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Nr. 188MinisterratssitzungDienstag, 15. Dezember 1953 Beginn: 9 Uhr Ende: 12 Uhr 30
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Stain (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).

Entschuldigt:

Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl.

Tagesordnung:

I. Bundesratsangelegenheiten. II. Haushaltsplan 1954. III. Personalangelegenheiten. IV. Anorgana Gendorf (Interpellation des Abg. Dr. Bungartz).. V. Regelung der Dienstzeit am Samstag, den 2. Januar 1954. VI. Beflaggung der öffentlichen Gebäude am Neujahrstag. VII. Antrag der Abg. Knott, Dr. Hundhammer und Sebald betr. Schadensersatz für die Hochwasserschäden in den Gemeinden Marienberg, Hochstätt und Vogtareuth (Beil. 4729, 4820). VIII. Deutsche Verkehrsausstellung 1953 .

I. Bundesratsangelegenheiten

1. Wahl eines Schriftführers des Bundesrates

Ministerialrat Dr. Gerner teilt mit, daß Vorschläge für die Wahl eines Schriftführers noch kommen würden.

2. Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 (Haushaltsgesetz 1954) 1

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet eingehend über die Stellungnahme des Koordinierungsausschusses zu den Empfehlungen in der BR-Drucks. Nr. 500/1/53  und den Anlagen A und B zu dieser Drucksache.2

Der Ministerrat beschließt, zunächst die Empfehlungen unter Ziff. 1 und 2 a in der BR-Drucks. Nr. 500/1/53  zu unterstützen, nicht aber diejenige unter Ziff. 2 b.

In der Anlage werden unterstützt:

A Ziff. 1 bis 6 ; B I; III 1a und b, 2a, 2b bb); IV 2b bb),

2c, 2d, 2e bb) 2f aa), 2g, h, i, k, 1 und m; 3b, 4, 5

und 6, 8a, b, c, 9a, b, c, 10, 11; V. VI 1, 2a und b, 3a

aa) und bb) 5a bb), 5b bb); VII 1, 2a bb), 2b bb), 2c

bb), 2d bb), 3a, 4b; VIII 1 und 2; IX 1, 2b, 3a, b, c

und d, 4b und c; X 1a, b, 2; XI c, d und e; XII a. und b;

XIII 1 und 2; XIV a und b, XV 1, 2a b, 3, 4.

Nicht unterstützt werden:

B II 1a, b, c, d; 2. III 2b aa). IV 1; 2a; 2b aa); 2e aa);

2f bb); 3a. VI 3 b; 5a aa); 5b aa). VII 2a aa); 2b aa);

2c aa); 2d aa); 3b; 4a. IX 2 a; 4a; XI a und zwar aa) und bb); b; f.

Stimmenthaltung bei Ziff. IV 7.

Außerdem wird auf Vorschlag des Herrn Staatsministers Dr. Seidel beschlossen, die Empfehlung unter Ziff. VI 4 abzulehnen und einen Landesantrag auf Streichung des Kap. 09 07 zu stellen.3

3. Ergänzungsvorlage zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1954 4

Die in der BR-Drucks. Nr. 505/1/53  vorgeschlagenen Änderungen werden unterstützt, im übrigen aber keine Einwendungen gem. Art. 76 Abs.  GG erhoben.

4. Entwurf eines Gesetzes über die Inanspruchnahme eines Teils der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer durch den Bund im Rechnungsjahr 1954 5

Ministerpräsident Dr. Ehard berichtet nochmals über seine verschiedenen Besprechungen mit dem Herrn Bundesfinanzminister über die Frage der Erhöhung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftsteuer.

Der Ministerrat beschließt Stellungnahme gem. Art. 76 Abs.  GG, ferner die Empfehlung des Finanzausschusses in der BR-Drucks. Nr. 503/1/53  zu unterstützen.6

5. Festsetzung eines Schlüssels für die Verteilung von Zuwanderern aus der sowjetischen Besatzungszone, die in Uelzen, Gießen und Berlin die Notaufnahme erhalten7

Der Ministerrat schließt sich der Empfehlung des Ausschusses für Flüchtlingsfragen (BR-Drucks. Nr. 497/1/53 ) an, den gegenwärtig geltenden Verteilungsschlüssel bis 31. Januar 1954 zu verlängern.8

7. Entwurf eines Gesetzes über die Übernahme von Zinsen für Ausgleichsforderungen durch die Deutsche Bundespost und die Deutsche Bundesbahn 11

Bedenken werden nicht geltend gemacht.

8. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zolltarifs 12

Es wird beschlossen, keinen Antrag nach Art. 77 Abs.  GG zu stellen.

9. Entwurf einer Verordnung über den Lohnsteuer-Jahresausgleich 13

Zustimmung gemäß Art. 80 Abs.  GG.

und

11. Entwurf einer Verordnung über die Anerkennung der besonderen Förderungswürdigkeit des Verwendungszwecks des Erlöses der 5%igen Inhaberschuldverschreibungen von 1953 der Bank für Vertriebene und Geschädigte (Lastenausgleichsbank) Aktiengesellschaft, Bad Godesberg, in Höhe von 200 000 000 Deutsche Mark 15

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet, bei Punkt 10 spricht sich der Koordinierungsausschuß für die Unterstützung der in Ziff. I der BR-Drucks. Nr. 506/1/53  enthaltenen Empfehlung des Finanz- und Wirtschaftsausschusses aus.16 Der Vertreter des Finanzministeriums17 habe dagegen Bedenken erhoben, auch die in Ziff. II enthaltene weitere Empfehlung des Wirtschaftsausschusses zu unterstützen.

Bei Punkt 11 könne wohl dem Verordnungsentwurf gemäß Art. 80 Abs.  GG zugestimmt worden.

Der Ministerrat beschließt in beiden Fällen Zustimmung, bei Punkt 10 nach Maßgabe der Empfehlung in Ziff. I der BR-Drucks. Nr. 506/1/53 .18

14. Entwurf eines Gesetzes über die Gewährung von Straffreiheit 21

Ministerialrat Dr. Gerner führt aus, im Rechtsausschuß hätten sich nahezu alle Vertreter der Länder auf den Standpunkt gestellt, daß dieser Gesetzentwurf überhaupt abzulehnen sei.

Nur für den Fall, daß ein solcher Beschluß nicht zustande komme, seien eine Reihe von Empfehlungen entworfen worden, die sich für die Streichung der meisten Bestimmungen des Entwurfs aussprächen. Die Mehrheit schlage vor,22 die §§ 1 bis 5, 3 und 10 zu streichen, so daß eigentlich nur § 7 übrig bleibe, durch den ja bekanntlich die sogenannte Platow-Affäre abgeschlossen werden solle.

Ministerpräsident Dr. Ehard hält es für bedenklich, sich überhaupt gegen den Gesetzentwurf auszusprechen, während Staatssekretär Dr. Koch bemerkt, ein großer Teil der Fälle, die unter § 8 des Entwurfs fielen, habe sich in Bayern abgespielt, so daß doch zu überlegen sei, ob man diese Bestimmung streichen solle.

Staatsminister Weinkamm unterstützt diese Auffassung, während sich Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner in diesem Zusammenhang mit Schärfe gegen die Vernehmung des ehemaligen Feldmarschalls Kesselring als militärischer Sachverständiger im sogenannten Penzberger Prozeß wendet.23

Kriegsverbrecher

Der Ministerrat beschließt, für die Streichung des § 8 zu stimmen.

Außerdem wird folgender Beschluß gefaßt:

Die Empfehlungen in der BR-Drucks. Nr. 508/1/53  unter Ziff. I, II 4a, b, d, g, III 5, 7, 8, 9, 10, 11, 12a mit c werden unterstützt, dagegen nicht die Empfehlungen unter Ziff. II 3, 4c, e und f, III 6.24

17. Bericht des Rechtsausschusses über Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht 29

Von einer Äußerung und einem Beitritt wird abgesehen.

18. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung und Ergänzung der Handwerksordnung 30

Zustimmung gemäß Art. 78  GG.31

19. Entwurf eines Gesetzes zur Verlängerung des Gesetzes über die einstweilige Außerkraftsetzung von Vorschriften des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften32

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet, im Koordinierungsausschuß habe sich der Vertreter des Wirtschaftsministeriums entgegen der Empfehlung des Wirtschaftsausschusses dafür ausgesprochen, diesem vom Bundestag verabschiedeten Gesetzentwurf gemäß Art. 78  GG die Zustimmung zu versagen, bzw. den Vermittlungsausschuß mit dem Ziele, den Entwurf zu beseitigen, anzurufen.33 Bekanntlich handle es sich hier darum, ob der Verkauf der Genossenschaften an Nichtmitglieder auch weiterhin zugelassen werde, nachdem die ursprünglich bis 31. Dezember 1953 verlängerte Frist in Kürze ablaufen werde. Der Bundestag habe diese Frist jetzt bis 30. Juni 1954 verlängert. Wenn bis dahin das Gesetz betr. die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften nicht neu gefaßt worden sei, werde die gleiche Frage wieder auftauchen.

Staatsminister Dr. Seidel erklärt, die Erlaubnis, auch an die Nichtmitglieder zu verkaufen, sei erteilt worden, um den Genossenschaften einen gewissen Ausgleich für ihre Einbußen während der nationalsozialistischen Zeit zu geben. Aus dem jetzt vorliegenden Material ergebe sich ein großer Aufschwung der Genossenschaften, so seien z.B. die Umsatzziffern des Jahres 1935 im Jahre 1952 zu 99% erreicht worden. Auch aus anderen Unterlagen ergebe sich, daß der Anschluß wieder erreicht sei und keine Veranlassung bestehe, die Erlaubnis weiter zu verlängern. Selbstverständlich sollten die Konsumgenossenschaften bestehen bleiben, man müsse aber bei der Neufassung des Gesetzes auf die Entwicklung Rücksicht nehmen und das vernünftige Ziel der Genossenschaften, nur im Interesse ihrer Mitglieder zu wirken, nicht aus dem Auge verlieren.

Staatssekretär Dr. Nerreter meint, diese Erwägungen hätte eigentlich der Bundestag anstellen müssen, er frage sich, ob es Zweck habe, den Vermittlungsausschuß anzurufen, wenn bis 30. Juni 1954 die Angelegenheit doch wieder zur Sprache komme.

Staatsminister Dr. Oechsle ersucht Staatsminister Dr. Seidel, mit Rücksicht auf die relativ kurze Zeit bis Mitte des nächsten Jahres seine Bedenken zurückzustellen.

Staatsminister Dr. Seidel hält seinen Standpunkt aufrecht und ersucht um Abstimmung.

Der Ministerrat beschließt mit Mehrheit, keinen Antrag auf Anrufung des Vermittlungsausschusses zu stellen, dem Gesetzentwurf vielmehr34 gemäß Art. 78  GG zuzustimmen.35

Gesetz zur Verlängerung des Gesetzes über die einstweilige Außerkraftsetzung von Vorschriften des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften vom 8. Januar 1954

23. Voranschlag der Deutschen Bundespost für das Rechnungsjahr 195340

Der Ministerrat nimmt den Voranschlag zur Kenntnis.

25a)Übereinkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz über den Grenzübertritt von Personen im kleinen Grenzverkehr vom 25.1.195342

b) deutsch-luxemburgisches Abkommen über den kleinen Grenzverkehr vom 25.1.1953 mit dem Zusatzprotokoll vom 4. November 1953

c) Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der französischen Republik über den kleinen Grenzverkehr

Es wird festgestellt, daß der Gesetzentwurf zustimmungsbedürftig ist. Die Zustimmung gemäß Art. 84 Abs.  GG wird beschlossen.

26. Entwürfe einer a) Verordnung zur Änderung der Verordnung über Wermutwein und Kräuterwein b) Sechste Verordnung zur Ausführung des Weingesetzes 43

Zustimmung mit Unterstützung der Empfehlungen in der BR- Drucks. Nr. 490/1/53 a und b.44

27. Entwurf einer Verordnung über Senfkleie und Senfschalen 45

und

28. Entwurf einer Verordnung zur Änderung der Verordnung über Honig 46

Beide Verordnungsentwürfe werden abgelehnt, wobei festgestellt wird, daß eine Regelung der beabsichtigten Art nicht erforderlich ist.

