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Nr. 7MinisterratssitzungSamstag, 15. November 19471 Beginn: 8 Uhr 45 Ende: 13 Uhr 30
Anwesend:

Ministerpräsident Dr. Ehard, Staatsminister des Innern Dr. Ankermüller, Staatsminister für Unterricht und Kultus Dr. Hundhammer, Staatsminister der Finanzen Dr. Kraus, Staatsminister für Wirtschaft Dr. Seidel, Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Dr. Baumgartner, Staatsminister für Verkehrsangelegenheiten, Post- und Telegraphenwesen Frommknecht, Staatsminister für Sonderaufgaben Dr. Hagenauer, Staatsminister Dr. Pfeiffer, Staatssekretär Dr. Schwalber (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Lacherbauer (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Sattler (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Müller (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Grieser (Arbeitsministerium), Staatssekretär Geiger (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Sedlmayr (Verkehrsministerium).2

Entschuldigt:

Stv. Ministerpräsident und Staatsminister der Justiz Dr. Müller, Staatsminister für Arbeit und Soziale Fürsorge Krehle, Staatssekretär Jaenicke (Innenministerium), Staatssekretär Sühler (Landwirtschaftsministerium).

Tagesordnung:

I. Kartoffelfrage. II. Feiertagsregelung: hier: Büß- und Bettag. III. Persönliche Erklärung des Staatssekretärs Dr. Schwalber. IV. Ernennung des Generalstaatsanwalts beim Oberlandesgericht Bamberg. V. Ernennung des Leiters der Gesundheitsabteilung des Bayer. Staatsministeriums des Innern. VI. Abstellung von Richtern an die Berufungskammern. VII. Gesetz zur Überführung der bei der politischen Befreiung tätigen Personen in andere Beschäftigungen. VIII. Unterstellung des Landesamts für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung unter das Bayer. Staatsministerium der Finanzen. IX. Gesetz zur Sicherung der Brennstoffversorgung und zur Förderung der Braunkohlenwirtschaft. X. Niederlassungsordnung für Arzte, Zahnärzte, Tierärzte und Dentisten. XI. Gesetz über Schulpflege. XII. Gesetz über die Verhältnisse der Lehrer an wissenschaftlichen Hochschulen. XIII. Gesetz über die Ahndung der Schulversäumnisse. XIV. Gesetz zur Bekämpfung widerrechtlichen Tauschhandels. XV. Abänderung des Gesetzentwurfes über die staatliche Rechnungsprüfung in Bayern. XVI. Abänderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Staat, Gemeinden und Gemeindeverbänden für das Rechnungsjahr 1947. XVII. Gesetz zur Abänderung des Gesetzes Nr. 71 zur beschleunigten Aburteilung von Wirtschaftsvergehen und Wirtschaftsverbrechen. XVIII. Verordnung zur Durchführung des Kontrollratsgesetzes Nr. 51 – Kraftfahrzeugsteuer. XIX. Allgemeine Personalfragen. XX. Ernennung des Oberstaatsanwalts Dr. Hechtel zum Ministerialrat im Sonderministerium. XXI. Ernennung des Generalsekretärs des Landespersonalamtes, Ministerialrat Dr. Metz, zum Ministerialdirigenten. XXII. Wiedereinstellung und Pensionierung des früheren Ministerialrats Mezger. XXIII. Wiedereinstellung von Beamten im Staatsministerium des Innern – Bauabteilung. XXIV. Kurze Anfrage der Fraktion der SPD wegen der Besetzung der Staatssekretärsstelle im Sonderministerium. XXV. Antrag der SPD auf Errichtung eines Wiederaufbauministeriums. XXVI. Gesetz zur Kürzung der Pensionen. XXVII. Ernennung des früheren Landrats Dr. Fergg zum Oberregierungsrat in der Bauabteilung des Innenministeriums.

I. Kartoffelfrage3

Ministerpräsident Dr. Ehard eröffnet die Sitzung und teilt mit, er komme soeben von General Muller. General Clay, der uns früher gelobt habe, weil wir so gut geliefert hätten, sei nun sehr ungehalten, daß die Kartoffellieferungen nicht erfolgt seien.4 Er (Clay) wolle sich überlegen, ob er Bayern nicht Sanktionen auferlege. Er habe daraufhin erklärt, zunächst müßten wir dafür sorgen, daß unsere eigenen Leute das Notwendigste hätten, bevor man etwas wegschicken könne. Er werde sich gerne dafür einsetzen, daß das wegkomme, was da sei. Etwas wegzuschicken, was wir nicht hätten, sei nicht möglich. Im übrigen müsse man mit Streiks und Unruhen rechnen, für die er die Verantwortung ablehnen müsse. General Muller habe ihm vorgeschlagen, wenigstens kleine Teillieferungen zu machen, um zu zeigen, daß man guten Willens und bereit sei, seine Schulden abzutragen. Der Landwirtschaftsminister befürchte aber, daß darin eine Anerkennung der Verpflichtung liege, ganz abgesehen davon, daß er die Kartoffeln nicht habe. Daraufhin habe General Muller gesagt, dies sei aber ein guter Rat, den wir entgegennehmen sollten, um Schlimmeres zu verhüten. Er (Dr. Ehard) habe erwidert, General Muller möge sich wenigstens gedulden, bis die Unterredung mit Schlange-Schöningen vorbei sei. Dies sei gestern gewesen. Heute habe ihm General Muller eröffnet, daß General Clay sehr ungehalten sei. Er habe den Eindruck, daß in Bayern destruktive Politik getrieben werde und daß alles getan werde, um gegenüber bizonalen Anordnungen und Anordnungen der Militärregierung Widerstand zu leisten. General Clay überlege sich, ob überhaupt noch Lebensmittel nach Bayern geliefert würden und ob er nicht Sanktionen bezüglich Kohle und Eisen uns auferlege. Er habe bloß erwidert, er bedaure, daß man solche Vorwürfe erhebe. Bis vor kurzem habe man das Gegenteil gehört. Im übrigen habe er den Auftrag bekommen, bis Montag Abend zu melden, was bei den Besprechungen mit Schlange-Schöningen5 herausgekommen sei.6 Wenn er sage, daß mit Unruhen und Streiks zu rechnen sei, so sei das kein Gerede. Gestern habe er der Polizei erklärt, daß von unserer Seite nichts geschehe, um Streiks und Demonstrationen zu unterbinden. Die deutsche Polizei dürfe erst dann eingreifen, wenn Plünderungen, Schädigungen und Gefahr für Menschenleben entstünden. Er sei der Meinung, daß man sich mit Schlange-Schöningen sehr ernst unterhalten müsse. Er sei weiter der Meinung, daß dieser Zustand, der bis zur persönlichen Feindseligkeit geführt habe, unter allen Umständen beseitigt werden müsse. Man müsse einen Weg suchen, um die Sache auf eine sachliche Ebene zu bringen, und einen Weg, um General Clay direkt oder indirekt von der wirklichen Sachlage zu überzeugen. Er sei auch der Meinung, man könne ruhig sagen, daß Prüfer geschickt werden sollten, daß überall nachgesehen werden könnte, was zu finden sei. Zur Zeit sei es so, daß General Muller behaupte, es seien Kartoffeln genug da. Es werde nur Widerstand geleistet und Staatsminister Dr. Baumgartner sei daran schuld. Das ganze habe natürlich auch einen politischen Hintergrund. Allmählich werde wohl die Frage brennend, ob man nicht eine vorläufige Bundesregierung schaffen solle. Und deshalb wolle man jetzt natürlich den zentralistischen Bewegungen Wasser auf die Mühle gießen und die anderen abwürgen. Da man wisse, daß Bayern den Gegenpol darstelle, versuche man, ihm Schwierigkeiten zu machen. Mit Schlange-Schöningen und Podeyn werde man sehr ernst reden müssen, um einen modus vivendi zu finden. Auf die Frage an die Amerikaner, was er tun solle, wenn der Befehl erteilt werde, unseren Leuten die Kartoffeln wegzunehmen, habe er keine Antwort bekommen.

