1Zu Beginn des Ministerrats berichtet Ministerpräsident Dr. Ehard über die letzte Ministerpräsidentenkonferenz in Königstein.3 Es habe sich dabei darum gehandelt, eine Stellungnahme der Ministerpräsidenten zu dem derzeitigen Stand der Verhandlungen in Bonn zu formulieren. Die Vorschläge, die einerseits Oberbürgermeister Brauer4 von Hamburg und er selbst ausgearbeitet hätten, seien vollkommen entgegengesetzt gewesen5 und es sei nicht ganz einfach gewesen, sich auf eine gemeinsame Resolution zu einigen.6 Unmittelbar danach habe dann bekanntlich in Bonn eine Besprechung des Siebener-Ausschusses mit den alliierten Verbindungsoffizieren stattgefunden, deren Ergebnis ja inzwischen bekannt geworden sei.7
3Vgl. das Protokoll der Ministerpräsidentenkonferenz in Königstein, 24. 3. 1949, AVBRD 5 S. 296–328. Zu dieser Konferenz hatten die Ministerpräsidenten führende Persönlichkeiten des Parlamentarischen Rates (Anton Pfeiffer (CSU), Walter Menzel (SPD), Theodor Heuss (FDP), Georg Diederichs (SPD), Max Becker (FDP)) zur Beratung des Grundgesetzentwurfes eingeladen. S. im Detail NL Ehard 1387 sowie StK 11943.4Max Brauer (1887–1973), 1946–1953 und 1957–1961 Erster Bürgermeister von Hamburg, 1961–1965 MdB (SPD).5Vgl. die Entschließungsanträge von Brauer und Ehard AVBRD 5 S. 316f. Anm. 95 und Anm. 96.6Vgl. die von den Ministerpräsidenten in Königstein gefaßte Entschließung zum Grundgesetz AVBRD 5 S. 325f.7Vgl. zu dieser Besprechung einer Delegation des Parlamentarischen Rates mit alliierten Vertretern in Bonn, 25. 3. 1948, Der Parlamentarische Rat 8 S. XLVIIIf. und S. 211–216. Der Siebenerausschuß veröffentlichte nach der Unterredung, 25. 3. 1949, folgendes Pressecommuniqué: „In der heutigen Besprechung des Siebener-Ausschusses des Parlamentarischen Rates mit den Verbindungsstäben der drei Besatzungsmächte in Bonn fand eine Erörterung der von dem Siebener-Ausschuß vor einer Woche überreichten Vorschläge nicht statt. Die Leiter der Verbindungsstäbe beschränkten sich lediglich auf die kurze Mitteilung, daß die überreichten Abänderungsvorschläge nach ihrer Ansicht den im alliierten Memorandum vom 2. 3. 1949 niedergelegten Grundsätzen nicht entsprächen. Auf welche einzelnen Punkte des Memorandums oder der deutschen Vorschläge sich diese Feststellung bezöge, wurde nicht mitgeteilt. Seitens der Verbindungsstäbe kam ferner zum Ausdruck, daß die Gouverneure erst dann Stellung nehmen würden, wenn ihnen das verabschiedete Grundgesetz überreicht würde. Im übrigen seien die Gouverneure der Meinung, daß es nunmehr die Aufgabe des von der Auffassung der Gouverneure unterrichteten Parlamentarischen Rates sei, das Grundgesetz in eigener Verantwortung zu einem guten Ende zu bringen.“ (ebd. S. 215).
2Seine Auffassung zu Bonn, die er auch den bayerischen Vertretern mitgeteilt habe, gehe einmal dahin, daß an dem bisher Erreichten nichts mehr geändert werden dürfe und daß zum anderen die bayerischen Forderungen soweit durchgesetzt werden müßten, als sie der Denkschrift der Alliierten8 entsprechen.9 Nur unter diesen Voraussetzungen könne Bayern unter Umständen zustimmen, obwohl noch manche Punkte wenig befriedigend seien, so die Fassung des Art. 116 Abs. 5 Satz 2.10 Im übrigen habe man noch keine Klarheit darüber, welche Haltung der Siebener-Ausschuß und die SPD einnehmen würden. Er bitte nun das Kabinett um seine Meinung.8Vgl. Nr. 59 TOP I Anm. 3.9
Gelberg, Ehard S. 251.10Der Art. 116 besitzt in den Fassungen der Entwürfe des GG, die in diesem Zeitraum in Frage kommen, lediglich drei Absätze. Gemeint ist daher vermutlich Art. 116 Abs. 3 Satz 2. Er lautete in der vom Hauptausschuß des Parlamentarischen Rates in dritter Lesung angenommenen Fassung (Stand 10. 2. 1949): „Erwachsen dem Bund auf Gebieten, für die ihm die Gesetzgebung zusteht, neue Aufgaben, so können bei dringendem Bedarf bundeseigene Mittel- und Unterbehörden mit Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Volkstages und von zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates errichtet werden“; vgl. Der Parlamentarische Rat Bd. 7, S. 431. Der Regelung zur Errichtung von bundeseigenen Mittel- und Unterbehörden – im Grundgesetz schließlich Art. 87 (3) – maß MPr. Ehard in der letzten Phase der Grundgesetzberatungen große Bedeutung zu; vgl. Gelberg, Ehard S. 246f.
3Staatsminister Dr. Hundhammer erklärt, das Kabinett müsse den Standpunkt des Herrn Ministerpräsidenten unterstützen. Wenn die bayerischen Mindestforderungen nicht durchgesetzt würden, werde sich keine Mehrheit für die Annahme des Grundgesetzes in Bayern finden. Er persönlich unterstütze die vom Herrn Ministerpräsidenten eingenommene Haltung und spreche ihm dafür seinen Dank aus.
4Ministerpräsident Dr. Ehard teilt ergänzend mit, es sei behauptet worden, Bayern habe die alliierte Stellungnahme veranlaßt oder doch beeinflußt.11 Dazu müsse er feststellen, er habe mit den alliierten Verbindungsleuten genausoviel oder so wenig gesprochen wie die anderen deutschen Vertreter auch. Bei seinem letzten Aufenthalt in Bonn12 z. B. sei er mit den Alliierten erst am 2. Tag, also nach allen anderen, zusammengekommen.11
Gelberg, Ehard S. 248f.12Ebd. S. 249 Anm. 344.
