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Nr. 183MinisterratssitzungDienstag, 24. November 1953 Beginn: 9 Uhr Ende: 11 Uhr 30
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei).

Entschuldigt:

Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium).

Tagesordnung:

I. Bundesratsangelegenheiten. II. Haushaltsplan 1954; hier: Bereitstellung von Mitteln für den sozialen Wohnungsbau 1954 und andere Wohnungsbauten. III. Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über den gerichtsärztlichen Dienst. IV. Bayerisches Ausführungsgesetz zum Jugendgerichtsgesetz. V. Aufhebung der Stiftung zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts. VI. Neufassung der Allgemeinen Dienstordnung für die Staatsbehörden. VII. Verkaufszeit am sogenannten Kupfernen Sonntag (6. Dezember 1953). VIII. Personalangelegenheiten. IX. Wirtschaftsausschuß des Bayer. Landtags. X. Wasserpolizei in Lindau. XI. Trennungsentschädigungen. XII. Vorlage eines neuen Landesjugendplanes an den bayerischen Landtag. XIII. Internationale Ausstellung „Jagd- und Sportfischerei“ Düsseldorf 1954. XIV. Bestellung von Grenzschutzbeamten zu Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft.

I. Bundesratsangelegenheiten

1. Wahl des zweiten Vizepräsidenten des Bundesrates1

Ministerialrat Dr. Gerner macht darauf aufmerksam, daß nach der bisherigen Übung der regierende Bürgermeister von Berlin Dr. Schreiber2 zum zweiten Vizepräsidenten des Bundesrats gewählt werden wird.3

2. a) Zustimmung zu der vom Deutschen Bundestag auch für die zweite Wahlperiode beschlossenen Geschäftsordnung für den Vermittlungsausschuß vom 5.5.19514

b) Bekanntgabe der vom Bundesrat in den Vermittlungsausschuß entsandten Mitglieder und ihre Stellvertreter5

Der Ministerrat beschließt, dem Beschluß des Bundestags vom 29. Oktober 1953, wonach die gemeinsame Geschäftsordnung des Bundestags und des Bundesrats für den Vermittlungsausschuß auch für die zweite Wahlperiode des Bundestags gelten solle,6 gemäß Art. 77 Abs. 2 Satz 2 GG zuzustimmen.

Außerdem wird der schon früher gefaßte Beschluß, als bayerisches Mitglied für den Vermittlungsausschuß Herrn Staatssekretär Dr. Ringelmann und als dessen Stellvertreter Herrn Staatssekretär Dr. Koch zu benennen, wiederholt.

3. Entwurf eines Gesetzes über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehung7

Ministerialrat Dr. Gerner berichtet, Baden-Württemberg werde einen Antrag stellen, in § 1 Abs. 1 Buchst. b die Worte „insbesondere“ bis „Alkoholsüchtige“ zu streichen und einen neuen Abs. 3 anzufügen in dem Sinne, daß das Gesetz auf die Unterbringung von Geisteskranken und Suchtkranken keine Anwendung finde. Der Koordinierungsausschuß sei mit Mehrheit der Auffassung gewesen, daß dieser Antrag von Bayern aus unterstützt werden solle.8

Staatssekretär Dr. Koch erklärt, an sich sei der Antrag nicht ganz unbedenklich, er sei aber gleichfalls der Meinung, daß er unterstützt werden könne.

Der Ministerrat beschließt, sich dem Antrag von Baden-Württemberg anzuschließen.

Ferner wird beschlossen, die Empfehlungen unter Ziff. 2b, 5a, 7b, 17b und 19 nicht zu unterstützen. Die übrigen Empfehlungen können unterstützt werden, wobei allerdings einige entfallen, falls der Antrag Baden-Württembergs eine Mehrheit findet.

