Zu Beginn der Sitzung dankt Staatsminister Dr. Hoegner Herrn Ministerpräsidenten Dr. Ehard für seine erfolgreichen Verhandlungen im Bundesrat in der Frage des Schuman-Plans. Durch sein kluges und geschicktes Verhandeln sei ein einstimmiger Beschluß zustande gekommen und damit der Bundesrat aus einer schwierigen Situation mit erhöhtem Ansehen hervorgegangen.1
1Zur zentralen und vermittelnden Rolle des Bayer. MPr. Ehard bei den Verhandlungen über den Schuman-Plan s. Gelberg, Ehard S. 373-383.
1. Der Ministerrat beschließt, den Ministerialrat im Staatsministerium der Justiz, Dr. Oskar Grießinger2 zum weiteren stellv. Mitglied des Rechtsausschusses beim Deutschen Bundesrat [sic!]3 zu bestellen. U2In der Vorlage irrtümlich „Griesinger“. - Dr. jur. Oskar Grießinger (1905 - 1988), Jurist, 1923 - 1927 Studium der Rechtswissenschaften an den Universitäten München und Würzburg, 1930 Große Juristische Staatsprüfung, 1.9.1930 Regierungsassessor bei der Regierung von OB, 1.2.1931 Gerichtsassessor im StMJu, 1.3.1931 Zweiter Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft München I unter Beibehaltung der Abordnung an das StMJu, 1.10.1932 Amtsgerichtsrat unter Beibehaltung der Abordnung an das StMJu, 1.11.1934 Erster Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft München I, 1.4.1937 Erster Staatsanwalt am Oberlandesgericht München, 17.5.1946 bis 30.6.1948 Verwendung als Richter am Oberlandesgericht München, NSDAP-Mitglied seit 1937 bzw. 1942 (Parteimitgliedsausweis von 1942 zurückdatiert), laut Bescheid der Spruchkammer München X vom 2.7.1948 Einstufung als Entlasteter, 1.7.1948 ORR im StMJu, 16.8.1949 Reg-Dir, 1.10.1951 MinRat, 1.12.1959 Vizepräsident des Oberlandesgerichts München, 1.7.1962 Generalstaatsanwalt am Oberlandesgericht München, Ruhestandsversetzung zum 1.9.1970.3Die Formulierung „Deutscher Bundesrat“ entspricht nicht der Sprachregelung des GG.
2. Benennung eines Ersatzmannes für den ausgeschiedenen Richter beim Bundesverfassungsgericht, Claus Leusser4
U4S. StK 10335. Zur Person Leussers s. die Einleitung S. XXII Anm. 16. Claus Leusser war Anfang Januar dem am 16.11.1951 verstorbenen Ernst Rattenhuber (zur Person s. die Einleitung S. XXIII Anm. 17) im Amt des Bevollmächtigten Bayerns beim Bund nachgefolgt und war deshalb als Richter des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts - ein Amt, das Leusser erst im September 1951 angetreten hatte - wieder ausgeschieden.
1Ministerpräsident Dr. Ehard weist darauf hin, daß von den bisherigen Ersatzleuten Ministerialrat Dr. Kratzer5 und Senatspräsident Dr. Wintrich6 die Bereitwilligkeit, eine Wahl anzunehmen, nicht mehr aufrecht erhielten. Es bleibe also nur Ministerialdirigent Kallenbach7 übrig, der aber an sich für ein anderes Amt ausersehen sei. Er halte es deshalb für notwendig, noch ein oder zwei Vorschläge einzureichen, und zwar werde der Oberrechtsrat der Stadt München, Dr. Deinlein,8 sowie Oberregierungsrat Dr. Henle9 im Staatsministerium der Finanzen vorgeschlagen.5Dr. jur. Jakob Kratzer (1892 - 1974), Jurist, 1922 Eintritt in die bayer. Staatsverwaltung, 1925 Bezirksamtmann Viechtach, 1930 - 1945 StMUK, zuletzt seit 1.8.1942 als RegDir, 1.3.1948 RegDir im StMWi, 1.8.1949 MinRat, 15.1. bis 1.11.1950 Abordnung an das BMI, 1.11.1952 Generalstaatsanwalt am Bayer. Verwaltungsgerichtshof, 1.7.1954 Präsident des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs, Ruhestandsversetzung zum 1.12.1957, 1954 Mitglied des Sachverständigenausschusses zur Neugliederung des Bundesgebietes (Luther-Ausschuß) u. Mitglied der Arbeitsgemeinschaft für Staatsvereinfachung (Kollmann-Ausschuß).6Dr. jur. Josef Marquard Wintrich (1891 - 1958), Jurist, Studium der Philosophie, Geschichte und Rechtswissenschaften in München, 1918 Große Juristische Staatsprüfung, 1.7.1921 Gerichtsassessor beim Landgericht München I, 1.1.1923 Dritter Staatsanwalt beim Landgericht München II, seit 1923 Lehrbeauftragter für Verwaltungsrecht und Staatskirchenrecht Universität München, 1.8.1927 Amtsrichter beim Amtsgericht München, 1.7.1930 Erster Staatsanwalt beim Landgericht München II, 1.11.1933 Oberamtsrichter beim Amtsgericht Ebersberg, 16.6.1947 Oberlandesgerichtsrat Oberlandesgericht München, 1.3.1949 Senatspräsident des Oberlandesgerichts, 1.8.1953 Präsident des Oberlandesgerichts München, 1953/54 Stellvertreter des Präsidenten des Bayer. Verfassungsgerichtshofes, 23.3.1954 Präsident des Bundesverfassungsgerichts, 7.6.1956 Honorarprofessur für Verfassungsgerichtsbarkeit Universität München.7Richard Kallenbach (1889 - 1984), Jurist, 1908 - 1912 Studium der Rechtswissenschaften in München, Heidelberg und Erlangen, Referendariat u.a. in Zweibrücken, Teilnahme am Ersten Weltkrieg, nach Ablegung der Großen Juristischen Staatsprüfung 1920 Eintritt in den bayer. Justizdienst, wechselnde Verwendungen bei Gericht, Staatsanwaltschaft und im StMJu, zuletzt als MinRat, 1.9.1933 MinRat Reichsjustizministerium, 1935 - 1945 in der Haushaltsabteilung des Reichsfinanzministeriums, 18.10.1946 Übernahme in den bayer. Staatsdienst und Verwendung im StMF, MinDirig, 1947 - 1953 Mitglied des Landespersonalamts, 1952 bis Ende März 1954 Präsident des Bayer. Obersten Rechnungshofs, 1954 - 1962 MdL (FDP); s. Protokolle HoegnerNr. 50 TOP XXI; Protokolle Ehard II Bd. 2 Nr. 77 TOP VI
.8Dr. jur. Adam Deinlein (1909 - 2003), Jurist, 1929 Abitur Humanistisches Gymnasium Aschaffenburg, 1929 - 1933 Studium der Rechtswissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München (Stipendiat der Stiftung Maximilianeum), 6.2.1933 Erstes Juristisches Staatsexamen, 1934 Promotion, 15.8.1936 Eintritt in die bayer. Justizverwaltung, zum 1.10.1939 Ernennung zum Staatsanwalt, allerdings von Juli 1939 - 1945 Teilnahme am Zweiten Weltkrieg und amerikanische Kriegsgefangenschaft, nach Kriegsende Tätigkeit als Hilfsarbeiter, NSDAP-Mitglied seit 1933, durch Urteil der Spruchkammer München VI vom 2.1.1947 Einreihung in die Gruppe III der Minderbelasteten, Korrektur des Spruchkammerurteils und Einreihung in die Gruppe IV der Mitläufer durch Spruch der Berufungskammer München vom 26.3.1947.1.12.1947 Eintritt in den Dienst der Stadt München, dort 1.3.1949 Rechtsrat, 1.6.1951 Oberrechtsrat, 1.6.1952 ORR und Übernahme in den Geschäftsbereich des StMI und Zuweisung zur Dienstleitung an die Regierung von OB, 18.1.1952 Abordnung, 1.8.1953 Versetzung an das StMI, dort Leiter des Sachgebietes I A 5 Haushalt, 1.7.1954 RegDir, 1.10.1955 MinRat, 1.2.1958 Leiter der Abt. I A (Verfassung, Organisation, allgemeine Verwaltung, Haushalt), 1.12.1959 MinDirig, 1.9.1962 bis 31.12.1974 RP von OB, 1975 - 1996 Tätigkeit als Rechtsanwalt. S. Deutinger/Gelberg/Stephan, Regierungspräsidenten S. 300-311.9Dr. jur. Wilhelm Henle (1911 - 1991), Jurist, 1937 Große Juristische Staatsprüfung und Eintritt in die bayer. Justizverwaltung, 1.5.1937 NSDAP-Mitglied, 1939 Staatsanwalt, seit 1940 Landgerichtsrat beim Landgericht München I, 16.1.1947 durch die Spruchkammer München I Einreihung in die Gruppe der Mitläufer, 1.6.1947 StK, dort 1.4.1948 ORR, 1.3.1951 StMF, dort 1.4.1952 RegDir, 25.3.1954 MinRat, 29.9.1959 Präsident der Lotterieverwaltung, 1.9.1963 Min-Dirig und gleichzeitige Versetzung in das StMArb (Leiter der Abt. I bzw. IV), 1966 Honorarprof. für Finanzverfassung der Bundesrepublik in der Staatswirtschaftl. Fakultät der Universität München, 1976 Ruhestandsversetzung.
2Staatssekretär Dr. Koch hält es für bedenklich, diese Vorschläge zu machen, da beide Herren noch in jüngerem Alter stünden; allerdings sei es sehr schwierig, geeignete Persönlichkeiten ausfindig zu machen.
3Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner erkundigt sich, ob nicht auch der Ministerialdirigent im Staatsministerium des Innern, Felix Brandl10 in Betracht komme?10Zur Person s. die Einleitung S. XL Anm. 95.
4Ministerpräsident Dr. Ehard betont, daß bis morgen die Entscheidung fallen müsse, die Angelegenheit also sehr eilig sei.
5Staatssekretär Dr. Koch erklärt, die Sache in die Hand nehmen zu wollen und bittet, ihm die Unterlagen zuzuleiten.
6Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.11
11Zum Fortgang s. Nr. 82 TOP I/12, Nr. 83 TOP II/2, Nr. 84 TOP I/5, Nr. 87 TOP XIV, Nr. 95 TOP II/1, Nr. 108 TOP I/22, Nr. 111 TOP I/24, Nr. 118 TOP I/19, Nr. 119 TOP VIII.
3. Sonderausschuß „Wiedergutmachung“ beim Deutschen [sic!] Bundesrat U
1Regierungsdirektor Dr. Gerner berichtet, es sei notwendig geworden, einen Vertreter für den Sonderausschuß „Wiedergutmachung“ zu benennen. Vorgeschlagen werde Herr Staatssekretär Dr. Ringelmann und als dessen Stellvertreter der Sachreferent des Finanzministeriums, Regierungsdirektor Dr. Hebeda.12
12Dr. jur. Ernst Hebeda (1896 - 1987), Jurist, 1915 - 1918 Wehrdienst im K.u.K österreichisch-ungarischen Heer, 1918 - 1922 Studium der Rechtswissenschaften an der Deutschen Universität Prag, 1922 Eintritt in die tschechoslowakische Finanzverwaltung, 1.10.1938 RR Reichsfinanzministerium Berlin, 30.11.1938 Oberfinanzpräsidium Karlsbad, Januar bis März 1939 Abordnung an verschiedenen Finanzverwaltungsstellen in Berlin, 20.3.1939 als Beauftragter der Reichsfinanzverwaltung Abordnung nach Prag, 1.1.1943 ORR beim Staatsminister für Böhmen und Mähren in Prag, hier Sachbearbeiter für Besitz- und Verkehrssteuern in der Abteilung Finanz und gleichzeitig Dezernent im Protektoratsfinanzministerium für direkte Steuern, Organisation und Haushalt des Finanzministeriums, 5.5.1945 Verhaftung, 20.2.1948 Freispruch vor dem Volksgerichtshof in Prag, laut Bescheid der Spruchkammer München-Land vom 29.12.1948 vom BefrG nicht betroffen, 1.4.1949 Angestellter beim Finanzamt München-Nord, Juli 1949 Abordnung an das StMF, dort 1.1.1950 ORR, 1.8.1951 RegDir, 1.2.1953 MinRat, Leiter des Referates „Wiedergutmachung und Leistungen aus dem Lastenausgleich“, Ruhestandsversetzung zum 1.10.1961.
