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Nr. 159MinisterratssitzungDienstag, 9. Juni 1953 Beginn: 9 Uhr Ende: 11 Uhr 30
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Zietsch, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Oberländer (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialdirigent Dr. Baer (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).

Entschuldigt:

Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle.

Tagesordnung:

I. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Steuergutscheine (2. Steuergutscheinänderungsgesetz). II. Übertragung weiterer Aufgaben auf die Bayer. Landesanstalt für Aufbaufinanzierung. III. Ao. Haushalt 1953; hier: Antrag auf vorgriffsweise Bewilligung von Haushaltsmitteln für Staatliche Hochbauten. IV. Globalabfindung der Wiedergutmachungsansprüche der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. V. Bayerischer Kohlenbergbau. VI. Wiederaufbau der Herzog-Max-Burg. VII. Bundesratsangelegenheiten. VIII. Personalangelegenheiten. IX. Anerkennung des Landesverbands Bayern des Bauernverbands der Vertriebenen e.V. als offizielle Vertretung der heimatvertriebenen Landwirtschaft. X. Tätigkeit des Ausschusses zur Neugliederung des Bundesgebiets nach Art. 29 Grundgesetz. XI. Interpellation der Abg. Bezold, Brücher und Fraktion betr. Bericht des Obersten Rechnungshofs für das Jahr 1950.

I. Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Steuergutscheine (2. Steuergutscheinänderungsgesetz)1

Staatsminister Zietsch führt aus, durch diesen Gesetzentwurf solle die Laufzeit der Steuergutscheine von 6 bzw. 12 Monaten auf 9 bzw. 15 Monate verlängert werden. Dadurch werde erreicht, daß der Staat in den ersten drei Monaten des Jahres 1954 keine Ausgaben für die Einlösung von Steuergutscheinen zu leisten habe und damit zur Deckung von Ausgaben des ao. Haushaltsplans ein Überschuß entstehen werde. Die Rendite des Steuergutscheins werde durch die Herabsetzung des Ausgabekurses erhöht.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß keine Einwendungen gegen den Gesetzentwurf erhoben worden seien.

Der Ministerrat beschließt daraufhin, dem Entwurf zuzustimmen und ihn dem Landtag zuzuleiten, ferner ihn gleichzeitig an den Senat zur gutachtlichen Äußerung zu geben.2

II. Übertragung weiterer Aufgaben auf die Bayer. Landesanstalt für Aufbaufinanzierung

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, das Staatsministerium der Finanzen habe zwei Anträge an den Landtag vorgelegt, wonach dieser beschließen wolle, der Bayer. Landesanstalt für Aufbaufinanzierung neue Aufgaben zu übertragen.3

Die eine neue Aufgabe bestehe darin, daß die Landesanstalt die Darlehens- und Zuschußmittel des Bundes durchleite und dabei die Haftung für die Darlehen übernehme, die zur Behebung von Schäden zur Verfügung gestellt seien, welche infolge der sowjotzonalen Grenzsperre in den Zonengrenzgebieten entstanden seien. Von diesen Bundesmitteln entfalle auf Bayern 1 450 000 DM, die zur Durchführung von Maßnahmen auf dem Gebiete des Verkehrs und der Wirtschaft bestimmt seien.

Die zweite Aufgabe bestehe darin, daß die Landesanstalt bei der Gewährung von Eingliederungsdarlehen nach dem Lastenausgleichsgesetz durch Prüfung und Begutachtung von Darlehensanträgen und durch etwaige Durchleitung von Darlehensmitteln mitzuwirken habe.

In beiden Fällen sei gemäß § 4 des Gesetzes über die Landesanstalt in der Fassung vom 20. Februar 19524 die Zustimmung des Landtags zur Übertragung dieser Aufgaben erforderlich,

Staatssekretär Dr. Ringelmann schlägt vor, im zweiten Antrag nach dem Wort „Eingliederungsdarlehen“ in Klammern5 einzufügen: („Aufbaudarlehen für die gewerbliche Wirtschaft und die freien Berufe, Arbeitsplatzdarlehen.“)

Der Ministerrat erklärt sich mit dieser Einfügung einverstanden.

