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Nr. 13Niederschrift84 einer Besprechung über Kompetenzen auf dem BausektorMünchen, Montag, 10. September 1945 Beginn: Nachmittags 4 Uhr
Anwesend:

Ministerpräsident Schäffer, Arbeitsminister Roßhaupter, Regierungsdirektor Fischer (Leiter der Obersten Baubehörde), Prof. Esterer (Präsident der staatl. Verwaltung der Schlösser, Gärten und Seen); als Referenten Dr. Wolf (Arbeitsministerium), Ministerialrat Berndt (Oberste Baubehörde), Regierungsdirektor von Schirmer (Innenministerium).

I. Gegenstand der Besprechung ist die Frage der Abgrenzung der Zuständigkeiten im Planungs-, Siedlungs- und öffentlichen Baurecht zwischen Bayerischem Arbeitsministerium und Oberster Baubehörde (Staatsministerium des Innern).85

1. Der Ministerpräsident wirft die Frage auf, ob dieselben Aufgaben, die früher dem Reichsarbeitsministerium86 zustanden, auf dem Gebiet des Wohnungsbaues dem Bayerischen Arbeitsministerium übertragen worden sind.87

Diese Frage wird bejaht, ebenso wird von dem Herrn Arbeitsminister festgestellt, daß er die Aufgaben des Reichswohnungskommissars88 übertragen erhalten habe und ausübe.

2. Es wird dann zu den einzelnen Punkten festgestellt:89

a) Wohnungswesen und sozialer Wohnungsbau liegen in der alleinigen Zuständigkeit des Arbeitsministers.90

b) Die Zulassung von Baustoffen und Bauweisen, die derzeit allein der Obersten Baubehörde als der technischen Baubehörde91 untersteht, soll künftig dahin geregelt werden, daß das Arbeitsministerium als das für Wohnungsbau zuständige Ministerium die Fragen der Zulassung von Baustoffen und Bauweisen insoweit in eigener Zuständigkeit regelt, als es sich um Baustoffe und Bauweisen des Wohnungsbaues handelt. Soweit es sich um Baustoffe und Bauweisen für gewerbliche Bauten, industrielle Bauten, öffentliche Bauten, Tiefbauten und dergleichen handelt, bleibt die Oberste Baubehörde (Staatsministerium des Innern) wie bisher zuständig. Die beiden Ministerien sollen im Benehmen mit den beteiligten Ministerien (Ministerium für Wirtschaft, Finanzministerium usw.) dabei Vorgehen.

Es wird betont, daß diese Regelung Schwierigkeiten insofern bieten wird,92 als die bisher gegebene einheitliche Zuständigkeit, insbesondere gegenüber dem Baustoffproduzenten, zerrissen wird, jedoch entspricht diese Regelung dem Sinne des Gesetzes über die Errichtung des Arbeitsministeriums.

c) Die Lenkung der Bautätigkeit, der Baustofferzeugung und der Baustoffverteilung soll in der Weise geschehen, daß die Baustofferzeugung in der Zuständigkeit des Ministeriums für Wirtschaft bleibt; die Baustoffverteilung (soweit Baustoffe freigegeben sind) in der Zuständigkeit der Obersten Baubehörde, der diese Zuständigkeit von der Militärregierung bereits ausdrücklich übertragen ist. Für den Wohnungsbau soll dabei ebenso wie für öffentliche Bauten, Tiefbauten usw. ein Globalkontingent festgesetzt werden, und es soll in einem Baustoffausschuß der beteiligten Ministerien diese Kontingentierung geregelt werden.93

Einigkeit besteht darüber, daß dabei eine Reserve für besonders dringende Fälle Vorbehalten werden muß.

d) Hinsichtlich der Städteplanung einigen sich auf Anregung des Ministerpräsidenten alle beteiligten Ministerien dahin, daß sofort ein gutachtender und beratender Ausschuß94 eingesetzt wird, der sich zusammensetzt aus folgenden Personen:

1. Prof. Esterer,95 Präsident der Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen als Leiter,

2. Herr Dr. Wolf96 als Vertreter des Arbeitsministeriums,

3. Herr Ministerialrat Bemdt97 als Vertreter der Obersten Baubehörde,

4. Herr Prof. Schmuderer als Vertreter des Landesamtes für Denkmalpflege,

5. Herr Ministerialrat Fischer als Vertreter des Ministeriums für Wirtschaft, insbesondere auf dem Gebiete der Landesplanung.

Dieser Ausschuß hat das Recht der Kooptation, wobei er insbesondere auch juristisch geschulte Personen, die auf dem Gebiet des Güterrechts und der Gemeindeverwaltung erfahren sind, zuziehen wird.

Der Ausschuß erhält weiter das Recht, örtliche Unterausschüsse zu bilden, die insbesondere in stark zerstörten Städten kultureller Tradition der Gemeindeverwaltung als Begutachter zur Verfügung stehen sollen.

Auf Anregung des Ministerpräsidenten wird weiter beschlossen, daß die beteiligten Ministerien bis 1. Oktober 1945 einen Gesetzentwurf98 ausarbeiten über den Wiederaufbau der zerstörten Städte, der die etwa notwendigen gesetzlichen Maßnahmen zur Durchführung eines planmäßigen Wiederaufbaues dieser Städte gibt.99

Der Ministerpräsident übergibt eine bereits ausgearbeitete Denkschrift als Grundlage für die Ausarbeitung des Gesetzentwurfes.100

e) Es besteht Einigung darüber, daß die Fragen des Heimat- und Naturschutzes, Straßen-, Flußbau und Reichsautobahn, Wasserwirtschaft und Energieversorgung, da sie nicht mit dem Wohnungsbau Zusammenhängen, in der Zuständigkeit des Bayerischen Innenministeriums (Oberste Baubehörde) verbleiben.101

In der Frage der Baupolizei wird vom Herrn Arbeitsminister angeregt, die gesamte Baupolizei dem Arbeitsministerium zuzuweisen. Dagegen wird eingewandt, daß die Baupolizei nicht nur den Wohnungsbau, sondern darüber hinaus weite Gebiete betrifft, wie öffentliche Bauten, kulturelle Bauten, Industrie- und gewerbliche Bauten, Tiefbauten usw. und daß auf diesem Gebiet dem Arbeitsministerium der notwendige Apparat überhaupt fehlt. Es wird dann vorgeschlagen, diese Frage dadurch zu regeln, daß das Arbeitsministerium einen oder mehrere Referenten für die gesamten Fragen der Baupolizei, soweit sie den Wohnungsbau betreffen, in die Oberste Baubehörde abordnet, wo eine eigene Abteilung für Baupolizei auf dem Gebiet des Wohnungsbaues, wenn notwendig, gebildet werden kann. Diese Referenten sollen instruiert werden, von dem Herrn Arbeitsminister.

Sie sind der Obersten Baubehörde jedoch eingegliedert, da es sich hier um Fragen der Polizei, insbesondere auch der Gemeindeaufsicht, handelt, und zum Vollzug notwendig ist, daß Gemeindeaufsicht und polizeiliche Anordnungsgewalt des Staates zur Verfügung stehen.102

Der Arbeitsminister behält sich seine Stellungnahme103 zu diesem Vorschlag vor.104