Staatsminister Dr. Baumgartner erklärt, er habe gehört, daß Podeyn bei der Besprechung am Montag auch dabei sein solle. Nachdem die CSU die ganze Verantwortung habe, müsse man auch Gelegenheit haben, mit Schlange-Schöningen allein zu verhandeln.7 Bei der fachlichen Verhandlung könne man Podeyn zulassen.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, er wisse nicht, ob Podeyn komme. Er stelle sich vor, daß man zunächst ganz nüchtern und sachlich über die Frage, ob Kartoffeln da seien, verhandle und sich irgendwie zu verständigen suche. Bei dieser Besprechung könne Podeyn anwesend sein. Dagegen nicht bei der internen politischen Aussprache.8

Staatsminister Dr. Baumgartner erklärt weiter, stv. Ministerpräsident Dr. Müller sei sechs Stunden bei Schlange-Schöningen und Podeyn gewesen. Er bitte, daß dieser möglichst umgehend dem Ministerpräsidenten über diese Besprechung Bericht erstatte. Man müsse wissen, was dabei herausgekommen sei. Im übrigen sei er gerne bereit, die geplante Landwirtschaftsministerkonferenz abzublasen.

Staatsminister Dr. Pfeiffer führt über die Entwicklung der ganzen Angelegenheit folgendes aus: Am letzten Samstag sei das Telegramm an Schlange-Schöningen beschlossen worden.9 Dieser habe im Laufe des Montag telegrafiert, daß er es ablehne, zu kommen. Er sei zwar grundsätzlich bereit, komme aber nicht, solange die persönlichen Beleidigungen durch Dr. Baumgartner nicht geregelt seien. In einem Gespräch mit Dr. Seelos habe er auch Bezug darauf genommen, daß in der Neuen Zeitung vom Sonntag der Brief Dr. Baumgartners an den Ministerpräsidenten veröffentlicht worden sei.10 Es sei ihm sofort erwidert worden, das sei nur ein Nachläufer gewesen. Er (Dr. Pfeiffer) habe dann Dr. Müller zu einer Besprechung gebeten und ihm klar gemacht, daß es seine Aufgabe als Parteivorsitzender sei, dafür zu sorgen, daß man einen Strich darunter machen könne und daß Schlange-Schöningen schnellstens komme und daß sowohl die politische, die persönliche, technische und parteipolitische Seite der Angelegenheit bereinigt werde. Stv. Ministerpräsident Dr. Müller habe erwidert, wenn er mit Schlange-Schöningen sprechen solle, müsse er ungefähr wissen, wie die Sache eingeteilt werden solle. Er habe erklärt, es sei gedacht an eine Aussprache mit einer Regierungskommission, dann an eine interne Besprechung, hierauf an eine Sitzung, bei der der Landtag, die Gewerkschaften und der Bauernverband vertreten seien. Stv. Ministerpräsident Dr. Müller habe erwidert, Schlange-Schöningen werde dann Podeyn mitbringen. Er (Pfeiffer) habe das nicht für notwendig gehalten. Dr. Müller habe jedoch gemeint, er denke nur daran, wie er handeln würde, wenn er Schlange-Schöningen wäre. Hierauf sei das Ferngespräch mit Ansbach zustandegekommen11 und Dr. Müller habe Schlange-Schöningen aufgefordert, Podeyn mitzubringen. Die Aufforderung sei vielleicht mehr für die Besprechung mit den Gewerkschaften gemeint gewesen; nachdem Podeyn nun aber einmal vom stv. Ministerpräsidenten eingeladen worden sei, könne man ihn, ohne ihn zu beleidigen, nicht ausschließen. Es sei aber dann notwendig, daß noch einmal eine gesonderte parteipolitische Aussprache stattfinde. Dafür sei aber die Situation sehr ungünstig, da am Nachmittag der Vortrag von Semler12 stattfinde. Es solle nun um 10 Uhr die Besprechung mit dem Regierungsausschuß stattfinden, zu dem nach dem letzten Ministerratsbeschluß der Ministerpräsident, der stv. Ministerpräsident, der Landwirtschafts-, Wirtschafts-, Arbeits- und Innenminister sowie er selbst gehörten.13 Diese Aussprache könne bis 1/2 12 Uhr fertig sein. Anschließend daran solle bis etwa um 2 Uhr die Besprechung mit den Vertretern der Gewerkschaften und des Bauernverbandes erfolgen.

Staatsminister Dr. Baumgartner weist darauf hin, daß die Gewerkschaften und der Bauernverband nunmehr im Streit lägen und Reuter14 von den Gewerkschaften behaupte, daß die Kartoffeln da seien. Es sei also möglich, daß Reuter Schlange-Schöningen unterstütze.

Staatsminister Dr. Pfeiffer hält ein Hintereinanderschalten der Besprechungen mit den Gewerkschaften und dem Bauernverband auch nicht für möglich.

Staatsminister Dr. Baumgartner erklärt, er werde dann versuchen, daß sich beide vorher einigten und nicht in Gegenwart von Schlange-Schöningen aufeinander losgingen.

Staatsminister Dr. Pfeiffer fährt fort, um 3 Uhr sei dann der Vortrag von Semler.15 Hierauf finde eine Pressekonferenz statt, bei der auch Schlange-Schöningen anwesend sein wolle. Die Einteilung habe unglücklich werden müssen, weil Schlange-Schöningen am gleichen Tage wie Semler habe hierherkommen müssen und noch am gleichen Tag wieder wegfahren wolle.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, bei der Besprechung mit Schlange-Schöningen müsse man alle persönlichen Dinge ausschalten und alles darauf abstellen, ihm die Überzeugung beizubringen, daß nicht soviel Kartoffeln vorhanden seien, als er glaube. Das sei der Angelpunkt. Die Unterredung mit den Gewerkschaften bilde in der Tat eine große Gefahr. Reuter stehe tatsächlich auf dem Standpunkt, daß die Kartoffeln da seien, aber nicht hergegeben werden wollten. Das sei der gleiche Standpunkt, wie ihn General Clay habe. Hier dürfe man von Seiten des Bauernverbandes weder zuviel noch zu wenig behaupten, sondern müsse das Richtige vertreten und die Gewerkschaften in einer Besprechung vorher zu überzeugen versuchen.

Staatsminister Dr. Baumgartner fragt, was zu tun sei, wenn, was nach den Äußerungen Clays und der Haltung Schlange-Schöningens in der Öffentlichkeit anzunehmen sei, weiterhin dieses Liefersoll in Kartoffeln16 aufrecht erhalten bleibe.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, ein Befehl werde durchgeführt, soweit wir dazu in der Lage wären. Die Verantwortung hätten die Amerikaner.

Staatsminister Dr. Seidel bemerkt noch zu der Frage der Anwesenheit von Podeyn folgendes: Staatsminister Dr. Baumgartner behaupte, daß Schlange-Schöningen an sich zugänglich sei, daß aber seine Anweisungen gewöhnlich am nächsten Tag von Podeyn über den Haufen geworfen würden. Gerade deshalb halte er es für richtig, wenn Podeyn bei dieser Aussprache dabei sei.

Ministerpräsident Dr. Ehard berichtet noch, daß die Gewerkschaften und der Bauernverband kürzlich bei ihm gewesen seien und ihm erklärt hätten, die Situation sei so, daß sie am „Platzen“ sei. Eine Reihe von Betrieben gehe über ihre Betriebsräte hinweg und drohten mit Streiks und Unruhen, unter anderem damit, daß verschiedene Luxuslokale17 gestürmt werden sollten und daß Bauernhöfe einfach geplündert werden sollten. Die Polizei solle nur schießen. Reuter habe sogar erklärt, er selbst stelle sich vorne hin. Aber auch Hagen18 habe gesagt, es sei sehr schwer, die Leute noch bei der Stange zu halten. Es sei eine Reihe von Beanstandungen erhoben worden. Reuter habe z.B. behauptet, gegen den Schwarzhandel geschehe von uns aus nichts, während dies in allen anderen Ländern der Fall sei. Er habe sich aber gestern zusammen mit dem Innenminister bei der Polizei vergewissert, die behauptet habe, dies sei nicht richtig. Es sei natürlich unmöglich, auf jeder Nebenstraße jedes Fahrzeug anzuhalten. Aber was geschehen könne, geschehe. Ein großer Mangel sei, daß die Züge auf den Bahnsteigen nicht kontrolliert werden könnten. Hier stehe aber Bielefeld davor.19 Nun wolle man sich an den Wirtschaftsrat, den Exekutivrat und das Verwaltungsamt in Bielefeld wenden und auch an die Amerikaner. Die Sache mit der Schließung der Luxuslokale sei auch nicht so einfach. Zuerst müßten strafbare Handlungen nachgewiesen werden. Dies sei nicht so einfach. Wenn aber vom Standpunkt der Bedürfnisfrage aus einmal ein solches Lokal geschlossen werden solle, dann kämen alle möglichen Leute, auch Arbeitnehmer-Vertreter, damit diese Maßnahme zurückgenommen werde. Weiter sei eingehend die Frage der Kontrolle des Druckes der Lebensmittelmarken20 besprochen worden. Auch hier seien Behauptungen aufgestellt worden, die nicht richtig seien. Richtig sei nur, daß die Kontrolle des Druckes verschärft werden könne, schon bei der Papierherstellung. Vielleicht könne man auch noch die Zahl der Druckereien, die mit dem Druck von Lebensmittelmarken befaßt seien, vermindern.