Staatssekretär Dr. Oberländer kommt auf Seite 1 der Note des Staatsministeriums der Finanzen vom 4. Juni 1953 zu sprechen und stellt fest, daß einer Mitteilung des Hauptamtes für Soforthilfe zufolge die in der Note enthaltenen Zahlen nicht mehr zutreffend seien. Statt des Betrages von 18 Millionen DM für Aufbaudarlehen usw. müsse es 40 Millionen DM, statt 8 Millionen DM für Arbeitsplatzdarlehen 26 Millionen DM heißen.

Es müsse ferner wohl auch die Frage der Kosten für den durch die neuen Aufgaben entstehenden Mehraufwand der Verwaltung geklärt werden.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths erklärt zu diesem Punkt, die Landesanstalt könne im Rahmen ihres Kostenaufwands diese Kosten ohne weiteres im Rahmen der bankmäßigen Behandlung tragen.

Was die von Herrn Staatssekretär Dr. Oberländer berichtigten Zahlen betreffe, so seien den Beträgen von 18 und 8 Millionen DM die erste Tranche der Aufbaudarlehen zugrunde gelegt, es könne durchaus sein, daß sich diese Zahlen jetzt durch die weiteren Tranchen erhöht hätten.

Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt unter Zustimmung des Ministerrats vor, daß die beteiligten Staatsministerien die Frage, in welcher Höhe diese Mittel eingesetzt werden sollten, noch klären, damit dann der Antrag dem Landtag vorgelegt werden könne.6

III. Ao. Haushalt 1953; hier: Antrag auf vorgriffsweise Bewilligung von Haushaltsmitteln für Staatliche Hochbauten7

Ministerpräsident Dr. Ehard fährt fort, durch diesen vom Staatsministerium der Finanzen vorgelegten Antrag solle der Landtag ersucht werden, folgenden Beschluß zu fassen:8

„Das Staatsministerium der Finanzen wird ermächtigt, zur Durchführung vordringlicher staatlicher Hochbauten nach Maßgabe der Anlage vorgriffsweise den Gesamtbetrag von 30 082 500 DM bereitzustellen.“

Damit werde einem Beschluß des Haushaltsausschusses des Landtags vom 19. Mai 1953 Rechnung getragen, der die Staatsregierung um einen Generalantrag auf vorgriffsweise Genehmigung von Mitteln für vordringliche Hochbauten ersucht habe. Wie aus der Anlage zu entnehmen sei, handle es sich im einzelnen um Haushaltsmittel für die Universitäten München, Würzburg und Erlangen, die Technische Hochschule in München, staatliche höhere Lehranstalten, Lehrerbildungsanstalten, Fachschulen, den Neubau des Dienstgebäudes für das Statistische Landesamt, ein Verwaltungsgebäude für das Deutsche Patentamt9 usw.

Bei der Vorlage dieses Antrags sei allerdings zu beachten, daß der ao. Haushaltsplan erst dem Senat zur gutachtlichen Stellungnahme nach Art. 40 Bayer. Verfassung zugeleitet worden sei, diese Stellungnahme aber noch ausstehe, so daß der Landtag offiziell noch nicht im Besitz des ao. Haushaltsplans sei. Es sei wohl das beste, den Antrag gleichzeitig auch an den Senat zu leiten und ihm mitzuteilen, daß mit Rücksicht auf den Beschluß des Landtags die Sache eilig sei und deshalb um beschleunigte Behandlung gebeten werde.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.

Ministerpräsident Dr. Ehard weist dann darauf hin, daß der Ministerrat am 31. März 1953 beschlossen habe, einen Antrag auf Vorweggenehmigung von 600 000 DM für ein Fahrgastschiff auf dem Würmsee dem Landtag erst dann vorzulegen, wenn ihm der ao. Haushaltsplan 1953 zugegangen sei.10 Es frage sich nun, ob mit Rücksicht auf die Vorlage des Generalantrags auch dieser Antrag jetzt schon übersandt werden solle.

