Ministerpräsident Dr. Ehard,1 stv. Ministerpräsident Dr. Müller,2 Innenminister Dr. Ankermüller, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Arbeitsminister Krehle, Verkehrsminister Frommknecht, Sonderminister Dr. Hagenauer, Staatssekretär Fischer (Innenministerium Bauabteilung), Staatssekretär Jaenicke (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Lacherbauer (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Müller (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Grieser (Arbeitsministerium), Staatssekretär Geiger (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Sühler (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Sedlmayr (Verkehrsministerium).
Kultusminister Dr. Hundhammer, Finanzminister Dr. Kraus, Staatsminister Dr. Pfeiffer (Staatskanzlei), Staatssekretär Dr. Schwalber, Staatssekretär Dr. Sattler (Kultusministerium).
I. Bestellung der Mitglieder des Länderrats. II. Verordnung über die Bestellung von Verkehrsausschüssen bei den Unteren Straßenbehörden. III. Statut für die Akademie der Bildenden Künste. IV. Aufhebung des Ministerratsbeschlusses vom 21. Mai 1947 über die Einführung von Vorschriften für die Organisation der Stadt- und Gemeindepolizei in Bayern. V. Gesetz zur Sicherung der Brennstoffversorgung und zur Förderung der Braunkohlenwirtschaft. VI. Baustoffnotgesetz. VII. Gesetz über die vorläufige Entschädigung für politische Haft. VIII. Gesetz zur Kürzung der Pensionen. IX. Gesetz zur Bekämpfung von Arbeitsscheu und Arbeitsbummelei. X. Gesetz zur Wiederherstellung der Finanzgerichtsbarkeit. XI. Gesetz über die Rückübertragung der Gewerbesteuer auf die Gemeinden. XII. Fortführung der Bauarbeiten am Rißbachprojekt.
Dr. Ehard eröffnet die Sitzung und teilt mit, daß er um 11 Uhr mit dem stv. Ministerpräsidenten und Gouverneur Van Wagoner zu General Clay nach Berlin abfliegen müsse.4 Über den Inhalt der vorgesehenen Besprechungen sei noch nichts bekannt.5 Am wichtigsten sei heute die Bestellung der Mitglieder für den Länderrat. Von fast allen Ländern seien der Ministerpräsident und der Wirtschaftsminister oder Finanzminister benannt worden. Dies entspreche auch unserer Stellungnahme. Er schlage vor, den Ministerpräsidenten und den Wirtschaftsminister abzuordnen. Das Recht der Stellvertretung müsse dabei aber unter allen Umständen vorbehalten werden. Unser Apparat in Frankfurt müsse geändert werden. Es gehe nicht, daß unser Vertreter dort eine eigene Politik mache.6
MinisterpräsidentDr. Müller stimmt dem zu. In Frankfurt würden sich sowieso verschiedene Änderungen ergeben. Der Apparat dort müsse neu aufgebaut werden. Darüber könne man heute aber noch keine Beschlüsse fassen.
Stv. Ministerpräsident7
Es wird einstimmig beschlossen, den Ministerpräsidenten und den Wirtschaftsminister als Vertreter für den Länderrat zu bestimmen mit dem Zusatz, daß das Recht der Stellvertretung unter allen Umständen aufrecht erhalten bleibt.Dr. Müller verläßt die Sitzung.
Stv. MinisterpräsidentFrommknecht berichtet über den Verordnungsentwurf.8
StaatsministerDr. Ankermüller und Staatssekretär Geiger erklären, daß sie diesen Entwurf heute zum ersten Mal sehen.
StaatsministerFrommknecht bemerkt hiezu, daß das Wirtschaftsministerium zugestimmt und das Innenministerium keine Erinnerung abgegeben habe.
StaatsministerSühler fragt, wie es gehandhabt werden solle, wenn ein Straßenverkehrsamt einen Stadtkreis und Landkreis umfasse. Es könnten sich hier Kompetenzschwierigkeiten ergeben.
StaatssekretärDr. Lacherbauer verweist demgegenüber auf § 9 des Entwurfs, der die Möglichkeit einer entsprechenden Regelung durch das Verkehrsministerium vorsehe. Das Justizministerium stimme dem Entwurf zu.
