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Nr. 143MinisterratssitzungDienstag, 10. Februar 1953 Beginn: 9 Uhr Ende: 11 Uhr 30
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Zietsch, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Oberländer (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).

Entschuldigt:

Wirtschaftsminister Dr. Seidel.

Tagesordnung:

I. Mitteilungen des Herrn Ministerpräsidenten über seinen Besuch bei Bundeskanzler Dr. Adenauer. II. Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung der Wasserbauverwaltung. III. Benennung der Ausschußmitglieder gem. § 1 der 2. Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamts für das Versicherungs- und Bausparwesen. IV. Ausstellung von Gemälden der Alten Pinakothek in den Vereinigten Staaten von Amerika . V. Unwetter-Katastrophe in Holland . VI. Oberbayer. Kohlenbergbau. VII. Tätigkeit der KPD in Bayern. VIII. Platterhof auf dem Obersalzberg. . IX. Energiewirtschaft . X. Wagner-Festspiele in Bayreuth . XI. Plenarsitzung des Landtags.

I. Mitteilungen des Herrn Ministerpräsidenten über seinen Besuch bei Bundeskanzler Dr. Adenauer

1. Flüchtlinge aus der sowjetisch besetzten Zone1

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, er habe mit dem Bundeskanzler ein eingehendes Gespräch über die gegenwärtige Lage in Berlin gehabt.2 Der Zustrom der Flüchtlinge aus der sowjetisch besetzten Zone nehme immer mehr zu und es sei auf die Dauer unmöglich, diese Flüchtlinge wie bisher in Massenunterkünften unterzubringen. Dazu komme, daß das bisherige Notaufnahmeverfahren, in dem diese Leute überprüft würden, lange Zeit in Anspruch nehme. Ursprünglich seien etwa 40% der Flüchtlinge aufgenommen worden, aber auch die übrigen 60% habe man natürlich nicht wieder zurückschicken können, sodaß sie praktisch in Berlin verblieben seien. Inzwischen habe sich das Verhältnis umgekehrt, man könne damit rechnen, daß jetzt ungefähr 75% aufgenommen würden.

Um die Verhältnisse in Berlin zu bessern, sei es notwendig, im Monat 25 000 bis 30 000 Personen mit Flugzeugen abzutransportieren, es sei aber nicht möglich, sie sofort nach dem bisherigen Verteilungsschlüssel (Bayern 3,7%) zu verteilen, da die Länder zum Teil nicht in der Lage seien, sie sofort aufzunehmen und unterzubringen. Bekanntlich habe Bayern bereits 5 000 sog. Pensionäre für Nordrhein-Westfalen aufgenommen und sei bereit, dies auch weiter zu tun. Andererseits müßten aber auch gesetzliche Maßnahmen geschaffen werden, um diese Flüchtlinge rascher endgültig unterbringen zu können. Die Lage in Berlin sei recht ungünstig, vor allem, weil auch nicht abzusehen sei, wann dieser Zustrom aufhöre.

In der Hauptsache kämen jetzt Bauern und jüngere Leute, die sich entweder der Zwangsenteignung oder dem Dienst in der Volkspolizei entziehen wollten; es gebe aber auch zahlreiche andere, die infolge einer gewissen Propaganda nach dem Westen gingen, weil sie hofften, dort Arbeit, Wohnung usw. zu bekommen.

Staatssekretär Dr. Oberländer fügt hinzu, in nächster Zeit würden 4 300 weitere Pensionäre in Amberg untergebracht; der Anfang dazu sei schon gemacht. Trotz der schwierigen Lage hoffe er, die Funkkaserne freihalten zu können,3 zumal jetzt auch ein Gebäude in Reichenhall 4 ausgebaut werde. Selbstverständlich könne an eine Änderung des Verteilungsschlüssels nicht gedacht werden. Er weise noch darauf hin, daß Nordrhein-Westfalen seine Verpflichtungen erfülle und bereits 500 Leute abgerufen habe. Auch Kosten entstünden für den bayerischen Staat nicht, im Gegenteil sei festzustellen, daß die bayerische Wirtschaft mit Aufträgen bedacht werde.5