Staatsminister Zietsch empfiehlt, im Hinblick auf den Beschluß vom 19. Mai 1953 lediglich den Antrag wegen der staatlichen Hochbauten vorzulegen.

Staatsminister Weinkamm erkundigt sich, ob die dem Antrag beigelegte Liste der vorgesehenen Baumaßnahmen erschöpfend sei. Er habe den Eindruck, daß außer den hier vorgesehenen Mitteln von 30 Millionen DM weitere Beträge für Baumaßnahmen vom Finanzministerium nicht zur Verfügung gestellt werden könnten. Nachdem der Landtagsbeschluß sich im wesentlichen auf die Hochschulen bezogen habe, müsse er z.B. die Frage stellen, warum der Neubau des Statistischen Landesamts angenommen worden sei.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, dies sei deshalb notwendig, weil eine bindende Vereinbarung mit der Firma Hettlage getroffen worden sei, die zusammen mit dem Statistischen Landesamt auf das Gelände der Alten Akademie kommen solle.11

Staatsminister Weinkamm erinnert daran, daß bei der Beratung des ao. Haushalts vor einigen Monaten vereinbart worden sei, Prioritäten festzulegen und die Projekte zusammenzustellen, deren Finanzierung gesichert sei. Er glaube nun annehmen zu können, daß außer den in der Anlage aufgeführten Projekten keine weiteren Baumaßnahmen durchgeführt werden könnten.

Staatsminister Zietsch entgegnet, hier handle es sich um Baumaßnahmen, die nur mittels einer Sonderfinanzierung durchgeführt werden könnten, nicht aber um den vollständigen außerordentlichen Haushaltsplan. Was weitere Bauten betreffe, so müsse man versuchen, in ähnlicher Weise die Finanzierung zu sichern.

Staatsminister Weinkamm erkundigt sich, ob tatsächlich also für weitere Projekte keine Mittel mehr zur Verfügung stünden?

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß sich schon bei der früheren Beratung gezeigt habe, daß für den ao. Haushalt eigentlich nichts zur Verfügung stehe, wenn es nicht gelinge, entweder Mittel aus dem ordentlichen Haushalt zu übertragen oder eine Sonderfinanzierung oder eine Anleihe zu erreichen. Bekanntlich habe ursprünglich das Finanzministerium überhaupt nur einen ordentlichen Haushalt aufstellen wollen, bis sich dann der Ministerrat auf den Standpunkt gestellt habe, es sei doch zweckmäßiger, von einem ao. Haushalt auszugehen und zu versuchen, hierfür auf irgendeine Weise Beträge bereitzustellen.

Staatsminister Weinkamm stellt fest, daß also doch wohl eine gewisse Dringlichkeitsstufe aufgestellt worden sei und über diese 30 Millionen DM hinaus wohl kaum weitere Mittel verfügbar seien. Das bedeute für die Justizverwaltung, daß z.B. in Nürnberg kein Justizgebäude errichtet werden könne, obwohl dieses unbedingt notwendig sei.

Staatssekretär Dr. Koch fügt hinzu, damit sei die letzte Hoffnung geschwunden, in Nürnberg doch wieder normale Verhältnisse zu schaffen. Aus dem eigentlichen Justizgebäude gingen die Amerikaner nicht heraus, während die Ruine der Alten Kunstakademie, die in Aussicht genommen gewesen sei, der Stadt Nürnberg übergeben werde. Damit würden also die untragbaren Verhältnisse in Nürnberg verewigt, wo die Justiz in 13 oder 14 verschiedenen Stellen, zum Teil in Baracken, untergebracht sei.

Staatsminister Weinkamm erklärt noch, was die Kunstakademie betreffe, so seien alle Pläne, Kostenvoranschläge usw. dem Finanzministerium zugeleitet worden, dieses habe sie aber jetzt wieder zurückgegeben.