StaatssekretärDr. Ehard wird festgelegt, daß die Verordnung als beschlossen gilt unter dem Vorbehalt, daß nicht bis Freitag den 20. Februar 1948 noch besondere Erinnerungen abgegeben werden.9
Auf Vorschlag von MinisterpräsidentDr. Müller teilt mit, daß gestern das Statut für die Akademie der bildenden Künste entsprechend dem Beschluß im letzten Ministerrat vom Kultus- und Finanzministerium unter Dach gebracht worden sei. Er werde den Mitgliedern der Staatsregierung Abdrucke zusenden.10
StaatssekretärDr. Ankermüller wird der Ministerratsbeschluß vom 21. Mai 1947 aufgehoben.11
Auf Antrag von StaatsministerDr. Seidel berichtet über den Entwurf. Dieser müsse aus politischen Gründen einmal dem Landtag vorgelegt werden. Die noch erhobenen Bedenken seien grundsätzlicher Art und zielten vor allem dahin, daß keine eindeutige Abgrenzung der Zuständigkeiten des Staatsbeauftragten gegeben sei.13
StaatsministerDr. Lacherbauer weist darauf hin, daß vor kurzem eine Mitteilung der Militärregierung gekommen sei, daß auch durch Gesetz keine solchen Ermächtigungen erteilt werden dürften, deren Ausfüllung dem Ermessen überlassen bleibe. Hier handle es sich um eine klare Ermächtigungsnorm. Der Staatsbeauftragte könne wie ein Diktator sowohl im zivilen wie im öffentlichen Leben schalten.
StaatssekretärDr. Ehard hat Bedenken in derselben Richtung.
MinisterpräsidentDr. Seidel erwidert, wenn man das Gesetz aber nicht vorlege, bekomme man den Vorwurf, daß die Brennstoffversorgung sabotiert werde. Von ernsthafter Seite werde behauptet, daß man in absehbarer Zeit eine Kohlenschwemme haben werde. Er sei zwar nicht dieser Ansicht, man müsse aber ernsthaft überlegen, ob man derart große Kapitalien in der Braunkohle investieren solle. Gegen Maßnahmen des Staatsbeauftragten seien drei Rechtsbehelfe gegeben: Die Betroffenen könnten sich an den Verfassungsgerichtshof und an den Elferausschuß14 wenden.
StaatsministerGeiger schlägt vor, die Gültigkeit des Gesetzes auf eine bestimmte Zeit, nämlich bis zum 31. Dezember 1949 zu beschränken.
Staatssekretär15
Es wird beschlossen, den Entwurf dem Landtag vorzulegen, mit folgendem Zusatz in Art. 7 Absatz 1: „Das Gesetz tritt mit Ablauf des 31. Dezember 1949 außer Kraft.“Dr. Ehard erkundigt sich, ob nunmehr eine Einigung zwischen den beteiligten Ministerien zustande gekommen sei.
MinisterpräsidentFischer erwidert, er habe den vom Wirtschaftsministerium beantragten Änderungen der Begründung zugestimmt. Diese bezögen sich auf Lohnaufträge und Kompensationen.
StaatssekretärDr. Seidel bemerkt, man werde zweifellos zu einer vernünftigen Regelung der Lohnveredlung gelangen, welche bestimmt Möglichkeiten dafür biete, daß man auch für die Allgemeinheit eine erkleckliche Menge von Baustoffen herausbekomme.
StaatsministerDr. Ankermüller weist darauf hin, daß gestern im Landtag die Lohnaufträge wieder stark angegriffen worden seien.
StaatsministerGeiger meint, heute sei es bereits so, daß deshalb etwas nicht produziert werden solle, weil es nicht in die Planung hereinpasse.
StaatssekretärDr. Seidel hält es für durchaus möglich, die Lohnveredlungsaufträge zu normalisieren und unter Kontrolle zu bringen.
StaatsministerDr. Ehard erklärt, er müsse jetzt die Sitzung verlassen, empfehle aber, die Angelegenheit sowie die weiteren Punkte der Tagesordnung noch durchzusprechen. Eine endgültige Beschlußfassung könne dann in einer neuen Sitzung des Ministerrats, die am Freitag, den 20. Februar 16 Uhr stattfinden solle, erfolgen.
MinisterpräsidentDr. Ehard verläßt die Sitzung.
MinisterpräsidentKrehle übernimmt den Vorsitz. Staatsminister Krehle führt aus, auf diesem Gebiet müsse etwas geschehen. Das Gesetz müsse auch noch abgestimmt werden auf die inzwischen erlassenen Vorschriften des Wirtschaftsrats. Er sei der Auffassung, daß der Landtag und seine Ausschüsse sich einmal mit dieser Frage befassen müßten.
