Ergänzungshaushalt des Bundes die Mehreinnahmen aus den Mineralölpreisen bereits in Höhe von 87 Millionen DM veranschlagt seien. Die Länder sollten bekanntlich den Fehlbetrag des Bundeshaushalts tragen, deshalb habe auch Bayern ein Interesse daran, daß die Erhöhung vorgenommen und damit der Fehlbetrag verringert werde. Gegen Sondervergünstigungen habe das Finanzministerium selbstverständlich nichts einzuwenden. Wenn man aber Sondervergünstigungen für Bayern in Anspruch nehme, müsse man bei der Erhöhung als solcher zustimmen. Seiner Ansicht nach seien aber für die bayerische Wirtschaft von ausschlaggebender Bedeutung eben diese Sondervergünstigungen.
RegierungsdirektorDr. Müller tritt dafür ein, sich von Bayern aus dem Vorschlag der Bundesregierung anzuschließen.
StaatssekretärGeiger betont, der Ausgleich des Fehlbetrages würde auf die Länder in Form von Matrikularbeiträgen umgelegt, die sich nach der Bevölkerungszahl und nach dem Steueraufkommen richteten. Es wäre also für Bayern weit günstiger, den Fehlbetrag auf diese Weise zu tragen, als die bayerische Wirtschaft durch die Erhöhung der Mineralölpreise zu belasten. Die Sondervergünstigungen, die vor allem für die Binnenschiffahrt und die Landwirtschaft in Frage kämen, würden sich auch nur zum Teil für Bayern günstig auswirken. Seiner Meinung nach solle diese neue Steuerquelle ausschließlich dem Bund zugute kommen und er könne deshalb vom Standpunkt der Wirtschaft aus der Erhöhung nicht zustimmen. Man müsse auch berücksichtigen, daß wahrscheinlich durch diese Mehrbelastung der Wirtschaft das Einkommen aus Einkommen- und Körperschaftsteuer zurückgehen werde.
StaatssekretärWagenhöfer erwidert, man müsse in allen Finanzfragen Bund und Länder als Gesamtheit ansehen. Der Fehlbetrag belaufe sich auf 350 Millionen DM, wobei bereits die 87 Millionen DM aus der Erhöhung der Mineralölpreise als Einnahmen angesetzt seien. Diese Einnahmen des Bundes seien deshalb auch für Bayern von größter Bedeutung. Er weise nochmals darauf hin, daß finanzpolitisch Bund und Länder eine Einheit seien, wenn sie wirtschaftspolitisch auch getrennt seien. Er rate dringend dazu, das Hauptgewicht auf die Sondervergünstigungen zu legen und glaube, daß die beabsichtigte Erhöhung unter dieser Voraussetzung auch für die bayerische Wirtschaft tragbar sei. Vielleicht dürfe er auch daran erinnern, daß im Sommer der Finanzausschuß der Ministerkonferenz die Erhöhung der Mineralölpreise als einzige neue Steuerquelle bezeichnet habe. Bundesminister Schäffer habe dringend gebeten, ihn nicht im Stich zu lassen und zuzustimmen.
RegierungsdirektorGeiger führt aus, er habe gleichfalls mit Bundesminister Schäffer gesprochen, könne aber seine Meinung nicht ändern. Wenn die Erhöhung tatsächlich den bayerischen Finanzen zugute käme, könnte man darüber reden; das sei aber nicht der Fall und er halte es deshalb für besser, den Ausgleich des Fehlbetrags des Bundes durch Matrikularbeiträge zu decken, bei denen die steuerschwächeren Länder besser wegkämen.
StaatssekretärWagenhöfer meint, es sei zweifelhaft, ob die Sondervergünstigungen im Bundesrat angenommen würden, wenn Bayern der Erhöhung an sich nicht zustimmen könnte. Sämtliche Finanzminister seien übrigens der Ansicht, daß die Erhöhung notwendig sei.