Staatssekretär Dr. Koch erkundigt sich, ob es nicht doch einen Weg für eine Sonderfinanzierung des Justizgebäudes in Nürnberg gebe. Er frage sich, ob es wirklich notwendig gewesen sei, das Gebäude der Stadt Nürnberg zu übertragen. Staatssekretär Dr. Ringelmann antwortet, ihm sei von dieser Angelegenheit nichts bekannt, am zweckmäßigsten sei es wohl, wenn Finanz- und Justizministerium wegen dieses Projekts noch einmal verhandelten.

Staatsminister Weinkamm betont, daß er von Anfang an gefordert habe, gerade das neue Justizgebäude in Nürnberg in den ao. Haushalt aufzunehmen.

Der Ministerrat beschließt, den Antrag auf vorgriffsweise Bewilligung von Haushaltsmitteln für staatliche Hochbauten dem Landtag vorzulegen.12

Ferner wird vereinbart, daß die Staatsministerien der Justiz und der Finanzen wegen des Justizgebäudes in Nürnberg nochmal Verhandlungen aufnehmen.13

außerordentlicher Haushalt

IV. Globalabfindung der Wiedergutmachungsansprüche der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert an die erste Besprechung dieser Angelegenheit im Ministerrat vom 16. Dezember 1952.14

Das Staatsministerium der Finanzen habe nun mit Note vom 12. Mai 1953 einen neuen Vergleichsvorschlag vorgelegt, der weiter verfolgt werden könne. Nachdem dieser aber den Kabinettsmitgliedern noch nicht bekannt sei, könne er wohl heute nicht behandelt werden. Er dürfe wohl das Einverständnis des Herrn Staatsministers der Finanzen annehmen, wenn er dessen Note vom 12. Mai den Herren Staatsministern und Staatssekretären zuleite.

Staatsminister Zietsch erwidert, auch er halte es für richtig, die Sache in dieser Form weiter zu behandeln.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt abschließend fest, daß die Zuleitung durch die Staatskanzlei in Kürze erfolgen werde, so daß dann nach seiner Rückkehr aus den Vereinigten Staaten die Sache in Ministerrat behandelt werden könne.15

Wiedergutmachung

V. Bayerischer Kohlenbergbau16

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, ein der KPD angehöriger Betriebsrat des Bergwerks in Hausham habe erklärt, alle auf Halde liegenden Kohlenbestände ankaufen zu wollen. Offensichtlich handle es sich um ein Angebot der Kohlenbergbauleitung in der Sowjetzone, die die Bestände ankaufen und möglicherweise dann in Bayern verteilen wolle.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths führt aus, das Wirtschaftsministerium habe von diesem Angebot zum ersten Mal am vergangenen Freitag gehört; die Haldenbestände in Hausham beliefen sich auf 22 000 to. Unabhängig davon habe er für heute morgen alle Behörden zu einer Besprechung eingeladen gehabt, um dem Landtagsbeschluß Rechnung zu tragen, der Hilfsmaßnahmen für den bayerischen Kohlenbergbau gefordert habe. Leider seien zu dieser Besprechung von den Ministerien usw. nur Beamte ohne entsprechende Vollmachten entsandt worden.

Nachdem jetzt die KPD eingegriffen habe, bleibe nur der Ausweg, im Ministerrat einen Beschluß zu fassen, daß die Kohlenbestände aufgekauft werden, wofür aber das Finanzministerium entsprechende Mittel zur Verfügung stellen müßte.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, wenn das Angebot der KPD komme, müsse erklärt werden können, es sei gegenstandslos, weil über die Kohle bereits verfügt sei. Allerdings werde dadurch die schwierige Lage des Bergwerks, die durch eine dauernde Absatzkrise entstanden sei, nicht behoben.

Auch Staatsminister Zietsch meint, wie oft sich eine solche Zwangslage wohl noch ergeben könne, nachdem der bayerische Kohlenbergbau tatsächlich in einer höchst schwierigen Situation sei.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths fügt hinzu, mit dem Ankauf der Haldenbestände werde zwar das Problem im Augenblick beseitigt, in vier bis sechs Wochen stehe man aber vor den gleichen Schwierigkeiten. Das Wirtschaftsministerium versuche natürlich alles, zu helfen, es sei aber nicht in der Lage, etwas dagegen zu unternehmen, daß der Preisunterschied zwischen der oberbayerischen Kohle und der Saarkohle außerordentlich gering sei.