StaatsministerFischer weist darauf hin, daß in großem Umfange schwarz gebaut, dann aber die Bauten nicht fertiggestellt würden, um keine Leute aufnehmen zu müssen. Dagegen müsse eine Handhabe geschaffen werden.
StaatssekretärKrehle schlägt vor, daß sich das Wirtschaftsministerium und Staatssekretär Fischer bis morgen einigen sollten, damit der Entwurf dann morgen verabschiedet werden könne.
StaatsministerDr. Seidel schlägt folgenden Zusatz zu § 1 Abs. 2 vor: „oder soweit sie Gegenstand eines Leistungsvertrages sind, der von der zuständigen Wirtschaftskontrollstelle genehmigt ist“.
StaatsministerGeiger schlägt vor, die Frist in § 10 Abs. 2 für den Ablauf der Gültigkeitsdauer auf den 31.Dezember 1949 abzukürzen.
Staatssekretär17
Hiermit herrscht allgemeines Einverständnis sowie damit, daß der Entwurf morgen endgültig verabschiedet werden solle.Krehle gibt bekannt, daß der im letzten Ministerrat18 abgelehnte Entwurf auch im Direktorium des Länderrats abgelehnt worden sei. Es fänden dort weiter Verhandlungen statt, deren Ergebnis abgewartet werden müsse.
StaatsministerDr. Müller berichtet über den Entwurf.20 Ein solches Gesetz bestehe bereits in Hessen. In Württemberg-Baden habe man es wegen der politischen Folgen vor der Gemeindewahl nicht machen wollen. Es müsse aber einmal durchgeführt werden, da die Pensionslasten zu hoch seien. Die Pensionen sollten auf die gleiche Höhe gebracht werden, wie die Bezüge der aktiven Beamten. Bei diesen sei die 6%ige Kürzung21 auch nicht aufgehoben worden.
StaatssekretärKrehle bezeichnet die Angelegenheit als eine politische Frage. Er halte es für sehr gefährlich, jetzt eine solche Maßnahme durchzuführen. Er frage, wie sich die Maßnahme finanziell auswirke.
StaatsministerDr. Müller erwidert, es handle sich um einen Betrag von 8–10 Millionen.
StaatssekretärKrehle fährt fort, z. Zt. könne er sich für eine solche Maßnahme nicht aussprechen. Man solle morgen aber nocheinmal darüber verhandeln.
StaatsministerDr. Ankermüller ist für eine Zurückstellung bis nach den Gemeindewahlen. Die Gemeindewahlen in den großen Städten fänden wahrscheinlich aber erst im August statt.22
StaatsministerDr. Müller meint, dann wäre es das beste, wenn man das Gesetz möglichst bald verabschiede. Einmal müsse es doch sein.
StaatssekretärDr. Lacherbauer hat Bedenken verfassungsrechtlicher Art. Könne man wohlerworbene Rechte durch einfaches Gesetz beseitigen? Diese Maßnahme komme einer Enteignung gleich. Der Verfassungsgerichtshof werde sicher damit befaßt werden. Er empfehle daher, dieses Problem zuvor einmal untersuchen zu lassen, entsprechende Entscheidungen müßten doch wohl aus der Zeit der seinerzeitigen Gehaltskürzungen vorliegen.
StaatssekretärKrehle schlägt vor, diese Frage bis morgen zu klären und sich dann zu unterhalten, ob man die Sache grundsätzlich durchführen könne.
StaatsministerDr. Lacherbauer gibt zu bedenken, ob die CSU-Regierung wegen eines Betrags, der noch nicht einmal 1% des Haushalts ausmache, dieses Odium auf sich laden solle.
StaatssekretärDr. Müller erwidert, die Militärregierung veranstalte jetzt schon Erhebungen wegen der Höhe der Pensionen. Sie stehe auf dem Standpunkt, daß es so nicht mehr weitergehe. Man müsse darum etwas tun, um etwa weitergehende Maßnahmen abzufangen.
StaatssekretärDr. Lacherbauer fragt, wer dann das Odium auf sich nehmen solle. Bei der ganzen Frage müsse man politisch denken.
StaatssekretärKrehle stellt abschließend fest, daß die Frage heute nicht entschieden werden könne. Er stehe aber auf dem Standpunkt, daß man die Angelegenheit, wenn möglich, zurückstellen solle. Die Ersparnisse seien doch sehr gering.23
StaatsministerKrehle berichtet, daß die vorgesehenen Besprechungen zwischen dem Justiz- und Arbeitsministerium noch nicht hätten stattfinden können. Die Angelegenheit müsse daher zurückgestellt werden. Die Besprechungen sollten aber noch in dieser Woche erfolgen, so daß die Sache in der nächsten Woche behandelt werden könne.