2Staatsminister Zietsch stellt fest, daß die Frage im Finanzministerium schon geprüft worden sei. Er schlage vor, ihn selbst, Herrn Staatssekretär Dr. Ringelmann und als Stellvertreter Dr. Hebeda zu benennen,
3Der Ministerrat beschließt, Herrn Staatsminister Zietsch als bayerischen Vertreter im Sonderausschuß „Wiedergutmachung“ zu benennen, als Stellvertreter Staatssekretär Dr. Ringelmann und als weiteren Stellvertreter Regierungsdirektor Dr. Hebeda.
4Staatssekretär Dr. Koch fügt noch hinzu, er werde bis Freitag, den 8. Februar, an welchem Tag die erste Sitzung des Ausschusses stattfinde, dem Finanzministerium eine Stellungnahme zuleiten, welche die Gründe, die gegen diesen Ausschuß sprächen, enthalte. Es handle sich dabei ausschließlich um Gründe juristischer Art.
4. Vermittlungsausschuß U
1Der Ministerrat beschließt, als Vertreter Bayerns in der nächsten Sitzung des Vermittlungsausschusses, in der das Feststellungsgesetz13 behandelt werde, Staatssekretär Dr. Ringelmann zu benennen.13S. hierzu im Fortgang Nr. 86 TOP XI.
14Zum Gesetz über Steuergutscheine vom 31. Oktober 1950 (GVBl. S.223), mit dem ein Mittel zur kreditmäßigen Vorfinanzierung staatlicher Investitionsaufgaben geschaffen worden war, s. Protokolle Ehard II Bd. 3 Nr. 123 TOP II
.
1Der Ministerrat beschließt ohne eingehende Beratung der Einzelheiten, den Entwurf dem Senat gem. Art. 40 Bayer. Verfassung15 zur gutachtlichen Stellungnahme zuzuleiten.16
15Zum Wortlaut des Art. 40 BV s. Nr. 77 TOP I Anm. 2.16Zum Fortgang s. Nr. 85 TOP III.
17Vgl. Nr. 77 TOP II, Nr. 78 TOP VIII.
1Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert daran, daß dieser Entwurf schon im vergangenen Jahr im Ministerrat behandelt, wegen der notwendig gewordenen Neufassung des § 1 aber zurückgestellt worden sei. Das Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge habe nun den Entwurf umgearbeitet, so daß § 1 Abs. 1 nun folgende Fassung erhalten habe:
2„Personen, die nicht Beamte auf Lebenszeit oder im Probedienst sind (Art. 10, 11 BBG), können zum Zwecke der Ernennung zum Mitglied eines Oberversicherungsamtes zu Beamten auf Zeit mit einer Amtsdauer bis zu 2 Jahren ernannt werden.“
3Staatssekretär Dr. Koch erklärt sich mit dieser Fassung einverstanden, obwohl sie vielleicht nicht ganz klar formuliert sei.
4Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner schlägt vor, Abs. 1 noch dahin abzuändern, daß es nun heiße:
5„... bis zu 2 Jahren, längstens bis zum 31. März 1934.“
6Der Ministerrat beschließt, diesem Vorschlag zuzustimmen und den Gesetzentwurf mit dieser Maßgabe, sonst aber unverändert, dem Landtag zuzuleiten.18
18MPr. Ehard leitete Entwurf und Begründung am 6.2.1952 an den Landtagspräsidenten. Der Bayer. Landtag verabschiedete das Gesetz in seiner Sitzung vom 27.6.1952. S. BBd.
III Nr. 2272 ; StB.
III S.2383 f. - Gesetz über die Ernennung von Beamten auf Zeit bei den Oberversicherungsämtern und dem Landesversicherungsamt in Bayern vom 10. Juli 1952 (GVBl. S.226).
19S. Protokolle Ehard III Bd. 1/2 Nr. 75 TOP III
.
1Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner führt aus, durch die vom Rechts- und Verfassungsausschuß erarbeitete und vom Landtag angenommene neue Fassung der Art. 11 und 12 der Gemeindeordnung habe die Rechtslage eine grundlegende Änderung erfahren. Nach Art. 11 Abs. 3 müsse die Neubildung von Gemeinden durch eine mit Zustimmung des Landtags zu erlassende Rechtsverordnung der Staatsregierung verfügt werden. Es sei deshalb notwendig gewesen, die ursprüngliche Verordnung entsprechend abzuändern.
2Er ersuche den Ministerrat um Zustimmung, damit dann die Weiterleitung an den Landtag erfolgen könne.
3Der Ministerrat beschließt, der Verordnung in der vorliegenden Form zuzustimmen.20
20Verordnung über die Neubildung einer Gemeinde Wangen im Landkreis Starnberg vom 21. März 1952 (GVBl. S.122).
21S. im Detail StK-GuV 13216-13227; Bevollmächtigter Bayerns beim Bund 745. Behandelt wird vorliegend der Entwurf des Gesetzes über die Währungs- und Notenbank des Bundes (Bundesbankgesetz), den die Bundesregierung gemäß der Vorgabe des Art. 88 GG ("Der Bund errichtet eine Währungs- und Notenbank als Bundesbank.“) bereits seit Ende des Jahres 1950 vorbereitete, der allerdings erst in der zweiten Legislaturperiode im Jahre 1957 verabschiedet wurde. Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 815 , 842 u. 867 f.; Kabinettsprotokolle
1951 S. 180 f., 259 f.; Kabinettsprotokolle
1952 S. 166
-169, 401 f., 435-438, 535f., 602-605, 665ff.; Kabinettsprotokolle 1953 S.122; Kabinettsprotokolle 1956 S.263f., 395f., 454, 473-479, 531, 534f., 549-557, 641; Kabinettsprotokolle
1957 S. 300
f; CSU-Landesgruppe CD-ROM-Supplement Dok. Nr.35 S.72, Nr.47 S.89, Nr.71 S. 122, Nr.97 S.163, Nr.206 S.385, Nr.212 S.396. Zum Bundesbankgesetz s. grundlegend Hentschel, Entstehung; Buchheim; Unabhängigkeit S. 17-30; ferner Stern, Notenbank insbes. S. 149-152; zur Position und zu den Interessen der Bayerischen Staatsregierung bei den Verhandlungen über das Bundesbankgesetz s. Gelberg, Ehard S.411-417; ferner Wagenhöfer, Föderalismus. Allgemein zur Geschichte und Tätigkeit der Bundesbank s. Die Deutsche Bundesbank; Dickhaus, Bundesbank S. 195 passim; Marsh, Bundesbank.
1Präsident Dr. Grasmann (Landeszentralbank)22 führt aus, es sei wohl jetzt der Zeitpunkt gekommen, sich mit der Frage, wie das Notenbanksystem geregelt werden solle, zu befassen.23 Im großen und ganzen gesehen könne man zwei Strömungen beobachten, und zwar habe einmal das Bundesfmanzministerium einen Entwurf ausgearbeitet, in dem weiter an der föderativen Grundlage festgehalten werden solle. Daneben stehe aber eine andere Richtung, die zum Teil von den Kreisen um den Bundesjustizminister24 und Dr. Höpker-Aschoff25ausgehe, welche einer zentralen Regelung das Wort rede.26 Unter anderem werde geltend gemacht, der Entwurf des Bundesfinanzministeriums widerspreche dem Art. 88 des Grundgesetzes, der laute:22Zur Person s. die Einleitung S. XXVI Anm. 29.23Nachdem die Deutsche Reichsbank und ihre Außenstellen in den Ländern 1945 ihre Arbeit eingestellt hatten, kam es gemäß den Plänen und den Vorgaben der Alliierten zu einer dezentralen Neuordnung des Notenbankwesens. In den westlichen Besatzungszonen wurden zunächst zur Abwicklung des Geld- und Überweisungsverkehrs und zur Sicherung des Geldumlaufs und der Kreditversorgung sogenannte Reichsbankleitstellen errichtet, ab 1946 dann übernahmen diese Aufgaben die unabhängigen Landeszentralbanken, die zunächst in der amerikanischen (1946), dann in der französischen (1947) und zuletzt in der britischen Besatzungszone (1948) gegründet wurden. Das erste dieser insgesamt elf neuen Bankinstitute war die durch das Gesetz Nr. 50 über die Errichtung der Landeszentralbank von Bayern vom 27. November 1946 (GVBl. S. 329
) gegründete bayerische Landeszentralbank. Zum März 1948 dann wurde zunächst in der amerikanischen und der britischen Besatzungszone die Bank Deutscher Länder errichtet - in der US-Besatzungszone durch das Gesetz Nr. 60 der amerikanischen Militärregierung vom 1. Min 1948 (Amtsblau der Militärregierung Deutschland Amerikanisches Kontrollgebiet S. 10)-, die Länder der französischen Besatzungszone schlossen sich im Juni 1948 rückwirkend zum März 1948 der Bank Deutscher Länder an. Unter Beibehaltung der institutionellen Selbständigkeit der Landeszentralbanken war die Bank Deutscher Länder, die ab Juni 1948 auch das Notenausgaberecht besaß, zuständig für eine einheitliche Bankenpolitik auf dem Währungs- und Kreditsektor, sie war zentrale Abrechnungsstelle für die Landeszentralbanken, zuständig für den Auslandszahlungsverkehr und sie verwaltete die Mindestreserven, die die Landeszentralbanken bei der Bank Deutscher Länder zu hinterlegen hatten. Der Einfluß der Länder auf die Bank Deutscher Länder war über das Aufsichtsorgan der Bank, dem Zentralbankrat, gewährleistet; diesem gehörten die Präsidenten der Landeszentralbanken an. Die Bank Deutscher Länder sollte gemäß der Vorgabe des Art. 88 GG (s.o. Anm. 21) durch eine Bundesbank abgelöst werden. Zur Bayer. Landeszentralbank s. Volkert, Handbuch S. 172 f.; Steiner, Landeszentralbank; Protokolle Heogner I Nr. 22 TOP VIII, Nr. 34 TOP VII, Nr. 35 TOP IV u. Nr. 52 TOP VI. Zur Bank Deutscher Länder s. Vogel, Westdeutschland III S. 138-143; Buchheim, Errichtung; Wandel, Entstehung; Horstmann, Entstehung; zum westdeutschen Zentralbankensystem und zur Bank Deutscher Länder aus rechtshistorischer Sicht Distel, Errichtung.24Zur Person s. die Einleitung S. XXXIII Anm. 64.25Zur Person s. die Einleitung S. XXXIII Anm. 65.26Der hier erwähnte Gesetzentwurf des BMF wie auch ein schriftlicher Nachweis der Haltung der Anhänger der zentralistischen Lösung in den einschlägigen Akten nicht ermittelt. Die Positionen von Bundesfinanzminister Fritz Schäffer, der für eine föderale Lösung eintrat, und den Anhängern einer strikt zentral aufgebauten Bundesbankorganisation werden aber sehr deutlich in der Sitzung des Bundeskabinetts vom 14.3.1952: Schäffer präsentierte hier eine Neufassung des Gesetzentwurfs und plädierte nachdrücklich für die Beibehaltung der Landeszentralbanken; zum einen hätten sich diese in der Praxis bewährt, zum anderen sei eine zentrale Lösung unter Aufgabe der Landeszentralbanken kaum durchsetzbar, da für die Zurückweisung eines dann zu erwartenden geschlossenen Einspruchs des Bundesrates nicht die erforderliche Mehrheit im Bundestag gefunden werden könne. Die Gegenseite - unter Wortführerschaft von Bundesjustizminister Dehler - argumentierte, die vom BMF vorgeschlagene Lösung sei unvereinbar mit dem Grundgesetz „und kranke im übrigen an dem Widerspruch, daß im Ergebnis die Landeszentralbanken zugleich Diener und Herren der Bundesbank sein sollen.“ Vgl. Kabinettsprotokolle
1952 S. 166
-169, Zitat S. 167. Der seit September 1951 als Bundesverfassungsgerichtspräsident amtierende Höpker-Aschoff hatte seine Präferenz für ein Zentralbanksystem bereits 1948 in einem Beitrag über „Die Abgrenzung der Verwaltung zwischen Bund und Ländern, mit besonderer Berücksichtigung der Finanzverwaltung“ in der Zeitschrift „Deutsche Verwaltung“ sowie in einem Artikel „Die kommende Bundesnotenbank“ in der Zeitung „Der Volkswirt“, 18.8.1950, begründet. In letzterem wurde u.a. ausgeführt: „Wenn das Grundgesetz die Errichtung einer Bundesnoten- und Währungsbank fordert, so bedeutet dies, daß das deutsche Zentralbanksystem von Bundes wegen aufgebaut werden soll. [...] Das Grundgesetz läßt weder eine Bank deutscher Länder noch eine Bank der Landeszentralbanken zu, sondern verlangt eine einheitliche Bundesnotenbank, welche die Kreditpolitik der Kreditinstitute des ganzen Bundesgebietes nach den gleichen Grundsätzen steuert und daher in unmittelbarem Verkehr mit allen Kreditinstituten des Bundesgebietes stehen muß. Das Grundgesetz verlangt eine Bundesnotenbank, welche nicht nur dem Scheine nach, sondern in Wahrheit eine Institution des Bundes ist - bei der daher dem Bunde ein maßgebender Einfluß auf die Bestellung der Organe zustehen muß.“
2„Der Bund errichtet eine Währungs- und Notenbank als Bundesbank.“
3Zu beachten sei, daß sich auch um das Reichsbankgesetz von 187527 heftige Kämpfe abgespielt hätten, obwohl damals noch insofern ein föderatives System bestanden habe, als noch eine Reihe von Notenbanken neben der Reichsbank bestanden hätten und zwar bis zum Jahre 1935. Allerdings hätten diese Notenbanken keinen Einfluß auf die Währungspolitik gehabt. Die Reichsbank habe in der Zeit von 1875 - 1945 sehr gut gearbeitet, wenn man davon absehe, daß es ihr zweimal nicht gelungen sei, die Währung zu halten. Hier liege einer der Angelpunkte; denn diejenige Form sei richtig, welche am besten in der Lage sei, die Unabhängigkeit der Notenbank zu wahren.27Gemeint ist das Bankgesetz vom 14. März 1875 (RGBl. S. 177 ), dessen zweiter Teil in den §§12-41 die Errichtung und die Aufgaben der Reichsbank regelte.