2. Besuch des amerikanischen Außenministers Mr. Foster Dulles 6

Ministerpräsident Dr. Ehard fährt fort, bei einem von dem Herrn Bundeskanzler gegebenen Abendessen sei er auch mit dem neuen amerikanischen Außenminister zusammengetroffen. Dieser habe in einer Tischrede erklärt, Europa müsse sich darüber klar werden, was es eigentlich wolle. Er habe durchaus Verständnis für die Besonderheiten der europäischen Länder, diese sollten aber erkennen, daß es keine andere Möglichkeit als die europäische Integration gebe, die Gefahr aus dem Osten zu bannen. Mr. Dulles habe u.a. auch über die Teilung Deutschlands gesprochen und erklärt, diese könne keinesfalls auf die Dauer bestehen bleiben. Die Wiedervereinigung könne aber nicht durch einen Krieg, sondern nur durch die Stärkung des Westens herbeigeführt werden.

Ministerpräsident Dr. Ehard fügt noch hinzu, er habe mit dem Bundeskanzler auch über die sinnlosen Gerüchte gesprochen, die in der letzten Zeit immer wieder aufgetaucht seien.

3. Verstärkung des Bundesgrenzschutzes7

Ministerpräsident Dr. Ehard verweist dann auf die Berichte über die Abstimmung im Bundestag hinsichtlich der Verstärkung des Bundesgrenzschutzes.8 Die CSU habe die Verweisung der Angelegenheit an den zuständigen Ausschuß beantragt, sei aber damit nicht durchgedrungen, so daß es zu der Abstimmung gekommen sei.9 Bekanntlich habe man die Sache dann doch wieder zurückgestellt, weil einer Vereinbarung zwischen Bundestag und dem Bundesinnenministerium zufolge vom Jahre 1951 die Vermehrung nur durchgeführt werden könne, wenn sich mehr als die Hälfte des Bundestages dafür ausspreche.10

Er selbst habe keinen Zweifel darüber gelassen, daß er eine Vermischung der Aufgaben einer Polizei und einer Wehrmacht nicht für zweckmäßig halte und festgestellt, das Beste sei, die Bereitschaftspolizei der Länder zu vermehren. Dies habe man anerkannt, aber erwidert, die bayerische Bereitschaftspolizei sei zweifellos gut, das gleiche sei aber in anderen Ländern nicht der Fall, wo noch dazu zum Teil wenig Neigung bestehe, sie überhaupt einzurichten. Besondere Bundesmittel für die bayerische Bereitschaftspolizei würden aber sicher an dem Widerstand der übrigen Länder scheitern. Jedenfalls werde die bayerische Grenzpolizei bleiben, die zwischen dem Bundesinnenministerium und dem Bayerischen Innenministerium abgeschlossene Vereinbarung sei jetzt auch vom Bundeskabinett gebilligt worden.11

4. Israel-Abkommen12

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt dann bekannt, daß er den Text des Israel-Abkommens und des Ratifizierungsgesetzes jetzt erhalten habe, leider nur in einigen Exemplaren, so daß er es nur dem Justiz-, Finanz- und Wirtschaftsministerium übergeben könne. Die offizielle Zustellung an den Bundesrat sei noch nicht erfolgt,13 weil zur Zeit noch Verhandlungen in Kairo liefen, die allerdings jetzt abgebrochen zu sein schienen.14 Der Bundeskanzler habe den Wunsch, daß das Gesetz in der nächsten Bundesratssitzung am 20.2. behandelt werde, da auch von amerikanischer Seite auf die Ratifizierung gedrängt werde.15 Die Zustellung werde offiziell erst am 19.2. erfolgen.16

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erkundigt sich, warum die Bundesregierung überhaupt diesen Vertrag mit dem Staat Israel abgeschlossen habe, den man doch nicht als Rechtsnachfolger der von den Nationalsozialisten ermordeten Juden betrachten könne.

Ministerpräsident Dr. Ehard antwortet, auch er habe diese Frage gestellt, es scheine aber doch, daß wichtige politische Gründe den Bundeskanzler zu dem Abkommen veranlaßt hätten.