Staatsminister Dr. Baumgartner erwidert, z. Zt. tage bei ihm unter Vorsitz von Staatsrat Dr. Niklas21 ein Ausschuß, der feststelle, was noch irgendwie verbesserungsbedürftig sei und dann die entsprechenden Vorschläge mache.

Ministerpräsident Dr. Ehard fügt noch hinzu, auch der Wirtschaftsminister solle sich einmal mit den Gewerkschaften im engeren Kreis zusammensetzen, da auch noch verschiedene Fragen auf dem Gebiet der Wirtschaft offen seien. Diese Aussprache solle in seiner Gegenwart stattfinden. Vielleicht könne das Mitte der nächsten Woche geschehen. Einige Anregungen der Gewerkschaften, die er bereits bekommen habe, werde er unmittelbar dem Wirtschaftsministerium zukommen lassen. Es handle sich hier hauptsächlich um die Verteilung der Armeebestände. Es gehe zwar nicht, daß dies die Gewerkschaften allein verteilten, er halte es aber für zweckmäßig, wenn sie mit eingeschaltet würden.

II. Feiertagsregelung: hier: Büß- und Bettag22

Staatsminister Dr. Ankermüller führt aus, das Innenministerium habe eine Bekanntmachung erlassen, daß der Büß- und Bettag in Orten mit überwiegend protestantischer Bevölkerung gesetzlicher Feiertag sei. Nun habe die evangelische Landeskirche mitgeteilt, daß diese Verfügung nicht ihren Wünschen entspreche. Sie habe die evangelischen Pfarrämter bereits mit anderen Anordnungen versehen. Der Büß- und Bettag solle nur in den ehemals Coburgischen Landesteilen und in der Enklave Ostheim v.d. Rhön23 gesetzlicher Feiertag sein.24 Nun sei die Bekanntmachung des Innenministeriums bereits im heutigen Staatsanzeiger25 veröffentlicht. Man müsse aber wohl dem Wunsch der Landeskirche entsprechen und diese Bekanntmachung wieder aufheben.

Es herrscht allgemeines Einverständnis damit, daß die von der evangelischen Landeskirche gewünschte Regelung erfolgt und die Bekanntmachung des Innenministeriums entsprechend abgeändert wird. In der Abänderungsverfügung soll zum Ausdruck kommen, daß dies auf Wunsch der evangelischen Landeskirche erfolgt. Der Wortlaut soll aber noch einmal mit dem Landeskirchenrat besprochen werden.26

III. Persönliche Erklärung des Staatssekretärs Dr. Schwalber

Staatssekretär Dr. Schwalber erklärt, in Dachau seien Butterverschiebungen vorgekommen, mit denen sein Name in Verbindung gebracht werde.27 Er erkläre hier auf Ehrenwort, daß er mit keinem der in Frage stehenden Geschäfte und auch nicht mit der Molkerei irgendwelche Beziehungen unterhalten habe, diese niemals betreten und auch kein Gramm Butter bezogen habe. Die Aufdeckung des Skandals sei von der KPD in die Öffentlichkeit getragen worden. Diese behaupte, daß 300 Ztr. verschoben worden seien. Tatsache sei, daß das Ernährungsamt B die Unterschlagungen allein aufgedeckt habe. Es handle sich um 26 Ztr., die auf äußerst raffinierte Weise aus der Molkerei herausgekommen seien. Bezeichnend sei aber, daß diese kommunistische Propaganda, welche den Stadtpfarrer28 und ihn in Zusammenhang mit diesen Vorgängen bringe, vom Mitteilungsblatt der CSU übernommen worden sei,29 ohne daß man bei ihm vorher angefragt habe. Dort sei zwar sein Name nicht genannt, es heiße aber, daß die Aufdeckung des Skandals größeren Schwierigkeiten begegnen werde, da höhere Herren verwickelt seien. Er habe aber mit der Sache nicht das mindeste zu tun.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß diese Angelegenheit zur Kenntnis diene. Die Verleumdungen nähmen allmählich in einer Form zu, die fürchterlich sei. Noch bedauerlicher sei, daß sie aus eigenen Parteikreisen erfolgten. Man könne aber gar nichts dagegen tun, sondern sei völlig hilf- und schutzlos. Die Justiz versage aus zwei Gründen: Einmal, weil sie völlig aus dem Konzept gebracht sei durch die Nazizeit und die Kritik hinterher und dann, weil sie den Begriff der Wahrung berechtigter Interessen völlig verkenne.30

Staatssekretär Geiger kommt in diesem Zusammenhang auf folgende Sache zu sprechen, die mit seiner Person zusammenhinge: Die Südwerke in Bamberg31 seien auf die Demontageliste32 gesetzt worden, obwohl ihnen bis zum Schluß immer wieder beruhigende Erklärungen gegeben worden seien.33 Daraufhin hätten sie sich an die Militärregierung gewendet, welche ihnen geantwortet habe, daß eine deutsche Behörde in Bayern die Südwerke zur Demontage angeboten hätte im Austausch gegen ein gleichwertiges Werk in der Nähe von München. Es werde vermutet, daß es sich hier um Krauss-Maffei34 handeln solle. Die Südwerke seien dann zum Wirtschaftsminister gekommen, der ihnen erklärt habe, das Wirtschaftsministerium habe diesen Vorschlag nicht gemacht. Es sei nun allgemein aufgefallen, daß er zu dieser Besprechung nicht zugezogen worden sei, weshalb die Südwerke vermuteten, daß er (Geiger) es gewesen sei. In ganz Oberfranken werde nun dieses Gerücht schon verbreitet. Er habe sich aber bis zum letzten Moment bei McGiffert35 für die Erhaltung der Südwerke eingesetzt, es sei also genau das Gegenteil richtig.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, die Leute seien kürzlich bei ihm gewesen und hätten ihm das mitgeteilt.36 Er habe erwidert, es sei überhaupt keine Firma ausgetauscht worden. Dann habe er erfahren, daß der Austausch vor Fertigstellung der Demontageliste erfolgt sein solle. Er habe erklärt, das sei eine völlig neue Behauptung. Er wisse nur, daß sich die Regierung37 wiederholt für die Erhaltung der Südwerke verwendet habe. Es sei ihm nun ein Brief gezeigt worden von einem amerikanischen Kontrolloffizier, in dem in der Tat stehe, daß irgend eine bayerische Stelle dies im letzten Moment veranlaßt habe. Der amerikanische Offizier verweigere aber die Auskunft, welche Stelle dies sei. Wenn man etwas erfahre, werde Mitteilung gemacht werden. Solche Hetzereien gebe es nun am laufenden Band.

IV. Ernennung des Generalstaatsanwalts beim Oberlandesgericht Bamberg

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, das Justizministerium schlage vor, den Ministerialrat Dr. Ernst Steffen38 mit Wirkung vom 16. November 1947 zum Generalstaatsanwalt am Oberlandesgericht Bamberg zu ernennen.39

Der Antrag wird einstimmig gebilligt.