RegierungsdirektorGeiger meint, es sei wohl nicht damit zu rechnen, daß die Sondervergünstigungen für die Landwirtschaft abgelehnt würden, da sie schon in der Vorlage der Bundesregierung enthalten seien. Der von ihm selbst eingebrachte Vorschlag, auch Notstrom-Aggregate zu berücksichtigen, sei einstimmig angenommen worden und er habe hier keine Befürchtungen.
StaatssekretärWagenhöfer gibt nochmals zu bedenken, daß sich der doppelte Ausfall von geringer Erhöhung und Sondervergünstigung sehr bemerkbar machen würde.
RegierungsdirektorFrommknecht erklärt, der Verkehrsausschuß habe beanstandet, daß die eingehenden Gelder für andere Zwecke als für Straßenbau und Straßensicherung verwendet würden. Außerdem habe der Ausschuß eine Erhöhung auf DM 60,- als viel zu hoch bezeichnet.
StaatsministerDr. Müller führt aus, es sei unmöglich, lediglich wirtschaftliche Gesichtspunkte gelten zu lassen, man müsse vielmehr die finanzpolitische Seite in erster Linie betrachten, d.h. der Matrikularbeitrag, der auf Bayern falle, betrage immerhin 18%. Selbstverständlich sei es auch unmöglich, derartige Gelder zweckgebunden zu verwenden. Schließlich dürfe man auch nicht übersehen, daß ja an sich schon ab 1. 1. 1950 eine beachtliche Steuersenkung komme. Für die Matrikularbeiträge seien einfach keine Mittel vorhanden und er müsse wirklich fragen, wo man nun das Geld hernehmen solle. Das Finanzministerium sehe einfach keinen Ausweg, zumal der Landtag neue große Aufgaben beschlossen habe.
Staatssekretär11
Der Ministerrat beschließt mit Mehrheit, einer Erhöhung der Mineralölpreise lediglich auf DM 53,- pro 100 l Benzin und DM 35,- pro 100 l Dieselkraftstoff zuzustimmen.Dr. Müller stellt fest, daß nun aber auch niemand dem Finanzministerium Vorwürfe machen dürfe, wenn es bei der Aufstellung des nächsten Etats die Mittel für die einzelnen Ressorts erheblich kürzen müsse. Bezeichnend für die Finanzsituation sei, daß man 125 Millionen DM habe aufnehmen müssen, um den außerordentlichen Haushalt aufstellen zu können.
Staatssekretär12
Anschließend wird noch die Frage der Sondervergünstigungen besprochen und festgestellt, daß für die bayerische Wirtschaft vor allem eine Vergünstigung für die Landwirtschaft und für Stromerzeugung jeder Art notwendig sei. Es wird beschlossen, insoweit den bayerischen Standpunkt zu vertreten.Dr. Ehard gibt bekannt, daß ein großer Teil des Bundesrates erhebliche Bedenken gegen das Amnestiegesetz13 habe und möglicherweise der Bundesrat Einspruch einlegen werde. Der bayerische Standpunkt in bezug auf den Inhalt des Gesetzes und die Zuständigkeit der Bundesregierung zu seinem Erlaß sei ja bekannt.14 Die Justizminister-Konferenz werde sich noch mit der Frage befassen und man müsse jetzt abwarten, wie die Sache weitergehe.15
MinisterpräsidentGeiger berichtet, der Wirtschaftsausschuß habe sich grundsätzlich mit der Einführung von Krisenzuschlägen einverstanden erklärt.17 Nach der Regierungsvorlage solle die Anordnung bis 31. 12. 1950 befristet werden, während im Wirtschaftsausschuß ursprünglich eine Befristung nur bis 30. 6. 1950 gefordert worden sei. Nachdem aber der Bundesverkehrsminister18 die Erhöhung besonders begründet habe, hätten Wirtschaftsausschuß und Verkehrsausschuß beschlossen, der Regierungsvorlage zuzustimmen. Nach dem Vorschlag des Unterausschusses des Wirtschaftsausschusses sollen die Krisenzuschläge zum Schutz der entfernter liegenden Gebiete allmählich verringert werden und ab 600 km überhaupt wegfallen. Er habe sich im Interesse der bayerischen Wirtschaft sehr stark dafür eingesetzt und sei schließlich auch durchgedrungen.19