5Stv. Ministerpräsident Dr. Müller führt aus, man könne keine andere Haltung einnehmen, wie sie der Herr Ministerpräsident eingenommen habe.
6Staatsminister Dr. Kraus stellt fest, daß die bayer. Auffassung in der Frage der Finanzverwaltung von Anfang an weitergegangen sei wie die der Alliierten, die ja übrigens zunächst gar nicht bekannt gewesen sei.
7Ministerpräsident Dr. Ehard teilt noch mit, daß in Königstein auch die Frage des Bundeswahlrechts aufgeworfen worden sei, das bekanntlich im Parlamentarischen Rat gegen die Stimmen der CDU und CSU zustande gekommen sei. Die Konferenz habe mit Rücksicht auf die ablehnende Einstellung der Alliierten zu dem Bundeswahlgesetz eine starke Neigung gezeigt, ein gemeinsames Wahlgesetz zu schaffen, oder, wenn dies nicht zustande komme, eine Mustersatzung, die von den Ministerpräsidenten den Landtagen vorgelegt werden solle. Man habe aber auch daran gedacht, in der Verfassung lediglich die Zahl der auf die einzelnen Länder treffenden Abgeordneten festzulegen und die Wahl selbst durch die Länder vornehmen zu lassen. Die überwiegende Mehrheit der Ministerpräsidenten habe sich aber für ein gemeinsames Wahlgesetz ausgesprochen.13
13Vgl. Ministerpräsidentenkonferenz in Königstein, 24. 3. 1949, AVBRD 5 S. 305–308, 326. Die Besatzungsmächte hatten sich zunächst nicht eindeutig geäußert, ob dem Parlamentarischen Rat oder den Ministerpräsidenten das Recht zustand, das Wahlgesetz zu verabschieden; vgl. Niclauß S. 360. Zum Fortgang s. Nr. 68 TOP I.
8Anschließend teilt Ministerpräsident Dr. Ehard mit, am 25. März 1949 habe der heute leider nicht anwesende Herr Staatssekretär Sühler seinen 60. Geburtstag gefeiert. Er habe ihm seine Glückwünsche aussprechen lassen und ein Glückwunschschreiben übersandt.
14Vgl. Nr. 59 TOP II.
1Staatssekretär Dr. Müller teilt mit, man müsse zunächst die Frage entscheiden, ob der Entwurf dem Landtag vorgelegt werden solle, da das Gesetz über Sicherheitsleistungen des Bayer. Staates zur Förderung der Energieversorgung nach Mitteilung von Mr. Fredericks15 von OMGUS nicht genehmigt werde. Das Finanzministerium werde aber versuchen, diese Entscheidung abzuändern.16
15Kurt Fredericks, geb. 1908, 1945 Assistant Fiscal Officer RMG, seit Oktober 1946 Chief Fiscal Branch der Finance Division des OMGB.16Vgl. Nr. 59 TOP II.
2Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, man könne den jetzt vorliegenden Entwurf17 im Kabinett verabschieden und der Militärregierung zur Klärung der grundsätzlichen Frage zuleiten und erst nach Eingang der Antwort das Gesetz an den Landtag geben.18
17Vgl. StMF an StK, 22. 3. 1949, in der Anlage der Entwurf des Gesetzes über die Erweiterung der Sicherheitsleistungen des Bayer. Staates mit Begründung (StK-GuV 101 und NL Müller B 84/3). Darin ging es vor allem um die Erhöhung der Bürgschaftsermächtigung für Flüchtlingsproduktivkredite um weitere 15 Mill. auf 40 Mill. DM; ferner wurden auch die Bürgschaftsermächtigungen für Kredite an die Bayerische Landessiedlung GmbH und die Bayerische Bauernsiedlung GmbH sowie für demontierte oder durch Restitutionen in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdete Betriebe erweitert.18In der Vormerkung von Henle für Gumppenberg, 25. 3. 1949, die MPr. Ehard zur Leitung der Sitzung vorlag, hieß es u.a.: „Es wurde deshalb vom Unterzeichneten vorgeschlagen, zu verfahren wie folgt: Der Entwurf wird im Ministerrat behandelt. Falls er die Billigung des Ministerrats findet, wird er der Militärregierung in der üblichen Weise zugeleitet. Gleichzeitig wird die Militärregierung ersucht, eine etwa erforderliche Genehmigung bei OMGUS einzuholen. Die Behandlung im Plenum des Landtags würde zweckmäßigerweise nicht vor Eintreffen der Genehmigung von OMGUS erfolgen“ (StK-GuV 101).
3Staatsminister Dr. Kraus weist zunächst darauf hin, daß der Entwurf durch die Aufnahme der Sicherheitsleistung für einen Kredit der Gemeinde Oberammergau zur Vorbereitung der Passionsspiele 195019 ergänzt worden sei20 und spricht sich dann dafür aus, trotz gewisser Bedenken ihn der Militärregierung und dem Landtag gleichzeitig zuzuleiten. Der Einspruch von OMGUS habe weitgehenden Einfluß auf die bayerische Wirtschaft und man müsse unter allen Umständen eine günstige Lösung zu erreichen suchen. Was z. B. den Ausbau der Wasserkräfte betreffe, so warteten in Niederbayern Tausende von Arbeitslosen darauf, für den Ausbau der mittleren Isar eingesetzt zu werden.21
19„Oberammergauer Passionsspiele und der bayerische Fremdenverkehr“, Bayern in Zahlen 1950 S. 331 ff. S. StK 18234 und MWi 26748; ferner Utschneider S. 59f.20Vgl. Kraus an StK, 28. 3. 1949 (StK-GuV 101). § 3 des Entwurfs (vgl. Anm. 17) lautete: „Das Staatsministerium der Finanzen wird ermächtigt, für den bayerischen Staat Bürgschaft gegenüber der Bayerischen Gemeindebank für einen Kredit der Gemeinde Oberammergau zur Vorbereitung der Passionsspiele 1950 bis zum Höchstbetrag von 1 Million DM zu folgenden Darlehensbedingungen zu übernehmen: Zinssatz 61/2%, Auszahlungskurs 97%, Laufzeit 30. September 1950.“ Vgl. Rädlinger S. 219ff. sowie MK 50553. Zum Fortgang s. Nr. 106 TOP V.21Vgl. Nr. 52 TOP I.