V. Ernennung des Leiters der Gesundheitsabteilung des Bayer. Staatsministeriums des Innern

Staatsminister Dr. Ankermüller führt aus, die Gesundheitsabteilung sei seit der Abberufung des Professors Seiffert40 ohne ärztliche Leitung gewesen.41 Vorübergehend sei Dr. Hösch42 beauftragt gewesen, nun habe man, nachdem kein Arzt zur Verfügung gestanden sei, einen Juristen kommissarisch mit der Leitung beauftragt.43 Mit dieser Besetzung durch einen Juristen seien aber die Amerikaner nicht einverstanden. Nun sei es sehr schwer, einen Mann hierfür ausfindig zu machen, weil gegen jeden Kandidaten wieder andere Bedenken vorgebracht würden. Als einziger Mann sei vorübergehend Dr. Aub,44 der Leiter der ärztlichen Abteilung von der Regierung von Oberbayern, übrig geblieben. Er schlage nun vor, einstweilen vorübergehend die Stelle mit Dr. Aub zu besetzen, ihn aber allerdings noch bei der Regierung von Oberbayern zu belassen.

Ministerpräsident Dr. Ehard schließt sich diesem Vorschlag an; man könne die Sache nicht mehr länger hinausschieben. Es handle sich auch nur um eine kommissarische Besetzung. Die Ärzteorganisationen hätten sich zwar schließlich auf Dr. Bühner45 als Leiter der Gesundheitsabteilung geeinigt. Als darauf der Innenminister sich die Herren habe kommen lassen, seien sie der Reihe nach wieder umgefallen. Es müsse endlich einmal eine Beruhigung eintreten;46 bis man zu einem endgültigen Ergebnis komme, müsse man die Stelle kommissarisch besetzen.

Mit der kommissarischen Besetzung der Stelle durch Dr. Aub herrscht allgemeines Einverständnis.

Ministerpräsident Dr. Ehard fügt hinzu, zur Frage der Verantwortung müsse er doch einmal etwas sagen. In der letzten Zeit seien zu verschiedenen Malen von maßgebenden Stellen Leute zu ihm geschickt [worden] oder mit Briefen dieser Stellen zu ihm oder seiner Frau gekommen, in denen gestanden sei, wenn der Ministerpräsident eine Befürwortung ausspreche, dann könne eine Wohnung gegeben, Zuzug genehmigt werden usw.. So gehe das wirklich nicht.

Staatsminister Dr. Ankermüller erklärt, das hänge mit der mangelnden Entschlußfähigkeit der unteren Stellen zusammen.

VI. Abstellung von Richtern an die Berufungskammern47

Staatssekretär Dr. Lacherbauer führt aus, bisher sei vom Justizministerium die Auffassung vertreten worden, daß die Abordnung von Richtern an das Sonderministerium möglich sei. Dieser Standpunkt sei im Benehmen mit dem Ministerpräsidenten und dem Herrn Justizminister festgelegt worden.48 In der Praxis seien nun Zweifel geltend gemacht worden und zwar von zwei Augsburger Richtern.49 Nun habe man die Frage im Justizministerium von der verfassungsrechtlichen Seite aus überprüft. Man sei der Auffassung, daß das Gesetz vom 5. 3. 4650 und die hiezu erlassenen Rechtsverordnungen über die Vorschriften der Verfassung51 hinausgehen könnten. Man habe aber trotzdem ernstliche Zweifel, ob durch eine Verwaltungsverfügung ein Richter aus seinem richterlichen Kreis abgeordnet werden könne in den Sonderaufgabenkreis des Sonderministeriums. Er bitte den Ministerrat, zu dieser Frage eine klare Stellungnahme abzugeben.

Staatsminister Dr. Hagenauer erwidert, diese Bedenken seien schon lange an ihn herangetragen worden. Er habe sich auf den Standpunkt gestellt, daß es sich bei der Verwendung im Kassationshof und bei den Berufungskammern auch um eine richterliche Tätigkeit handle und daß die Verfassungsbestimmungen vom Befreiungsgesetz nicht betroffen seien. Man könne mit gutem Grund verlangen, daß einer solchen Abordnung Folge geleistet werde. Er gebe zu, daß diese Stellungnahme nicht ganz fundiert sei, nun werde aber mit der Anrufung des Verfassungsgerichtshofs gedroht.

Staatssekretär Dr. Lacherbauer wirft ein, es sei von einem Richter mit der Anrufung der Militärregierung gedroht worden.

Staatsminister Dr. Hagenauer erwidert, dort könne der Schuß nach hinten losgehen, weil die Militärregierung alles tue, um die Durchführung des Befreiungsgesetzes zu beschleunigen. Bei der Gelegenheit wolle er auch fragen, wie es mit den Herren stehe, die nicht Richter seien und es trotzdem abgelehnt hätten, einer Abordnung Folge zu leisten. Man müsse ernstlich die Frage erheben, ob das mit der Staatsautorität vereinbar sei.

Staatssekretär Dr. Lacherbauer erwidert, diese Frage sei an sich nicht Gegenstand der Debatte. Er wisse, daß man gerade für die Tätigkeit bei einer Spruchkammer die Leute nicht gerade zwingen könne. Das Justizministerium könne nicht mehr tun, als die Leute freigeben. Das Sonderministerium habe ja dann die Verpflichtungsmöglichkeit. Von dieser habe das Sonderministerium aber noch keinen Gebrauch gemacht.

Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, diese Angelegenheit habe eine persönlich-sachliche und eine rechtliche Seite. Zur persönlich-sachlichen Seite müsse er sagen, daß er das Verhalten der Richter außerordentlich bedauere. Diesen könne man mit Recht vorhalten, daß, solange die Nazis dagewesen seien, man von gewissen Richtern auf Wunsch serienweise Todesurteile bekommen habe. Jetzt, wo es sich darum handle, daß ein Richter für eine richterliche Tätigkeit im Rahmen einer gesetzlich vorgeschriebenen Aufgabe eingesetzt werde, versteckten sie sich hinter der Verfassung, um einer unangenehmen Aufgabe zu entgehen. Er habe eine Reihe von Herren persönlich angeschrieben, auch damit habe er sehr wenig Erfolg gehabt.52 In einem Fall habe er eine Antwort bekommen, die, gelinde gesagt, an eine grobe Unhöflichkeit grenze. Was die rechtliche Seite anlange, stehe er auf folgendem Standpunkt: Ein Richter sei gewiß unabhängig, er sei aber auch Beamter. Man könne ihm eine richterliche Aufgabe zuweisen, auch eine andere richterliche Aufgabe, und er müsse sie dann übernehmen. Die Richter seien verpflichtet, im Rahmen des Befreiungsgesetzes richterliche Aufgaben zu übernehmen. Das Befreiungsgesetz verlange eine Reihe von zum Richteramt befähigten Personen.53 Diese seien dort genauso unabhängig wie in der Justiz. Er sei der Meinung, eine Abordnung sei möglich und müsse erfolgen.

Staatssekretär Dr. Lacherbauer erklärt noch, das Justizministerium sei bis an den Rand des Möglichen gegangen und habe so viele Fachkräfte zur Verfügung gestellt, wie kein anderes Ministerium. Bis jetzt seien es 59. Von hier aus habe man alles getan. Man habe die Abordnung verfügt und wolle nun wissen, ob der Ministerrat in dieser Frage auf Seiten des Justizministeriums stehe.

Ministerpräsident Dr. Ehard wiederholt, es handle sich darum festzustellen, ob der Ministerrat der Meinung sei, daß es rechtlich durchaus möglich und weder ein Verstoß gegen die Verfassung noch gegen die richterliche Unabhängigkeit sei, wenn man Richter zu einer richterlichen Tätigkeit, wie sie bei der Durchführung des Befreiungsgesetzes gegeben sei, abordne. Er sei der Meinung, daß man es tun könne und daß man die Richter dazu zwingen könne. Der Richter werde nicht versetzt, sondern bekomme nur eine veränderte richterliche Tätigkeit. Für die dagegen vorgebrachten Argumente der Richter habe kein Mensch Verständnis. Ministerpräsident Dr. Ehard stellt abschließend fest, daß der Ministerrat einstimmig der Auffassung ist, daß die Abordnung der Richter zu dieser Tätigkeit keinen Verstoß gegen die Verfassung und die richterliche Unabhängigkeit darstellt und zulässig ist.