4Die Anhänger der zweiten Richtung stünden auf dem Standpunkt, daß man mit einem föderativen System keine Finanzpolitik betreiben könne und forderten deshalb ein zentrales System. Im Bundeskabinett sei die Auffassung nicht einheitlich, da außer dem Bundesjustizminister zumindest einige Persönlichkeiten des Bundeswirtschaftsministeriums glaubten, dem zentralen System den Vorzug geben zu müssen.28 Die heutige Regelung sei im übrigen kein System, das die Deutschen selbst geschaffen hätten, es sei ihnen vielmehr aufgezwungen worden.29 Aus der Entstehungsgeschichte könne man also wohl Argumente gegen den föderativen Aufbau finden.30 Allerdings stehe fest, daß sich das heutige System im In- und Ausland seit der Währungsreform bewährt und Anerkennung gefunden habe; man dürfe z.B. nicht vergessen, daß der Wert der D-Mark in der Schweiz von 17 auf 87 Franken gestiegen sei, die Mark also zweifellos Vertrauen gefunden habe.28Vgl. exemplarisch nochmals die Kabinettssitzung vom 14.3.1952 (Kabinettsprotokolle
1952 S. 166
-169): gegen den dezentralen Ansatz des Gesetzentwurfs aus dem BMF sprachen sich aus Bundesjustizminister Thomas Dehler, der Bundesminister für Angelegenheiten des Marshallplans und Stellvertreter des Bundeskanzlers, Franz Blücher, Bundesinnenminister Robert Lehr, Bundesarbeitsminister Anton Storch und Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard. Bundeskanzler Konrad Adenauer nahm keine endgültige Stellung; das Kabinett faßte keinen Beschluß.29Vgl. o. Anm. 23.30Hier hs. Korrektur v. Gumppenbergs im Registraturexemplar; die ursprüngliche Formulierung hatte gelautet: „könne man also wohl Argumente gegen den föderativen Aufbau erblicken.“ (StK-MinRatprot 17).
5Er weise noch darauf hin, daß das Direktorium der Reichsbank aus 8 bis 10 Köpfen bestanden habe und daß in diesem Gremium eine gute Notenbankpolitik gemacht worden sei. Heute werde die Notenbankpolitik in einem Gremium betrieben, in dem auch die Präsidenten der einzelnen Landeszentralbanken vertreten seien. Es ergebe sich nun die Frage, in welchem System die Interessen der Länder besser vertreten werden könnten. Naheliegend sei es zu prüfen, ob nicht auch die Notenbank einen föderativen Charakter haben müsse, entsprechend der Grundtendenz des Grundgesetzes. Von den Gegnern dieser Richtung werde eingewendet, die Notenbankpolitik müsse ebenso wie die Außenpolitik und Landesverteidigung zentral geregelt sein.
6Es sei kein Zweifel, daß die Länder an einem föderativen Aufbau festhalten müßten, allein schon wegen der finanziellen Vorteile, die unter anderem darin bestünden, daß die Landeszentralbanken erhebliche Gelder verdienten, die dann den Finanzministern zugeführt werden könnten. So sei z.B. bei der Bayer. Landeszentralbank das Kapital von 50 Millionen RM auf 50 Millionen DM umgestellt, das Finanzministerium habe schon 50% als Gewinn erhalten. Dann dürfe man nicht übersehen, daß eigentlich außer im Bundesrat die Länder nur im zentralen Bankenrat zu Wort kämen, dort aber die Möglichkeit bestehe, Vorteile zu erreichen. Schließlich weise er darauf hin, daß sich im Falle eines zentralen Systems das Bayer. Finanzministerium in allen seinen Bedürfnissen an das Bundesfinanzministerium wenden müsse, während heute die Landeszentralbank für Bayern diejenige Stelle sei, mit der es verhandeln könne. Dabei falle jetzt so sehr ins Gewicht, daß diese natürlich nicht souverän sei und auf die finanzielle Hilfe der Bundesnotenbank angewiesen sei.
7Anschließend lässt Herr Präsident Dr. Grasmann neun Schaubilder verteilen,31 die er im folgenden dann erläutert:31Diese Schaubilder und Diagramme enthalten in StK-GuV 13216.
8Was die Bilder 1 und 2 betreffe, so gehe daraus hervor, daß die Bayer. Landeszentralbank das höchste Refinanzierungsvolumen von allen Landeszentralbanken habe; das gelte nicht nur relativ, sondern wie aus einem Vergleich der beiden Bilder hervorgehe absolut, also sogar größer wie in Nordrhein-Westfalen.
9Er verweise auch auf Blatt 3, das eine Übersicht über die Kreditgewährung der Landeszentralbanken gebe.
10Bild 4, das eine Übersicht über die Kreditgewährung im Wege des Ankaufs von Ausgleichsforderungen gebe, werde besonders den Herrn Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten interessieren; es sei in der Tat in Bayern gelungen, hiedurch die Liquidität der landwirtschaftlichen Genossenschaften aufrecht zu erhalten.
11Aus den Bildern 5 und 6 gehe hervor, in welcher Höhe Kassenkredite und Schatzwechselkredite an die Länder gewährt worden seien. Es zeige sich, daß z.B. bei den Schatzwechselkrediten die Bestände der übrigen Landeszentralbanken zusammen weit geringer seien, als die der Landeszentralbank für Bayern allein, in diesem Zusammenhang wolle er noch auf ein Argument kurz eingehen, das sich aus Art. 109 Grundgesetz ergebe:32
32Art. 109 GG lautet: „Bund und Länder sind in ihrer Haushaltswirtschaft selbständig und voneinander unabhängig.“
12Danach seien Bund und Länder in ihrer Haushaltswirtschaft selbständig und voneinander unabhängig. Seiner Meinung nach setze der Art. 109 die Landeszentralbanken voraus, weil die Länder sonst gar nicht in der Lage sein könnten, der Forderung dieser Verfassungsbestimmung gerecht zu werden.
13Von besonderer Bedeutung sei weiterhin die Übersicht, die das Schaubild 7 vermittle, das die Überschrift trage „Refinanzierungsverbindlichkeiten der Landeszentralbanken.“ Man müsse mit Recht die Frage stellen, ob ein ähnliches Ergebnis durch ein zentrales Institut erzielt werden könne? Allerdings müsse er gestehen, daß er schon öfters Vorwürfe wegen einer viel zu lockeren Hand, die er in Bayern habe, über sich habe ergehen lassen müssen. Man habe ihm vorgeworfen, er treibe viel Wirtschafts- und zu wenig Währungspolitik. Andererseits wäre die bayerische Wirtschaft in der Tat noch lange nicht so weit wie jetzt, wenn die Landeszentralbank nicht so großzügig, wie es in der Tat geschehen sei, gehandelt hätte. Wenn nicht die Möglichkeit bestanden hätte, im Rahmen der Landeszentralbank eine großzügige Geldschaffung durchzuführen, wäre das Sozialprodukt in Bayern noch geringer wie jetzt, wobei zu bemerken sei, daß es immer noch erheblich unter dem Bundesdurchschnitt stehe. Er bitte zum Vergleich das Schaubild 8, das eine Übersicht über das Sozialprodukt in Bayern und den Bund enthalte, zu betrachten. Nach wie vor halte er es für unerläßlich notwendig, eine geschickte und großzügige Politik zu treiben, da man anders noch weiter zurückfallen werde. Darüber bestehe jedenfalls kein Zweifel, daß ein föderatives Notenbanksystem ungleich besser in der Lage sei, regionalen Interessen Rechnung zu tragen, als ein zentrales. Selbstverständlich werde damit die Einheitlichkeit der Willensbildung der Zentralnotenbank nicht beeinträchtigt.
14Zusammenfassend könne er also seine Überzeugung dahin ausdrücken, daß an dem dezentralisierten System festgehalten werden müsse. Er habe freilich das Gefühl, daß die ganze Situation auf dem politischen Gebiet nicht gerade auf eine föderalistische Grundhaltung schließen lasse. Die Abkehr vom Föderalismus, ein zentralistischer Geist werde im Bund immer mehr sichtbar. Von dieser Seite her werde wohl auch die Strömung, die einer zentralen Lösung des Notenbanksystems zusteuere, unterstützt werden.
