Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Stain (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei), Dr. Baumgärtner (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialdirektor Heilmann (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr) zu TOP I.
Kultusminister Dr. Schwalber, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium).
I. Verkaufszeit am Kupfernen Sonntag (6. Dezember 1953). II. Weihnachtszuwendungen an Beamte, Angestellte und Arbeiter des Bayerischen Staates. III. Haushaltsplan 1954. IV. Entwurf einer Verordnung über die Zuweisung von Streitsachen nach dem Gesetz zur Ausführung des Abkommens vom 27.2.1953 über deutsche Auslandsschulden vom 24.8.1953 (BGBl. I S. 1003 ) und von Vertragshilfesachen im Sinne des § 18a des Vertragshilfegesetzes vom 26.3.1952 (BGBl. I S. 198) in der Fassung des vorgenannten Gesetzes an einzelne Gerichte. V. Entwurf einer Allgemeinen Dienstordnung für die Staatsbehörden. VI. Erstattung der Kosten des Schwerbeschädigtenurlaubs. VII. Antrag des Fritz Heim, Bayreuth, auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Geschäftsordnung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 24.5.1948 (GVBl. S. 121 ), insbesondere des § 9 Abs. 1. VIII. Antrag des Rechtsanwalts Dr. Karl Pokorny, Straubing, auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit der Polizeiverordnung über den Verkehr mit Gefangenen vom 20.2.1941 (RGBl. I S. 104). IX. Beschluß des Bayer. Senats vom 20.11.1953 betr. Einführung einer Baunotabgabe auf Landes- oder Gemeindebasis (Anlage 328). X. Personalangelegenheiten. XI. Lager Föhrenwald . XII. Valka-Lager Nürnberg . XIII. Energieaufsicht . XIV. Benennung eines bayerischen Vertreters im Kulturpolitischen Ausschuß des Bundesrats. XV. Abwicklung des sogenannten Amerikageschäfts der Staatlichen Erfassungs-Gesellschaft (StEG) .
Zu Beginn der Sitzung begrüßt Ministerpräsident Dr. Ehard Herrn Staatssekretär Stain und spricht Herrn Staatsminister Zietsch seine und des Kabinetts Glückwünsche zum 50. Geburtstag aus.
Dr. Seidel bittet den Herrn Ministerpräsidenten, Herrn Ministerialdirektor Dr. Heilmann 2 über den Stand der Angelegenheit berichten zu lassen, nachdem dieser mit den Regierungspräsidenten von Ober- und Unterfranken verhandelt habe.
StaatsministerDr. Oechsle stellt fest, daß sämtliche Länder an dem Beschluß, nur die beiden letzten Sonntage vor Weihnachten für den Verkauf freizugeben, festgehalten hätten, mit Ausnahme Schleswig-Holsteins, das die Entscheidung den Verwaltungsbehörden übertragen habe.
StaatsministerHeilmann führt aus, die Regierungspräsidenten sicherten zu, alles zu tun, um den Beschluß des Ministerrats über die Verkaufssonntage vor Weihnachten durchzusetzen und entgegenstehende Beschlüsse von Stadträten aufzuheben. Die praktische Durchführung sei allerdings sehr schwierig, da es wohl kaum möglich sei, Polizei einzusetzen.
Ministerialdirektor Dr.Würzburg, wo Herr Oberbürgermeister Dr. Stadelmayer sich über die Rechtslage völlig im klaren sei, den Stadtrat aber nicht umstimmen könne. Das Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr habe jetzt den Regierungspräsidenten die Weisung gegeben, alle entgegenstehenden Beschlüsse aufzuheben, bzw. deren Aufhebung zu veranlassen. Außerdem seien die Regierungspräsidenten ersucht worden, ihren persönlichen Einfluß bei den Oberbürgermeistern geltend zu machen. Nachdem – wie gesagt – keine Möglichkeit bestehe, durch polizeilichen Zwang etwas zu erreichen, ergebe sich die Frage, ob mit Anzeigen vorgegangen werden könne.