Er bitte die Ministerien, die den Text erhalten hätten, ihn zu prüfen und bis zur nächsten Ministerratssitzung am Dienstag, den 17. Februar, ihre Stellungnahmen abzugeben.17

Luxemburger Abkommen

II. Entwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung der Wasserbauverwaltung18

Staatsminister Zietsch läßt eine Stellungnahme zu diesem Gesetzentwurf verteilen, in der vorgeschlagen wird, die Erörterung zurückzustellen, da das Finanzministerium erhebliche Bedenken gegen die vorgeschlagene Regelung habe.19

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt sich mit der Zurückstellung einverstanden.20

Erstes Gesetz zur Vereinfachung der staatlichen Bauverwaltung vom 27. Juli 1953

III. Benennung der Ausschußmitglieder gem. § 1 der 2. Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamts für das Versicherungs- und Bausparwesen21

Der Ministerrat beschließt auf Vorschlag des Herrn Staatsministers der Finanzen als Ausschußmitglieder gemäß § 1 der 2. Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamts für das Versicherungs- und Bausparwesen zu benennen:

1. Regierungsdirektor Dr. Wirsching 22

2. als dessen Stellvertreter Oberregierungsrat Dr. Krebs.23

IV. Ausstellung von Gemälden der Alten Pinakothek in den Vereinigten Staaten von Amerika 24

Staatsminister Dr. Schwalber stellt fest, daß diese Angelegenheit noch nicht spruchreif sei. Das Gutachten des Instituts für Rechtsvergleichung an der Universität München liege zwar jetzt vor,25 aber auch dieses habe keineswegs alle Bedenken ausgeräumt; dazu komme, daß jetzt auch die Wittelsbacher Landesstiftung und der Wittelsbacher Ausgleichsfonds,26 denen ein hoher Prozentsatz der auszustellenden Bilder gehöre, die bisherigen Garantien nicht für ausreichend halte.27

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, er halte es für nicht angenehm, daß sich diese Angelegenheit, in der die Amerikaner sehr drängten, so lang hinauszögere. Er habe Herrn Generalkonsul Thayer 28 bereits wiederholt mitgeteilt, federführend sei das Kultusministerium, beschließen müsse zwar das Kabinett, das aber keinesfalls den Kultusminister überstimmen werde. Jedenfalls müsse nun bald eine Entscheidung getroffen werden. Nachdem nach wie vor Bedenken bestünden, frage er den Herrn Staatsminister Dr. Schwalber, ob noch eine Möglichkeit bestehe, etwaige Zweifelsfragen zu klären.

Staatsminister Dr. Schwalber meint, man könne sich vielleicht nochmals an das Auswärtige Amt in Bonn wenden, damit dieses eine Zusicherung von amerikanischer Seite erhalte, daß in den Vereinigten Staaten keinerlei Ansprüche gegen die Gemälde geltend gemacht werden könnten.29

Staatssekretär Dr. Brenner stellt fest, daß er nicht nur wegen der rechtlichen Frage, sondern auch wegen der Gefahren, die mit jedem Transport verbunden seien, größte Bedenken habe und sich gegen die Ausstellung aussprechen müsse.

Auf Vorschlag von Staatsminister Dr. Schwalber wird vereinbart, die Entscheidung auf die Kabinettssitzung vom 24. Februar zu vertagen, damit in der Zwischenzeit der Versuch gemacht werden könne, über das Auswärtige Amt zu erreichen, daß von amerikanischer Seite die völlige Immunität für die Ausstellung zugesichert werde.30

Leihgabe ins Ausland

V. Unwetter-Katastrophe in Holland 31

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, er habe dem holländischen Generalkonsul in München, der zu einer Sammlung für die Unwetter-Geschädigten in Holland aufgerufen habe, DM 2 000,- überwiesen. Inzwischen habe er erfahren, daß Nordrhein-Westfalen DM 100 000,- zur Verfügung gestellt habe, das Bayernwerk DM 10 000,-.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß der Landtag beschlossen habe, DM 25 000,- als erste Hilfe zu leisten.32

Auf Vorschlag des Herrn Staatsministers Zietsch wird beschlossen, diesen Betrag aus Einzelpl. XIII, Kap. 1211, Tit. 221 (Zuschüsse für besondere Zwecke) zu nehmen und davon DM 15 000,- für die holländische, DM 10 000,- für die britische Sammlung zu gewähren.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner weist darauf hin, daß für diese Sammlungen keine Genehmigung eingeholt worden sei; es habe aber in solchen Fällen keinen Sinn, nachträglich noch auf einer Genehmigung zu bestehen. Er habe deshalb die Regierungen angewiesen, davon abzusehen.33