Staatsminister Dr. Hagenauer fügt hinzu, er halte es für außerordentlich notwendig, daß das Finanzministerium das Sonderministerium dadurch unterstütze, daß man diesen Herren eine gewisse finanzielle Zulage gebe, um einen Anreiz zu bieten. Bei den Berufungskammern bekämen sie keine Zulage, beim Kassationshof nur die Ministerialzulage. Er halte es für unbedingt erforderlich und zweckmäßig, wenn das Finanzministerium großzügige Zulagen bewillige. Es bestehe ein dringendes Interesse daran, die Entnazifizierung möglichst noch vor der Währungsreform zu Ende zu bringen. Er denke an eine Zulage von 25–30% des Gehalts.

Staatsminister Dr. Kraus spricht sich dagegen aus. Derartige Eingriffe in das Besoldungssystem würden täglich beantragt. Er brauche nicht nur auf die Finanzlage allein hinzuweisen. Auch besoldungspolitisch sei dieser Vorschlag von sehr großer Tragweite.

Ministerpräsident Dr. Ehard hält eine nähere Prüfung dieser Sache für erforderlich. Man könne den Leuten irgendwie entgegenkommen, aber nicht in diesem Ausmaß. Früher seien die Leute auch abgeordnet worden, ohne daß sie etwas bekommen hätten. Mit Rücksicht auf die Besonderheit der Sache solle sich aber einmal das Sonderministerium mit dem Finanzministerium in Verbindung setzen.

Staatsminister Dr. Kraus weist allgemein darauf hin, daß es so nicht weitergehe. Gestern habe er in der Zeitung gelesen, daß bei einer Flüchtlingskonferenz in Rothenburg54 der Staatssekretär für das Flüchtlingswesen die Anregung gegeben habe, den Flüchtlingen sehr erhebliche Weihnachtszuwendungen zu geben. Die anderen Länder hätten dies aber abgelehnt mit Rücksicht auf die Finanzlage. Anscheinend habe man seine Rede über die Haushaltslage nicht gehört.55 Er Mache sich stündlich Sorge über die Finanzlage. Der württembergische Finanzminister56 habe ihm schon gesagt bei uns habe man zu hohe Ausgaben Der Vorschlag von Staatssekretär Jaenicke sei unerhört. Der ganze Vorgang sei unbegreiflich.

Staatsminister Dr. Ankermüller erwidert, im Haushaltsausschuß habe Jaenicke aber gesagt, daß eine solche Zuwendung nicht möglich sei. Er werde die Sache überprüfen.

Ministerpräsident Dr. Ehard wiederholt, wegen der Entschädigung der zu den Spruchkammern abgeordneten Richter solle erst einmal eine Querverbindung hergestellt werden, ob überhaupt etwas geschehen solle. Man könne sich die Sache überlegen. Er sei aber der Meinung, wenn einer eine Tätigkeit bloß wechsle in der Form, daß er in ein anderes Büro gehe und am gleichen Ort bleibe, brauche man keine Zulage zu gewähren.

Staatsminister Dr. Hagenauer erwidert, grundsätzlich stehe er auf dem gleichen Standpunkt, aber der Erfolg sei bisher sehr negativ gewesen.

Staatsminister Dr. Kraus erklärt, die Leute drückten sich aus ganz anderen Gründen, mit Geld werde man da nicht viel ausrichten können.

VII. Gesetz zur Überführung der bei der politischen Befreiung tätigen Personen in andere Beschäftigungen

Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, hier lägen Entwürfe auf Länderratsebene vor.57

Staatsminister Dr. Hagenauer teilt hiezu mit, gestern sei nun in Stuttgart im Entnazifizierungsausschuß der endgültige Entwurf fertiggestellt worden.58

Staatsminister Dr. Kraus weist darauf hin, daß in dem neuen Entwurf Bestimmungen über Kapitalabfindung enthalten seien; das habe doch haushaltsrechtliche Auswirkungen.59

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, die Gewerkschaften seien sehr scharf hinter dem Gesetz her und verlangten es, sonst stellten sie niemand mehr zur Verfügung. Mit Rücksicht auf die neuen Änderungen sei er der Meinung, daß die Frage zunächst einmal mit dem Finanzministerium besprochen werden solle. Auch das Justizministerium werde mit der Sache befaßt werden müssen, unter Umständen auch das Landespersonalamt. Heute habe es keinen Zweck, darüber zu verhandeln. Die Besprechungen müßten aber möglichst bald stattfinden.

Die Beratung des Entwurfs wird zurückgestellt.60

VIII. Unterstellung des Landesamts für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung unter das Bayer. Staatsministerium der Finanzen61

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, daß das Wirtschaftsministerium nunmehr der Unterstellung des Landesamtes für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung unter das Finanzministerium zugestimmt habe unter der Voraussetzung, daß dem Wirtschaftsministerium bei der Bestellung oder dem Wechsel eines Treuhänders und der Veräußerung oder der Verpachtung von gewerblichen Betrieben größeren Umfangs eine ausreichende Einflußnahme gegeben werde.

Staatsminister Dr. Kraus erwidert, er halte diesen Vorbehalt für selbstverständlich. Das Wirtschaftsministerium habe ja auch im Verwaltungsrat einen Vertreter.62

Staatsminister Dr. Seidel erwidert, im Verwaltungsrat würden Treuhänderstellen aber nicht erörtert. Er werde daher im Verwaltungsrat einen entsprechenden Antrag stellen lassen und hoffe, daß er die Unterstützung der anderen Mitglieder bekomme.

Ministerpräsident Dr. Ehard fügt hinzu, es werde sich sicher ein Modus finden lassen, durch den die Vertretung der Interessen des Wirtschaftsministeriums sichergestellt sei.

Staatsminister Dr. Kraus erklärt, daß man dem Landesamt die Auflage geben könne, sich in allen wichtigen Fragen an den Verwaltungsrat oder die beiden Ministerien zu wenden.

Es wird beschlossen, daß das Landesamt für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung mit Wirkung vom 1. 1. 48 dem Bayer. Staatsministerium der Finanzen unterstellt werden solle. Die hiefür erforderliche Verordnung soll von der Staatskanzlei ausgearbeitet werden.63

IX. Gesetz zur Sicherung der Brennstoffversorgung und zur Förderung der Braunkohlenwirtschaft

Staatssekretär Dr. Lacherbauer und Staatssekretär Dr. Schwalber äußern Bedenken gegen die Behandlung dieses Entwurfes.64

Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, die Sache dann zurückzustellen, da er selbst eine Reihe von Bedenken habe. Er empfehle aber, die Sache möglichst bald zu behandeln. Die von einzelnen Ministerien erhobenen Bedenken sollten möglichst bald der Staatskanzlei zugeleitet werden.

Staatssekretär Dr. Lacherbauer schlägt eine interministerielle Sitzung der beteiligten Ministerien vor.

Die Angelegenheit wird zurückgestellt.

Staatsminister Dr. Kraus schließt sich diesem Vorschlag an.

Ministerpräsident Dr. Ehard empfiehlt, den Verfasser dieses Entwurfes,65 Ministerialdirigenten Ringelmann,66 zu beauftragen, eine Besprechung unter den beteiligten Ministerien abzuhalten.

Hiermit herrscht allgemeines Einverständnis.67

X. Niederlassungsordnung für Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte und Dentisten

Ministerpräsident Dr. Ehard bezeichnet als Kernfrage des Entwurfes, daß jemand, der ein Examen gemacht habe, darüber hinaus zur Niederlassung noch einer besonderen Genehmigung des Innenministeriums bedürfe. Im Anschluß daran berichtet er über die Grundzüge des Entwurfes. Er schlägt weiter vor, in der Einleitung der Verordnung die Worte „nach Anhörung der zuständigen Berufsvertretungen“ wegzulassen. Weiter sei zu überlegen, ob die Verordnung vom Innenministerium oder von der Staatsregierung erlassen werden solle. Anstelle von „nach Zustimmung des Landtags“ werde es besser heißen „mit Zustimmung des Landtags“.

Staatssekretär Dr. Schwalber weist auf den § 5 hin.68 Es kämen sicher Beschwerden, wenn den Amtsärzten die Ausübung von Privatpraxis ohne besondere Genehmigung gestattet werde.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, man könne darüber reden, ob man den Amtsärzten die Privatpraxis überhaupt verbieten solle. Dann müsse man sie unter Umständen aber besser bezahlen. Wenn man den Amtsärzten die Privatpraxis aber gestatte, müsse man auch die Niederlassungserlaubnis als erteilt ansehen.