4Der Ministerrat beschließt sodann, dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Form zuzustimmen und ihn an Militärregierung und Landtag weiterzuleiten.22
22Ehard leitete den Entwurf eines Gesetzes über die Erweiterung der Sicherheitsleistungen des bayerischen Staates am 4. 4. 1949 dem Landtagspräsidenten mit Begründung zu; vgl. BBd.
III Nr. 2359 . Der Landtag verband seine Zustimmung am 18. 5. 1949 mit einer Erhöhung der Erweiterung der Bürgschaftsermächtigung für Flüchtlingsproduktivkredite um weitere 35 Mill. DM (anstatt 15 Mill. DM) bis zum Höchstbetrag von 60 Mill. DM; vgl. BBd.
III Nr. 2471 . – Gesetz über die Erweiterung der Sicherheitsleistungen des bayerischen Staates vom 14. Juni 1949 (GVBl. S. 139
).
23Vgl. Protokolle Ehard I Nr. 10 TOP XVI und Nr. 13 TOP XXI
sowie Protokolle Ehard II Nr. 50 TOP X
.
1Staatssekretär Dr. Sattler referiert über den Gesetzentwurf24 und weist unter anderem darauf hin, daß die Ausfuhr eines Kunstwerkes danach der Genehmigung bedürfe, sobald es in ein Verzeichnis der Kunstwerke eingetragen sei, deren Verbringung in das Ausland einen wesentlichen Verlust für den nationalen Kunstbesitz bedeuten würde. In Hessen sei bereits ein entsprechendes Gesetz verabschiedet worden, auch die Vertreter der Militärregierung legten auf die Verabschiedung des Gesetzes großen Wert.25
24ORR Henle hatte den Kabinettsmitgliedern am 17. 3. 1949 den Entwurf mit Begründung zugeleitet (ML 10775).25S. im Detail OMGB 17/174–2/1.
2Staatsminister Dr. Kraus teilt in diesem Zusammenhang mit, Generalanwalt Dr. Auerbach26 beabsichtige, einen Teil der Kunstgegenstände aus den Sammlungen von Hitler und Göring nach Amerika zu bringen, sie dort auszustellen und evtl. zu verkaufen. Er erwarte sich davon eine große Einnahme, die für Wiedergutmachungszwecke verwendet werden solle. Er habe ihn darauf aufmerksam gemacht, daß er unter allen Umständen dazu die Genehmigung des Kultusministeriums einholen müsse.26Philipp Auerbach (1906–1952), 1933 Emigration nach Belgien, später Frankreich, nach Kriegsausbruch interniert, 1940 verhaftet und an das Deutsche Reich ausgeliefert, Hochverratsverfahren, stand 1942/43 der Berliner Kriminalpolizei als Dolmetscher zur Verfügung, 1944 KZ Auschwitz, über KZ Groß-Rosen in das KZ Buchenwald, wo er im Mai von den Amerikanern befreit wurde, 1. September 1945 als ORR vom RP in Düsseldorf mit den Verwaltungsangelegenheiten ehemaliger KZ-Häftlinge und Verfolgter beauftragt, 22. 12. 1945 von den Briten entlassen, Mitbegründer und Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Düsseldorf, Vorsitzender des Zonenausschusses der jüdischen Gemeinden in der britischen Zone, zugleich Vizepräsident des Zentralkomitees für die befreiten Juden in der britischen Zone, wichtige Rolle bei der damals noch illegalen Auswanderung der DP’s nach Palästina, später Mitglied der Israelitischen Kultusgemeinde München und ehrenamtl. Präsident des Landesverbands der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern, 15. 9. 1946 Staatskommissar für die Opfer des Faschismus, dann umbenannt in Staatskommissar für rassisch, religiös und politisch Verfolgte in Bayern, Ende 1948 nach Differenzen mit dem StMJu Josef Müller Amtsniederlegung, danach Generalanwalt für Wiedergutmachung, nach Verabschiedung des Entschädigungsgesetzes November 1949 Präsident des Bayer. Landesentschädigungsamtes, auf Grund umstrittener Amtsführung und unter dem Vorwurf der Korruption Dienstenthebung, März 1951 Verhaftung, nach fünfmonatigem Prozeß lautete das Urteil am 14. 8. 1952 auf 21/2 Jahre Gefängnis, Selbstmord am Tag nach der Urteilsverkündung im Münchner „Josephinum“. S. Goschler, Auerbach; Ders., Attitude.
3Staatsminister Dr. Hundhammer teilt mit, Dr. Auerbach habe auch mit ihm gesprochen; er überschätze aber zweifellos den Wert dieser Sammlungen bei weitem. Amerikanische Sachverständige glaubten, daß die Kunstgegenstände höchstens einen Wert von 10 Millionen Dollar hätten. An sich lege das Kultusministerium keinen besonderen Wert auf diese Sammlungen, die keine Werke von überragender Bedeutung enthielten. Seiner Meinung nach sei es das zweckmäßigste, wenn sich Dr. Auerbach mit der Militärregierung selbst auseinandersetze.27
27Vgl. dazu ausführliche Korrespondenz in StK 14249; vgl. u.a. McCloy an Ehard, 3. 8. 1950. Darin hieß es im letzten Absatz: „Ich bin auch über Berichte beunruhigt, wonach Dr. Auerbach, der Präsident des Bayer. Landesentschädigungsamtes, Besprechungen oder Verhandlungen mit verschiedenen Personen einschließlich Vertretern einer anderen Regierung in Angelegenheiten der auswärtigen Rückerstattung von Kunstwerken und die Verteilung gewisser im Collecting Point aufbewahrter Gegenstände geführt hat. Im Hinblick auf die große Zahl der noch nicht identifizierten Gegenstände, sowie darauf, daß mehrere nicht befriedigte auswärtige Rückerstattungsansprüche noch nicht bearbeitet sind, können wir uns gegenwärtig nicht mit neuen Vorschlägen befassen, die die Verteilung von Gegenständen im Collecting Point in einer Weise berühren, die mit den geltenden Richtlinen und Verfahren nicht übereinstimmen. Ich wäre Ihnen daher dankbar, wenn Sie Dr. Auerbach von Vorstehendem in Kenntnis setzen und ihn ersuchen würden, alle weiteren Bemühungen in dieser Richtung wenigstens einstweilen einzustellen. Ich habe bereits den amerikanischen Anwalt, der sich ebenfalls an dieser Angelegenheit interessiert hat, davon unterrichtet, daß alle weiteren Vertretungen als unzulässig angesehen werden.“ Vgl. Goschler, Auerbach S. 93; s. Mühlen. Zum Fortgang s. Nr. 104 TOP IX.