Abschließend wird noch beschlossen, einen zu erwartenden weiteren Antrag Baden-Württembergs, § 20 der Verordnung über die Fürsorgepflicht vom 13. Februar 1924 im ganzen Bundesgebiet wieder in Kraft zu setzen, zu unterstützen.9

und

6. Bericht des Rechtsausschusses über Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht12

Von einer Äußerung und einem Beitritt wird abgesehen.

8. Bestimmung von Landwirtschaftsministern als Mitglieder des Verwaltungsrates und Berufung von Mitgliedern der Anstaltsversammlung der Landwirtschaftlichen Rentenbank14

Ministerialrat Dr. Gerner führt aus, im Koordinierungsausschuß habe sich der Vertreter des Landwirtschaftsministeriums15 gegen die Empfehlung des Agrarausschusses in der BR-Drucks. Nr. 489/1/53  ausgesprochen und einen Antrag vorgeschlagen, wonach der Bundesrat gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 4 des Gesetzes über die Landwirtschaftliche Rentenbank in der Fassung vom 14. September 195316 die Vertreter der Länder im Verwaltungsrat wie folgt bestimmen solle:17

1. Von den sechs Sitzen im Verwaltungsrat der Landwirtschaftlichen Rentenbank, die den Landwirtschaftsministern der Länder zustehen, worden vier ständige Sitze gebildet, die den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen zufallen.

2. Die restlichen zwei Sitze werden in einem 1-jährigen Turnus mit Wirkung vom 14. Dezember 1953 von den übrigen vier Ländern, wobei die Stadtstaaten als Einheit gelten, wie folgt eingenommen:

a) Rheinland-Pfalz und Bremen 14.12.53 – 13.12.54

b) Hessen und Schleswig-Holstein 14.12.54 – 13.12.55

c) Rheinland-Pfalz und Hamburg 14.12.55 –13.12.56

d) Hessen und Schleswig-Holstein 14.12.56 – 13.12.57

e) Rheinland-Pfalz und Berlin 14.12.57 – 13.12.58

f) Hessen und Schleswig-Holstein 14.12.58 – 13.12.59

g) usw.

Der gleichen Auffassung hätten sich übrigens auch die Vertreter der Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Baden-Württemberg bisher schon angeschlossen, so daß der Antrag voraussichtlich eine Mehrheit finden werde, er sei schon deshalb berechtigt, weil die Agrarfläche der genannten vier Länder 77% der gesamten landwirtschaftlich genutzten Fläche im Bundesgebiet darstelle.

Der Ministerrat beschließt, diesen Antrag zu stellen.

und

13. Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Internationalen Schiffssicherheitsvertrag London 194822

Es werden keine Einwendungen erhoben.

14. Vorschlag für die Benennung von fünf Vertretern und fünf Stellvertretern für den Verwaltungsrat der Deutschen Bundespost23

Der Ministerrat beschließt, dem in der BR-Drucks. Nr. 449/1/53  enthaltenen Vorschlag des Ausschusses für Verkehr und Post zuzustimmen.

18. Entwurf einer Verordnung zur Durchführung der §§ 17 bis 19 des Steueranpassungsgesetzes (Gemeinnützigkeits-Verordnung)29

Die Abänderungsvorschläge der beteiligten Ausschüsse (BR-Drucks. Nr. 328/1/53 ) werden unterstützt mit Ausnahme des Vorschlags in Ziff. 6.30

und

26. Bestellung von Mitgliedern des Verwaltungsrates der Kreditanstalt für Wiederaufbau38

Der Ministerrat erklärt sich mit der Wiederbestellung des Staatsministers Heinrich Albertz39 (Niedersachsen) und des Staatsministers Dr. Arthur Sträter40 (Nordrhein-Westfalen) als Mitglieder des Verwaltungsrats der Kreditanstalt für Wiederaufbau einverstanden.