Staatsminister Dr. Seidel weist darauf hin, daß eine ganze Reihe von Ärzten im Interesse der Allgemeinheit sich zur Übernahme der amtsärztlichen Tätigkeit bereit erklärt hätten, obwohl sie eine gutgehende Privatpraxis hätten verlassen müssen.

Staatsminister Dr. Kraus wirft die Frage auf, ob man die Genehmigung im Innenministerium zentralisieren oder sie wie bei den Apothekern den Kreisregierungen69 überlassen solle.

Staatsminister Dr. Ankermüller meint, dies könne durch die Vollzugsvorschriften geregelt werden.

Ministerpräsident Dr. Ehard schließt sich dieser Meinung an.

Staatssekretär Dr. Lacherbauer hält eine Zentralisierung im gegenwärtigen Augenblick für notwendig. Im übrigen weist er darauf hin, daß die Verfassung den Grundsatz der Gewerbefreiheit kenne. Eine Einschränkung dieses Grundrechts bedürfe an sich der gesetzlichen Grundlage. Hier handle es sich nur um eine Verordnung. Dadurch, daß der Landtag aber zustimmen solle, erhalte sie den Charakter eines Gesetzes.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt abschließend fest, daß die Niederlassungsordnung mit den angeführten Änderungen dem Landtag vorgelegt werden soll. In § 14 soll noch folgender Absatz angefügt werden: „Diese Verordnung tritt am ... in Kraft“.70

XI. Gesetz über Schulpflege71

Staatsminister Dr. Hundhammer berichtet über die Vorlage72 und schlägt folgende zwei Änderungen vor: Der Titel des Gesetzes soll lauten: „Gesetz über Schulpflege an den Volksschulen“.

In § 1, Abs. 1 Nr. 5 sollen die dort in Klammern gesetzten Worte: „Schulräume, Schuleinrichtungen, Lehr- und Lernmittel, sonstiger Schulbedarf“ gestrichen werden.73

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt noch, es sei angeregt worden, in § 5 bei den Vertretern der Gemeinde irgendwie zum Ausdruck zu bringen, daß auch Frauen mit herangezogen werden sollen.74

Staatsminister Dr. Hundhammer erklärt, ein Hindernis zur Heranziehung von Frauen bestehe natürlich nicht.75

Ministerpräsident Dr. Ehard, Staatsminister Dr. Kraus und Staatsminister Dr. Ankermüller regen an, die Frauen aber ausdrücklich zu erwähnen.

Staatsminister Dr. Hundhammer erwidert, an sich stehe natürlich nichts im Wege. Er halte aber das Prinzip nicht für richtig, das ausdrücklich die Beteiligung von Frauen vorschreibe. Die Einschaltung der Frauen sei generell offen gelassen. Ein Bedürfnis zu einer ausdrücklichen Bestimmung könne er nicht sehen.

Ministerpräsident Dr. Ehard meint, es solle ja keine Zwangsvorschrift gemacht werden, sondern nur eine Sollvorschrift. Es solle zum Ausdruck gebracht werden, daß die Frau gerade beim Erziehungswesen besonders berücksichtigt werden solle.

Staatssekretär Dr. Lacherbauer schlägt vor, um etwaige Verwaltungsstreitigkeiten hintanzuhalten, in der Begründung des Gesetzes dies zum Ausdruck zu bringen.

Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, er sei davon überzeugt, daß ein solcher Antrag auf Beteiligung der Frauen kommen werde und zwar als Zwangsvorschrift. Daraus könne eine grundsätzliche Debatte entstehen, der man die Spitze abbreche, wenn man schon jetzt eine solche Bestimmung hereinnehme. Allerdings müsse man in der Begründung nicht nur einen Satz nebenbei hinschreiben, sondern die Sache ganz stark betonen, daß die Frauen in der Erziehung besondere Bedeutung hätten und die Gemeindevertreter darauf Rücksicht nehmen sollen. Vielleicht könne man ungefähr schreiben: „Bei der besonderen Stellung der Frau auf dem Gebiete des Erziehungswesens erscheint es notwendig, diese hier besonders zu berücksichtigen“.

Staatsminister Dr. Hundhammer erklärt sich damit einverstanden.

Die Staatskanzlei soll eine entsprechende Formulierung vorschlagen und hiezu die Zustimmung des Kultusministeriums einholen.76 Im übrigen wird beschlossen, den Entwurf dem Landtag vorzulegen.77

XII. Gesetz über die Verhältnisse der Lehrer an wissenschaftlichen Hochschulen78

Die Angelegenheit wird zurückgestellt.

XIII. Gesetz über die Ahndung der Schulversäumnisse

Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, auch diese Vorlage79 zurückzustellen. Die Sache sei nicht so dringlich. Außerdem entstehe hierbei die unangenehme Frage des Verwaltungsstrafverfahrens.

Staatsminister Dr. Hundhammer erwidert, er bitte die Sache aber nicht zu weit zurückzustellen.

Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, daß das Kultusministerium die Sache noch einmal mit dem Justizministerium überlegen solle. Vielleicht könne man anstelle des Verwaltungsstrafverfahrens ein Ordnungsstrafverfahren einführen.

Mit diesem Vorschlag herrscht allgemeines Einverständnis.80

XIV. Gesetz zur Bekämpfung widerrechtlichen Tauschhandels81

Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, daß er diesen Entwurf nicht gutheißen könne. Er könne sich nicht entschließen, ihn heute zur Debatte zu stellen. Es handle sich um keinen strafrechtlichen Tatbestand. Weiter werde jeder entgegenhalten, man werde nicht einmal mit den richtigen Schwarzhändlern fertig, jetzt wolle man sogar die bloße Vorbereitungshandlung mit Gefängnis bestrafen. Es handle sich seiner Auffassung nach um ein Gesetz, wie es nur absolute Hilflosigkeit zustande bringen könne.

Staatssekretär Dr. Lacherbauer weist darauf hin, daß bei diesem Gesetz vor allem an die Leute gedacht sei, die aus dem Rheinland mit Koffern voll Tauschwaren herunterkämen. Die Polizei habe sich beklagt, daß sie hier nicht zugreifen könne.

Schließlich wird festgestellt, daß die Vorlage noch einmal überprüft werden soll.

XV. Abänderung des Gesetzentwurfes über die staatliche Rechnungsprüfung in Bayern82

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, daß gegen diesen Entwurf vom Präsidenten des Rechnungshofes83 noch Bedenken erhoben worden seien.84

Staatsminister Dr. Ankermüller erklärt, daß Präsident Cammerer auch bei ihm gewesen sei, das Innenministerium solle noch Gelegenheit erhalten, zu den Abänderungsvorschlägen Stellung zu nehmen.

Staatsminister Dr. Kraus führt aus, die Differenz zwischen der Finanzverwaltung und dem Rechnungshof bestehe in folgendem: Im Rechnungshof herrsche noch der Potsdamer Geist des ehemaligen Rechnungshofes des Deutschen Reiches. Der Rechnungshof wolle ein Staat im Staate sein. Demgegenüber stehe er auf dem Standpunkt, daß die Rechnungsprüfung zwar vollkommen unabhängig sein solle, und zwar auch die Erstprüfungsstellen, die nur vom Rechnungshof Weisungen bekommen sollten. Der Rechnungshof gehe aber weiter, und zwar dahin, daß die Rechnungsprüfungsämter vollständig aus der Verwaltung ausgegliedert werden sollten. Er wolle einen eigenen Unterbau haben.85 Das gehe seines Erachtens zu weit. Er könne selbst eine Praxis von 40 Jahren aufweisen, sei Leiter der Bayer. Rechnungskammer gewesen und könne daher die Angelegenheit beurteilen. Wenn man die Rechnungsprüfungsämter vollständig aus der Finanzverwaltung ausgliedere, so komme man zu einer neuen Behördenordnung. Dabei wolle man doch das Gegenteil, die Einheit der Verwaltung, anstreben. Nach seinen Plänen sollten die Rechungsprüfungsämter Bestandteile der künftigen Finanzkammern werden. Sie seien zwar Bestandteile der Finanzverwaltung, unterlägen aber nur den Weisungen des Rechnungshofs. Auch könnten die Begriffe „Rechnungsprüfung“ und „Verwaltungsprüfung“ nicht klar auseinandergehalten werden. Man müsse die Rechnungsämter auch für gewisse Aufgaben der Finanzverwaltung heranziehen, z.B. für Kassenprüfungen, Steuerprüfungen, Gebührenprüfungen. Er bitte daher, es im großen und ganzen bei dem bisher bewährten System der Organisation zu lassen. Neue Behörden zu schaffen halte er für unzweckmäßig. Er gehe aber so weit, daß er vorschlage zu sagen, daß anstatt „im Benehmen“ „im Einvernehmen mit dem Rechnungshof“ den Rechnungsämtern Aufgaben übertragen werden könnten. Es komme weiterhin dazu, daß man in Bayern keine 40 Amtsräte brauche, wie es der Rechnungshof vorschlage.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, 2 Dinge schienen ihm richtig zu sein: Einmal, daß man nicht eine eigene Organisation aufzäume und weiter, daß, soweit die Rechnungsämter mit Prüfungen befaßt seien, sie nur den Weisungen des Rechnungshofes unterstünden. Daneben halte er es aber auch für sehr zweckmäßig, wenn das Finanzministerium gerade diese unabhängigen Rechnungsämter mit besonderen Aufgaben betraue.