15Er dürfe dem Ministerrat empfehlen, zu prüfen, ob es zweckmäßig sei, im Auftrag des Bundesrats ein Gutachten erstellen zu lassen, in dem versucht werde, den Nachweis zu führen, daß auf Grund des Art. 88 des Grundgesetzes ein föderatives Notenbanksystem gefordert werde. Dabei wäre es wohl zweckmäßig, wenn der Verfasser dieses Gutachtens nicht zu allgemein als Föderalist bekannt sei. Er halte dies umso mehr für notwendig, als der Entwurf des Bundesfinanzministeriums schon eine gewisse Beengung des föderativen Systems vorsehe. Allerdings sei das nicht zu vergleichen mit den Vorschlägen von Dr. Höpker-Aschoff, denen zufolge das Direktorium allein zu entscheiden habe und darin nur einzelne Landeszentralbankpräsidenten vertreten sein sollten.33 Trotzdem weise er aber nochmals darauf hin, daß auch der Entwurf des Bundesfinanzministeriums keineswegs befriedigend sei.33Vgl. oben Anm. 26.
16Staatsminister Zietsch hält die Einholung eines Gutachtens schon deshalb für notwendig, weil bereits ein Gutachten des Bundesjustizministeriums vorliege, in dem die zentrale Lösung begründet werde.34
34Das hier erwähnte Gutachten des BMJu ist in den einschlägigen Akten nicht eindeutig zu ermitteln. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich um das Papier „Notenbanksystem und Grundgesetz“ des Bonner Ministerialrats Bruno Belau, das auch als Sonderbeilage der Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankenrecht Nr. 13, 29.3.1952, erschien. Ebenfalls als Sonderbeilage der Wertpapier-Mitteilungen Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankenrecht Nr. 27, 5.7.1952, erschien der Beitrag „Grundgesetz und Notenbank“ aus der Feder Hans Henckels, 1950 - 1966 im BMWi tätig und dort von 1950 - 1952 Leiter des Bankenreferates, der sich nicht nur für die zentrale Notenbanklösung stark machte, sondern darüber hinaus ein Mitwirkungsrecht der Länder an der Organisation der Bundesbank kategorisch ausschloß - auch die „Gesetzgebung über die Landeszentralbanken steht den Ländern nicht mehr zu.“ Beide diese Sonderbeilagen enthalten in StK-GuV 13216.
17Staatsminister Dr. Seidel stellt fest, daß der Art. 88 des Grundgesetzes völlig allgemein gehalten sei und nur die Richtung festlege, über die Gestaltung und die Organisation einer Währungs- und Notenbank dagegen nichts enthalte.
18Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner fügt hinzu, in Art. 87 GG,35 der die Gegenstände der bundeseigenen Verwaltung aufzähle, werde eine Bundesbank nicht genannt; er halte das für besonders bedeutsam.35Art. 87 GG lautet: „(1) In bundeseigener Verwaltung mit eigenem Verwaltungsunterbau werden geführt der Auswärtige Dienst, die Bundesfinanzverwaltung, die Bundeseisenbahnen, die Bundespost und nach Maßgabe des Artikels 89 die Verwaltung der Bundeswasserstraßen und der Schiffahrt. Durch Bundesgesetz können Bundesgrenzschutzbehörden, Zentralstellen für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen, zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und für die Kriminalpolizei eingerichtet werden. (2) Als bundesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechtes werden diejenigen sozialen Versicherungsträger geführt, deren Zuständigkeitsbereich sich über das Gebiet eines Landes hinaus erstreckt. (3) Außerdem können für Angelegenheiten, für die dem Bunde die Gesetzgebung zusteht, selbständige Bundesoberbehörden und neue bundesunmittelbare Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechtes durch Bundesgesetz errichtet werden. Erwachsen dem Bunde auf Gebieten, für die ihm die Gesetzgebung zusteht, neue Aufgaben, so können bei dringendem Bedarf bundeseigene Mittel- und Unterbehörden mit Zustimmung des Bundesrates und der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages errichtet werden.“
19Präsident Dr. Grasmann erinnert noch daran, daß auch nach den Protokollen von Herrenchiemsee niemals von einer zentralen Regelung die Rede gewesen sei.36
36Eine genaue Bezugnahme auf die von Grasmann erwähnten „Herrenchiemseer Protokolle“ ist vorliegend nicht herstellbar. Möglicherweise ist gemeint der Abschlußbericht über den Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee und der Entwurf eines Grundgesetzes, in dessen Abschnitt X „Die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung“ der Art. 116 Abs. 4 nur knapp lautete: „(4) Außerdem besteht eine Bundeswährungsbank.“ S. Der Parlamentarische Rat Bd. 2 Dok. Nr. 14, hier die S.606.
20Staatssekretär Dr. Ringelmann bestätigt diese Auffassung und ergänzt sie dahin, daß im Parlamentarischen Rat ebensowenig darüber gesprochen worden sei. Man habe lediglich erklärt, die Bundesnotenbank werde aus den Landeszentralbanken gebildet werden, niemals aber das Vorbild der Reichsbank erwähnt. Über alle diese Argumente setze sich das Gutachten des Bundesjustizministeriums einfach hinweg.
21Präsident Dr. Grasmann teilt in diesem Zusammenhang mit, der Entwurf sei bisher noch nicht dem Kabinett zugegangen.
22Staatsminister Zietsch hält den Vorschlag von Herrn Dr. Grasmann für richtig und bezeichnet es als dringend notwendig, möglichst bald ein wohl begründetes Gutachten ausarbeiten zu lassen. Wahrscheinlich werde Bayern die Führung übernehmen müssen, sonst wird es nicht die Unterstützung der anderen Länder erhalten.
23Staatsminister Dr. Seidel macht darauf aufmerksam, daß ein Unterausschuß des Wirtschaftsausschusses zur Erörterung dieser Frage gebildet worden sei, der allerdings schon mehrere Monate nicht mehr getagt habe. In der letzten Sitzung, an der er teilgenommen habe, sei übereinstimmend die Auffassung vertreten worden, daß der föderative Aufbau erhalten bleiben müsse; auch in der sogenannten Großbankenfrage sei die zentrale Lösung abgelehnt worden.37 Der Entwurf des Bundesfinanzministeriums halte diese Linien bei, er könne sich auch nicht vorstellen, daß die übrigen Länder einer zentralen Lösung den Vorzug geben würden.37Gemeint sind hier die seit 1950 bestehenden Überlegungen zur Wiederherstellung der in den Jahren 1947/48 von den Westalliierten aufgelösten drei deutschen Großbanken Deutsche Bank, Dresdner Bank und Commerzbank, die schließlich in das Gesetz über den Niederlassungsbereich von Kreditinstituten vom 29. März 1952 (BGBl. I S.217 ), das sogenannte Großbankengesetz, mündeten. StM Seidel bezieht sich konkret auf dessen §1 Abs. 1. Dieser untersagte die Ausdehnung des Geschäftsbereichs der späteren Nachfolgeinstitute der Deutschen, der Dresdner und der Commerzbank, die im September 1952 gegründet wurden, auf das gesamte Bundesgebiet, indem er drei Bankenbezirke festlegte: „(1) Kreditinstitute, die in der Rechtsform von Aktiengesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien das Depositengeschäft und das kurzfristige Kreditgeschäft im Bundesgebiet als Hauptgeschäftszweig betreiben (im folgenden Kreditinstitute genannt), dürfen Niederlassungen im Bundesgebiet nur in einem der nachstehenden drei Bezirke unterhalten: 1. In den Ländern Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein oder 2. im Lande Nordrhein-Westfalen oder 3. in den Ländern Baden, Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollem.“ S. zur Umorganisation des Bankenwesens und zum Großbankengesetz detailliert Protokolle Ehard II Bd. 3 Nr. 116 TOP VI
/2; ferner Protokolle Ehard III Bd. 1/2 Nr. 72 TOP II
/8 u. im vorliegenden Band Nr. 86 TOP I/4.
24Staatsminister Zietsch betont nochmals die Notwendigkeit, möglichst bald etwas zu tun, zumal jetzt schon eine Meinungsverschiedenheit wegen der Gewinne der Landeszentralbanken bestehe.
25Präsident Dr. Grasmann meint, es sei nicht glücklich, wenn Bayern voran gehen würde, zumal er glaube, daß man der Auffassung des Bundesrats, der allerdings nicht allein entscheide, sicher sein könne. Über eines müsse man sich noch klar sein, nämlich daß die deutsche Konstruktion einmalig sei und auch mit den amerikanischen Verhältnissen nicht verglichen werden könne; sie sei aber, wie schon ausgeführt, gerade für Bayern besonders wichtig. Er schlage vor, sich über das Gutachten im Bundesrat zu einigen, da er befürchte, daß ein Vorstoß von Bayern allein wenig Wirkung haben werde.
26Ministerpräsident Dr. Ehard spricht sich dafür aus, den Unterausschuß wieder zu aktivieren.
27Staatsminister Dr. Seidel stimmt zu mit dem Hinweis, daß der Bundesrat bisher noch nicht beschlossen habe, ein Gutachten erstellen zu lassen. Der Unterausschuß könne aber wohl die Angelegenheit aufgreifen, am besten unter Zuziehung des Rechtsausschusses.
28Staatssekretär Dr. Koch gibt zu bedenken, daß nach Art. 73 Ziff. 4 [GG]38der Bund die ausschließliche Gesetzgebung über das Währungs-, Geld- und Münzwesen habe, die Sicherung der Währung falle darunter, eine Angelegenheit, die durch eine Zentralnotenbank wesentlich beeinflußt werde. Man könne also vielleicht mit dem Argument kommen, daß auf Grund der erwähnten Bestimmung eine zentrale Lösung nicht zu umgehen sei.38Art. 73 GG bestimmt die Bereiche der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes, Ziff. 4 benennt „das Währungs-, Geld- und Münzwesen, Maße und Gewichte sowie die Zeitbestimmung“.
29Präsident Dr. Grasmann wendet ein, Art. 73 Ziff. 4 müsse doch wohl im Zusammenhang mit den Art. 86,39 8740 und 8841 zusammen betrachtet werden. Man könne sicher wohl den Standpunkt vertreten, daß Art. 73 nichts über die Organisation selbst besage.39Art. 86 GG lautet: „Führt der Bund die Gesetze durch bundeseigene Verwaltung oder durch bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechtes aus, so erläßt die Bundesregierung, soweit nicht das Gesetz Besonderes vorschreibt, die allgemeinen Verwaltungsvorschriften. Sie regelt, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, die Einrichtung der Behörden.“40S.o. Anm. 35.41S.o. Anm. 21.
30Staatssekretär Dr. Koch bemerkt, danach könne aber eine Regelung geschaffen werden, die auch die Organisation beeinflusse.
31Ministerpräsident Dr. Ehard meint, zwingend könne dies aus dem Grundgesetz nicht herausgelesen werden.
32Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner meint nochmals, daß seines Erachtens Art. 87 die Gegenstände der bundeseigenen Verwaltung erschöpfend geregelt habe.