29. Entwurf einer Verordnung über die Verbreitung jugendgefährdender Schriften 47

Die Empfehlung des Ausschusses für Innere Angelegenheiten unter Ziff. 1 der BR-Drucks. Nr. 408/2/53  wird unterstützt. Gegen den vorgesehenen Sitz der Bundesprüfstelle in Bonn werden keine Bedenken erhoben.48

30. Entwurf einer Verordnung über die Bildung von Weinbaubezirken 49

Ministerialrat Dr. Gerner führt aus, Bedenken gegen diesen Entwurf bestünden nicht, das Landwirtschaftsministerium schlage jedoch folgenden Landesantrag vor, um ein Redaktionsversehen zu beseitigen:

„Der Bundesrat wolle beschließen:

auf Seite 5 der Anlage zu § 1 der oben genannten Verordnung sind beim Verwaltungsbezirk Mittelfranken unter der lfd. Nr. 4 nach dem zweiten Absatz einzufügen

Der Stadtkreis Rothenburg o.d. Tauber
Der Landkreis Rothenburg o.d. Tauber
Der Landkreis Neustadt a.d. Aisch“.

Der Ministerrat beschließt gemäß Art. 80 Abs.  GG Zustimmung und diesen Antrag zu stellen.50

31. Entwurf eines Gesetzes über das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Italienischen Republik über Arbeitslosenversicherung 51

Einwendungen gemäß Art. 76 Abs.  GG werden nicht erhoben, es wird aber festgestellt, daß der Entwurf der Zustimmung gemäß Art. 78, 84 Abs. 2 GG bedürfe.52

32. Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Bundesvertriebenengesetz – BVFG – ) vom 19. Mai 1953 (BGBl. I S. 201 )53

Zustimmung nach Maßgabe der in der BR-Drucks. Nr. 512/1/53  zusammengefaßten Empfehlungen des Ausschusses für Flüchtlingsfragen und des Rechtsausschusses.54

33. Wahl des Sekretärs des Ausschusses für Innere Angelegenheiten und des Kulturausschusses 55

Dieser Punkt wird lediglich zur Kenntnis genommen.

b) Entwurf einer Verordnung über die Anerkennung der besonderen Förderungswürdigkeit des Verwendungszwecks des Erlöses der 5½%igen Kommunalobligationen (Serie 8) der Staatlichen Kreditanstalt Oldenburg-Bremen, Bremen, in Höhe von 10 000 000 Deutsche Mark 57

g) Entwurf einer Verordnung über die Anerkennung der besonderen Förderungswürdigkeit des Verwendungszwecks des Erlöses der 5½%igen Kommunalschuldverschreibungen – Reihe 1 – der Landesbank und Girozentrale, Kaiserslautern, in Höhe von 5 000 000 Deutsche Mark 62

Abschließend berichtet Ministerialrat Dr. Gerner zwischen dem Bund und den Ländern solle eine Verwaltungsvereinbarung über ein zentrales Strafregister abgeschlossen werden, nachdem ursprünglich über diese Frage ein Verfassungsstreit entstanden sei. Sachliche Bedenken bestünden nicht, es würde sich im Gegenteil empfehlen, die Vereinbarung abzuschließen, weil damit der Weg eröffnet werde, die Beziehungen zwischen dem Bund und den Ländern nicht ausschließlich nach dem Grundgesetz richten zu müssen. Alle Länder seien mit den wesentlichsten Punkten der Vereinbarung einverstanden. Er dürfe deshalb anfragen, ob der Ministerrat ihr gleichfalls zustimmen und das Staatsministerium der Justiz zum Abschluß ermächtigen wolle.

Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.

II. Haushaltsplan 195467

Ministerpräsident Dr. Ehard wirft die Frage auf, was geschehen könne, um das jetzt bestehende Defizit für das Haushaltsjahr 1954 von etwa 225 Millionen DM zu beseitigen oder herabzumindern.68

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erinnert daran, daß er bereits in der gestrigen Ministerratssitzung erklärt habe, er halte es für unmöglich, dem Landtag einen derartigen Fehlbetrag vorzulegen.