Auf verschiedene Anträge von Städten sei bisher erwidert worden, daß Ausnahmen nicht bewilligt werden könnten. In anderen Städten seien Beschlüsse gefaßt worden und zwar vor und nach dem letzten Kabinettsbeschluß, die zu diesem in Widerspruch stünden, unter anderem inWürzburg bestünden hauptsächlich Schwierigkeiten in Bayreuth und Hof. Dort seien die Stadträte nicht bereit, ihre Beschlüsse zurückzunehmen; dagegen habe Bamberg darauf verzichtet, den Kupfernen Sonntag freizugeben.
Außer inDr. Hoegner hält es für notwendig, die Aufhebungsbeschlüsse der Regierungspräsidenten für sofort vollziehbar zu erklären. Was nun den polizeilichen Zwang betreffe, so halte er es für ausgeschlossen, Landpolizei oder Bereitschaftspolizei einzusetzen. Es werde also nichts anderes übrig bleiben, als gegen die Stadträte und gegen Ladenbesitzer Anzeige zu erstatten. Letztere könnten sich nicht mehr auf Beschlüsse des Stadtrats berufen, wenn diese aufgehoben und die Aufhebung veröffentlicht sei.3
Stv. MinisterpräsidentDr. Oechsle macht darauf aufmerksam, daß morgen ein Aufruf der Gewerkschaften an die Arbeitnehmer kommen werde, am Kupfernen Sonntag nicht an die Arbeitsstätten zu gehen.
StaatsministerDr. Ehard hält einen solchen Aufruf für nicht sehr zweckmäßig.
MinisterpräsidentDr. Seidel bittet Herrn Staatsminister Dr. Oechsle zu versuchen, daß von einem allgemeinen Aufruf abgesehen werde.
Auch StaatsministerDr. Oechsle erwidert, ein allgemeiner Aufruf werde nicht kommen, es handle sich lediglich um eine örtliche Aufklärung.
StaatsministerDr. Seidel macht noch darauf aufmerksam, daß die Einzelhandelsverbände eine loyale Haltung einnähmen und keineswegs beabsichtigten, zu gesetzwidrigen Handlungen aufzurufen.
StaatsministerDr. Ehard faßt die bisherige Beratung dahin zusammen, daß der bisherige Beschluß, nur an den beiden letzten Sonntagen vor Weihnachten den Ladenverkauf zu genehmigen, aufrecht erhalten wird.4
MinisterpräsidentDr. Ehard erinnert kurz an den bisherigen Verlauf der Sache, insbesondere an den Landtagsbeschluß vom 27. November 1953, die Weihnachtsbeihilfen zu gewähren.6 Am Samstag habe er nun eine Mitteilung des Bundesverfassungsgerichts erhalten, wonach bei diesem ein Antrag der Bundesregierung, vertreten durch das Bundesministerium der Finanzen, auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung eingelaufen sei. Darin heiße es, die Antragsgegnerin (also die Bayer. Staatsregierung) habe bei Vermeidung des Bundeszwanges die Durchführung des Beschlusses des Bayer. Landtags vom 27. November 1953 zu unterlassen.7
MinisterpräsidentBundesverfassungsgerichts sei lediglich „zur Unterrichtung“ erfolgt, enthalte also keine Aufforderung, sich zu äußern. Im übrigen sei es dem Bundesfinanzminister bekannt gewesen, daß sich das Kabinett erst heute mit der ganzen Frage befassen werde.
Diese Mitteilung desKarlsruhe noch keine Entscheidung getroffen, die Beratung werde heute fortgesetzt. Auslegungsfähig sei nur die Frage, wie es sich mit der sogenannten Sperrklausel verhalte, d.h., ob unter diese Klausel auch Weihnachtszuwendungen fielen. In diesem Zusammenhang interessiere ihn auch, ob sich das Haushaltsdefizit tatsächlich um 10 Millionen DM erhöhe, wenn die Weihnachtszuwendungen gewährt würden.
