Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Weinkamm, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirektor Dr. Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Dr. Gerner (Bayer. Staatskanzlei).
Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Stain (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium).
I. Finanz- und Steuerreform. II. Himalaya-Expedition Dr. Herrligkoffer. III. Ortsklasseneinteilung; hier: Einreihung der Stadt Bamberg in Ortsklasse A. IV. Weihnachtszuwendungen für Empfänger von Arbeitslosenfürsorgeunterstützung.
Zietsch führt aus, die Beschlüsse des Bundestags hinsichtlich der Finanzreform seien so schwerwiegend, daß er es für richtig gehalten habe, um die Einberufung eines Ministerrats zu bitten, damit die Stellungnahme der bayerischen Vertreter im Finanzausschuß und in der Plenarsitzung des Bundesrats am 3. Dezember festgelegt werde.2
StaatsministerSteuerreform und die Finanzreform grundsätzlich zu trennen seien. Der Bundestag habe beschlossen, die sogenannten kleinen Steuern, darunter die Kraftfahrzeugsteuer, auf den Bund übergehen zu lassen, ferner habe er beschlossen, in Zukunft die Einkommen- und Körperschaftsteuer als gemeinsame Steuern von Bund und Ländern zu behandeln.
Unbestritten sei sicher, daß dieEinkommen- und Körperschaftsteuer um 10% gesprochen, dann verbleibe aber immer noch ein Verlust von etwa 8–10 Mio DM.
Die Überleitung der kleinen Steuern auf den Bund bedeute für Bayern allein einen Verlust von 175 Mio DM. Es werde zwar von einer Senkung des Bundesanteils an derDr. Ringelmann fügt hinzu, sowohl von Seiten des Bundesfinanzministeriums wie aus den Reihen des Bundestags sei stärkster Widerstand gegen eine Senkung des Bundesanteils unter 30% zu erwarten.
StaatssekretärZietsch fährt fort, durch das Finanzanpassungsgesetz nach den Beschlüssen des Bundestags werde sich eine Mehrausgabe für die Länder ergeben, die bei Bayern 32 Mio DM ausmache. Jedenfalls stehe jetzt schon fest, daß die Länder sehr schlecht abschneiden würden. Dazu komme, daß die Verminderung des Bundesanteils vorläufig noch reine Theorie sei, Staatssekretär Dr. Ringelmann habe recht, wenn er der Meinung sei, daß an weniger als 30% überhaupt nicht gedacht werde; diskutiert werde jetzt schon ein Prozentsatz von 35.
StaatsministerVermittlungsausschuß anrufen. Im letzteren Fall ergebe sich aber die Frage, mit welchem Ziel dieser angerufen worden solle. Seiner Auffassung nach käme nur in Betracht, die Zustimmung im ganzen zu verweigern.
Auf alle Fälle halte er es für ausgeschlossen, den Entwürfen zuzustimmen. Man könne nun enweder die Behandlung überhaupt vertagen oder die Zustimmung verweigern oder denDr. Ehard hält es auch für unmöglich, zuzustimmen und wirft die Frage auf, welchen Standpunkt die anderen Länder einnehmen.
MinisterpräsidentZietsch erwidert, die größeren Länder seien entschlossen, die Entwürfe abzulehnen, sie beabsichtigten auch nicht, den Vermittlungsausschuß anzurufen.
StaatsministerBundestag bekanntlich noch einige Änderungen vorgenommen, die zu größten Bedenken Anlaß geben und die Aufstellung des Etats 1955 sehr erschwerten. Insgesamt handle es sich wohl um einen Ausfall von 100 Mio DM, da die Vergünstigungen nicht in ausreichendem Maße aufgehoben worden seien. Trotzdem glaube er aber nicht, daß die Länder noch den Vermittlungsausschuß anrufen sollten.
Was nun die Steuerreform betreffe, so habe derDr. Ehard teilt diese Auffassung.
MinisterpräsidentZietsch betont, um so mehr müsse die Frage der Finanzreform offen bleiben. Er schlage – wie gesagt – vor, die Zustimmung zu verweigern und im Januar 1955 neue Verhandlungen zu beginnen, bei denen auch die Fragen des Art. 107 GG aufgeworfen werden sollten.
StaatsministerStaatsminister Dr. Seidel erklärt sich mit diesen Vorschlägen einverstanden und stellt fest, daß er im wesentlichen daran interessiert sei, die Steuerreform nun endlich abzuschließen.