4Staatssekretär Dr. Sattler macht darauf aufmerksam, daß nach Ansicht der Amerikaner die Hauptschwierigkeit darin bestünde, daß auch andere europäische Länder durch Kunstraub geschädigt seien und entsprechende Forderungen gegen die noch vorhandenen Sammlungen erhöben.
5Der Ministerrat beschließt sodann, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.28
28Ehard leitete den Entwurf eines Gesetzes über die Ausfuhr von Kunstwerken am 4. 4. 1949 dem Landtagspräsidenten mit Begründung zu; vgl. BBd.
III Nr. 2362 . Der Landtag stimmte dem Gesetz am 18. 5. 1949 zu; vgl. BBd.
III Nr. 2474 . – Gesetz über die Ausfuhr von Kunstwerken vom 30. Mai 1949 (GVBl. S. 120
).
1Staatsminister Dr. Kraus führt zur Begründung aus, der Entwurf des Haushaltsplans von 1949 könne aus technischen Gründen dem Landtag und dem Senat nicht vor Anfang Mai zur Beschlußfassung vorgelegt werden.29 Art. 78 Abs. 4 der Bayer. Verfassung gestatte aber der Staatsregierung die Weiterführung des Haushalts zunächst nach dem Haushaltsplan des Vorjahres.30 Dazu sei nun die anliegende Verordnung31 notwendig, um deren Genehmigung er ersuche.29Vgl. die scharfe Kritik des stellv. Landesdirektors Bolds in einer Unterredung mit Ehard, 10. 2. 1949, wegen der Überschreitung des Termins für die Vorlage eines ausgeglichenen bayer. Staatshaushalts (StK 12973). Vgl. ferner Van Wagoner an Ehard, 11. 2. 1949; darin bestätigte er gegenüber dem MPr. die Verschiebung des Vorlagetermins für den Staatshaushalt für das Rechnungsjahr 1949/50 vom 15. 2. auf den 1. 3. 1949 (StK 30828).30Art. 78 (4) der BV lautet: „Wird der Staatshaushalt im Landtag nicht rechtzeitig verabschiedet, so führt die Staatsregierung den Haushalt zunächst nach dem Haushaltsplan des Vorjahrs weiter.“31Der Entwurf der Verordnung mit Begründung ging den Kabinettsmitgliedern am 18. 3. 1949 zu (ML 10775).
2Der Ministerrat stimmt dem Entwurf dieser Verordnung in unveränderter Form zu.32
32Verordnung über den vorläufigen Vollzug des Haushalts 1949 vom 31. März 1949 (GVBl. S. 78
).
1Staatsminister Dr. Schlögl berichtet kurz über den Entwurf und weist darauf hin, daß das Landespersonalamt keine Erinnerungen erhoben und auch die beteiligten Staatsministerien der Justiz und für Unterricht und Kultus zugestimmt hätten.33 Er solle im übrigen lediglich die Verordnung vom 27. September 192134 den inzwischen eingetretenen erheblichen Veränderungen der Rechts- und Sachlage anpassen.33Zu den Einwänden der Militärregierung s. OMGB 17/174–1/4.34Verordnung über den Vorbereitungsdienst und die Staatsprüfung für den höheren landwirtschaftlichen Staatsdienst einschließlich des landwirtschaftlichen Lehramtes vom 27. September 1921 (GVBl. S. 513
). – Verordnung über den Vorbereitungsdienst für den höheren landwirtschaftlichen Staatsdienst vom 1. April 1949 (GVBl. S. 79
).
2Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, die Verordnung als Verordnung der Bayer. Staatsregierung zu erlassen und ihr in der vorliegenden Form zuzustimmen, mit der Maßgabe, daß Satz 2 des § 13 gestrichen werde.
3Der Ministerrat beschließt sodann, der Verordnung in der vom Herrn Ministerpräsidenten vorgeschlagenen Form zuzustimmen.
1. Besetzung der Stelle des Leiters der Abteilung C Forsten des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten U
1Der Ministerrat beschließt nach längerer Aussprache, Landforstmeister Weiß35 zum Leiter der Abteilung C Forsten zu ernennen.35In der Vorlage fälschlich „Weiss“. – Friedrich Weiß (1896–1954), Teilnahme am Ersten Weltkrieg, Forstwirtschaftsstudium, 1922 Staatsprüfung, Forstamtmann und Regierungsforstrat in Schwaben und der Pfalz, 1933 Forstmeister und Leiter des Forstamtes Waldfischbach-Süd, Teilnahme am Zweiten Weltkrieg, 1946 Leiter des Arbeiterreferats Regierungsforstamt Augsburg, 1948 StMELF, 1949–1954 Oberlandforstmeister und Leiter der Abt. C Forsten im StMELF; vgl. Rubner S. 52f.
2Dabei fand der Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten, Landforstmeister Klietsch,36 der bisher kommissarisch die Abteilung geführt habe, sofort anderweitig unterzubringen und ihm evtl, die Leitung des Regierungsforstamtes Oberbayern zu übertragen, allgemeine Zustimmung.37
36Zu seiner Person s. Nr. 57 TOP IV.37Zum Fortgang s. Nr. 72 TOP XII.