Bisher habe das Gericht inZietsch und Staatssekretär Dr. Ringelmann erwidern, haushaltsmäßig sei die Sache vollkommen klar.
StaatsministerDie für die Weihnachtszuwendungen erforderliche Summe sei in einem Globalansatz enthalten, in dem auch verschiedene andere Erhöhungen aufgenommen worden seien.
Dr. Oechsle meint, nachdem der Landtag fast einstimmig seinen Beschluß gefaßt habe, könne der Ministerrat beschließen, daß hinsichtlich der Arbeiter und Angestellten der Beschluß vollzogen, hinsichtlich der Beamten seine Durchführung aber zurückgestellt werde.
StaatsministerDr. Seidel kommt nochmals auf die Frage der 10 Millionen zu sprechen und hält es für bedenklich, wenn der von Herrn Finanzminister erwähnte Globalbetrag gerade um soviel überschritten werde, als die Weihnachtszuwendungen ausmachten.
StaatsministerZietsch stellt fest, die Mittel für die Weihnachtszuwendungen seien beim Haushaltsplan mit berücksichtigt worden, weil damals niemand daran habe denken können, daß sie nicht gezahlt werden dürften. Im übrigen habe der Landtag den Haushaltsplan damals genehmigt.
StaatsministerDr. Ehard hält es für unmöglich, gegenüber dem Landtag noch Einwendungen zu erheben, andererseits sei aber eine Stellungnahme erforderlich, da sonst das Bundesverfassungsgericht nicht entscheiden werde. Er schlage deshalb vor, dem Bundesverfassungsgericht ungefähr folgendes mitzuteilen:
MinisterpräsidentDie Staatsregierung sei bereit, den Beschluß des Bayerischen Landtags vom 27. November 1953 auszuführen, sofern nicht in dem anhängigen Verfahren eine Anordnung ergehe, welche die Durchführung des Beschlusses hindere.
Außerdem könne man mitteilen, im Hinblick auf das Verfahren bestehe keine Veranlassung, zu der Rechtsfrage Stellung zu nehmen, ob die Gewährung von Weihnachtszuwendungen wegen der Sperrklausel überhaupt zulässig sei. Anschließend ergibt sich eine längere Aussprache über den Text der Äußerung gegenüber dem
Dr. Oechsle meint, es müsse deutlich darin zum Ausdruck kommen, daß sich der Streit lediglich um die Beamten handle, die Weihnachtszuwendungen an Arbeiter und Angestellte aber ausgezahlt werden könnten.
StaatsministerDr. Ehard entgegnet, das Gericht müsse über den ganzen Antrag des Bundesfinanzministers entscheiden, der darin auch die Arbeiter und Angestellten aufführe.