Anschließend gibt Staatssekretär Dr. Guthsmuths einen Überblick über die Lage im oberbayerischen Kohlenbergbau und betont unter anderem, daß die Verhältnisse in Peißenberg und Penzberg etwas günstiger als in Hausham seien.

Der Ministerrat beschließt dann auf Vorschlag des Herrn Staatssekretärs Dr. Guthsmuths, daß die Staatsministerien der Finanzen, für Wirtschaft und Verkehr und für Arbeit und soziale Fürsorge gemeinsam eine Vorlage an den Ministerrat geben, in der die Vor- und Nachteile einer Fortführung des Bergwerks in Hausham dargestellt sind.17

Außerdem wird vereinbart, daß sich das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr mit dem Staatsministerium des Innern in Verbindung setzt, um festzustellen, ob die Haldenbestände in Hausham von der Fürsorgeabteilung des Staatsministeriums des Innern für Heime und sonstige caritative und soziale Einrichtungen übernommen werden können.18

Pechkohlebergbau

VI. Wiederaufbau der Herzog-Max-Burg19

Ministerpräsident Dr. Ehard bezeichnet es als unbedingt notwendig, bald zu einer Entscheidung über den Wiederaufbau des Herzog-Max-Burg-Geländes zu kommen. Nachdem es unmöglich sei, einen neuen Justizpalast zu bauen, müsse sich das Staatsministerium der Justiz wohl auch mit dem jetzt vorliegenden Plan zufrieden geben.

Staatsminister Weinkamm erklärt, für die Justizverwaltung seien nur 5 – 6 000 qm vorgesehen, damit könne er keinesfalls einverstanden sein.20

Staatssekretär Dr. Brenner weist darauf hin, daß bei den jetzt vorliegenden Plänen durchaus die Möglichkeit bestehe, daß der Justizverwaltung später mehr Raum zugeteilt werde.

Staatsminister Weinkamm entgegnet, darauf könne er sich nicht einlassen, zumal das Finanzministerium zugesichert habe, daß die Justizverwaltung nach dem Wiederaufbau das Gebäude erhalte. Deshalb sei ja auch die seinerzeitige Ausschreibung unter Beteiligung des damaligen Justizministers, Herrn Dr. Müller, durchgeführt worden. Außerdem kenne er das Projekt im einzelnen gar nicht und wisse nicht, was die Justiz eigentlich erhalten solle.

Staatsminister Zietsch bestreitet, Zusicherungen gemacht zu haben und stellt fest, daß sich die zuständigen Referenten des Justizministeriums über die Einzelheiten des Projekts hätten informieren müssen.

Ministerpräsident Dr. Ehard unterstreicht nochmals die Notwendigkeit, eine grundsätzliche Entscheidung zu treffen und empfiehlt, es bei dem bisherigen Vorschlag zu lassen, aber zu prüfen, ob früher oder später der Justizverwaltung nicht doch noch mehr Raum zur Verfügung gestellt werden könne. Dazu sei es aber erforderlich, daß sich die Referenten des Justizministeriums mit dem Finanzministerium in Verbindung setzten.

Staatssekretär Dr. Brenner betont, daß nach der ersten Verhandlung im Ministerrat, bei der auch das Kultusministerium Bedenken gehabt habe, die Besprechungen sofort aufgenommen und alle Einwände geprüft worden seien. Das Ergebnis sei, daß jetzt alle Beteiligten, also das Kultusministerium, das Erzbischöfl. Ordinariat, der Koordinierungsausschuß usw. einverstanden seien;21 auch den Bedürfnissen der Justizverwaltung habe man seiner Meinung nach ausreichend Rechnung getragen.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, man müsse entweder einen Beschluß über die Durchführung des ganzen Projekts fassen und dabei allen verfügbaren Raum der Justizverwaltung geben oder man könne überhaupt jetzt nichts tun; einen anderen Ausweg könne er nicht sehen.22