StaatssekretärDr. Seidel erklärt, er werde die 13 Bewirtschaftungsanordnungen, die auf der nächsten Sitzung behandelt würden, genau mit Herrn Staatssekretär Dr. Müller besprechen und dieser werde dann den bayerischen Standpunkt in Bonn vertreten.21 Der Standpunkt des Rechtsausschusses des Bundesrats müsse hierzu abgewartet werden.22
StaatsministerDr. Schlögl berichtet kurz über die einzelnen Anordnungen und erklärt, er werde Herrn Staatssekretär Dr. Müller eine Vormerkung zusenden. Grundsätzlich sei er einverstanden, doch müßten die Länder in erhöhtem Maße eingeschaltet werden.23
Staatsminister25
Es wird festgestellt, daß der Herr Staatsminister der Justiz, der gegenwärtig in Bonn weile, über die Stellungnahme Bayerns unterrichtet sei.Dr. Müller erklärt, die bayerische Stellungnahme läge fest.27 Er teilt mit, er habe bei der letzten Sitzung des Landtags, in der die Angelegenheit neuerdings zur Sprache gebracht worden sei, die Auffassung vertreten, es sei verfassungsrechtlich nicht möglich, daß der Landtag beschließe, die bayerische Regierung habe ihren Bevollmächtigten in bestimmter Hinsicht anzuweisen.28 Diese Auffassung, die der Landtag unwidersprochen hingenommen habe,29 wird vom Kabinett gebilligt.30
Staatssekretär32
Das Kabinett billigt das Abkommen.Dr. Schlögl erklärt, er werde Herrn Staatssekretär Dr. Müller eine Vormerkung über die Stellungnahme Bayerns zusenden.34
StaatsministerDr. Seidel berichtet, der Bundesrat habe zu diesen Gesetzen Änderungen angeregt, die vom Bundestag nicht berücksichtigt worden seien. Der Bundesrat stehe daher vor der Frage, ob er gegen das Gesetz ein Veto einlegen oder ob er mit dem Gesetz den Zwischenausschuß36 befassen wolle. Nach seiner Auffassung soll der Bundesrat diese Ablehnung des Bundestags nicht ohne weiteres hinnehmen.37
StaatsministerDr. Seidel berichtet, das Gesetz sei noch nicht reif für eine Behandlung im Plenum des Bundestags. Es werde voraussichtlich an einen Ausschuß überwiesen werden.39
Staatsminister40
Für diesen Punkt der Tagesordnung gelte das Gleiche wie zum Entwurf einer 2. Anordnung über den Eisenbahngütertarif.Dr. Seidel berichtet, der Bundesrat habe bei seiner letzten Tagung auf Vorschlag des Wirtschaftsausschusses dem Gesetzentwurf zugestimmt unter der Bedingung, daß den Fachstellen nur noch Einfuhr-Angelegenheiten zugewiesen werden.42 Wenn der Bundestag den Änderungsanträgen des Bundesrats bei seiner Sitzung am 16. 12. 1949 nicht Rechnung getragen habe, so müsse der Bundesrat entweder ein Veto einlegen oder den Zwischenausschuß mit der Sache befassen. Die Fachstellen dürften keine Bewirtschaftungsaufgaben haben. Dies müsse das Bundeswirtschaftsministerium übernehmen.43
StaatsministerDr. Seidel erklärt, mit diesem Gesetzentwurf45 sei Bayern einverstanden.46
StaatsministerKrehle, Minister Halbfell48 (Nordrhein-Westfalen) habe ihn davon in Kenntnis gesetzt, daß auf der Tagesordnung für die Sitzung des Bundesrats wahrscheinlich auch das Gesetz über Verlängerung des Lohnstopps gesetzt würde. Diesem Gesetzentwurf müsse Bayern zustimmen.49
Außerhalb der Tagesordnung erklärt Staatsminister