MinisterpräsidentBundesverfassungsgericht abzusenden:
Der Ministerrat beschließt, folgende Mitteilung an dasBundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren eine die Durchführung des Landtagsbeschlusses hindernde Anordnung ergeht. Im Hinblick auf dieses Verfahren besteht für die Staatsregierung derzeit auch keine Veranlassung, zu der Rechtsfrage Stellung zu nehmen, ob die Gewährung von Weihnachtszuwendungen an Beamte wegen der sogenannten bundesrechtlichen Sperrklausel überhaupt zulässig ist.“8
„Die Bayerische Staatsregierung ist bereit, den Beschluß des Bayerischen Landtags vom 27. November 1953 auszuführen, sofern nicht in dem bei demSchäffer von dem heutigen Beschluß des Ministerrats durch Ministerialdirektor Leusser im Laufe des heutigen Nachmittags unterrichtet wird.9
Außerdem wird vereinbart. daß BundesfinanzministerDr. Seidel teilt in diesem Zusammenhang mit, er habe morgen eine Besprechung mit Bundesfinanzminister Schäffer über das auf Grund eines Bundestagsbeschlusses vom 2. Juli 1953 aufgestellte Grenzlandprogramm.10 Voraussichtlich werde der Bundesfinanzminister bei dieser Gelegenheit auch über die Erhöhung des Bundesanteils an der Einkommen- und Körperschaftssteuer von 38 auf 42% sprechen.11 Die Erhöhung bedeute für Bayern ungefähr 64 – 68 Millionen DM, im Bundesgebiet12 insgesamt etwa 480 Millionen DM. Schäffer beabsichtige nun, 240 Millionen DM von dieser Summe zu einer zweckgebundenen Alimentation gewisser Länder zu verwenden und zwar seien 120 Millionen DM für die wirtschaftliche Förderung der Grenzgebiete, 70 Millionen DM für die Unterbringung der Sowjetzonenflüchtlinge und 50 Millionen DM für Heimkehrer bestimmt. Aus den 120 Millionen DM für die Grenzgebiete solle Bayern 29,1 Millionen DM bekommen. Dies stimme mit einer Rede des Bundesfinanzministers überein, in der er erklärt habe, es sei ein festes Programm aufgestellt, aus dem den notleidenden Grenzgebieten in Bayern etwa 30 Millionen DM zugeführt würden.
StaatsministerIm Hinblick auf die morgige Aussprache bitte er nun, ihm die Meinung des Kabinetts mitzuteilen.
Zietsch bestätigt, daß Bayern tatsächlich aus den erwähnten Mitteln 29,1 + 2,5 Millionen DM, also 31,6 Millionen DM, erhalten werde, die Erhöhung des Bundesanteils mache aber mindestens 65 Millionen DM aus. Es handle sich hier um zweckgebundene Aufwendungen nach einem Programm, das der Bund aufstelle; wahrscheinlich werde dieses so lauten, daß Bayern gleichzeitig die Verpflichtung übernehmen müsse, dazu aus eigenen Mitteln noch mindestens ⅓ beizusteuern.
StaatsministerDr. Ringelmann fügt hinzu, der Bundesfinanzminister verlange bekanntlich jetzt 42% von der Einkommen- und Körperschaftssteuer, mündlich habe er dazu die Gewähr übernommen, daß dies nur gelte, wenn das Steueraufkommen sich auf mindestens 12 Milliarden DM belaufe. Im Nachtrag zum Bundeshaushalt sei allerdings von dieser Zusicherung nichts mehr enthalten. Vor allem müsse er aber darauf hinweisen, daß der in Aussicht gestellte Betrag von 29,1 Millionen DM für die Grenzgebiete keine zusätzliche Einnahme bedeute. Wenn der Bundesfinanzminister meine, der Bayerische Staat könne die Grenzlandansätze auf diese 29,1 Millionen DM verrechnen und außerdem die Mittel für polizeiliche Aufgaben mit der Kraftfahrzeugsteuer verrechnen, so sei dies unmöglich.
StaatssekretärZietsch meint, Bayern sei sicher besser daran, wenn es auf die Mittel aus dem Grenzlandprogramm verzichte und dafür an dem Bundesanteil von 38% festhalte.
StaatsministerDr. Ehard stellt fest, Bundesfinanzminister Schäffer erkläre, wenn er alles zusammennehme und außerdem das Risiko für das Mehraufkommen übernehme, sei die Lage so, daß Bayern zwar 4% mehr abführe, ihm aber rund 73 Millionen DM zurückflössen.
MinisterpräsidentDr. Ringelmann bestätigt, daß der Bundesfinanzminister wiederholt von 42% brutto, aber nur von 40% netto gesprochen habe.