Unwetterkatastrophen

VI. Oberbayer. Kohlenbergbau34

Staatssekretär Dr. Guthsmuths führt aus, die Lage im oberbayerischen Pechkohlenbergbau sei äußerst kritisch geworden, gegenwärtig lägen 10 000 to auf den Lagern, ohne daß sie abgesetzt werden könnten. Eine Vertretung der Kohlenverkaufsstelle, der sich auch die Betriebsräte der betroffenen Gruben angeschlossen hätten, habe dem Wirtschaftsministerium mitgeteilt, sie beabsichtigten, einen Mischpreis für gewerbliche und Hausbrandkohle einzuführen, wodurch sich der Preis um 70 Pfennige erhöhe. Sie ersuchten die Staatsregierung, den entsprechenden Antrag beim Bundeswirtschaftsministerium zu unterstützen. An sich habe das Wirtschaftsministerium dagegen grundsätzliche Bedenken. Er glaube aber doch, daß man sich dem Wunsch nicht entziehen könne, weil dadurch doch eine gewisse Erleichterung für den oberbayerischen Kohlenbergbau eintrete und zwar deshalb, weil bisher viel zu viel gewerbliche Kohle als Hausbrandkohle gekauft worden sei.

Staatsminister Dr. Oechsle wendet ein, daß durch Preiserhöhung diese Absatzkrise doch nicht gelöst werden könne.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths gibt zu, daß dies natürlich keine Rettung des Bergbaus bedeute, aber immerhin auf einige Zeit die größten Schwierigkeiten beheben könne. Jedenfalls sehe er keinen anderen Ausweg, als den Antrag der Kohlenverkaufsstelle zu unterstützen.

Staatssekretär Dr. Ringelmann meint gleichfalls, daß durch die Senkung des Preises für gewerbliche Kohle eine gewisse Absatzsteigerung erwartet werden könne.

Staatsminister Zietsch hält es für richtig, eine Regelung auf lange Sicht zu suchen, da ja eigentlich der Bergbau in Oberbayern ohne Zukunftsaussichten sei.

Die Entscheidung über die von Herrn Staatssekretär Dr. Guthsmuths aufgeworfene Frage wird ausgesetzt.35

Pechkohlebergbau

VII. Tätigkeit der KPD in Bayern36

1. Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner berichtet zunächst über den Vorfall in Penzberg, wo es gelungen sei, durch plötzliches Zugreifen 17 Kommunisten zu verhaften, die in einer Besprechung Maßnahmen zur revolutionären Beseitigung der Regierung Adenauer beraten und zur Gewaltanwendung aufgefordert hätten. Das zuständige Amtsgericht Weilheim habe die Leute noch in der gleichen Nacht vernommen und Haftbefehl angeordnet.

2. Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt dann einen Überblick über die Vorgänge um die von der KPD beabsichtigte Kundgebung, auf der der Bundestagsabgeordnete Reimann 37 habe sprechen sollen.38 Nachdem in Flugzetteln die Bundesregierung und die Bayerische Regierung beschuldigt worden seien, auf Krieg hinzuarbeiten,39 habe er die Stadt München anweisen können, die Versammlung zu verbieten. Dies sei auch geschehen in einer Verfügung, in der es ausdrücklich geheißen habe, einer etwa eingelegten Beschwerde werde die aufschiebende Wirkung versagt.40 Merkwürdigerweise habe dann das Verwaltungsgericht München festgestellt, es sei zwar die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde versagt, aber nicht der sofortige Vollzug angeordnet worden.41

Glücklicherweise sei es aber dann noch möglich gewesen, die Verfügung der Stadt München zu ergänzen und sie dem Rechtsanwalt der KPD zuzustellen, so daß die Versammlung habe verboten werden können.42

Die Versammlung habe dann auch nicht stattgefunden, nachdem genügend Polizei, auch Bereitschaftspolizei, aufgeboten gewesen sei. Die Münchner Polizei habe es aber nicht verhindern können, daß ein Teil der Kommunisten trotzdem in den Donnersberger Bierhallen getagt habe; leider habe also wieder einmal die Münchner Polizei versagt.

Alles in allem müsse er darauf aufmerksam machen, daß in der nächsten Zeit wahrscheinlich noch eine Reihe von Versuchen seitens der KPD kommen könnten,43 die öffentliche Ruhe und Ordnung zu stören.44

VIII. Platterhof auf dem Obersalzberg 45

Ministerpräsident Dr. Ehard erkundigt sich, wie nun eigentlich die Sache mit dem Platterhof stehe.