2. Landespersonalamt U
1Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, die Frage der Neubesetzung des Postens des Generalsekretärs im Landespersonalamt könne nicht länger hinausgezögert werden;38 er ersuche, bis zum nächsten Ministerrat endgültig entsprechende Vorschläge zu machen.39
38Vgl. Ehard an Kraus, 21. 2. 1949; bereits damals erklärte der MPr., er halte einen Wechsel an der Spitze des Landespersonalamtes für unbedingt geboten, weil es Metz, den er als tüchtigen Beamten schätzte, an Fingerspitzengefühl fehle. Wörtlich hieß es u.a.: „Sicher ist, daß Dr. Metz bei der Militärregierung geradezu als der Typus eines Beamten gilt, der von ihr auf das schärfste abgelehnt wird. Es ist begründeter Anlaß vorhanden, daß die in Frage des Beamtengesetzes eingetretene Verschärfung nicht zuletzt auf die Einstellung gegenüber Dr. Metz zurückzuführen ist.“ Als Nachfolger schlug Ehard MinRat Erber vor (NL Ehard 1454).39Die Militärregierung kritisierte 1949 zunehmend die Handhabung des Bayer. Beamtengesetzes (vgl. Nr. 69 TOP V), die nach ihrer Auffassung im Widerspruch zu seinem Inhalt stand, sowie die Wiederbesetzung von Beamtenstellen mit ehemaligen Parteimitgliedern (vgl. in diesem Zusammenhang die Übersicht über die in der Staatsverwaltung beschäftigten bzw. wieder entlassenen ehemaligen Mitglieder der NSDAP und deren Gliederungen, der politisch und rassisch Verfolgten und der Flüchtlinge nach dem Stande vom 31. 12. 1948, die die StK dem Landtagspräsidenten am 1. 4. 1949 zuleitete; BBd.
III Nr. 2403 ). Für Versäumnisse machte die Militärregierung unter anderem das Landespersonalamt verantwortlich; vgl. Benz, Reform. Der Generalsekretär des Landespersonalamts Metz hatte auf die Kritik u.a. erklärt, daß bis zu 40% der bayerischen Beamten wohl früher Mitglieder der NSDAP, aber keine Nationalsozialisten gewesen seien. Am 9. 4. 1949 berichtete die SZ, Metz habe MPr. Ehard seinen Rücktritt angeboten. Der designierte Nachfolger von Metz, Erber, wurde von der Militärregierung aufgefordert, vor der Übernahme des Postens an einer Informationsreise in die USA teilzunehmen, um sich ein Bild von der öffentlichen Verwaltung in den USA zu machen; vgl. zur Reise Erbers im Rahmen des Kulturaustauschprogramms Latzin. – Dr. Matthias Metz (1891–1951), 1932 RR im StMF, Personalreferent Oberfinanzpräsidium München, 1946 MinRat StMF, seit Jahresbeginn 1947 Generalsekretär des Bayer. Landespersonalamtes, Nov. 1947 MinDirig, 1. 6. 1949 wieder StMF. – Dr. jur. Peter Erber (1904–1997), Jurist, 1931 große juristische Staatsprüfung, BVP-Mitglied, 1933 Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Nürnberg, 1934 Amtsgerichtsrat München, im Krieg nach Kiel verschlagen, dort 1945 am Wiederaufbau der Justiz beteiligt, August 1945 Landgerichtsdirektor, September 1945 wieder in München, seit Frühjahr 1946 mit dem Titel Landgerichtsdirektor im StMJu, Mitte 1946 nach der Übernahme des StMSo durch Pfeiffer von diesem zur Dienstleistung in das StMSo abgeordnet, April 1947 Übertritt in die StK, 6. 2. 1948 Ernennung zum MinRat im StMSo mit Rücktrittsrecht in den Geschäftsbereich der StK, 1. 6. 1949–1969 Generalsekretär des Landespersonalamts bzw. (seit 1960) des Landespersonalausschusses, MinDirig. Zum Fortgang s. Nr. 63 TOP V.
1. Kündigung der Flüchtlingsobleute40
U40Vgl. Nr. 57 TOP III.
1Staatsminister Dr. Ankermüller führt aus, im August 1948 habe das Finanzministerium den Abbau der Flüchtlingsobleute im Zuge der Sparmaßnahmen verlangt.41 Bis Dezember 1948 sei ihre Zahl um rund 50% verringert worden, so daß jetzt einige Landkreise überhaupt keine Obleute mehr hätten, andere nur mehr die Hälfte oder ein Drittel, während in vielen Fällen überhaupt noch kein Abbau durchgeführt worden sei. Im neuen Haushaltsplan seien für diese Zwecke keine Mittel mehr zur Verfügung gestellt worden, so daß eine generelle Kündigung von allen Obleuten mit der Anordnung, sie nach Möglichkeit einzubauen, ausgesprochen werden mußte. Die Frage müßte in den Etatverhandlungen geklärt werden und es werde Sache des Finanzministeriums sein, festzustellen, ob es Mittel bereitstellen könne.41Vgl. Bauer, Flüchtlinge S. 296f.
2Stv. Ministerpräsident Dr. Müller teilt mit, auf einer Sitzung der Union der Ausgewiesenen,42 die vor einigen Tagen stattgefunden habe, sei das Problem der Flüchtlingsobleute sehr eingehend behandelt worden. Man habe einen Beschluß gefaßt, die Kündigungen seien nicht zu verantworten und müßten rückgängig gemacht werden.43 In der Frage des Aufhörens der sogenannten „Fliegenden Kolonnen“, also der Wohnungserfassungskommissionen, sei ebenfalls beschlossen worden, diese Einrichtung beizubehalten. Seiner Auffassung nach müsse beiden Beschlüssen Rechnung getragen werden, da sonst die Gefahr bestehe, daß die Flüchtlinge noch mehr wie schon bisher der Propaganda eines Herrmann44 anheimfallen würden.42Die „Union der Ausgewiesenen“ (UdA) entstand 1947 als Arbeitsgemeinschaft der CSU (1953 Umbenennung in „Union der Vertriebenen“). Erster Vorsitzender war Hans Schütz; vgl. Bauer, Flüchtlinge 275 ff.; Mintzel, CSU S. 207–210; Schubert.
43Vgl. zum Protest gegen die Kündigung der Flüchtlingsobleute zahlreiche Eingaben in StK 14847 und MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 345.44Egon Herrmann, geb. 1899 in Brünn, Schriftsteller, Vors. des Flüchtlingskontrollausschusses des Lagers Dachau; vgl. Protokolle Ehard II (Band 1 1947/1948) Einleitung S. XCIV, Nr. 43 TOP II und 48 TOP III. Vgl. zu seiner Person auch „Wahl in den Flüchtlingslagern“, SZ 30. 10. 1948; Augsburger Tagespost 14. 9. 1948 (PA 1948 22a).