27. Entwurf einer Verordnung über die Ergänzung der Ersten Verordnung vom 27. Juni 1951 (BGBl. I S. 410 ) über die Einbeziehung der Angehörigen von Nichtgebietskörperschaften in die Regelung des Wiedergutmachungsgesetzes für Angehörige des öffentlichen Dienstes41

Zustimmung gemäß Art. 80 Abs.  GG.

28. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Zolltarifs42

Einwendungen werden nicht erhoben.

II. Haushaltsplan 1954; hier: Bereitstellung von Mitteln für den sozialen Wohnungsbau 1954 und andere Wohnungsbauten43

Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, das Staatsministerium der Finanzen habe mit Note vom 21. November 1953 den Entwurf für einen Antrag an den Bayer. Landtag vorgelegt, wonach die Staatsregierung ermächtigt werden solle, insgesamt 140 Millionen DM für den Wohnungsbau 1954 im Vorgriff bereitzustellen.44

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, es werde einen sehr ungünstigen Eindruck machen, wenn dem sozialen Wohnungsbau in Bayern 64 Millionen DM an Bundeshaushaltsmitteln zuflössen, Bayern selbst aber lediglich 30 Millionen DM bereitstelle.45

Staatsminister Zietsch stellt fest, er selbst sei mit dem Vorschlag seines Ministeriums nicht einverstanden und schlage vor, daß der Betrag unter Ziff. 3): Haushaltsmittel des Landes Bayern von 30 auf 50 Millionen DM erhöht werde. Außerdem stimme er zu, wenn der Betrag von 5 Millionen DM für die Schaffung von Wohnungen für Staatsbedienstete auf 7 Millionen DM erhöht werde.

Ministerpräsident Dr. Ehard ersucht Herrn Staatsminister Zietsch, den Entwurf des Antrags entsprechend abzuändern und ihm wieder zuzuleiten, damit er dann dem Landtag vorgelegt werden könne.46

In diesem Zusammenhang kommt Staatsminister Weinkamm darauf zu sprechen, daß er schon im vergangenen Jahr angeregt habe zu prüfen, ob statt der nachrangigen Mittel für den Wohnungsbau nicht besser Mittel für Zinsverbilligungen eingesetzt werden könnten,

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erwidert, es sei nicht möglich, das auf Grund des Bundeswohnungsbaugesetzes47 eingeführte System gänzlich zu ändern. An sich sei der von Herrn Staatsminister Weinkamm vorgeschlagene Weg nach dem ersten Weltkrieg von der Stadt Augsburg mit gutem Erfolg begangen worden, die jetzigen Verhältnisse erlaubten es aber nicht, es jetzt ebenso zu machen.48

Rechnungsjahr 1954

III. Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über den gerichtsärztlichen Dienst49

Ministerpräsident Dr. Ehard verweist auf einen Gesetzentwurf des Staatsministeriums des Innern, durch welchen eine einwandfreie Rechtsgrundlage für die Erhebung von Gebühren für die Tätigkeit der Landgerichtsärzte geschaffen werden solle. Bedenken seien von keiner Seite erhoben worden, lediglich in formeller Hinsicht werde angeregt, in der Überschrift die Worte „vom 27. Juli 1950 (GVBl. S. 110 )“ als überflüssig zu streichen und die Paragraphen durch Artikel zu ersetzen.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt sich mit diesen Änderungen einverstanden, worauf beschlossen wird, dem Gesetzentwurf mit dieser Maßgabe zuzustimmen und ihn dem Landtag sowie dem Senat, letzterem zur etwaigen gutachtlichen Stellungnahme, zuzuleiten.50

IV. Bayerisches Ausführungsgesetz zum Jugendgerichtsgesetz51

Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert daran, daß dieser Punkt bereits in der letzten Kabinettssitzung erörtert, auf Wunsch des Herrn Staatsministers der Justiz aber nochmals zurückgestellt worden sei. Es handelt sich wie bekannt im wesentlichen zunächst um die Frage,52 ob die Bewährungshelfer von den Justizbehörden oder von den Jugendämtern bestellt53 werden sollten.