Staatsminister Dr. Ankermüller kann sich diesen grundsätzlichen Ausführungen ebenfalls nicht verschließen, schlägt aber doch vor, ihm die Möglichkeit zu einer erneuten Rücksprache zu geben.

Ministerpräsident Dr. Ehard hält dies für richtig, meint, man könne die Sache aber heute trotzdem fertigmachen mit dem Vorbehalt, daß bei dieser Besprechung nichts besonderes herauskomme.

Staatsminister Dr. Kraus weist darauf hin, daß der Haushalt des Rechnungshofes demnächst beraten werde, darin seien Hunderte von Beamtenstellen auf Vorrat vorgesehen. Die Sache müsse im Laufe dieser Woche beraten werden. Er bitte, die Sache mit dem erwähnten Vorbehalt zu erledigen. Er gehe gern auf jede Anregung ein.

Es wird beschlossen, der Vorlage zuzustimmen. Es soll aber noch eine Rücksprache mit dem Innenminister stattfinden, in welcher er etwaige Bedenken geltend machen kann. Wenn sich in dieser nichts Neues ergibt, soll die Vorlage unverändert erfolgen. Im anderen Falle soll die Angelegenheit noch einmal besprochen werden.86

XVI. Abänderung des Gesetzes über den Finanzausgleich zwischen Staat, Gemeinden und Gemeindeverbänden für das Rechnungsjahr 1947

Staatsminister Dr. Kraus führt aus, das Gesetz sei vom Landtag schon verabschiedet worden.87 Nun habe die Militärregierung Einspruch erhoben und habe verlangt, daß nähere Bestimmungen über den Brückenzoll aufgenommen und daß die Gewerbesteuer ab 1.1.1948 den Gemeinden überwiesen werde.88 Diesen Wünschen sei in der Vorlage Rechnung getragen.

Die Vorlage wird einstimmig genehmigt.89

XVII. Gesetz zur Abänderung des Gesetzes Nr. 71 zur beschleunigten Aburteilung von Wirtschaftsvergehen und Wirtschaftsverbrechen

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, nach dem Gesetz Nr. 7190 würden Verstöße gegen die in diesem Gesetz aufgezählten Gesetze und Verordnungen im beschleunigten Verfahren behandelt. Die Verordnung Nr. 14 der Militärregierung91 fehle in dieser Liste. Auf Wunsch der Militärregierung werde eine entsprechende Ergänzung vorgenommen.

Die Vorlage wird einstimmig genehmigt.92

XVIII. Verordnung zur Durchführung des Kontrollratsgesetzes Nr. 51 – Kraftfahrzeugsteuer93

Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, es handle sich um eine Durchführungsverordnung rein technischer Art zum Kontrollratsgesetz Nr. 51, die von der Militärregierung verlangt worden sei. Von der Staatskanzlei sei vorgeschlagen worden, folgende Eingangsformel zu wählen: „Zur Durchführung des Kontrollratsgesetzes Nr. 51 hat die Bayer. Staatsregierung auf Grund der Ermächtigungen des Amtes der Militärregierung für Bayern vom 5. 5. und 4. 8. 47 folgendes verordnet: „Das Finanzministerium habe sich mit dieser Abänderung einverstanden erklärt.“

Gegen den Erlaß dieser Verordnung in der abgeänderten Form werden keine Einwendungen erhoben.94

XIX. Allgemeine Personalfragen

Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, es sei heute eine ganze Reihe von Personalfragen zu behandeln. Nun sei er der Meinung, im Ministerrat solle nur das behandelt werden, was nach den Verfassungsbestimmungen behandelt werden müsse. Die übrigen Fragen, z.B. ob die Genehmigung zur Wiedereinstellung eines vom Befreiungsgesetz Betroffenen erteilt werden solle, sollten von einem kleinen Ausschuß behandelt werden,95 in dem immer das Finanzministerium, die Staatskanzlei und dann das betroffene Ressortministerium vertreten seien. Die Sache solle von der Staatskanzlei in die Hand genommen werden. Zweifelhafte Sachen und solche von politischer Bedeutung sollten dem Ministerrat vorgetragen werden.

Hiermit herrscht allgemeines Einverständnis.

XX. Ernennung des Oberstaatsanwalts Dr. Hechtel96 zum Ministerialrat im Sonderministerium

Staatsminister Dr. Hagenauer beantragt, Oberstaatsanwalt Dr. Hechtel97 zum Ministerialrat im Staatsministerium für Sonderaufgaben zu ernennen.

Ministerpräsident Dr. Ehard weist darauf hin, daß Dr. Hechtel der Rücktritt in den Geschäftsbereich des Justizministeriums vorbehalten werden solle.

Die Ernennung wird in der vorgeschlagenen Form einstimmig genehmigt.98

XXI. Ernennung des Generalsekretärs des Landespersonalamtes, Ministerialrat Dr. Metz, zum Ministerialdirigenten

Ministerpräsident Dr. Ehard verliest ein Schreiben des Finanzministeriums, wonach dieses damit einverstanden sei, daß der zum Generalsekretär des Landespersonalamtes bestellte Ministerialrat im Finanzministerium, Dr. Metz,99 an das Landespersonalamt versetzt und dort zum Ministerialdirigenten ernannt wird.

Staatsminister Dr. Kraus teilt mit, vorgestern habe in Kochendorf100 eine Besprechung der drei Finanzminister stattgefunden, auf der man sich vor allem auch über die Personalämter unterhalten habe. Man wolle die Angelegenheit für die drei Länder der amerikanischen Zone abstimmen.

Mit der Ernennung herrscht allgemeines Einverständnis.

XXII. Wiedereinstellung und Pensionierung des früheren Ministerialrats Mezger

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, der frühere Ministerialrat (Abteilungsleiter) Mezger101 bei der Obersten Theaterbehörde sei 1945 auf Weisung der Militärregierung entlassen worden. Nun sei er unter die Weihnachtsamnestie gefallen. Da Mezger bereits im 62. Lebensjahr stehe, beantrage das Kultusministerium, ihn wieder einzustellen und gleichzeitig in den Ruhestand zu versetzen.

Staatsminister Dr. Hundhammer erklärt, eine Wiederverwendung erscheine nicht zweckmäßig, deshalb habe er die Pensionierung beantragt.

Staatsminister Dr. Kraus spricht sich entschieden gegen eine Pensionierung als Ministerialdirigent aus. Man könne Mezger vielleicht als Oberregierungsrat oder Ministerialrat wieder berufen.

Staatsminister Dr. Hundhammer erwidert, er habe an Mezger gar kein Interesse, er werde ihn nicht einmal als Oberregierungsrat verwenden. Er stimme ohne weiteres zu, wenn Mezger als Oberregierungsrat pensioniert werden solle.

Staatsminister Dr. Kraus erklärt, man könne Mezger schließlich die Pension geben, die er sich bis zur Nazizeit erdient habe, das sei der Ministerialrat.

Staatsminister Dr. Seidel bezeichnet auch dieses Ergebnis als unbefriedigend. Mit 61 Jahren brauche man noch nicht in Pension zu gehen.