Staatssekretär Dr. Nerreter weist darauf hin, daß das Defizit im wesentlichen auf den großen Leistungen für den Wiederaufbau und für die Eingliederung der Heimatvertriebenen beruhe, so daß es wohl in der Zukunft möglich sei, den Fehlbetrag allmählich abzutragen. Auch der Bedarf an Schulhäusern, Jugendwohnheimen usw., die überall errichtet würden, müsse ja eines Tages gedeckt sein. Es könne doch wohl erreicht werden, daß sich das Defizit nicht weiter erhöhe und im Laufe der nächsten Jahre abgetragen werden könne.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt dem Herrn Ministerpräsidenten mit, in der gestrigen Sitzung sei beschlossen worden, eine eigene Besprechung anzusetzen, um zu überlegen, was noch geschehen könne. Wahrscheinlich sei eine Verbesserung nur auf der Einnahmenseite möglich.

Ministerpräsident Dr. Ehard hält den Vorschlag von Staatssekretär Dr. Nerreter für beachtenswert und bittet zu überlegen, was zunächst geschehen könne, um das Bild günstiger zu gestalten, dann aber, wie man dem Landtag gegenüber begründen könne, daß eine Möglichkeit, den Fehlbetrag zu beseitigen, jedenfalls im Augenblick nicht bestehe.

Staatssekretär Dr. Ringelmann weist auf die Gefahr der Illiquidität hin. Diese würde sich besonders schlimm auswirken, da Kredite von der Landeszentralbank nicht mehr zu erwarten seien.

Staatsminister Zietsch bittet, die Kabinettssitzung wegen des Fehlbetrags auf die Zeit nach dem 10. Januar 1954 zu verlegen, da zunächst das Ergebnis des Steuertermins vom 10. Dezember 1953 abgewartet werden müsse.

Staatsminister Dr. Seidel fügt hinzu, seiner Meinung nach müsse aber auch geprüft worden, ob noch andere Möglichkeiten gegeben seien und zwar auf der Einnahmenseite. Hier gebe es doch vielleicht noch einen anderen Weg, als das Aufkommen aus den Steuern zu erhöhen.

Ministerpräsident Dr. Ehard ersucht abschließend um die Äußerung aller Ressorts, er werde in diesem Sinne den Herren Kabinettsmitgliedern noch69 schreiben.

Staatsminister Zietsch bemerkt in diesem Zusammenhang, der Landtag beginne sich über die Verzögerung der Reform der Lehrer- und Richterbesoldung zu beschweren.70

Ministerpräsident Dr. Ehard empfiehlt, dem Landtag mitzuteilen, diese Frage sei bisher im Zusammenhang mit den Haushaltsberatungen noch offen geblieben, es werde aber am kommenden Dienstag, den 22. Dezember 1953 ein Beschluß gefaßt werden, in dieser Sitzung könne dann auch der neue Landesjugendplan 71 beraten werden.72

Rechnungsjahr 1954

III. Personalangelegenheiten

Verlängerung der Amtszeit des Ministerialdirektors im Staatsministerium des Innern, Carl Platz

Der Ministerrat beschließt, die Dienstzeit des Ministerialdirektors im Staatsministerium des Innern Carl Platz ab 31. Dezember 1953 bis auf weiteres zu verlängern.

IV. Anorgana Gendorf (Interpellation des Abg. Dr. Bungartz)73

Staatssekretär Dr. Ringelmann teilt mit, in dieser Interpellation werde Auskunft über Geschäftsvorgänge bei der Anorgana verlangt, unter anderem hinsichtlich der Vereinbarung mit den IG-Farben.74

Der Ministerrat stellt sich einhellig auf den Standpunkt, daß Mitteilungen über geschäftliche Interna der Anorgana nicht gegeben werden können, in diesem Sinne solle auch die Anfrage durch das Staatsministerium der Finanzen beantwortet werden.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths erklärt sich dazu bereit, als Vorsitzender des Aufsichtsrats Herrn Ministerialdirigenten Dr. Freudling zu unterrichten.75

Anorgana

V. Regelung der Dienstzeit am Samstag, den 2. Januar 1954

Ministerpräsident Dr. Ehard verliest ein Schreiben des Gemeinsamen Ausschusses der Betriebsratsvorsitzenden der bayerischen Staatsministerien, in dem gebeten werde, am Samstag, den 2. Januar 1954 allgemeine Dienstbefreiung zu genehmigen.