33Der Ministerrat beschließt, den Unterausschuß des Wirtschaftsausschusses zu aktivieren mit dem Ziel, ein Gutachten auszuarbeiten, das als Gegengutachten gegen das des Bundesjustizministeriums verwendet werden könne.42
42Das Gutachten des Bundesrates wurde im Auftrag des Vorsitzenden des BR-Finanzausschusses und im Namen der Finanzminister und Finanzsenatoren der Länder von dem rheinland-pfälzischen ,Verfassungsvater', früheren rheinlandpfälzischen Justizminister (1946 - 1951) und gleichzeitigem Kultusminister (1947 - 1951) und nunmehrigen Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts und Vorsitzenden des Verfassungsgerichtshofes von Rheinland-Pfalz, Adolf Süsterhenn (1905 - 1974), verfaßt. Die Gutachtertätigkeit Süsterhenns entsprach natürlich in keinster Weise der weiter oben im Protokolltext angeführten Anregung Max Grasmanns, daß der „Verfasser dieses Gutachtens nicht zu allgemein als Föderalist bekannt“ sein sollte (s.o. S.86)- Süsterhenn war ausgewiesener Föderalist und lag mit seinen Ansichten weitestgehend auf einer Linie mit der Bayerischen Staatsregierung. Zur Person Süsterhenns s.a. Protokolle Ehard III Bd. 1/1 Nr. 20 TOP XI Anm. 48
. In seinem Gutachten unterstützte Süsterhenn nachdrücklich den Bundesbankgesetz-Entwurf des BMF mit seinen dezentralen Elementen und stellte im Grundsatz fest: „Das Grundgesetz fordert keine zentralistisch aufgebaute Währungs- und Notenbank des Bundes mit eigenem Verwaltungsunterbau. Vielmehr verlangt das Grundgesetz die Beibehaltung des bisherigen föderalen Bankensystems und verbietet eine Beseitigung der Landeszentralbanken [...] Der im Entwurf vorgesehene Aufbau des Bankensystems findet seine Parallele in der bundesstaatlichen Ordnung, in der die Länder tragende Glieder des Bundes sind, durch den Bundesrat als Bundeorgan bei der Gesetzgebung und der Verwaltung des Bundes mitwirken und nach Art. 83 GG grundsätzlich die Bundesgesetze ausführen. Nach der jetzigen Fassung des Entwurfs bestehen daher keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Bindungen der Landeszentralbanken an die Beschlüsse des Zentralbankrats.“ S. die Abschrift „Verfassungsrechtliches Gutachten über das Bundesbankgesetz“ von Adolf Süsterhenn (23 S.), 17.4.1952, Zitate dort S. 19 u. 23 (StK-GuV 13216).
34Ministerpräsident Dr. Ehard dankt Herrn Präsidenten Dr. Grasmann für seinen Vortrag, der daraufhin die Sitzung verläßt.43
43Zum Fortgang s. Nr. 130 TOP I/1.
44S. im Detail StK-GuV 888. Der Gesetzentwurf, den das StMF erstmals am 30.10.1951, in überarbeiteter Fassung am 25.1.1952 an die StK und an die anderen Ressorts übermittelt hatte, ging zurück auf einen Beschluß des Zwischenausschusses des Bayer. Landtags vom 28.11.1950; dieser hatte die Staatsregierung seinerzeit „ersucht, den Entwurf eines Gesetzes vorzulegen mit dem Ziel, dass auch die ständigen Beisitzer der Haupt- und Berufungskammern auf Antrag aus Billigkeitsgründen eine Abfindung erhalten können.“ (BBd.
IV Nr. 4648 ). Den Beisitzern der Haupt- und Berufungskammern sollte dem Gesetzentwurf nach eine Vergütung von 10 DM pro Sitzungstag ausbezahlt werden.
1Staatsminister Dr. Müller ersucht, die Angelegenheit zurückzustellen, da beabsichtigt sei, die Kammern umzuorganisieren. Der Plan gehe dahin, sie mit Richtern zu besetzen, die im Nebenamt tätig seien.
2Der Ministerrat erklärt sich mit der Zurückstellung einverstanden.45
45Zum Fortgang s. Nr. 85 TOP V.
46Vgl. Nr. 79 TOP XIII.
1Staatsminister Zietsch teilt mit, daß am 7. Februar 1952 eine Besprechung sämtlicher beteiligten Ressorts über die Einführung der Pflichthagelversicherung stattfinden werde. Er ersuche deshalb, die Beratung des Ministerrats noch zu verschieben.
2Der Ministerrat stimmt der Verlegung dieses Punktes zu.47
47Zum Fortgang s. Nr. 83 TOP XI, Nr. 86 TOP IV, Nr. 87 TOP IV, Nr. 88 TOP XI, Nr. 92 TOP VII, Nr. 93 TOP IX, Nr. 99 TOP V, Nr. 111 TOP IV.
48Vgl. Nr. 80 TOP VII.
1Staatsminister Zietsch meint, im wesentlichen sei ein Einvernehmen zwischen den beiden beteiligten Ministerien erfolgt, die Angelegenheit brauche deshalb heute wohl nicht behandelt zu werden.
2Staatsminister Dr. Seidel entgegnet, die Einigung sei noch nicht endgültig; vorige Woche habe er eine Unterredung mit Direktor Burkart49 von der Maxhütte gehabt. Er habe aber nachher keine Möglichkeit mehr gehabt, mit dem Herrn Finanzminister zu sprechen. Im §10 des Entwurfs sei festgelegt, daß der Kaufpreis von 20 Millionen DM so angelegt werden müsse, daß eine Förderung der bayerischen Wirtschaft erwartet werden könne. Die Förderung könne entweder darin erblickt werden, daß der Betrag in der Maxhütte selbst investiert werde oder aber, daß die Gelder in produktiven Projekten angelegt würden. Die erste Möglichkeit scheide aus, da Herr Flick dazu nicht bereit sei, dieser wolle vielmehr reine Beteiligungen.49In der Vorlage hier und im folgenden irrtümlich: „Burghart“. - Dr. rer. pol. Dr. jur. Odilo Burkart (1899 - 1979), Jurist, Industriemanager, Patenkind des Zentrumspolitikers und Mitbegründers der Zentrumspartei in Württemberg, Adolf Gröber, 1917 Abitur in Rottweil, Studium der Rechtswissenschaften in Tübingen, 1918 sechsmonatige Teilnahme am Ersten Weltkrieg, Fortsetzung des Studiums in Tübingen, Berlin, München und Würzburg, 1921 Promotion zum Dr. rer. pol., 1922 Promotion zum Dr. jur., dann Verwaltungskaufmann bei der Eisenhütte Silesia in Paruschowitz/Oberschlesien, 1925 Leiter der volkswirtschaftlichen Abteilung der Oberschlesischen Eisenindustrie AG für Bergbau- und Hüttenbetriebe, 1931 Prokura, 1934 Verkaufsleiter der Walzeisen-Abteilung, 1936 Wechsel in die Flick-Konzernzentrale in Berlin, dort in der Abteilung Mitteldeutsche Stahlwerke Zuständigkeit für das Stahlgeschäft und später für die Werkserweiterungen für die Rüstungsproduktion, 1938 stv. Vorsitzender der Mitteldeutschen Stahlwerke und allein zuständig für die Bereiche Eisen, Stahl und Braunkohle, ab 1940 ordentliches Vorstandsmitglied und Generalbevollmächtigter der Friedrich Flick KG, Mitglied in zahlreichen Aufsichts- und Beiräten des Flick-Konzerns, 1945 kurzzeitige sowjetische Haft, Anklage in den Nürnberger Wirtschaftsprozessen, 22.12.1947 Freispruch, 1949 Vorstandsmitglied der Maximilianshütte, dort 1955 Vorstandsvorsitzender, ferner u.a. Aufsichtsratsvorsitzender der Stahlwerke Südwestfalen AG in Siegen, bei der Vogtländischen Baumwollspinnerei in Hof, der Waggon- und Maschinenbau GmbH in Donauwörth, der Alumetall GmbH in Nürnberg, der Zweirad Union AG in Nürnberg, stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Bayerischen Schrott-Aktiengesellschaft Nürnberg/München und der Fella-Werke in Feucht, Aufsichtsratsmitglied der Monopol-Bergwerks-Gesellschaft in Kamen/Westf., Mitglied im Präsidium der bayerischen Industrie, Mitglied im Vorstand des Deutschen Museums in München, Ehrensenator der TH München. Vgl. Gotto, Information S. 187 ff. (dort S. 188 ein Portrait Burkarts); ferner Klee, Personenlexikon S. 87; Koß/Löhr, Biographisches Lexikon S.33f.
3Er habe Direktor Burkart mitgeteilt, das Wirtschaftsministerium habe einige Pläne, vor allem die Holzveredelung im Bayer. Wald und zwar in der Richtung, daß einem schon bestehenden Unternehmen derartige Zweigbetriebe angegliedert und damit neue Arbeitsplätze geschaffen würden. Burkart habe sich im Namen von Herrn Flick bereiterklärt, 3 Millionen DM für einen vom Wirtschaftsministerium noch festzulegenden Zweck auf die Dauer von zwei Jahren fest herzugeben, man könne also wohl von einem Fortschritt sprechen.
4Anschließend gibt Staatsminister Dr. Seidel einen Überblick über die Möglichkeiten, Anteile an den Alexander-Wackerwerken zu erwerben,50 ein Plan, der aber mit gewissen Schwierigkeiten verbunden sei. Der dritte Vorschlag gehe dahin, daß sich Flick mit 2,5 Millionen DM an der Auto-Union in Ingolstadt beteilige.51 Er müsse sich aber dann verpflichten, die Bedingung zu setzen, daß das Ingolstädter Werk in seiner augenblicklichen Kapazität erhalten bleibe.50Gemeint ist die Dr. Alexander Wacker GmbH für elektrochemische Industrie in Burghausen. S. hierzu MWi 11840. Vgl. Grypa, Studien S. 81 ff., 88 f. u. 93-96. Zum Fortgang hierzu s. Nr. 98 TOP V. Vgl. thematisch auch Protokolle Ehard III Bd. 1/2 Nr. 74 TOP VII
.51Zur Geschichte der Ingolstädter Automobilindustrie und deren Bedeutung für die Region Ingolstadt sowie zur Auto-Union, aus der der heutige Kraftfahrzeughersteller Audi Deutschland hervorging, s. Schlemmer, Industriemoderne S. 77-127 u. 269-291.
5Zusammenfassend könne man Flick also wohl vorschlagen, daß er 3 Millionen DM der Landesanstalt für Aufbaufinanzierung zu den schon erwähnten Zwecken geben müsse, ferner 2,5 Millionen DM für Ingolstadt, während der Rest für andere Objekte der bayerischen Banken fest angelegt werden müsse.52
52Zum Fortgang s. Nr. 122 TOP X, Nr. 133 TOP XII.
53S. im Detail StK-GuV 667 u. 668.
1Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner stellt fest, daß das Innenministerium gegen die neue Ausbildungsordnung Bedenken habe, besonders wegen des Zeitpunktes des Inkrafttretens. Hier sei zu befürchten, daß eine Benachteiligung der zurzeit in der Ausbildung befindenden Referendare eintreten werde.
2Staatssekretär Dr. Koch schließt sich an und verweist noch auf den §4, demzufolge eine neue Behörde begründet werde. Auch die Bestimmungen über die Benotung im Schlußexamen seien nicht befriedigend.
3Der Ministerrat vereinbart, möglichst bald eine nochmalige Referentenbesprechung anzusetzen und dabei vor allem die drei heute geltend gemachten Bedenken zu besprechen.54
54Zum Fortgang s. Nr. 83 TOP III, Nr. 85 TOP VI.
55S. Protokolle Ehard III Bd. 1/1 Einleitung S. CXVIII u. Bd. 1/2 Nr. 71 TOP XXIV.
1Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert daran, daß der Ministerrat am 24. Oktober 1951 beschlossen habe, die beiden von Oberregierungsrat Cronauer56 hergestellten Filme um 25000 DM anzukaufen. Nachträglich habe sich herausgestellt, daß Cronauer die Urheberrechte bereits an die Stadt München verkauft habe. Das Kultusministerium halte es nun für notwendig, den damaligen Beschluß aufzuheben.56Wilhelm August Cronauer (1901 - 1974), Bankkaufmann und Künstler, 1918 - 1923 Tätigkeiten im Bankensektor, 1923 Studium der Philosophie, Literatur und Theaterwissenschaft in Berlin und München (ohne Studienabschluß), 1924 - 1929 freischaffender Künstler u.a. als Schauspieler, Regisseur, Bühnenleiter und Autor, 1929 - 1945 freier Mitarbeiter beim Bayer. Rundfunk, 1931 Gründer und Leiter des Münchner Uraufführungstheaters „Bühne der Zeit“, während der NS-Herrschaft mehrmals verhaftet, 15.12.1945 Eintritt in das StMUK im Angestelltenverhältnis, hier Referent für Theater, Film, Rundfunk und künstlerisches Vortragswesen, 1946 Mitglied des Bayer. Beratenden Landesausschusses (Vorparlament), 1.1.1947 ORR im StMUK, innerhalb des Ministeriums - insbesondere unter der Amtsführung Alois Hundhammers - wegen seiner VVN-Mitgliedschaft nicht unumstritten, 15.11.1954 Beamter auf Lebenszeit, 31.7.1960 Ruhestandsversetzung. S. Angermair, München 1945.