3Ministerpräsident Dr. Ehard meint, man müsse sich entscheiden, ob man die Kündigungen nochmals überprüfen und lediglich eine Einschränkung der Zahl der Obleute durchführen solle und die Institution selbst beibehalten.
4Staatsminister Dr. Ankermüller spricht sich dafür aus, einen Einbau der Obleute in die Wohnungsämter zu erwägen, dafür müßten aber Mittel den Gemeinden zur Verfügung gestellt werden. Die Angelegenheit sei außerordentlich dringend, da die Kündigungen ja bereits am 1. 4. 1949 in Kraft treten.
5Staatssekretär Jaenicke berichtet, die gewählten Flüchtlinge seien an sich vollbeschäftigte Leute, die als Mitglieder der Kreistage und Gemeindeparlamente tätig seien. Auch die Vertrauensleute der Flüchtlinge seien ehrenamtlich und übten sonst ihren Beruf aus. Die Flüchtlingsobleute dagegen seien ernannte Funktionäre, deren Aufgaben in vielen Landkreisen durch die verstreuten Siedlungen sehr wichtig seien. Es sei beabsichtigt, höchstens 3 oder 4 Flüchtlingsobleute in jedem Landkreis beizubehalten, so daß sich deren Zahl von jetzt über 600 auf rund 400 verringere; das bedeute einen jährlichen Aufwand von rund 850000 DM. Der Gedanke, die Flüchtlingsobleute in den Wohnungsämtern zu beschäftigen, sei gut, man müsse aber bedenken, daß sich die Landkreise dagegen wehren würden, da sie die Kosten zu tragen hätten. Er schlage deshalb vor, die Kündigungen aufzuheben, eine Überprüfung durchzuführen und die Zahl der Flüchtlingsobleute zu verringern.
6Staatsminister Dr. Kraus weist darauf hin, daß ab 1. 4. 1949 im Haushalt keine Mittel mehr vorhanden seien, die Gemeinden aber andererseits die Obleute in den Wohnungsämtern beschäftigen könnten, da der Staat ihnen in Zukunft das Aufkommen der Wohnungsgebühren, die sie bisher nur zögernd erhoben hätten, zukommen lassen wolle.
7Nach weiterer Aussprache wird folgender Beschluß gefaßt:
8„Die für den 31. 4. 1949 ausgesprochenen Kündigungen der Flüchtlingsobleute bleiben bestehen. Sie werden aber innerhalb einer Frist von 2 Monaten überprüft. Bis dahin werden auch die Arbeitsverhältnisse der Flüchtlingsobleute verlängert. Das angestrebte Ziel geht dahin, die Zahl der Flüchtlingsobleute zu vermindern und, auf weite Sicht gesehen, diese soweit als möglich in die Wohnungsämter einzubauen.“
2. Wohnungserfassungskommissionen in den Regierungsbezirken U
1Staatsminister Dr. Ankermüller teilt mit, hier sei es ähnlich wie bei den Flüchtlingsobleuten, auch in den Wohnungskommissionen beschäftigten Leuten sei zum 31. 3. 49 gekündigt worden.45 Es sei beabsichtigt, diese sogenannten „Fliegenden Kolonnen“, die aus einem Vorsitzenden und zwölf Mitgliedern bestünden, aufrecht zu erhalten, aber in anderer Form. Es solle künftig lediglich der Vorsitzende hauptamtlich tätig sein und sich zur Durchführung seiner Aufgaben örtlicher Hilfskräfte bedienen.45Vgl. Ankermüller an Ehard, 10. 2. 1949, betr. Tätigkeit der Wohnungssonderkommissionen (StK 14847).
2Staatssekretär Jaenicke erklärt, er wisse nicht mehr, wie man noch weiterkommen solle. Der frühere sudetendeutsche Abgeordnete Wenzel Jaksch46
habe z.B. angekündigt, daß noch rund 170000 Sudetendeutsche und rund 130000 Deutsche aus Polen hereinkommen würden. Jeden Tag kämen über 100 Illegale nach Bayern, die Grenzlager seien alle überfüllt und er könne diese Leute nur ins innere Bayern transportieren, wo aber gleichfalls alles überfüllt sei und Massenquartiere in Turn- oder Tanzsälen eingerichtet werden müßten. Die „Fliegenden Kolonnen“ hätten überall noch viele unbenützte Wohnräume ausfindig gemacht, so z.B. allein in Oberfranken 7700 Räume. Er halte es für einen politischen Fehler, die Kommissionen aufzuheben, zumal auch keine Mittel mehr vorhanden seien, die Lager mit den notwendigen Geräten auszustatten.46Wenzel Jaksch (1896–1966), Beamter, MD i.R., Mitglied der Sudetendeutschen Sozialdemokratischen Partei, seit 1949 SPD, 1929–1938 Abgeordneter der Nationalversammlung der Tschechoslowakischen Republik, 1953–1966 MdB (SPD), 1950–1956 Mitglied des SPD-Parteivorstands, 1962–1965 Vors. des Ausschusses für Vertriebene, Flüchtlinge u. Kriegsgeschädigte beim Parteivorstand, Vors. der Seligergemeinde, 1964 Präsident des Bundes der Vertriebenen; vgl. H.-W. Martin, „… nicht spurlos aus der Geschichte verschwinden“.
3Die Lage sei fast hoffnungslos und die Flüchtlingsbeauftragten in den Ländern der US-Zone hätten deshalb auch einen Beschluß gefaßt, der die Ministerpräsidenten ersuche, energische Vorstellungen bei der Militärregierung zu erheben.
4Der Ministerrat beschließt sodann wie folgt:
5„Angesichts der unverminderten Wohnungsnot, des weiteren Zustroms von Flüchtlingen und der Überfüllung der Flüchtlingsmassenlager sollen die Wohnungserfassungskommissionen in den Regierungsbezirken vorerst ihre Tätigkeit fortsetzen. Die zum 31. 3. 1949 ausgesprochenen Kündigungen werden revidiert. Die Wohnungserfassungskommissionen sollen abgebaut werden, sobald sie ihre begonnenen Aufgaben zu Ende geführt haben.“
3. Fall Herrmann U
1Staatssekretär Jaenicke weist darauf hin, daß Herrmann jetzt wieder in Freiheit sei und es Monate dauern könne, bis das Revisionsverfahren durchgeführt werde.47 Er habe von der KPD die Versammlungslizenz erhalten und werde nächstens große Versammlungen zuerst in Weiden und dann in anderen Städten abhalten.48 Es sei dringend notwendig, das Revisionsverfahren zu beschleunigen.49
47Vgl. Nr. 48 TOP III Anm. 17. S. im Detail MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 682, 683, 684 und 700.48Vgl. Nr. 74 TOP V.49Zum Fortgang s. Nr. 80 TOP V.