StaatssekretärDr. Ehard fährt fort, wenn Bayern gebunden sei, die Grenzlandmittel zweckgebunden zu verwenden und dazu noch eigene Mittel bereitzustellen, so sei dies lediglich eine Mehrbelastung.
MinisterpräsidentDr. Seidel stellt abschließend fest, daß er sich jedenfalls jetzt ein Bild machen könne und in der Lage sei, auch diese Frage bei seiner Unterredung mit dem Bundesfinanzminister zu erörtern.13
StaatsministerZietsch teilt mit, die Vorarbeiten für die Beratung des Haushalts 1954 seien nun nahezu abgeschlossen. Er bitte deshalb für Anfang der nächsten Woche den Termin für eine Sondersitzung des Ministerrats festzulegen.
StaatsministerEs wird vereinbart. diese Sitzung am Montag, den 7. Dezember 1953, abends 19 Uhr, abzuhalten.
Zietsch fährt fort, er halte es für zweckmäßig, den Punkt I der heutigen Tagesordnung, nämlich den Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Besoldungsrechts zurückzustellen,15 da eine evtl. Neuregelung der Lehrer- und Richterbesoldung 16 nur im Zusammenhang mit dem Haushaltsplan vorgenommen worden könne.
StaatsministerDer Ministerrat erklärt sich mit der Zurückstellung einverstanden.
Staatsminister Dr. Oechsle ersucht, aus dem gleichen Grund auch den Punkt VIII der Tagesordnung: Vorlage eines neuen Landesjugendplanes an den Bayer. Landtag bis zum 7. Dezember zurückzustellen.17
18
Dieser Vorschlag findet gleichfalls die Zustimmung des Kabinetts.Dr. Ehard weist darauf hin, daß durch diesen Verordnungsentwurf Streitsachen und Vertragshilfeangelegenheiten über deutsche Auslandsschulden aus der Zeit vor dem 8. Mai 1945 bei bestimmten Gerichten zusammengefaßt werden sollen. Bedenken gegen den Entwurf seien nicht erhoben worden. Abt. III der Staatskanzlei schlage lediglich in formeller Hinsicht einige Änderungen vor.
MinisterpräsidentWeinkamm ersucht, die Behandlung dieses Entwurfs noch einmal zurückzustellen.
Staatsminister20
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.Dr. Ehard erinnert daran, daß dieser Entwurf in der letzten Kabinettssitzung zurückgestellt worden sei. Inzwischen habe Abt. III der Staatskanzlei einige Änderungen angeregt,22 u.a. empfehle sie auf Seite 1 folgenden Einleitungssatz vorzuschalten:
Ministerpräsident„Auf Grund des Art. 43 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung erlässt die Bayerische Staatsregierung für die Staatsbehörden folgende Allgemeine Dienstordnung:“23
Dr. Oechsle erklärt, das Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge habe bei den Vorbesprechungen Einwendungen gebracht, die nicht berücksichtigt worden seien; er sehe sich aber genötigt, diese Bedenken aufrecht zu erhalten.
StaatsministerDr. Ehard ersucht nochmals, eine abschließende Referentenbesprechung anzusetzen, um die bestehenden Meinungsverschiedenheiten abzugleichen.
Ministerpräsident24
Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.Dr. Ehard führt aus, zwischen den Staatsministerien des Innern und für Arbeit und soziale Fürsorge sei noch keine Einigung darüber zustande gekommen, ob Lohn- und Gehaltsaufwendungen für zusätzlich gewährten Urlaub an Schwerbeschädigte aus der Ausgleichsabgabe nach § 9 des Schwerbeschädigtengesetzes vom 16.6.195326 bestritten werden dürften oder nicht. In einer soeben eingetroffenen Note habe sich das Staatsministerium der Finanzen der Auffassung des Staatsministeriums für Arbeit und soziale Fürsorge, wonach diese Kosten aus der Ausgleichsabgabe bestritten werden könnten, angeschlossen.27
MinisterpräsidentDr. Hoegner erklärt, wenn die Mehrheit des Kabinetts den Standpunkt der Staatsministerien für Arbeit und soziale Fürsorge und der Finanzen teile, so ziehe er seinen Widerspruch zurück.
