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Nr. 8MinisterratssitzungSamstag, 8. September 1945 Beginn: 11 Uhr 11 Ende: 13 Uhr 14
Anwesend:

Ministerpräsident Schäffer, Ministerialdirektor Fischer (Staatsministerium des Innern), Staatsrat Dr. Müller (Staatsministerium der Finanzen), Kultusminister Dr. Hipp, Dr. Hoegner (Justizverwaltung), Senatspräsident Dr. Ehard (Justizverwaltung), Wirtschaftsminister Dr. Lange, Arbeitsminister Roßhaupter, Präsident der Reichsbahndirektion München Dr. Rosenhaupt, Landesforstmeister Dr. Hoepffner, Oberbürgermeister Dr. Scharnagl, Stadtrat Preis und Referent Staatsanwalt Leusser (beide zum Notgesetz zur Sicherung eines angemessenen Raumausgleichs).

Tagesordnung:

I. Notgesetz zur Sicherung eines angemessenen Raumausgleichs. II. Ernennung des Ministerialrats Dr. Niklas zum Ministerialdirektor. III. Flüchtlingsbetreuung. IV. Übernahme des Hauses des Deutschen Rechts durch die Justizverwaltung.

[I. Notgesetz zur Sicherung eines angemessenen Raumausgleichs]

Ministerpräsident Schäffer eröffnet die Ministerratssitzung mit der Besprechung des Entwurfes 71 des Notgesetzes zur Sicherung eines angemessenen Raumausgleichs.

§ 1 wird ohne Erinnerung angenommen.

In § 2 Ziffer 1 wird oder in verfolgt oder benachteiligt durch und ersetzt.2

§ 3 erhält folgende Fassung:

Die Worte Personen in Ziffer 2 und Familien in Ziffer 3 werden durch Haushaltungen ersetzt.3

§ 4 Absatz II wird verkürzt und erhält folgende Fassung:

Herangezogen werden alle Wohnräume, die Dienst- und Werkwohnungen nach näherer Maßgabe des § 12.

§ 5 und 6 werden ohne Erinnerung angenommen.

In § 7 wird ihrem Zweck ersetzt durch ihrem früheren Zweck.4

In § 85 wird Absatz II, der statt 3 Ziffern 4 Ziffern erhält, nach längerer Debatte6 wie folgt gefaßt:

Die Belastung im Sinne des Abs. I liegt vor bei Personen, die

1.) Träger des Blutordens oder des goldenen Ehrenzeichens der Partei waren;

2.) Mitglieder der Allgemeinen SS waren;

3.) in der Partei oder ihren Gliederungen folgende Ämter bekleidet haben:

a.) in der Partei ein Amt vom Ortsgruppenleiter an aufwärts oder vor dem 1. 8. 1939 vom Blockleiter an aufwärts;

b.) in der Waffen-SS vor dem 1. 8. 1939 ein Amt vom Scharführer an aufwärts;

c.) in der SA ein Amt vom Oberscharführer an aufwärts, ausgenommen ehrenamtliche Ärzte im Rang eines Sturmführers;

d.) im NSKK ein Amt vom Sturmführer an aufwärts, ausgenommen ehrenamtliche Ärzte im Rang eines Sturmführers;

e.) in der HJ, im BDM und im Jungvolk ein Amt vom Bannführer an aufwärts.

4.) sich gegenüber Opfern und Gegnern des Nationalsozialismus gehässig verhalten haben, insbesondere Denunzianten;

5.) die Zustände des nationalsozialistischen Systems zur Begehung von Verbrechen oder zur Erlangung persönlicher Vorteile ausgenützt haben.

In VII wird der Vordersatz kommt zwischen usw. weggelassen.

Der Absatz erhält damit folgende Fassung:

Die Wohnungsbehörde kann verfügen, daß der Räumungspflichtige ihm gehörige Möbel oder Einrichtungsgegenstände gegen angemessene Vergütung auf bestimmte Zeit insoweit zur Verfügung zu stellen hat, als er sie nicht selbst für sich und seine Haushaltsangehörigen benötigt. In diesem Fall ist der Benützer dieser Gegenstände verpflichtet, sie schonend zu behandeln; es ist ihm verboten, sie zu zerstören, zu beschädigen oder zu veräußern.

Hinzugefügt wird in Absatz IX:

In besonderen Härtefällen kann die Wohnungsbehörde Ausnahmen bewilligen.

In § 9 wird Absatz I durch Hinzunahme der Räume für Beruf oder Gewerbe wie folgt erweitert:

Eine Wohnung gilt als unterbelegt, wenn ihr Inhaber in ihr mehr als den für die Führung seines Haushalts, Berufs oder Gewerbes notwendigen Platz inne hat.7

§ 10 wird unter Weglassung des bisherigen Absatzes II wie folgt gefaßt und gegliedert:

I. Zu jeder Rechtsverfügung über Wohnräume aller Art ist die Zustimmung der Wohnungsbehörde erforderlich. Entgegenstehende Verfügungen sind nichtig.

II. Die Wohnungsbehörden können für ihren Bereich Ausnahmen zulassen.8

§ 11 wird ohne Erinnerung angenommen.

In § 12 erhält Absatz IV folgende Fassung:

Wie Dienstwohnungen sind zu behandeln reichsbahneigene Mietwohnungen und zweckgebundener Reichsbahn-Wohnraum (Genossenschafts- und Gesellschaftswohnungen). Das Gleiche gilt für die Reichspost.9

§ 13 wird ohne Erinnerung angenommen.

In § 14 werden in Absatz I die Worte oder ohne Wissen gestrichen.10

§ 15, 16, 17 und 18 werden ohne Erinnerung angenommen.

Zwischen § 18 und 19 wird ein neuer Paragraph, jetzt § 19, eingefügt. Er lautet:

Ausführungsvorschriften zu diesem Gesetz erläßt das Ministerium des Innern.

In § 20 Absatz III11 wird der Schlußsatz gestrichen: Im übrigen bleiben die bisherigen Bestimmungen12 in Kraft.13

[II. Ernennung des Ministerialrats Dr. Niklas zum Ministerialdirektor]

nisterialrats Dr. Niklas vom Amt für Ernährung und Landwirtschaft zum Ministerialdirektor vor.

Die Ernennung von Ministerialrat Dr. Niklas (Amt für Ernährung und Landwirtschaft) zum Ministerialdirektor wird ohne Erinnerung genehmigt.14

[III. Flüchtlingsbetreuung]

In Punkt III der Tagesordnung werden Flüchtlingsfragen besprochen. Eine Anfrage von Arbeitsminister Roßhaupter beantwortet Staatsrat Rattenhuber dahingehend, daß im Amt für Ernährung und Landwirtschaft eine Abteilung sich ausschließlich mit der Ernährung der deutschen Kriegsgefangenen und der Ausländerbetreuung beschäftige. Diesem Amt, das durch seine Verbindung mit zahlreichen Lagerhäusern sehr leistungsfähig sei, werde zweckmäßigerweise auch die Flüchtlingsbetreuung angeschlossen.15

[IV. Übernahme des Hauses des Deutschen Rechts durch die Justizverwaltung]

In Punkt IV der Tagesordnung beantragt die Justizverwaltung (Dr. Hoegner), das Gebäude der Akademie für Deutsches Recht16 in der Ludwigstraße schräg gegenüber der Universität der Justizverwaltung zu überweisen.

Staatsrat Müller erklärt, daß dazu lediglich ein diesbezüglicher Antrag der Justizverwaltung an das Finanzministerium nötig sei.