Staatsminister Zietsch erwidert, an sich seien die Verhandlungen mit Herrn Lahmann 46 vor dem Abschluß, die Amerikaner zögerten aber mit der Freigabe des Platterhofes, da offensichtlich die amerikanische Armee überlege, ob sie nicht dort ein Erholungsheim einrichten wolle. Er sei heute mittag bei Generalkonsul Thayer und werde dabei diese Angelegenheit zur Sprache bringen.47

IX. Energiewirtschaft

Ministerpräsident Dr. Ehard unterrichtet den Ministerrat über eine Besprechung, die auf seine Veranlassung hin mit einer Reihe von Vertretern der Energiewirtschaft stattgefunden habe mit dem Ziel, die zwischen dem Bayernwerk und den übrigen Elektrizitätsunternehmen bestehenden Spannungen zu klären. Zu seinem Erstaunen habe sich in dieser Sitzung herausgestellt, daß eigentlich keinerlei Beschwerden gegen das Bayernwerk vorgebracht worden seien.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths fügt hinzu, besonders dringlich sei es, einmal die Frage der sog. Netzüberlagerung zu prüfen; hier müsse das Bayernwerk die Initiative ergreifen, um die Netzüberlagerungen zu einer echten Verbundwirtschaft zu vereinigen.

Energiewirtschaft

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner bestätigt gleichfalls, daß es nicht möglich sei, obwohl immer wieder Vorwürfe gegen das Bayernwerk gerichtet würden, einwandfreies Material in die Hand zu bekommen.

X. Wagner-Festspiele in Bayreuth 48

Staatsminister Dr. Schwalber gibt bekannt, eine Delegation aus Bayreuth sei in Bonn gewesen und habe eine Zusage über einen Bundeszuschuß von DM 170 000,- erhalten unter der Voraussetzung, daß Bayern den gleichen Betrag zahle. Nachdem leider die Zuschüsse an die verschiedenen Theater in Bayern, z.B. Coburg, Regensburg usw., erheblich gekürzt werden müssen, sei das Kultusministerium auch mit dem Zuschuß für Bayreuth auf DM 100 000,- heruntergegangen.49

DM 30 000,- stelle aber noch das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr aus Mitteln zur Hebung des Fremdenverkehrs zur Verfügung, so daß also eine Differenz von DM 40 000,- bestehe.

Staatssekretär Dr. Brenner erklärt, er halte es für völlig unzweckmäßig, daß Bayreuth jetzt jedes Jahr die Festspiele veranstalten wolle. Man habe aber nicht auf ihn gehört, da man offensichtlich glaube, mit Bundes- und Staatsmitteln alljährlich Festspiele finanzieren zu können.

Staatsminister Dr. Schwalber schlägt abschließend vor, es bei dem jetzt vorgesehenen Betrag von DM 130 000,- zu belassen.

Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.

Staatsminister Zietsch stellt noch fest, daß keinerlei Einfluß auf Bayreuth bestehe und beanstandet, daß man es nicht einmal für notwendig gefunden habe, das Staatsministerium für Unterricht und Kultus über den beabsichtigten Schritt in Bonn zu unterrichten.50

Ministerpräsident Dr. Ehard verliest in diesem Zusammenhang eine Einladung zu einer Feier in Bayreuth am 13.2.1953 aus Anlaß des 70. Todestages von Richard Wagner.

Der Ministerrat beschließt, mit der Vertretung der Bayerischen Staatsregierung den Regierungspräsidenten von Oberfranken 51 zu beauftragen.

XI. Plenarsitzung des Landtags

Zunächst wird der Gesetzentwurf über die Einführung der Röntgenreihenuntersuchung behandelt, gegen den eine Reihe von Bedenken geltend gemacht werden.52

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner und Staatssekretär Dr. Nerreter stellen fest, daß man gegen dieses Gesetz wohl kaum Stellung nehmen könne, aber die Möglichkeit habe, das Gesetz so zu vollziehen, daß man sich auf den ursprünglich sehr viel weniger weit gehenden Entwurf der SPD-Fraktion beschränke.

Abschließend werden noch einige Anfragen erörtert, u.a. hinsichtlich Neuendettelsau 53 und des Senders „Freies Europa“.54

Landtag, Bayer.
Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Hans Ehard
Der Protokollführer des Ministerrats gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg Ministerialrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Karl Schwend Ministerialdirektor