Staatsminister Zietsch spricht sich dafür aus, auch Ministerpräsident Dr. Ehard hält es für zweckmäßig, zwischen den beiden Feiertagen dienstfrei zu geben.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.

Dabei wird festgestellt, daß es den einzelnen Ressorts überlassen bleibt, ob und in welcher Form ein Jourdienst eingerichtet wird.

VI. Beflaggung der öffentlichen Gebäude am Neujahrstag76

Ministerpräsident Dr. Ehard fährt fort, einer Mitteilung des Bundesinnenministeriums zufolge werde der Bund ebenso wie in den vergangenen Jahren auch am 1. Januar 1954 eine allgemeine Beflaggung seiner Dienstgebäude anordnen; das Bundesinnenministerium rege an, daß sich auch die Länder der Bundesregierung anschließen mögen.

Im Hinblick auf die Beschlüsse im vergangenen Jahr beschließt der Ministerrat, auch am kommenden Neujahrstag eine allgemeine Beflaggung der staatlichen Gebäude abzulehnen.

VII. Antrag der Abg. Knott,77 Dr. Hundhammer und Sebald 78 betr. Schadensersatz für die Hochwasserschäden in den Gemeinden Marienberg, Hochstätt und Vogtareuth (Beil. 4729, 4820)

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt eine Note des Staatsministeriums der Finanzen vom 14. Dezember 1953 bekannt, die sich mit diesem Antrag auseinandersetze und einer Feststellung der Obersten Baubehörde folgend die Hochwasserschäden des Inns auf nur 80 000 DM beziffere, während der Antrag von einem Schaden von ca. 145 000 DM ausgehe. Das Finanzministerium schlage im Einvernehmen mit der Obersten Baubehörde vor, daß die Staatsregierung in der kommenden Plenarsitzung des Landtags folgende Änderung des Antrags empfehle:

„Die Staatsregierung wird ersucht, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht die in den Gemeinden Marienberg, Hochstätt und Vogtareuth entstandenen unmittelbaren Hochwasserschäden, soweit sie auf den Bau der Stufe Wasserburg und das Fehlen der Hochwasserschutzdämme zurückzuführen sind, zu vergüten und zu diesem Zwecke bis zu 80 000 DM bereitzustellen.“

Vielleicht könne man erreichen, daß die Angelegenheit nochmals an den zuständigen Ausschuß zurückverwiesen werde.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß zur Beantwortung das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zuständig sei.

Staatsminister Zietsch erklärt, wenn der Antrag im Haushaltsausschuß noch nicht behandelt worden sei, müsse er zunächst dorthin, dann sei auch Gelegenheit, die Sache zu prüfen.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden, daß Herr Staatssekretär Maag eine entsprechende Erklärung im Landtag abgibt.79

VIII. Deutsche Verkehrsausstellung 1953 80

Ministerpräsident Dr. Ehard verliest ein Schreiben des Herrn Staatsministers a.D. Frommknecht,81 der unter anderem mitteile, daß die Deutsche Verkehrsausstellung 1953 im Laufe dieses Monats ohne Fehlbetrag, aber auch ohne Überschuß abgeschlossen werde. Gleichzeitig bitte er, dem Institut für Messe- und Ausstellungswesen, das beabsichtige, das gesamte Material der Verkehrsausstellung wissenschaftlich zu bearbeiten, einen Zuschuß von 2 500 DM zu genehmigen.

Staatssekretär Dr. Guthsmuths bemerkt, es stehe noch nicht fest, ob wirklich kein Defizit entstanden sei, bei der Prüfung spiele insbesondere das Südparkrestaurant eine erhebliche Rolle. Im übrigen müsse er sich dagegen aussprechen, daß ein nichtbayerisches Institut einen Zuschuß für die Auswertung einer in Bayern durchgeführten Ausstellung bekomme.

Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, Herrn Staatsminister a.D. Frommknecht vorerst mitzuteilen, der Ministerrat könne über einen Zuschuß erst dann beraten, wenn der Schlußbericht über die Verkehrsausstellung vorliege.

Das Kabinett erklärt sich mit diesem Vorschlag einverstanden.

Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Hans Ehard
Der Protokollführer des Ministerrats gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg Ministerialrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Karl Schwend Ministerialdirektor