Staatsminister Weinkamm bemerkt, Sparsamkeitsgründe sprächen zwar dafür, die Bewährungshelfer den Jugendämtern zuzuteilen, er gebe aber zu bedenken, daß nach dem Strafrechtsänderungsgesetz auch für Erwachsene Bewährungshelfer gestellt werden sollten.

Staatssekretär Dr. Koch fügt hinzu, den Jugendrichtern seien vom Gesetz bestimmte Aufgaben zugewiesen, die die Jugendämter nicht erfüllen könnten. Es müsse also jedenfalls die Voraussetzung geschaffen werden, daß die Justiz in den für sie zuständigen Fragen Weisungsbefugnis habe.

Der Ministerrat beschließt, die Bewährungshelfer bei den Jugendämtern zu belassen, dabei wird aber festgestellt, daß eine enge Querverbindung zwischen den Jugendämtern und den Gerichten hergestellt werden müsse.54

Ausführungsgesetz zum Jugendgerichtsgesetz

V. Aufhebung der Stiftung zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts55

Ministerpräsident Dr. Ehard nimmt Bezug auf die Note des Staatsministeriums der Finanzen vom 6. November 1953,56 mit der ein Beschluß des Ministerrats angeregt werde, den im Dezember 1951 eingebrachten Gesetzentwurf zur Aufhebung dieser Stiftung zurückzuziehen.57 Außerdem habe das Finanzministerium eine Reihe von Unterlagen zur Weiterleitung an den Haushaltsausschuß des Landtags übermittelt. Nach dessen Stellungnahme solle dann die Stiftung vom Staatsministerium des Innern unter Übernahme der vorhandenen Aktiven und Passiven auf den Staat aufgehoben werden.

Nachdem die ursprünglich bestehende Unterbilanz von ca. 40 Millionen DM im Rechnungsjahr 1952 beseitigt worden sei, bedürfe die Aufhebung nicht mehr der Gesetzesform.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden, daß der Gesetzentwurf zurückgezogen und die Stiftung nach Stellungnahme des Haushaltsausschusses aufgehoben wird.

Staatsminister Zietsch fügt noch hinzu, der Senat könne verständigt werden, es sei aber nicht erforderlich, ihm ebenso wie dem Landtag die Unterlagen vorzulegen.58

Stiftung zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts

VI. Neufassung der Allgemeinen Dienstordnung für die Staatsbehörden

Der Ministerrat beschließt, diesen Punkt der Tagesordnung um 8 Tage zurückzustellen.59

VII. Verkaufszeit am sogenannten Kupfernen Sonntag (6. Dezember 1953)60

Ministerpräsident Dr. Ehard verweist auf den früheren Ministerratsbeschluß, den Verkauf vor Weihnachten lediglich an den beiden letzten Sonntagen zu gestatten. Neuerdings seien aber wieder Versuche zu bemerken, auch den dritten Sonntag vor Weihnachten freizubekommen.

Staatsminister Dr. Seidel führt aus, er habe den Herrn Ministerpräsidenten gebeten, diese Angelegenheit nochmals zu besprechen. In den letzten Tagen hätten sich eine Reihe von Verbänden und Organisationen, darunter die Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammer, die Arbeitsgemeinschaft des Einzelhandels, der Konsumgüterausschuß im Landesverband der deutschen Industrie, sowie eine Reihe von Betrieben, unterstützt von ihren Betriebsräten, in dieser Sache an ihn gewandt.61 Es scheine auch, als ob die Kabinette von Baden-Württemberg und Hessen in letzter Zeit schwankend geworden wären.