Staatsminister Dr. Kraus weist darauf hin, daß man nicht noch mehr Staatspensionäre haben könne. Man solle ihn auf eine Stelle setzen, wo er arbeiten solle. Es müsse ja nicht gerade ein Ministerium sein.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt abschließend fest, daß der Antrag vom Ministerrat nicht gebilligt und neuen Anträgen entgegengesehen werde.102

XXIII. Wiedereinstellung von Beamten im Staatsministerium des Innern – Bauabteilung

Ministerpräsident Dr. Ehard bringt einen Antrag der Bauabteilung des Innenministeriums zur Sprache, wonach höhere Beamte, die auf Grund des Erlasses des Ministerpräsidenten Dr. Hoegner vom 9.11 45 aus der Bauabteilung ausscheiden mußten,103 dort wieder verwendet werden sollen. Er sei der Meinung, daß man darüber weder einen Beschluß des Ministerrats herbeiführen, noch diesen Erlaß ausdrücklich aufheben, sondern jeden Einzelfall prüfen und dann das tun solle, was man für zweckmäßig halte.

Staatssekretär Dr. Müller weist darauf hin, daß in der Verordnung Nr. 113104 die Wiedereinstellung geregelt sei. Durch diese Verordnung sei der Hoegner-Erlaß aufgehoben.

Ministerpräsident Dr. Ehard stellt abschließend fest, daß man es bei der bisherigen Handhabung lassen solle, soweit nicht besondere Weisungen der Militärregierung für bestimmte Beamtengruppen entgegenstünden.

Hiermit herrscht allgemeines Einverständnis.

XXIV. Kurze Anfrage der Fraktion der SPD wegen der Besetzung der Staatssekretärsstelle im Sonderministerium

Ministerpräsident Dr. Ehard verliest die kurze Anfrage Nr. 37 der SPD-Fraktion.105 Er schlage vor, diese ungefähr so zu beantworten, daß die Besetzung nicht so vordringlich erschienen sei und die Personalfrage noch nicht habe gelöst werden können.

Staatssekretär Dr. Lacherbauer hält es für zweifelhaft, ob die Vorschrift des Artikels 50 Abs. 2 Satz 1 auch für das Sonderministerium gelte.106

Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, daß man diesen Gesichtspunkt bei der Beantwortung schließlich auch erwähnen könne.107

Hiermit herrscht allgemeines Einverständnis.

XXV. Antrag der SPD auf Errichtung eines Wiederaufbauministeriums108

Staatssekretär Fischer teilt mit, am nächsten Dienstag werde im Verfassungsausschuß der Antrag der SPD auf Errichtung eines Wiederaufbauministeriums behandelt.109 Er frage, wer dort die Staatsregierung vertreten solle.

Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, man könne doch nicht für jedes Gebiet ein Ministerium errichten. Es sei nicht damit getan, daß man eine neue Zentralstelle schaffe. Diese Zentralstellen wollten dann wieder eigene Außenstellen. Auf der einen Seite verlange man Vereinfachung der Verwaltung, auf der anderen einen uferlosen Ausbau der Behörden. Mit einem eigenen Wiederaufbauministerium sei gar nichts getan. Dadurch würden nur aus den anderen Ministerien Stücke herausgerissen. Was notwendig sei, sei, daß man das Bau- und Wohnungswesen in eine Hand zusammenfasse und in die Verwaltung eingliedere.110

Staatsminister Dr. Seidel erklärt, wenn man nächstes Jahr genügend Kohle zur Produktion von Baustoffen bekomme, sei das Ganze überhaupt kein Problem mehr.

Schließlich wird festgestellt, daß die Staatsregierung im Verfassungsausschuß vom Innenministerium vertreten wird.

Staatsminister Dr. Ankermüller teilt hierzu mit, daß die Staatssekretäre Fischer und Dr. Schwalber sowie er anwesend sein werden.

Staatssekretär Dr. Grieser bittet im Auftrag des nicht anwesenden Arbeitsministers, keine Entscheidung für das Siedlungs- und Bauwesen zu treffen, sondern diese zurückzustellen.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, im Arbeitsministerium gebe es anscheinend eine besondere Atmosphäre, die sich sogar auf die Referenten ausdehne, so daß sie ihre eigene Meinung rücksichtslos gegen den Willen und die Weisung der Staatsregierung und des Ministers verträten.111 So sei es beim Wohnungs- und Bauwesen.112 Das Arbeitsministerium erkläre, daß das Wohnungswesen dort bleiben müsse, allerdings müsse es in einer Hand vereinigt werden. Er sei schon immer auf dem Standpunkt gestanden, daß es gleichgültig sei, wohin das Bauwesen komme, aber man müsse es zusammenfassen.113 Wenn das Arbeitsministerium das Wohnungswesen wolle, dann solle es auch gleich das Flüchtlings- und Bauwesen dazunehmen, ebenso das Wohlfahrtswesen. Zu irgend einer Entscheidung müsse man kommen. Jedenfalls im Ministerrat müsse man sich zu einer Entscheidung durchringen, welchen Standpunkt man im Landtag vertreten wolle. Er verlange dann aber, daß dieser Standpunkt des Ministerrates auch vom Arbeitsministerium dem Landtag, der Fraktion und der Militärregierung gegenüber vertreten werde. Es müsse einmal eine Einigkeit erzielt werden und bei dieser Einigkeit müsse es aber auch bleiben. Auch das überstimmte Ministerium müsse sich auf diesen Standpunkt stellen.114 Er habe es satt, daß man sich im Ministerrat über irgend etwas einig werde und daß dann aber hintenherum bei der Militärregierung in anderer Richtung gearbeitet werde. Man müsse endlich einmal zu einem Resultat kommen. Seinetwegen könne auch das Arbeitsministerium das Bauwesen haben; er vertrete zwar nicht diese Meinung; wenn er überstimmt werden sollte, werde er aber seine Meinung zurückstellen.

Staatssekretär Dr. Grieser erklärt seinen besonderen Auftrag damit, daß in der Presse und im Landtag vom Innenministerium erklärt worden sei, daß ein solcher Gesetzentwurf vorliege. Der Minister wisse aber von diesem Entwurf nichts.

Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, dieser Gesetzentwurf sei im Ministerrat beschlossen und dann dem Landtag vorgelegt worden.115

XXVI. Gesetz zur Kürzung der Pensionen

Staatssekretär Dr. Müller berichtet über die Vorlage; nach dem Entwurf sollten die Pensionen in gleicher Weise gekürzt werden wie die Gehälter.116 In Hessen sei diese Kürzung schon durchgeführt.

Staatsminister Dr. Kraus bemerkt hierzu, daß bei den Pensionen die sechsprozentige Gehaltskürzung entfallen sei, beruhe auf einem geheimen Erlaß von Hitler, über dessen Rechtsgültigkeit man stark im Zweifel sein könne. Man müsse bei der jetzigen Finanzlage jede Sparmöglichkeit ausschöpfen. Die Sache stelle auch ein Unrecht gegenüber den aktiven Beamten dar. Es sei die Frage, ob man die Pensionen in Zukunft überhaupt halten könne.

Ministerpräsident Dr. Ehard fragt, ob man diese Maßnahme jetzt vor Weihnachten machen solle. Er schlage vor, die Sache erst für das nächste Etatjahr zu erwägen.

Staatsminister Dr. Kraus erklärt sich damit einverstanden.117

XXVII. Ernennung des früheren Landrats Dr. Fergg zum Oberregierungsrat in der Bauabteilung des Innenministeriums

Staatssekretär Fischer beantragt, die Ernennung des früheren Landrats Dr. Fergg118 zum Oberregierungsrat in der Bauabteilung des Innenministeriums zu genehmigen. Fergg sei rechtskräftig entlastet. Die Sache sei sehr dringlich, so daß man nicht bis zur Bildung des vorhin beschlossenen Ausschusses warten könne.

Die Genehmigung wird einstimmig erteilt.119

Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, daß Verkehrsminister Frommknecht am Montag seinen 66. Geburtstag feiere und spricht ihm im Namen des Ministerrats die besten Glückwünsche aus.

Staatsminister Frommknecht dankt für die guten Wünsche.

Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Generalsekretär des
Ministerrats
gez.: Claus Leusser
Ministerialrat
Der Leiter der
Bayerischen Staatskanzlei
gez.: Dr. Anton Pfeiffer
Staatsminister