StaatsministerDr. Hagenauer spricht sich entschieden dagegen aus, daß die Lager für Arbeitsscheue und asoziale Elemente als Arbeitslager bezeichnet würden. Dies sei die Bezeichnung für die Lager der politischen Häftlinge.25 Man solle den Ausdruck „Zwangsarbeit“ wählen.
StaatsministerKrehle stimmt dem zu. Man könne aber auch Arbeitserziehungslager sagen.
Staatsminister26
Es besteht Einigkeit darüber, daß ein anderer Ausdruck gefunden werden muß.Dr. Muller berichtet über diesen Entwurf.27
Staatssekretär28
Über ihn herrscht allgemeines Einverständnis. Er soll in der morgigen Sitzung endgültig verabschiedet werden.29
Staatssekretär Dr. Müller berichtet über diesen Entwurf.30
Über ihn herrscht ebenfalls allgemeines Einverständnis sowie über seine endgültige Verabschiedung in der morgigen Sitzung.Dr. Lacherbauer macht noch auf eine grundsätzliche Frage aufmerksam: In manche ganz kleine Gemeinde seien große Betriebe verlagert, so daß dort sehr hohe Gewerbesteuern anfielen, welche diese Gemeinden gar nicht verwenden könnten.
StaatssekretärDr. Müller erwidert, dies sei dem Finanzministerium bekannt. Es habe daher geplant, die Grundsteuer-Grundbeträge einzubehalten und damit notleidende Gemeinden zu unterstützen. Dies sei aber nicht möglich. Es stehe jedoch nichts im Wege, wenn das Innenministerium einen Ausgleichstock bilde und die Überschüsse an notleidende Gemeinden verteile.
StaatssekretärDr. Ankermüller bemerkt, daß hiefür schon Vorbereitungen getroffen seien.
StaatsministerDr. Lacherbauer weist noch darauf hin, daß nach den Grundsätzen über die Gemeindefinanzen Steuern nur erhoben werden dürften, wenn hiefür in der Gemeinde die Notwendigkeit bestehe. Es müsse jedes Jahr neu beschlossen werden, ob Steuern überhaupt erhoben würden und mit welchem Hebesatz. Er sei nicht gegen die Rückübertragung der Gewerbesteuern an die Gemeinden. Man werde aber wahrscheinlich bald ein Gesetz über einen Ausgleich schaffen müssen. Er glaube nicht, daß das Innenministerium im Wege des gütlichen Ausgleichs durchkomme.
StaatssekretärDr. Müller erwidert, darüber sei sich auch das Finanzministerium im klaren; das von ihm vorgeschlagene Verfahren den Grundbetrag einzubehalten sei viel einfacher. Das Innenministerium müsse die Gemeinden zu einem Ausgleich zwingen.
StaatssekretärDr. Lacherbauer antwortet, ein solcher Zwang könne nicht ausgeübt werden. Die Sache sei vor allem von Bedeutung nach der Währungsumstellung. Wenn ein Betrieb in einer Gemeinde liege, die keine Gewerbesteuer erhebe, sei er steuerlich sehr bevorzugt und könne ganz anders kalkulieren.
StaatssekretärDr. Müller bemerkt, daß der Kampf gegen die sogenannten Steueroasen schon die Grundlage der Erzbergerschen Steuerreform31 gebildet habe.
StaatssekretärFischer führt aus, diese Angelegenheit sei bereits durch die Interpellation im Landtag beantwortet.32 Die Bauarbeiten werden fortgeführt. Im übrigen hätten wir hiebei die Unterstützung der amerikanischen Militärregierung.
StaatssekretärGeiger bemerkt hiezu noch, daß – was nicht allgemein bekannt sei – das österreichische Projekt der Überleitung in den Achensee viel ungünstiger sei, da es einen Stollen von 18 km Länge erfordere. Im übrigen bemerke man bei denjenigen, die gegen das Rißbachprojekt eingestellt seien, eine gewisse Schadenfreude. Diese sei aber ganz unbegründet. Wenn nämlich die Österreicher durchdrängen, sei überhaupt kein Wasser mehr da. Man solle diesen Leuten sagen, daß sie sich auf die bayerische und nicht auf die österreichische Seite schlagen sollten.
Staatssekretär