Staatsminister Weinkamm entgegnet, darauf nicht eingehen zu können, zumal das Justizministerium zu den von Herrn Staatssekretär Dr. Brenner erwähnten Besprechungen nicht eingeladen worden sei.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt dazu fest, daß im Ministerrat vor einigen Wochen ausdrücklich beschlossen worden sei, daß die einzelnen Ministerien ihre Stellungnahme abgeben sollten. Das Staatsministerium für Unterricht und Kultus habe sich, wie sich heute ergeben habe, über die Einzelheiten vergewissert, das Justizministerium leider nicht. Es bleibe also nichts übrig, als daß es sich sofort mit dem Staatsministerium der Finanzen in Verbindung setze, damit in der nächsten Kabinettssitzung die endgültige Entscheidung über den Wiederaufbau gefällt werden könne,

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.23

VII. Bundesratsangelegenheiten

1. EVG-Vertrag

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet über den derzeitigen Stand der von den Oppositionsparteien eingebrachten Verfassungsklage.24 Es sei jetzt die Frage aufgetaucht, ob sich der Bundesrat beteiligen solle. Dagegen spreche die Tatsache, daß auch im Bundesrat verschiedene Auffassungen vertreten seien und eine Stellungnahme eigentlich nur abgegeben werden solle, wenn sie vom Bundesrat einheitlich vertreten werde. Der Rechtsausschuß wolle von einer Empfehlung absehen und die Entscheidung dem Plenum des Bundesrats überlassen. Er sei aber der Auffassung, daß eine Beteiligung nicht zweckmäßig sei.

Ministerpräsident Dr. Ehard und Staatsminister Dr. Hoegner schließen sich dieser Auffassung an und empfehlen, von einer Beteiligung abzusehen.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.25

2. Entwurf eines Bundeswiedergutmachungsgesetzes26

Ministerialrat Dr. Gerner macht darauf aufmerksam, daß jetzt drei Gesetzentwürfe vorlägen und zwar von der SPD, vom Bundesrat und von der Bundesregierung.27 Es sei wohl am besten, grundsätzlich am Bundesratsentwurf festzuhalten, aber davon abzusehen, zu der Vorlage der Bundesregierung ergänzend Stellung zu nehmen.

Staatssekretär Dr. Ringelmann stimmt zu und empfiehlt, die zweite Entschließung des Rechtsausschusses beizubehalten.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.28

VIII. Personalangelegenheiten

Der Ministerrat beschließt, Ministerialrat Dr. Heinz Schollhorn29 zum Vizepräsidenten des Obersten Rechnungshofs zu ernennen.

IX. Anerkennung des Landesverbands Bayern des Bauernverbands der Vertriebenen e.V. als offizielle Vertretung der heimatvertriebenen Landwirtschaft30

Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert daran, daß dieser Punkt im letzten Ministerrat mit Rücksicht auf die Abwesenheit des Herrn Staatsministers Dr. Schlögl zurückgestellt worden sei; leider sei dieser heute auch nicht anwesend.

Staatssekretär Dr. Oberländer bedauert die nochmalige Verschiebung und macht darauf aufmerksam, daß der Herr Bundeskanzler an den Herrn Bundesminister Dr. Lukaschek31 ein Schreiben gerichtet habe, in dem er dringend empfehle, den Bauernverband der Vertriebenen in jeder Weise zu unterstützen.32

Ministerpräsident Dr. Ehard sichert zu, Herrn Staatsminister Dr. Schlögl schriftlich zu bitten, möglichst bald Stellung zu nehmen, da die Angelegenheit im nächsten Ministerrat entschieden werden solle.33

Bauernverband der Vertriebenen e.V.

X. Tätigkeit des Ausschusses zur Neugliederung des Bundesgebiets nach Art. 29 Grundgesetz34

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, einem Bericht der Regierung von Schwaben zufolge treffe der Neugliederungsausschuß Feststellungen über Teile des bayerischen Staatsgebietes und sammle unter anderem Material darüber, ob das Ries, das Gebiet um Neu-Ulm und Lindau unbedingt bei Bayern verbleiben müßten. Er halte es für notwendig, gegen derartige Vorkommnisse mit aller Entschiedenheit Stellung zu nehmen.