2Staatsminister Dr. Schwalber bemerkt, Cronauer habe nur den Film über das zerstörte München im Jahre 1945 an die Stadt München verkauft, offensichtlich bestehe aber zwischen ihm und der Stadt noch Streit über die von der Stadt erworbenen Rechte. Wenn die Stadt tatsächlich nur eine Schmalfilmkopie erworben habe, habe Cronauer die Möglichkeit, die gewerblichen Aufführungsrechte noch an eine andere Stelle zu übertragen. Was den Film über die Fronleichnams-Prozession betreffe, so seien hier noch keinerlei Rechte erworben worden. Eigentlich sei das eine Sache des Ordinariats, die Staatsregierung selbst habe wenig Interesse daran. Außerdem wisse er nicht, aus welchem Titel der Betrag von 25 000 DM genommen werden könne. Er sei aber bereit, vielleicht zusammen mit dem Ordinariat diesen Film um 8 000 DM zu erwerben.
3Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner spricht sich dafür aus, jedenfalls diese Filme, die doch von großer historischer Bedeutung seien, zu erhalten, vielleicht sei es auch möglich, einen kleinen Betrag aus den Mitteln für die Heimatpflege zu geben.
4Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt unter Zustimmung des Kabinetts vor, daß sich das Kultusministerium wegen des bereits an die Stadt verkauften Filmes noch einmal erkundigen solle.
1. Auswanderungsfragen U
1Staatssekretär Dr. Oberländer teilt mit, die amerikanische Auswanderungskommission, die bis 1. April noch einige 1 000 deutsche Bauernfamilien brauche, habe um die Unterstützung der deutschen Behörden gebeten. Er habe dem Leiter der Kommission, Herrn Verstappen57 vorgeschlagen, sich auf Flüchtlingslager, Städte usw. zu beschränken und einen Vertreter des Bauernverbands mitzunehmen. Wenn sich die Aktion darauf beschränke, könne man wohl einverstanden sein. Er bitte aber um einen Beschluß des Ministerrats, da an sich ein zu großer Substanzverlust vermieden werden müsse.57Nicht ermittelt.
2Nachdem Staatsminister Dr. Schlögl dem Vorschlag zustimmt, erklärt sich auch der Ministerrat einverstanden.
2. Fall Kroupa58
U58S. Protokolle Ehard III Bd. 1/2 Nr. 65 TOP XVI, Nr. 66 TOP X
.
1Staatssekretär Dr. Oberländer fährt fort, Kroupa59 sei fünf Tage lang aus dem Lager Dachau verschwunden gewesen. Er habe daraufhin Professor Haie60 angerufen, der aber an die deutschen Stellen die Verantwortung abgegeben habe. Kroupa sei jetzt in der Auswanderungskaserne gesehen worden. Man nehme mit Sicherheit an, daß er entfliehen wolle. Es müsse unter allen Umständen etwas geschehen; denn die gelungene Flucht dieses Mannes werde auf die Heimatvertriebenen eine sehr ungünstige Wirkung haben.59Frantisek Kroupa (geb. 1909), tschechoslowakischer Staatsangehöriger, Angestellter einer Tabakfabrik und 1945/46 Stadtkommissar und Vorsitzender des tschechischen Nationalausschusses in Joachimsthal im Sudetenland, von 1949 bis 1952 Aufenthalt in bayer. DP-Lagern (zunächst Murnau, dann Schleißheim). Kroupa wurde im Zusammenhang mit der Vertreibung der Sudetendeutschen aus Joachimsthal im Mai 1945 des mehrfachen Mordes und begangener Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschuldigt. Erste Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München II im Jahre 1949 wurden auf Anweisung des Landeskommissariates mit Schreiben vom 21.10.1949 und vom 1.12.1949 am 8.1.1950 eingestellt, da Kroupa als DP und als Staatsangehöriger der Vereinten Nationen nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterliege. Am 28.4.1951 wurde Kroupa bei dem Versuch, Auswanderungspapiere für die USA zu erlangen, verhaftet und zunächst einem amerikanischen, dann einem deutschen Gericht vorgestellt; da aber beide Gerichte sich für nicht zuständig erklärten, erfolgte die Aufhebung des ursprünglichen amerikanischen Haftbefehls und die Freilassung. Am 8.11.1951 erfolgte eine erneute Verhaftung wegen Fluchtgefahr, aufgrund der weiterhin ungeklärten juristischen Zuständigkeitsfrage aber wurde Kroupa am gleichen Tage wieder entlassen und der Aufsicht der Lagerwache in Schleißheim unterstellt; auf Weisung des Innenministeriums sollte eine Festnahme nur im Falle des Versuchs eines unerlaubten Grenzübertritts erfolgen. Der Fall Kroupa erfuhr erhebliche öffentliche wie auch parlamentarische Aufmerksamkeit. Nachdem Kroupa sich Anfang 1952 an wechselnden Orten aufgehalten hatte, gelang ihm Anfang Februar 1952 die Flucht nach Frankreich, wo er am 8.2.1952 in Straßburg vorläufig festgenommen wurde, dann allerdings eine Aufenthaltserlaubnis erhielt. Wegen der andauernden deutschen Auslieferungsbemühungen ging Kroupa dann nach Norwegen, wo ein Untersuchungsgericht den deutschen Auslieferungsantrag am 7.3.1953 ablehnte.60Zur Person s. Nr. 79 TOP IX Anm. 41.
2Staatsminister Dr. Müller erwidert, die Angelegenheit sei außerordentlich schwierig, da man gegen Kroupa eigentlich keine Rechtsbasis habe. Er sei ein Ausländer und die Taten selbst seien im Ausland begangen worden. Es seien nun Erwägungen im Gang, ob man nicht eine gemischte Kommission einsetzen soll. Jedenfalls habe Professor Haie erklärt, daß er die Flucht verhindern werde. Dem Justizministerium sei übrigens mitgeteilt worden, die deutschen Gerichte seien ermächtigt, für den Fall, daß Kroupa Fluchtvorbereitungen treffe, ihn wegen dieses Tatbestandes zu verhaften; mehr könne allerdings nicht getan werden.
3Ministerpräsident Dr. Ehard meint, daß man ihn doch vielleicht festsetzen könne, wenn er im Besitz falscher Papiere sei. Zweifellos sehe es doch so aus, als ob er Vorbereitungen zur Flucht treffe.
4Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner spricht sich dafür aus, daß ihn die Polizei festnehmen und auf falsche Papiere prüfen soll. Wenn seine Papiere allerdings in Ordnung seien, müsse man ihn wieder freilassen. Allerdings sei auch die Tatsache, daß er das Lager Schleißheim ohne Abmeldung verlassen habe, eine Übertretung.
5Der Ministerrat erklärt sich mit dem von Staatsminister Dr. Hoegner vorgeschlagenen Weg einverstanden.61
61Zum Fortgang s. Nr. 82 TOP VI/3, Nr. 83 TOP XVII, Nr. 86 TOP X/b.
3. Vermögensverwaltung. U
1Staatssekretär Dr. Oberländer weist darauf hin, daß das Landesamt für Vermögensverwaltung Ansprüche wegen des Hausrats aus Wehrmachtsbeständen erhebe, ferner auch wegen Mietrückständen, vor allem im Lager Dachau selbst. Hier sei die Schwierigkeit groß, weil der frühere Staatssekretär Jaenicke62 Egon Herrmann63 anscheinend mündlich versprochen habe, daß keine Mieten mehr gezahlt zu werden brauchten. Dieses Beispiel habe natürlich Schule gemacht, immerhin seien aber seit 1. September 1951 keine Mietrückstände mehr vorhanden. Er bitte, daß sich die Vermögensverwaltung mit ihm in Verbindung setze, damit dann ein Verzicht auf die früheren Rückstände erreicht werde.62Wolfgang Jaenicke (1881 - 1968), Jurist, 1919 - 1928 Regierungspräsident Breslau, 1928/29 im Sonderauftrag der Reichsregierung in Britisch-Indien, Burma und Holländisch-Indien, 1930 Regierungspräsident Potsdam, 1930 - 1932 MdR (Deutsche Staatspartei), 1933 Versetzung in den einstweiligen Ruhestand (,nicht-arische‘ Herkunft, da die Mutter einer jüdischen Arztfamilie entstammte) bzw. Rücktritt, 1933 - 1935 vom Völkerbund als Berater für die Verwaltungsreform zur chinesischen Nationalregierung (Tschiang Kai-schek) entsandt, 9.12.1935 Ruhestandsversetzung, 1936 Übersiedlung nach Lenggries, dort u.a. im Auftrag der Militärgeschichtlichen Forschungsstelle wiss. tätig, 1945 - 1947 Bayer. Staatskommissar für das Flüchtlingswesen, 31.1.1947 bis 8.12.1950 Staatssekretär für das Flüchtlingswesen im StMI in den Kabinetten Ehard I und II, 1952 - 1954 Botschafter in Pakistan, 1954 - 1957 Botschafter beim Heiligen Stuhl.63Egon Herrmann, geb. 1899 in Brünn, Schriftsteller, NSDAP-Mitglied seit 1939, Mai 1948 Ausweisung aus der Tschechoslowakei und Einweisung in das Regierungsdurchgangslager Dachau, Vorsitzender des Flüchtlingskontrollausschusses des Lagers Dachau, 1948 angeklagt wegen Beleidigung, übler Nachrede, Landfriedensbruch, Freiheitsberaubung, versuchter Nötigung und Staatsverleumdung, 1949 rechtskräftige Verurteilung, Juli 1949 Einstufung als Entlasteter im Spruchkammerverfahren. Aufgrund dieser Entlastung sowie des noch schwebenden Revisionsverfahrens gegen seine Verurteilung konnte sich Herrmann für die Bundestagswahl 1949 als KPD-Kandidat aufstellen lassen. Zu Herrmann und dessen politischen Aktivitäten s. NL Ehard 1322; MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 700. Vgl. ferner Protokolle Ehard II Bd. 1 Einleitung S.XCIV, Nr. 43 TOP II u. 48 TOP III; Protokolle Ehard II Bd. 2 Einleitung S.LXVII, Nr. 61 TOP VII, Nr. 74 TOP V, Nr. 80 TOP V.
2Staatsminister Zietsch hält es für notwendig, daß die Abt. V des Innenministeriums64 an das Finanzministerium herantrete. Generell könne man die Angelegenheit nicht entscheiden, es müsse aber auf Einzelfälle abgestellt werden, die allerdings in Listen zusammengefaßt werden könnten. Bisher habe aber die Abt. V noch keinerlei Unterlagen übergeben.64Gemeint ist die Abt. V Wohnraumbewirtschaftung, Flüchtlingswesen, Soforthilfe im StMI. S. hierzu den Organisationsplan des StMI in IfZ-Archiv ED 120 Bd. 166.
3Staatssekretär Dr. Oberländer erklärt, in vielen Fällen sei gerade mit weicher Hand verfahren worden, er werde diese Fälle mitteilen. Tatsache sei, daß ein Versprechen vorliege, bis 1. April 1951 keine Mieten zu fordern, an das sich die Leute nun hielten. Er wiederhole, daß ab 1. September 1951 die Mieten in der Tat eingezogen würden, jetzt aber die weit zurückliegenden Rückstände vor dem 1. April 1951 in Anspruch zu nehmen, sei bedenklich.