4. Einladung des Adalbert-Stifter-Vereins U
1Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, er habe eine Einladung des Adalbert-Stifter-Vereins, einer kulturellen Organisation der Sudetendeutschen, erhalten, auf einer Kundgebung des Vereins am Pfingstsonntag in Bayreuth zu sprechen.
2Staatssekretär Dr. Sattler erklärt, die Bestrebungen des Adalbert-Stifter-Vereins seien sehr gut und man müsse die Sache unterstützen.
3Ministerpräsident Dr. Ehard ersucht sodann die Herren Staatssekretäre Jaenicke und Dr. Sattler, die Angelegenheit mit den Vertretern des Vereins50 noch zu besprechen; grundsätzlich sei er zu einer Teilnahme bereit.51
50Vorsitzende waren 1947–1949 Franz Haibach (1899–1958), 1949–1951 Franz Anton Fürst von Thun und Hohenstein (1890–1973), Geschäftsführer 1948/1949 Otto Zelik (1907–1989) und 1949–1951 Theodor Hutter (1907–1978).51Redetyposkript Ehards von seiner Ansprache auf der Tagung des Adalbert-Stifter-Vereins, 5. 6. 1949, in Bayreuth in: NL Ehard 632; vgl. ferner mit Bezug auf die Pfingstkulturtage in Bayreuth 1949 sowie Photos von der Teilnahme Ehards Becher sowie MK 71560; vgl. Abb. 3. Vgl. Ehard an Hundhammer, 11. 8. 1949. Darin hieß es u.a.: „In Nr. 457 des ‘Bayer. Landtagsdienstes’ vom 21. Juli 1949 wird auf Seite 8 mitgeteilt, daß sich das B. Staatsministerium für Unterricht und Kultus gegen das Ersuchen des Adalbert Stiftervereins, Mittel für ein kulturelles Hilfswerk der Heimatverwiesenen zu genehmigen, ausgesprochen habe. An sich halte ich die Bestrebungen des Adalbert Stiftervereins für sehr begrüßenswert und habe mich deshalb seinerzeit auch bereiterklärt, auf der großen Gründungstagung des Vereins in Bayreuth an Pfingsten des heurigen Jahres zu sprechen. Wieweit die Möglichkeit besteht, dem Verein Mittel für seine Aufgaben zuzuweisen, kann ich natürlich nicht beurteilen. Ich würde es aber bedauern, wenn die im Landtagsdienst veröffentlichte Mitteilung im vollen Umfang zutreffend wäre. Vielleicht haben Sie die Freundlichkeit, mich bald davon zu unterrichten, wie sich die Sache tatsächlich verhält und wie Ihr Ministerium den Adalbert Stifterverein und seine Ziele beurteilt“ (NL Ehard 189). Vgl. Hundhammer an Bayer. Landtag, 9. 12. 1949, betr. Kulturelles Hilfswerk für Heimatvertriebene: „Zu der vom Adalbert-Stifter-Verein vorgelegten Resolution vom 22. 6. 1949 wird bemerkt, daß die Notwendigkeit der kulturellen Betreuung und Förderung der Heimatverwiesenen auch von den Volksbildungseinrichtungen frühzeitig erkannt wurde. Deshalb wurde von diesen bei der Programmgestaltung hinsichtlich der geisteswissenschaftlichen Vorträge wie der praktischen Kurse weitgehend Rücksicht genommen, andererseits sind Leiter von Volkshochschulen und Dozenten in größerer Anzahl aus Kreisen der Vertriebenen genommen. Man ist sogar in der letzten Zeit dazu übergegangen, in Lagern von Heimatvertriebenen Vorträge und Kurse abzuhalten. Wenn durch eine Neu-Organisation der kulturellen Betreuung diese Zusammenarbeit wieder auseinander gerissen würde, wäre bei den dadurch entstehenden Spannungen und Reibungen der ideelle Schaden vermutlich größer als der materielle Nutzen. Sollte jedoch in einzelnen Fällen eine besondere Betreuung seitens des Adalbert-Stifter-Vereins notwendig werden, z.B. in Lagern, die von einer Volksbildungseinrichtung nicht erfaßt werden können, so wäre dagegen nichts einzuwenden. Im übrigen muß bei dem ganzen Problem der Gedanke der möglichst raschen und reibungslosen Eingliederung der Heimatvertriebenen maßgebend sein“ (MK 71560).
52Zu Kriegsbeginn 1914 war das Zentral-Nachweisbureau als eigene Abteilung des Bayer. Kriegsministeriums errichtet worden; vgl. KrMBl. 1914 S. 496. Seine Aufgabe war die Sammlung und Mitteilung von Nachrichten über Verwundete, Gefallene, Vermißte und Kriegsgefangene, ferner die Führung der Verlustlisten und der Kriegsgräberkartei. Seit 1. 10. 1919 hatte das Zentral-Nachweisbureau unter dem Titel Zentral-Nachweis-Amt für Kriegsverluste und Kriegsgräber zum Geschäftsbereich des Reichsinnenministeriums gehört und seit 1920 als Zweigstelle München firmiert. 1945 übernahm das StMI die Dienststelle; vgl. Volkert S. 333.
1Der Ministerrat stimmt der Verordnung,53 die den Übergang der Aufgaben des Zentralnachweisamtes aus dem ersten Weltkrieg auf das Bayer. Staatsarchiv vorsehe, zu.54
53S. im Detail StK-GuV 754.54Verordnung über die Auflösung des Zentralnachweisamtes für Kriegsverluste und Kriegsgräber München vom 1. April 1949 (GVBl. S. 80
). Das Bayerische Hauptstaatsarchiv (Abt. IV – Kriegsarchiv) übernahm die noch vorhandenen Unterlagen und den Auskunftsdienst (z.B. über Militärdienstzeiten); vgl. Volkert S. 333; ferner Bayer. Staatsanzeiger 27. 5. 1949.