Stv. Ministerpräsident28
Der Ministerrat faßt daraufhin den Beschluß, daß die Kosten für zusätzlich gewährten Urlaub an Schwerbeschädigte, die über das Pflichtsoll hinaus beschäfigt werden, aus der Ausgleichsabgabe erstattet werden können.Verfassungsgerichtshof am 4. Dezember 1953 den Landgerichtsrat Dr. Karl Heinz Schwab 30 zu bevollmächtigen.31
Auf Vorschlag des Staatsministeriums der Justiz wird beschlossen, als Vertreter der Bayer. Staatsregierung in der mündlichen Verhandlung vor demVerfassungsgerichtshof am 4. Dezember 1953 den Ministerialrat Dr. Alexander Mayer vom Staatsministerium des Innern zu bevollmächtigen.
Auf Vorschlag des Staatsministeriums der Justiz wird beschlossen, als Vertreter der Bayer. Staatsregierung in der mündlichen Verhandlung vor demDr. Ehard teilt mit, am 20. Februar 1953 habe der Senat die Staatsregierung ersucht, die rechtlichen Voraussetzungen für die Einführung einer Baunotabgabe auf Landes- oder Gemeindebasis zu klären.33 Ein jetzt vorliegendes Gutachten des Staatsministeriums der Finanzen (vergl. Note vom 17. November 1953) komme zu dem Ergebnis, daß eine Baunotabgabe sowohl als Abgabe, welche die Gebäude belaste, wie auch als Wohnraumsteuer oder auch als Mietzinssteuer mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Allerdings äußere das Ministerium vom verwaltungsmäßigen Standpunkt aus schwerwiegende Bedenken gegen die Wiedereinführung einer Baunotabgabe.34
MinisterpräsidentDr. Hoegner macht darauf aufmerksam, daß auch ein Antrag der Fraktion des BHE auf Einführung einer Wohnraumsteuer vorliege.35
Stv. MinisterpräsidentZietsch bemerkt, hier handle es sich um eine politische Frage. Das Gutachten habe lediglich den Zweck, dem Ersuchen des Senats entsprechend die rechtlichen Voraussetzungen zu klären.
StaatsministerDr. Ehard fährt fort, Bedenken bestünden gegen diejenigen Stellen des Gutachtens auf Seite 20 und Seite 24, in denen im Hinblick auf die unsichere Rechtslage vorgeschlagen werde, im Falle der Wiedereinführung einer Baunotabgabe zur Vermeidung von Verfassungsbeschwerden unmittelbar nach Verkündung des bayerischen Gesetzes seine Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz vom Bundesverfassungsgericht nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG36 nachprüfen zu lassen. Es werde deshalb vorgeschlagen, die entsprechenden Sätze im Gutachten zu streichen.
MinisterpräsidentZietsch erklärt daraufhin, das Gutachten zunächst zurückzuziehen und bittet um Äußerung aller Ressorts, damit dann unter Umständen eine neue Fassung vorgelegt werden könne.37
StaatsministerMax Troberg 38 zum Präsidenten des Bayer. Landesentschädigungsamtes.
Ernennung des Regierungsdirektors mit der Amtsbezeichnung MinisterialratAuf Vorschlag von Ministerpräsident Dr. Ehard wird beschlossen, die Angelegenheit vorerst zurückzustellen.
Dr. Hoegner gibt bekannt, daß jetzt die Räumung des sogenannten Gästehauses im Lager Föhrenwald notwendig geworden sei, das mit 16 Personen belegt sei. Hiefür sei ein monatlicher Zuschuß von 1 900 DM erforderlich, ein Zustand, der nicht länger aufrecht erhalten werden könne.40
Stv. MinisterpräsidentEs sei durchaus möglich, diese Leute anderwärts unterzubringen, er bitte aber den Ministerrat um die Zustimmung zu der Räumung, die heute stattfinden solle.