4Staatsminister Zietsch ersucht festzustellen, ob noch ein Vorgang über die seinerzeitigen Zusicherungen des Herrn Staatssekretärs Jaenicke vorhanden sei.
5Staatssekretär Dr. Oberländer sichert zu, die Unterlagen beizubringen, die wohl dazu ausreichen würden, daß die Rückstände bis 1. April 1951 gestrichen würden.
6Staatsminister Zietsch erklärt, die Entscheidung werde sofort getroffen werden, wenn die Unterlagen zur Hand seien.
4. DP-Wohnungen bei Schönbrunn65
U65S. Protokolle Ehard III Bd. 1/2 Nr. 69 TOP XI
. Vgl. thematisch Nr. 77 TOP VIII (DP-Wohnungsbau in Regensburg).
1Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, der Ministerrat habe sich schon früher mit dem Antrag des Direktors66 der Ackerbauschule Schönbrunn an den Bayer. Landtag, den geplanten Bau von 144 DP-Wohnungen in Schönbrunn nicht durchzuführen, beschäftigt und beschlossen, daß der Standpunkt der Staatsregierung, der dahin gehe, daß dieser Antrag unzulässig und unbegründet sei, durch den Herrn Staatsminister der Finanzen und den Herrn Staatssekretär Dr. Oberländer vertreten werden solle. Nun habe der Landtag aber doch dem Vorschlag des Ernährungsausschusses entsprechend am 18. Januar 1952 beschlossen, die Staatsregierung zu ersuchen, die in der Nähe der Ackerbauschule Schönbrunn beabsichtigten Wohnungsbauten für DPs auf einem anderen Staatsgelände zu errichten.67
66Dr. agr. Alfons Huber (geb. 1894), Dipl.-Landwirt, Landwirtschaftsstudium in Weihenstephan, 1914 - 1918 Teilnahme am Ersten Weltkrieg, 1923 Promotion, 1923 Assessor an der landwirtschaftlichen Fachschule Bayreuth, 1925 Assessor an der Höheren Landwirtschaftsschule in Pfarrkirchen, dort 1928 Studienrat, 1932 Kreisackerbauschule Schönbrunn, dort 1933 Direktor, 1939/40 Teilnahme am Zweiten Weltkrieg, 1945 - 1947 Dienstenthebung als Schuldirektor, 1947 Wiederverwendung in der alten Dienststellung, 1950 Oberstudiendirektor, 1954 Abordnung an das Staatsinstitut für den landwirtschaftlichen Unterricht in München, dort 1956 Direktor, Ruhestandsversetzung zum 1.9.1959.67S. BBd.
II Nr. 1820 ; StB.
III S. 1318 .
2Staatsminister Zietsch stellt fest, daß weder er noch Herr Staatssekretär Dr. Oberländer an der Sitzung des Landtags hätten teilnehmen können. Die Durchführung dieses Beschlusses scheitere einfach daran, daß sie unmöglich sei.
3Staatssekretär Dr. Oberländer stellt fest, daß der Beschluß lediglich auf die Quertreibereien des Direktors zurückginge. Auch in anderen Orten habe man in der Nahe von Schulen ähnlich gebaut, ohne daß es zu Schwierigkeiten gekommen sei. Staatsminister Dr. Schlögl weist darauf hin, von der Schule werde immer wieder vorgebracht, daß gleichwertiges Gelände zur Verfügung stehe.
4Ministerpräsident Dr. Ehard meint, nachdem der Landtag nun einmal den Beschluß gefaßt habe, müsse versucht werden, anderes Gelände zu finden. Dies könne aber seiner Meinung nach ohne weiteres auch in der Nähe der Ackerbauschule sein, nur vielleicht einige 100 Meter weit entfernt; schon damit wäre dem Beschluß des Landtags genüge getan.
5Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.68
68Zum Fortgang s. Nr. 82 TOP VI/1, Nr. 90 TOP IV, Nr. 127 TOP III. In thematischem Fortgang (DP-Wohnungsbau in München-Allach) s. Nr. 127 TOP VI.
1Der Ministerrat beschließt, den Regierungsdirektor im Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Karl Müller,69 zum Ministerialrat zu ernennen.69Nicht ermittelt.
1Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, man sei an ihn herangetreten mit dem Vorschlag, daß der bayerische Staat einen Staatspreis für die besten Aussteller auf der Frankfurter Messe stifte.70 Für diese Anregung habe er sich nicht aussprechen können, dagegen dem Herrn Wirtschaftsminister vorgeschlagen, ob man nicht Preise für die besten Aussteller auf der Deutschen Handwerksmesse in München geben könne.71 Herr Staatsminister Dr. Seidel habe daraufhin diesen Gedanken aufgegriffen und sehr zu beachtende Vorschläge gemacht.70Bezug genommen wird auf ein Schreiben des 1. Vorsitzenden der in München ansässigen Arbeitsgemeinschaft des Deutschen Kunsthandwerks e.V., des Architekten Robert Poeverlein (1883 - 1968), der vom 1.1.1946 bis 1.6.1951 ehrenamtlich und ohne Bezüge im StMUK als Min-Rat das Referat 9 (Technische Hochschule und technische höhere Lehranstalten) geleitet hatte, vom 28.12.1951: Nachdem der hessische Ministerpräsident Georg August Zinn zur Frankfurter Herbstmesse 1951 erstmalig einen Staatspreis in Höhe von 1 000 DM verliehen hatte, sei bei der „Delegiertenversammlung der Landesverbände der Arbeitsgemeinschaft des Deutschen Kunsthandwerks [...] der Wunsch ausgedrückt“ worden, so das Schreiben, „dass die Verleihung eines Staatspreises eine ständige Einrichtung werden möge, die zu jeder Messe verliehen wird“ und „dass auch der bayerische Ministerpräsident, ebenso wie dies von seiten Württembergs und Badens in Aussicht genommen ist, einen Staatspreis in gleicher Höhe verleiht.“ (MWi 26812).71Schreiben von MPr. Ehard an StM Seidel vom 5.1.1952. Seine ablehnende Haltung begründete Ehard mit dem „Standpunkt, dass Bayern keine Veranlassung hat, durch Stiftung von Preisen gerade die Frankfurter Messe zu unterstützen, nachdem alles versucht wird, Messen und Ausstellungen in München Schwierigkeiten zu machen oder zu verhindern.“ (MWi 26812).
2Staatsminister Dr. Seidel fügt hinzu, er halte es für richtig, künftig für besonders hochwertige Leistungen auf der Deutschen Handwerksmesse jährlich bis zu 20 Goldmedaillen zu verleihen. Der Verein für Handwerksausstellungen und Messen werde es übernehmen, dem Herrn Ministerpräsidenten entsprechende Vorschläge für die Gestaltung der Medaille auf eigene Kosten zu übermitteln.72
72Zum Fortgang hierzu s. Nr. 85 TOP XIX.
3Der Ministerrat beschließt, grundsätzlich derartige Medaillen zu verleihen.
1Ministerpräsident Dr. Ehard verliest ein Schreiben der „Freunde des Nationaltheaters“,73 die darin mitteilen, daß sie mit einem Ball im Deutschen Theater am 17. Februar zum erstenmal an die Öffentlichkeit treten würden.73Zum 1951 gegründeten Verein „Freunde des Nationaltheaters e.V.“ s. die Materialien in MK 50312-50317 u. 73413, ferner StK 18427.
2Während Staatsminister Dr. Schwalber Bedenken hat, diesen bisher noch nicht hervorgetretenen Verein zu unterstützen, meint Staatsminister Dr. Seidel, man sollte jede Initiative, ganz gleich woher sie komme, fördern. Er schlage vor, daß das Kultusministerium feststelle, wie der Verein zu beurteilen sei und daß sich dann Herr Staatsminister Dr. Schwalber den Vorstand kommen lasse.
3Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.74
74In thematischem Fortgang s. Nr. 107 TOP XVII, Nr. 116 TOP VII.
75S. Generaldirektion der Staatlichen Bibliotheken 429; ferner den Ausstellungskatalog zur 1200-Jahr-Feier des Bistums Würzburg von Juni bis Oktober 1952, Franconia Sacra.
1Ministerpräsident Dr. Ehard gibt dann einen Brief des Oberbürgermeisters von Würzburg76 bekannt, in dem gebeten werde, der Ministerrat möge beschließen, daß die Ausstellung Franconia Sacra unter der Mitträgerschaft des Bayerischen Staates durchgeführt werde.76Franz Stadelmayer; zur Person s. Nr. 77 TOP XII Anm. 55.
2Staatsminister Dr. Schwalber äußert Bedenken gegen diesen Vorschlag, der ein finanzielles Risiko mit sich bringe und außerdem übersehe, daß der Veranstalter das Bistum Würzburg sei, das in diesem Jahr sein 1200-jähriges Bestehen feiere. Selbstverständlich werde die Ausstellung in jeder Weise unterstützt werden.
3Staatsminister Dr. Seidel hält es für richtig, wenigstens eine finanzielle Geste zu machen, zumal doch diese 1200-Jahrfeier für ganz Franken von größter Bedeutung sei.
4Staatsminister Dr. Schwalber stimmt zu und stellt fest, daß er zur Zeit in Verhandlungen mit dem Finanzministerium stehe. Vielleicht sei es möglich, für die Wiederherstellung des Würzburger Domes noch zusätzliche Mittel zu erhalten.77 Er schlage vor, den für den Wiederaufbau des Domes vorgesehenen Betrag von 175 000 DM auf mindestens 250 000 DM zu erhöhen.77S. hierzu im Fortgang Nr. 89 TOP I insbes. Anm. 18.
5Staatssekretär Maag unterstützt diesen Vorschlag nachdrücklich und betont, daß sich auch außerhalb der Kirchenkreise in Unterfranken alles um diese Feier in Würzburg konzentriere.
6Der Ministerrat beschließt, daß sich Herr Staatsminister Dr. Schwalber mit dem Oberbürgermeister und dem Bischof von Würzburg78 in Verbindung setzen, eine Mitträgerschaft über die Ausstellung aber nicht übernommen werden solle.79
78Julius August Kardinal Döpfner (1913 - 1976), 1933 Studium der Theologie in Würzburg und ab 1934 in Rom, 1941 Promotion, 1948 Bischof von Würzburg, 1957 Bischof von Berlin, 1961 Erzbischof von München und Freising, 1965 Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. S. Brechenmacher (Hg.), Stunde; Lehmann (Hg.), Brückenbauer; Mokry, Kardinal Julius Döpfner.79Zum Fortgang s. Nr. 103 TOP VI/3.