Trotzdem hätte er es an sich nicht für notwendig gehalten, den Ministerrat zu verständigen, wenn nicht soeben verschiedene Städte beschlossen hätten, am Kupfernen Sonntag den Verkauf zu gestatten, z.B. Würzburg und Bamberg.62 Es entstehe nun die Frage, wie man sich verhalten solle, wenn die Städte auf ihren Beschlüssen beharrten. Ein Recht, selbständige Entscheidungen zu treffen, hätten die Gemeinden nicht. Grundsätzlich müßten die Geschäfte an den Sonntagen geschlossen sein und Ausnahmen könnten nur von der Regierung getroffen worden.

Staatsminister Dr. Oechsle stellt fest, es sei kaum zu erwarten, daß ein Land von dem Beschluß der Arbeitsministerkonferenz abweiche. Übrigens weise er darauf hin, daß er bei den erfolgreichen Verhandlungen über den Ladenschluß an Samstagen davon ausgegangen sei,63 daß lediglich zwei Sonntage vor Weihnachten Verkaufssonntage seien. Auch er habe in dieser Frage eine Reihe von Zuschriften bekommen, von denen ein erheblicher Teil den Standpunkt vertreten habe, zwei Sonntage vor Weihnachten reichten aus. Er sei der Meinung, daß die Städte nachgeben würden, wenn das Kabinett seinen bisherigen Beschluß bestätige.

Staatssekretär Dr. Nerreter erklärt, die Städte könnten entsprechend angewiesen und entgegenstehende Beschlüsse vom Staatsministerium des Innern aufgehoben werden.

Staatsminister Dr. Seidel verliest dann eine gemeinsame Entschließung des Wirtschafts- und Arbeitsministeriums, wonach nur zwei Sonntage für den Verkauf freigegeben seien und die Städte entsprechend angewiesen würden. Aus dieser Entschließung ergebe sich, daß die Regierungen gewisse Sonntage freigeben könnten, dies sei aber beschränkt auf die Zeit zwischen dem 8. und 24. Dezember.

Vielleicht sei es am zweckmäßigsten, wenn er die Regierungspräsidenten von Ober- und Unterfranken kommen lasse und die Situation mit ihnen bespreche. Am nächsten Dienstag könne er dann das Kabinett wieder verständigen.

Auf Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten wird beschlossen, an der bisherigen Regelung festzuhalten.

Staatsminister Dr. Seidel empfiehlt, keine Verlautbarung an die Presse zu geben, erklärt sich aber damit einverstanden, wenn auf Anfrage erklärt werde, die Staatsregierung beabsichtige nach wie vor, nicht mehr wie zwei Sonntage vor Weihnachten für den Verkauf freizugeben.64

Ladenschlußregelung

VIII. Personalangelegenheiten

1. Wahl der Vertreter des Präsidenten des Bayer. Verfassungsgerichtshofs65

Der Ministerrat beschließt, endgültig als Vertreter des Präsidenten des Bayer. Verfassungsgerichtshofs Herrn Oberlandesgerichtspräsidenten Dr. Wintrich und Herrn Senatspräsidenten Dr. Adam vorzuschlagen.

Ministerpräsident Dr. Ehard erkundigt sich dann, ob jetzt auch Landgerichtspräsident Herrmann vorgeschlagen werden könne.

Staatsminister Weinkamm und Staatssekretär Dr. Koch erwidern, die Überprüfung habe herausgestellt, daß gegen Herrmann nicht das geringste eingewendet werden könne.

Staatssekretär Dr. Koch empfiehlt trotzdem, die letzten Zweifel in einer Koalitionsbesprechung auszuräumen.

Es wird vereinbart, diese Besprechung nach Schluß der heutigen Landtagssitzung abzuhalten.66

Wahl richterlicher Mitglieder

2. Ernennung des Ministerialrats Adolf Weiß67 zum Ministerialdirigenten im Staatsministerium für Unterricht und Kultus

Der Ministerrat beschließt, den Ministerialrat Adolf Weiß zum Ministerialdirigenten im Staatsministerium für Unterricht und Kultus zu ernennen.