Ministerialdirektor Schwend erklärt, der Ausschuß beschäftige sich rein theoretisch mit solchen Fragen, nachdem dies bekanntgeworden sei, habe sich Landesplaner Dr. Kurtz35 an die Bezirksplanungsstellen gewandt.

Ministerialdirigent Dr. Baer fügt hinzu, der Ausschuß beabsichtige, alle Länder zu bereisen und werde voraussichtlich bald auch nach Bayern kommen. Der Sekretär des Ausschusses, Oberlandesgerichtsrat Dr. Schröder,36 habe mitgeteilt, voraussichtlich werde der Ausschuß auch um Material über die von Herrn Staatsminister Dr. Hoegner genannten Gebiete bitten, worauf die Staatskanzlei Herrn Dr. Kurtz hiervon verständigt habe. Dieser habe die Bezirksplaner aufgefordert, vorsorglich Material zu sammeln, aber nichts Schriftliches aus der Hand zu geben.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt zu überlegen, ob die Staatsregierung eine Erklärung abgeben solle, daß sich die Neugliederung des Bundesgebiets keinesfalls auf bayerisches Gebiet beziehen könne.

Ministerpräsident Dr. Ehard rät davon ab, da noch nicht37 feststehe, was der Ausschuß eigentlich prüfen oder vorschlagen wolle. Augenblicklich sei es wohl nur zweckmäßig, vorsorglich Material zu beschaffen.

Staatssekretär Dr. Nerreter verweist auf den Wortlaut des Art. 29 Grundgesetz,38 der auf das Verhältnis zwischen Bayern und Württemberg überhaupt keine Anwendung finden könne. Am besten wäre es, den Behörden mitzuteilen, sie hätten in keiner Weise mitzuwirken.

Nach kurzer Aussprache wird folgendes beschlossen:

a) Herr Staatssekretär Dr. Guthsmuths wird den Landesplaner, Herrn Dr. Kurtz, anweisen, in Zukunft nichts mehr zu unternehmen und die bisher den Bezirksplanungsstellen erteilten Aufträge rückgängig zu machen.

b) Die Ministerien und Regierungen werden angewiesen, keinerlei Auskünfte zu geben und alle etwaigen Anfragen an die Staatsregierung weiterzuleiten.39

XI. Interpellation der Abg. Bezold, Brücher und Fraktion betr. Bericht des Obersten Rechnungshofs für das Jahr 195040

Ministerpräsident Dr. Ehard kommt auf die noch nicht erledigte Interpellation der Abgeordneten Bezold, Brücher und Fraktion zu sprechen und stellt in diesem Zusammenhang fest, daß bisher noch keine Entlastung der Staatsregierung durch den Landtag erfolgt sei, auch nicht für die Jahre vor 1950.

Staatsminister Zietsch bestätigt, daß dies noch nicht geschehen sei.

Ministerpräsident Dr. Ehard fährt fort, der Antrag auf Entlastung für das Haushaltsjahr 1950 sei im August 1952 gestellt worden, im Februar 1953 seien dazu dann die Bemerkungen des Obersten Rechnungshofs erschienen, zu denen das Finanzministerium bisher noch nicht Stellung genommen habe. Im Hinblick auf die Interpellation frage er nun, wie sich das Finanzministerium weiter zu verhalten gedenke, nachdem der Landtag dessen Stellungnahme haben wolle.

Staatssekretär Dr. Ringelmann erklärt, diese Stellungnahme werde zur Zeit ausgearbeitet, sie könne dann als Ergänzung zu der bereits vorliegenden Antwort auf die Interpellation dienen.

Staatsminister Zietsch ersucht den Herrn Ministerpräsidenten, ihm die vom Finanzministerium herübergegebene Antwort auf die Interpellation auszuhändigen, damit sie entsprechend ergänzt werden könne.41

Interpellationen
Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Hans Ehard
Der Protokollführer des Ministerrats gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg Ministerialrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Karl Schwend Ministerialdirektor