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Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.Dr. Hoegner fährt fort, die Verhaftung des aus dem Valka-Lager stammenden Jugoslawen Matusic, der nach seiner Verhaftung die Ermordung einer Frau im D-Zug Nürnberg-Würzburg gestanden habe, habe jetzt den Oberbürgermeister von Nürnberg veranlasst, sich an die Presse zu wenden und unter anderem zu erklären, der Innenminister habe sein bereits vor einem Jahr gegebenes Versprechen, das Valka-Lager zu räumen, nicht eingehalten. Diese Erklärung sei nicht richtig, er habe lediglich vor etwa ½ Jahr zugesichert, das Lager innerhalb eines Jahres zu räumen, soweit es nicht Bundesauffanglager sei; tatsächlich werde es auch bis 15. Januar 1954 geräumt. Was das Bundeslager betreffe, so habe das Innenministerium lediglich versprochen, sich beim Bund dafür zu verwenden, daß die Insassen im Laufe der Zeit anderswo untergebracht würden. Neuerdings kämen nun auch Proteste anderer Städte, unter anderem von Landshut, dessen Oberbürgermeister sich entschieden dagegen verwahre, daß Lagerinsassen aus dem Valklager nach Landshut kämen. Es bleibe aber nichts anderes übrig, als sich auf den Standpunkt zu stellen, daß in Landshut geeignete Wohnungen vorhanden seien und die Ausländer dort untergebracht werden müßten.
Stv. MinisterpräsidentStain empfiehlt, eine Erklärung abzugeben, warum die Verlegung erfolgen müsse.
Staatssekretär Der Ministerrat billigt den Standpunkt desDr. Ehard erinnert daran, daß er am 2. März 1953 die Herren Staatsminister des Innern und für Wirtschaft und Verkehr gebeten habe, ihren Standpunkt zur Frage der Zuständigkeit in der Energieaufsicht schriftlich zu formulieren. Diese Stellungnahmen lägen nun vor, er frage deshalb an, ob eine Besprechung darüber stattfinden solle, nachdem die beiden Standpunkte nicht übereinstimmten.
MinisterpräsidentDr. Seidel schlägt vor, daß er eine Vorlage an das Kabinett mache und darin die Auffassung des Staatsministeriums für Wirtschaft und Verkehr niederlege, der Herr Staatsminister des Innern habe dann Gelegenheit, sich dazu zu äußern. Das Problem sei bekanntlich, ob die Energieaufsicht bei der Obersten Baubehörde verbleiben oder, wenigstens in gewissem Ausmaß, dem Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr übertragen werden solle.45
StaatsministerDr. Gerner beschließt der Ministerrat, als Nachfolger des ausgeschiedenen Regierungsdirektors und jetzigen Bundestagsabgeordneten Niederalt als bayerischen Vertreter im Kulturpolitischen Ausschuß Regierungsdirektor Dr. Hofmann 46 zu benennen.
Nach Vortrag von Herrn MinisterialratDr. Ringelmann teilt mit, der Bundesfinanzminister beabsichtige, eine Erklärung abzugeben, wonach er keinen Anlaß sehe, gegen die StEG wegen Vernachlässigung ihrer Verpflichtungen bei der Abwicklung des Amerikageschäfts Ansprüche zu stellen. Seiner Meinung nach sei diese Formulierung nicht ganz ausreichend, er habe deshalb gewünscht, daß sie laute:
Staatssekretär„Der Bundesfinanzminister nimmt keinen Anlaß…“
Der Ministerrat ist der Auffassung, daß die Formulierung „sieht keinen Anlaß“ ausreiche und keine Notwendigkeit bestehe, eine andere Erklärung zu fordern.