3. Ernennung des Regierungsdirektors Christian Wallenreiter68 zum Ministerialrat im Bayer. Staatsministerium für Unterricht und Kultus

Ferner wird beschlossen, den Regierungsdirektor Christian Wallenreiter zum Ministerialrat im Bayer. Staatsministerium für Unterricht und Kultus zu ernennen.

Staatsminister Dr. Oechsle teilt mit, am 3. Dezember 1953 trete der Richterwahlausschuß für die Wahl der Richter zum Bundesarbeitsgericht zusammen. Der ursprünglich vorgesehene Vizepräsident Dr. Borck69 sei erkrankt und scheide aus, er frage deshalb an, ob der Präsident des Landesarbeitsgerichts Bayern, Herr Dr. Meissinger,70 als Senatspräsident beim Bundesarbeitsgericht in Vorschlag gebracht werden könne.71

Der Ministerrat beschließt, gegen diesen Vorschlag keine Erinnerung zu erheben.

IX. Wirtschaftsausschuß des Bayer. Landtags

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, der Wirtschaftsausschuß des Landtags habe wiederum die Eingabe eines Verkehrsunternehmers mit der Note „Berücksichtigung“ der Staatsregierung übergeben. Dabei wäre es ohne weiteres möglich gewesen, zu erklären, daß die Eingabe nicht behandelt werden könne, weil der Rechtsweg noch nicht erschöpft sei.

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß es sich allmählich nicht mehr umgehen lasse, eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs herbeizuführen, nachdem sich der Landtag an die getroffenen Vereinbarungen nicht halte und immer wieder zufällige Mehrheitsentscheidungen getroffen würden. Entweder müsse die Staatsregierung den Verfassungsgerichtshof selbst anrufen oder es darauf ankommen lassen, welche Schritte der Landtag unternehme, wenn die Staatsregierung einen Beschluß nicht durchführe.

Staatsminister Weinkamm fügt hinzu, er halte dies umso notwendiger, als sich auch neuerdings Abgeordnete und Ausschüsse um Gnadensachen kümmerten.

Staatsminister Dr. Seidel kommt in diesem Zusammenhang auf die Angriffe des Herrn Landtagspräsidenten gegen die Staatsminister im Aufsichtsrat der Innwerk AG zu sprechen. Herr Staatsminister Dr. Hoegner, dem er sich völlig anschließe, habe ja bereits dazu Stellung genommen.

X. Wasserpolizei in Lindau72

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner teilt mit, der Regierungspräsident von Augsburg habe ihn verständigt, daß Württemberg vertraulich angefragt habe, ob Bayern die Wasserpolizeistelle in Lindau Baden-Württemberg73 übertragen wolle, das zum Ausgleich bereit sei, am Main entgegenzukommen. Er sei der Meinung, daß dieses Angebot nicht angenommen worden könne.74

Der Ministerrat schließt sich dieser Auffassung an.

Staatsminister Zietsch erkundigt sich, wann das Verhältnis zu Lindau eigentlich endgültig geklärt werde.

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, endgültig sei dies erst der Fall, wenn der Deutschlandvertrag in Kraft getreten sei. Nachdem aber der größte Teil der Verwaltung bereits auf die bayerische Regierung übergegangen sei, könnte man vielleicht eine Zusammenstellung machen, aus der ersichtlich sei, welche Zuständigkeiten noch beim Kreispräsidenten verblieben seien.

In diesem Sinne werde er vertraulich an den Herrn Kreispräsidenten Zwisler schreiben, damit ein Überblick über den gegenwärtigen Zustand gewonnen werden könne.

Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.