55Antrag Dr. Linnert (FDP) und Genossen betr. Erlassung eines Gesetzes zur Beschaffung billigen Bodens und zur Schaffung von Volksheimstätten, 8. 4. 1948; vgl. BBd.
II Nr. 1292 . Der Entwurf ging ursprünglich auf einen Vorschlag von Johannes Lubahn zurück. Vgl. Protokolle Hoegner I Nr. 22 TOP IX
und Protokolle Ehard I Nr. 28 TOP XXI
. S. ferner StK 13769.
1Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, die FDP habe diesen Gesetzentwurf dem Landtag vorgelegt. Die darin behandelten Fragen seien ohne rechten Zusammenhang mit den geltenden gesetzlichen Bestimmungen geregelt, insbesondere fehle es an einer durchgehenden Regelung des Enteignungsverfahrens. Das Innenministerium habe dagegen ein allgemeines Enteignungsgesetz vorbereitet56 und werde auch mit einem Gesetzentwurf für die systematische Neuregelung des gesamten Baulandenteignungsrechts hervortreten. Man müsse wohl versuchen, im Landtag diese Pläne entsprechend vorzutragen und damit eine Zurückstellung des FDP-Entwurfs zu erreichen suchen.56Vgl. die Stellungnahme des StMJu, 25. 8. 1949 zu dem vom StMI, 12. 4. 1949, vorgelegten Referentenentwurf eines Gesetzes über die Enteignung von Grundstücken und dinglichen Rechten (MSo 61).
2Der Ministerrat beschließt, dem Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten entsprechend zu verfahren.57
57Im Plenum des Landtags wurde der Antrag (BBd.
II Nr. 1292 ) am 14. 10. 1948 an den Ausschuß für Rechts- und Verfassungsangelegenheiten mit der Maßgabe überwiesen, den Sozialpolitischen Ausschuß zur Beratung zuzuziehen; vgl. StB.
III S. 198 (14. 10. 1948).
58S. im Detail StK 11672.
1Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, das Bayer. Staatsministerium für Verkehrsangelegenheiten beabsichtige, einen Landesverkehrsbeirat von 32 Mitgliedern zu bilden.59 Bedenken von Seiten des Ministerrats würden wohl nicht erhoben werden.60
59Vgl. das Rundschreiben von StMVerkehr Frommknecht an die Ressorts, 14. 3. 1949, betr. Bildung eines Landesverkehrsbeirats; Entwurf der Bekanntmachung als Anlage; ferner die Vormerkung von Henle für Gumppenberg, 23. 3. 1949. Darin hieß es u.a: „Herrn Regierungsdirektor v. Gumppenberg mit der Bitte, eine Entscheidung des Herrn Ministerpräsidenten zu erholen, ob Einwendungen gegen die Bildung des Beirats im Hinblick darauf erhoben werden sollen, daß die Beibehaltung des Verkehrsministeriums noch nicht endgültig geklärt erscheint“ (StK 11672).60Vgl. jedoch StMWi (MinDirig Heilmann) an StMVerkehr, 25. 3. 1949, betr. Bildung eines Landesverkehrsbeirats. Im Unterschied zu den Ausführungen MPr. Ehards waren darin deutliche Bedenken vor allem hinsichtlich der Zusammensetzung formuliert worden. Nach einer mündlichen Besprechung im StMVerkehr erklärte das StMWi am 22. 4. 1949 schließlich ebenfalls sein Einverständnis mit der Bildung und Zusammensetzung des Landesverkehrsbeirats (StK 11672). Vgl. MF 69423.
2Es wird festgestellt, daß der Ministerrat mit der vom Verkehrsministerium beabsichtigten Bildung eines Verkehrsbeirats einverstanden ist.61
61Bekanntmachung des StMVerkehr über die Errichtung eines Landesverkehrsbeirats beim StMVerkehr vom 20. September 1949, Bayer. Staatsanzeiger 24. 9. 1949. Vgl. Nr. 62 TOP XI.
1Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, er habe ein Protestschreiben des Landesverbandes israelitischer Kultusgemeinden erhalten, in dem zunächst gegen die Einstufung eines Herausgebers des „Stürmer“ in Gruppe IV des Befreiungsgesetzes Einspruch erhoben werde.62 Außerdem wende sich der Landesverband in aller Schärfe gegen einen Aufsatz des Oberbürgermeisters von Coburg, Dr. Langer,63 in der Festnummer der „Neuen freien Presse Coburg“64, anläßlich der 900-Jahrfeier der Stadt,65 der antisemitische Tendenzen aufzeige.62Schreiben nicht ermittelt.63Dr. jur. Walter Langer (1892–1977), Abitur in Leipzig, Teilnahme am Ersten Weltkrieg, Studium der Rechtswissenschaften, Bankkaufmann, im Zweiten Weltkrieg zuletzt Major im Jagdgeschwader Udet, 1948–1970 Oberbürgermeister von Coburg (FDP).64Gemeint ist die „Neue Presse“ in Coburg; die erste Nummer erschien am 25. 1. 1946. Alleiniger Lizenzträger (Lizenz Nr. 15) war zunächst der Redakteur Peter Maslowski (1893–1983), 1924 und 1928–1930 MdR (KPD). Im September wurde Johannes Langer zweiter Lizenzträger. Unter der Leitung von Maslowski stellte die kritische Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit einen Schwerpunkt der Berichterstattung der „Neuen Presse“ dar; vgl. Enzyklopädie S. 373–377.65Hier liegt ein Irrtum vor. Die 900-Jahrfeier der Stadt Coburg fand erst im Jahr 1956 statt.
2Er ersuche den Herrn Staatsminister für Politische Befreiung, die Angelegenheit66 zu klären und ihm das Ergebnis der Überprüfung mitzuteilen, damit er seinerseits dem Landesverband antworten könne.66Die hier im Registraturexemplar folgenden Worte „mit dem Herausgeber des Stürmers“ wurden hs. gestrichen (StK-MinRProt 12).
Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Generalsekretär des
Ministerrats
In Vertretung
gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg
Regierungsdirektor
Der Leiter der
Bayerischen Staatskanzlei
gez.: Dr. Anton Pfeiffer
Staatsminister