Dr. Ehard faßt die Meinung des Kabinetts dahin zusammen, daß gegen die Steuerreform kein weiterer Widerstand erhoben werden soll, die Entwürfe zur Finanzreform dagegen abzulehnen seien.
MinisterpäsidentDr. Ehard auf die beabsichtigte Kürzung der Kriegsbeschädigtenrenten zu sprechen und teilt mit, er habe nicht nur eine Erklärung in der Presse abgegeben, sondern auch in einem Brief an das Bundeskanzleramt in schärfster Form protestiert. Die nachträglich von der Bundesregierung abgegebene Erklärung halte er für unzureichend.
In diesem Zusammenhang kommt MinisterpräsidentZur Steuerreform wolle er aber noch folgende Bemerkung machen:
Wenn auch eine Ablehnung nicht mehr in Frage komme, so müsse man doch daran festhalten, daß eine grundsätzliche Reform der Steuergesetze notwendig sei und der bisherige Zustand, den kein Mensch mehr übersehen könne, abgeändert werden müsse.
Dr. Ringelmann bestätigt, daß es Bestimmungen gebe, die schlechthin unvollziehbar seien.
Staatssekretär3
Der Ministerrat beschließt, zu den Gesetzentwürfen zur Finanzreform die Zustimmung zu verweigern.Dr. Hoegner gibt ein Telegramm von Dr. Herrligkoffer bekannt, wonach die Expedition jetzt auf dem Rückmarsch sei und dringend zur Abwicklung in Pakistan und zur Heimreise 15 000,– DM benötige.
Stv. MinisterpräsidentEr sei der Meinung, daß man diese Expedition nicht einfach im Stich lassen könne.
Zietsch erklärt, der Titel für besondere Zwecke sei erschöpft, in Betracht komme also nur eine überplanmäßige Ausgabe.
StaatsministerDr. Seidel schlägt vor, den Betrag an die Deutsche Botschaft in Pakistan zur Weitergabe an Dr. Herrligkoffer zu schicken. Diesem selbst könne man telegrafieren, das Geld stehe bei der Botschaft bereit.
Staatsminister5
Nach kurzer Aussprache wird beschlossen, einen Betrag von 15 000 DM überplanmäßig zur Verfügung zu stellen.Dr. Ehard erkundigt sich bei Herrn Staatsminister Zietsch und Herrn Staatssekretär Dr. Ringelmann, ob es nicht möglich sei, auch Bamberg, ebenso wie die anderen Mittelstädte in Franken, in die Ortsklasse A einzuteilen.7
MinisterpräsidentBamberg die einzige Stadt in dieser Größe, die sich noch in der Ortsklasse B befinde.
In der Tat seiDr. Ringelmann antwortet, maßgebend für die Einreihung sei die durchschnittliche Wohnraummiete. Für die Ortsklasse A werde eine Mindestmiete von 11,– DM verlangt, während die durchschnittliche Wohnraummiete in Bamberg sich nur auf 9,4 bis 9,5 DM belaufe. Eine endgültige Regelung sei zwar noch nicht erfolgt. Der Antrag Bambergs sei aber schon überprüft und aus den erwähnten Gründen nicht berücksichtigt worden. Er habe schon erfahren, daß heute eine Delegation aus Bamberg nach München komme, er werde – wenn möglich – selber mit ihr sprechen und sie dann an den zuständigen Referenten verweisen.8
StaatssekretärKrehle erkundigt sich nach den Weihnachtszuwendungen für diesen Personenkreis und erklärt, die drei beteiligten Ministerien hätten sich schon geeinigt.
StaatssekretärZietsch entgegnet, der Landtag habe in diesem Jahr alle Weihnachtszuwendungen abgelehnt. Es könne also, auch an Empfänger von Arbeitslosenfürsorgeunterstützung nichts gezahlt werden, nachdem im Haushalt keine Mittel dafür bereitgestellt seien.
StaatsministerArbeitslosenlürsorgeunterstützung die gleichen Beträge wie im Vorjahr auszuzahlen.10 Dieser Weg sei natürlich nicht möglich, infolgedessen werde es heuer keine Weihnachtszuwendungen geben.11
Der Landtag habe es allerdings der Staatsregierung überlassen, einen entsprechenden Initiativantrag beim Bundesrat einzubringen, gleichzeitig sei die Staatsregierung ersucht worden, vorschußweise den Empfängern von