80S. MInn 91694. S. Protokolle Ehard III Bd. 1/2 Nr. 65 TOP XI, Nr. 66 TOP V
. Der vorliegend behandelte Tagesordnungspunkt betrifft die Verhandlungen zwischen Bayern und dem Bund über ein Verwaltungsabkommen über die Ausübung der Paßnachschau in Bayern. Mit der durch die Verordnung Nr. 72 des Staatsministeriums des Innern über die Bildung einer Bayerischen Landesgrenzpolizei vom 15. November 1945 (GVBl. 1946 S.217; s. hierzu Protokolle Hoegner I Nr. 9 TOP IV
; Volkert, Handbuch S. 57) errichteten Landesgrenzpolizei war Bayern - bis zur im Jahre 1998 erfolgten Auflösung seiner Grenzpolizeikräfte - das einzige Land, das eigenständig den polizeilichen Schutz der Landesgrenze übernahm. Durch das Gesetz über den Bundesgrenzschutz und die Einrichtung von Bundesgrenzschutzbehörden vom 16. März 1951 (BGBl. I S. 201 ; s. hierzu Protokolle Ehard II Bd. 3 Nr. 137 TOP I
/30; Protokolle Ehard III Bd. 1/1 Nr. 16 TOP II
/9) kam es dann zur Errichtung einer konkurrierenden Bundesbehörde. §2 des Gesetzes über den Bundesgrenzschutz und die Errichtung von Bundesgrenzschutzbehörden vom 16.3.1951 regelte die Aufgaben der Bundesgrenzschutzbehörden; primär sollten diese „das Bundesgebiet gegen verbotene Grenzübertritte“ sichern, „insbesondere durch die Paßnachschau.“ Bayern aber lehnte eine Übernahme der Paßkontrolle durch den Bund kategorisch ab. Durch das vorliegend behandelte Verwaltungsabkommen sollte die Aufgabe der Paßkontrolle an den bayerischen Grenzen weiterhin bei der bayer. Landesgrenzpolizei verbleiben, wobei die Bundesdienststellen das Aufsichts- und Weisungsrecht behielten.
1Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner führt aus, das Innenministerium habe sich bei den Verhandlungen mit dem Bundesinnenministerium auf den Standpunkt gestellt, daß die Paßnachschau auf den Flughäfen auch durch die bayerische Polizei erfolgen müsse und dies ein Teil der Abmachungen sei. Jetzt sei plötzlich ein Schreiben des Bundesinnenministeriums gekommen, das eine Art Ultimatum enthalte und nicht anerkenne, daß hier bindende Abmachungen vorlägen.81 Er stehe auf dem Standpunkt, daß hier der Bund Vorleistungen verlange, ohne daß Bayern noch irgendwelche Garantien für das Verwaltungsabkommen habe.81Ein solches Schreiben des Bundesinnenministeriums nicht ermittelt; Bezug genommen wird wohl auf ein Schreiben (Abschrift) von Adenauer an MPr. Ehard, 30.1.1952, in dem der Bundeskanzler erklärte, daß mit dem Gesetz über den Bundesgrenzschutz und die Einrichtung von Bundesgrenzschutzbehörden vom 16.3.1951 die Paßnachschau ausschließliche Bundesangelegenheit geworden sei (MInn 91694).
2Ministerpräsident Dr. Ehard fügt hinzu, auch er habe Herrn von Lex82 gesagt, daß zunächst alle anderen Abmachungen endgültig abgeschlossen werden müßten.82Hans Ritter von Lex (1893 - 1970), Jurist, Stipendiat der Stiftung Maximilianeum, 1921 Eintritt in die bayer. Staatsverwaltung, 1923 - 1927 Bezirksamtmann Rosenheim, 1927 - 1933 RR im St-MUK, 1932/33 MdR (BVP), 1931 - 1933 Führer der Bayernwacht, begründete am 23.3.1933 im Reichstag die Zustimmung der BVP-Fraktion zum Ermächtigungsgesetz, vorübergehend Hospitant bei der NSDAP-Reichstagsfraktion, September 1933 RR, Dezember 1933 ORR im Reichsinnenministerium (Vorbereitung der Olympischen Spiele, Zivilschutz), 15.6.-4.10.1945 Ministerial Collecting Center US Group Central Council in Fürstenhagen bei Kassel, 1.7.1946 MinRat StMI, 1.10.1947 MinDirig StMI (vgl. Protokolle Ehard II Bd. 1 Nr. 2 TOP XVI
),1.5.1948 MD StMI (vgl. Protokolle Ehard II Bd. 1 Nr.37TOP IV
), ab 17.10.1949 als MD abgeordnet ins BMI, 1.8.1950 - 1960 Staatssekretär im BMI (CSU), 1961 - 1967 Präsident des Dt. Roten Kreuzes. Vgl. Bauer, Flüchtlinge S. 127f. Zu den Bemühungen MPr. Schäffers, Lex 1945 zum Innenminister zu berufen, vgl. Protokolle Schäffer S.29; zur Rolle von Lex' im Jahre 1933 s. Dierker, Nullen; Schlemmer, Aufbruch S. 43; Morsey, Ermächtigungsgesetz S. 71 f. u. 76. Hans Ritter v. Lex hatte 1950 von der Bayer. Staatsregierung die Zusicherung erhalten, daß er auch nach seinem Wechsel aus dem Landes- in den Bundesdienst im Falle einer vorzeitigen Ruhestandsversetzung als politischer Beamter des Bundes das Recht auf Rückkehr in den bayer. Staatsdienst behielte bzw. keinerlei Verminderung seiner aus dem bayer. Staatsdienst erworbenen Dienst- und Versorgungsbezüge erleiden würde. Vgl. Protokolle Ehard II Bd. 3 Nr. 115 TOP III
.
3Auf Vorschlag des Herrn Staatsministers Dr. Hoegner wird beschlossen, der Forderung des Bundesinnenministeriums nicht nachzugeben.83
83Zum Fortgang s. Nr. 105 TOP II, Nr. 128 TOP V.
84S. im Detail StK-GuV 909; Protokolle Ehard III Bd. 1/2 Nr. 66 TOP III
.
1Staatssekretär Dr. Koch berichtet, der Regierungsentwurf sei vom Landtag ergänzt und abgeändert worden, wobei die vom Justizministerium erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht berücksichtigt worden seien.85 Nun habe das Justizministerium einen Brief des Staatssekretärs Dr. Strauß86 vom Bundesministerium erhalten, der dazu Stellung nehme.87
85Bezug genommen wird auf die Zusammenstellung des Entwurfs eines Gesetzes gegen die Verwendung von Kennzeichen verbotener Organisationen (BBd.
II Nr. 1795 ) mit den Beschlüssen des Landtagsausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen (BBd.
III Nr. 2128 ).86Dr. jur. Walter Strauß (1900 - 1976), Jurist, Politiker, 1924 Promotion, dann Hilfsrichter an verschiedenen Berliner Gerichten, 1928 Eintritt in das Reichswirtschaftsministerium, 1935 Entlassung, Tätigkeit als Wirtschaftsberater und Anwalt, 1945 Mitbegründer der CDU in Berlin, 1946/47 Staatssekretär im Hessischen Staatsministerium, 1947/48 stv. Direktor der Verwaltung für Wirtschaft des VWG, 1948/49 Leiter des Rechtsamtes des VWG, 1948/49 MdPR, 1950 - 1962 Staatssekretär im BMJ, 1963 - 1970 Richter am Europäischen Gerichtshof. S. Utz, Preuße.87Dieses Schreiben im einschlägigen Akt StK-GuV 909 nicht enthalten.
2Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner findet es merkwürdig, daß das Bundesjustizministerium in den Besitz des Wortlauts eines Beschlusses des Rechtsund Verfassungsausschusses gekommen sei. Er stehe auf dem Standpunkt, daß die neu aufgenommenen Bestimmungen allgemeiner gefaßt seien, als die in der Strafrechtsnovelle des Bundes88 und deshalb verfassungsrechtlich keine Schwierigkeiten bestünden. Es sei allerdings zuzugeben, daß der neue Inhalt weiter gehe als die Überschrift, trotzdem könne er nicht empfehlen, davon abzugehen.88Gemeint ist das Strafrechtsänderungsgesetz vom 30. August 1951 (BGBl. I S. 739 ); s. hierzu Protokolle Ehard III Bd. 1/2 Nr. 46 TOP I
/25.
3Staatssekretär Dr. Koch stellt sich auf den Standpunkt, daß es fraglich sei, ob durch die Strafrechtsnovelle die Materie nicht erschöpft sei, also durch die Veränderungen das bayerische Gesetz gefährdet werde.
4Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner entgegnet, der Vertreter des Justizministeriums habe alles versucht, den Landtag zu überzeugen. Er sei aber mit seiner Meinung nicht durchgedrungen, infolgedessen bleibe nichts anderes übrig, als abzuwarten.
5Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.89
89Der Bayer. Landtag verabschiedete das Gesetz in seiner Sitzung vom 14.2.1952. S. BBd.
II Nr. 1795 ; StB.
III S. 1582 ff. - Gesetz gegen die Verwendung von Kennzeichen verbotener Organisationen vom 27. März 1952 (GVBl. S. 123
).
90Vgl. Nr. 78 TOP XX.
1Staatssekretär Dr. Oberländer erinnert an die Besprechung der Angelegenheit Föhrenwald im letzten Ministerrat und berichtet über eine Sitzung, an der die Vertreter der beteiligten Ministerien und Herr Weinberger91 als Vertreter des Verbands der jüdischen Verschleppten teilgenommen habe.92 Herr Weinberger habe erklärt, es sei selbstverständlich, daß an diesen Sitzungen die beteiligten Mitglieder des Kabinetts anwesend sein müßten unter Vorsitz des Herrn Arbeitsministers Dr. Oechsle.93 Er wünsche für nächste Woche eine nochmalige Sitzung, deshalb sei die Frage an den Ministerrat zu stellen, was nun zu geschehen habe.91Zur Person s. Nr. 78 TOP XX Anm. 90.92S. die Vormerkung betr. Lager Föhrenwald; hier: Besprechung mit Herrn Präsident Weinberger am 31.1.52. Diese Besprechung fand statt zwischen dem als Stv. Leiter der Abt. V im StMI für das Flüchtlingswesen zuständigen RegDir Ludwig Gillitzer, Staatssekretär Oberländer, zwei weiteren Vertretern des StMI, je einem Vertreter des Wirtschafts- und des Arbeitsministeriums und Maurice Weinberger (MArb-Landesflüchtlingsverwaltung 994/II).93Die Vormerkung zur Besprechung (w.o. Anm. 92) führte hierzu aus: „Während der Sitzung gab Herr Präsident Weinberger, als Herr Staatssekretär weggegangen war, sehr deutlich zu verstehen, dass er über den ganzen Ablauf der Besprechung sehr erstaunt sei. Er habe sich etwas ganz Anderes [sic!] vorgestellt und erwartet. Herr Minister Dr. Oechsle habe ihm mitgeteilt, dass in der Ministerratssitzung vom 15.1.52 einstimmig vom Ministerrat beschlossen worden wäre, einen besonderen Ausschuss zur Regelung aller Fragen, die das Lager Föhrenwald betreffen, einzusetzen. Diesem Ausschuss sollten angehören: Herr Minister Dr. Oechsle bzw. in seiner Vertretung Herr Staatssekretär Dr. Krehle, Herr Staatssekretär Prof. Dr. Oberländer und Herr Staatssekretär Dr. Guthsmuts. [...] Der Ausschuss sollte nach dem Beschluss des Ministerrats mit weitgehenden Vollmachten ausgestattet sein [...] Er sei daher erstaunt, dass von den obengenannten Herren nur einer und zwar für die Eröffnung der Sitzung anwesend gewesen wäre und die Referenten daher keine Entscheidungen treffen könnten [...] Er bitte daher den Herrn Staatssekretär, die Angelegenheit nochmals im Ministerrat zu besprechen und nächste Woche eine neue Sitzung im Beisein der Herren Staatssekretäre und unter Anwendung der gegebenen Vollmachten durchzuführen. Sonst würde er von sich aus auf eine Weitervertretung der Interessen der Lagerinsassen des Lagers Föhrenwald verzichten.“
2Staatsminister Dr. Seidel hält es für durchaus ausreichend, wenn alle beteiligten Ministerien einen Vertreter entsandt hätten.
3Auch Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, das Kabinett könne sich hier keine Vorschriften machen lassen. Der Ausschuß werde so besetzt, wie es für zweckmäßig gehalten werde.94
94Zum Fortgang s. Nr. 85 TOP XXIII.
Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Generalsekretär des Ministerrats
gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg
Ministerialrat
Der Leiter der
Bayerischen Staatskanzlei
gez.: Dr. Karl Schwend
Ministerialdirektor