XI. Trennungsentschädigungen

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß die dem Staatsministerium des Innern für Trennungsentschädigungen zugewiesenen Mittel völlig unzureichend seien. Das Ministerium habe deshalb überplanmäßige Ausgaben in Höhe von 420 000 DM beantragt, bisher vom Staatsministerium der Finanzen aber noch keine Antwort erhalten. Die Minderung gegenüber dem Vorjahre betrage rund 400 000 DM, das habe zur Folge, daß

1. das Schulungsprogramm der Polizeischule abgebrochen werden müsse,

2. abgeordnete und versetzte Beamte sofort an ihre Ausgangsdienststelle zurückzuversetzen seien und

3. der betroffene Personenkreis auf das äußerste beunruhigt werde.

Er schlage deshalb vor, daß das Staatsministerium der Finanzen zunächst den überplanmäßigen Ausgaben von 150 000 DM zustimme, damit wenigstens das Schulungsprogramm weitergeführt werden könne. In der Zwischenzeit werde das Staatsministerium des Innern jeden einzelnen Fall von Versetzung oder Abordnung überprüfen.

Staatsminister Zietsch entgegnet, jetzt keine Stellung nehmen zu können, da er die Unterlagen nicht bei sich habe, offensichtlich fehlt es aber doch auch bei der Planung beim Staatsministerium des Innern.

Ministerpräsident Dr. Ehard ersucht abschließend, diese Angelegenheit möglichst bald im gegenseitigen Einvernehmen zu regeln.75

XII. Vorlage eines neuen Landesjugendplanes an den bayerischen Landtag76

Staatsminister Dr. Oechsle ersucht, diesen Punkt der Tagesordnung um 8 Tage zurückzustellen.77

Landesjugendplan

XIII. Internationale Ausstellung „Jagd- und Sportfischerei“ Düsseldorf 1954

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner gibt bekannt, der Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten78 habe bei den Ländern angefragt, ob Zuschüsse für diese internationale Ausstellung bereitgestellt werden könnten. Hessen sei anscheinend bereit, 10 000 DM zur Verfügung zu stellen, das Bayer. Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten erkläre dagegen, aus den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nichts geben zu können.

Staatsminister Zietsch stellt fest, das Landwirtschaftsministerium habe einen eigenen Titel für die Förderung derartiger Zwecke, das Finanzministerium dagegen sei nicht in der Lage, einen Sonderbeitrag zu gewähren.

Staatssekretär Maag erwidert, Förderungsmittel seien nicht mehr verfügbar, Bayern als größtes Land könne nicht gut einen Zuschuß ablehnen.

Der Ministerrat beschließt, dem Vorschlag des Staatsministeriums der Finanzen entsprechend, daß das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten selbst feststellen müsse, ob es noch einen Betrag bereitstellen könne.

XIV. Bestellung von Grenzschutzbeamten zu Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft79

Ministerialrat Dr. Gerner erinnert an den Beschluß des Ministerrats in dieser Sache vom 28. Juli 1953 und berichtet, es sei jetzt eine neuerliche Anfrage des Bundesministers des Innern eingelaufen.80

Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erklärt, die kasernierte Polizei verrichte keinen Einzeldienst und deren Angehörige kämen nicht als Hilfsbeamte der Staatsanwaltschaft in Betracht. Er beabsichtige, in diesem Sinne dem Bundesminister des Innern zu antworten und bitte, dessen Anfrage herüberzugeben.81

Zum Schluß der Sitzung erkundigt sich Staatssekretär Dr. Nerreter, wann die Besprechung über den Haushaltsplan 1954 aufgenommen wird; die ursprünglich beschlossene Drei-Wochenfrist sei inzwischen verstrichen.

Staatsminister Zietsch erwidert, die Vorbesprechungen seien im wesentlichen beendet, er glaube, daß am Dienstag, den 1. Dezember, abends, eine Sondersitzung abgehalten werden könne.

Der Bayerische Ministerpräsident gez.: Dr. Hans Ehard
Der Protokollführer des Ministerrats gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg Ministerialrat
Der Leiter der Bayerischen Staatskanzlei gez.: Karl Schwend Ministerialdirektor