Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident Dr. Müller, Unterrichtsminister Dr. Hundhammer, Finanzminister Dr. Kraus, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Krehle, Sonderminister Dr. Hagenauer, Staatsminister Dr. Pfeiffer (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Dr. Schwalber (Innenministerium), Staatssekretär Fischer (Innenministerium-Bauabteilung), Staatssekretär Jaenicke (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Lacherbauer (Justizministerium), Staatssekretär Geiger (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Sühler (Landwirtschaftsministerium), Landeszentralbankpräsident Grasmann1 zu Punkt I der Tagesordnung.
Innenminister Dr. Ankermüller, Verkehrsminister Frommknecht, Staatssekretär Dr. Sattler (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Müller (Finanzministerium),2 Staatssekretär Dr. Grieser (Arbeitsministerium), Staatssekretär Sedlmayr (Verkehrsministerium).
I. Bericht des Landeszentralbankpräsidenten über die Landeszentralbank, die Bank der deutschen Länder und den gegenwärtigen Stand der Währungsreform. II. Streik im Großkraftwerk Franken. III. Durchführungsverordnung zum Gesetz Nr. 81 zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Beschäftigung Schwerbeschädigter vom 15. September 1947. IV. Gesetz über Schulgeldfreiheit und Gesetz über Lehr- und Lernmittelfreiheit an den öffentlichen Schulen Bayerns. V. Übernahme der Transportkosten für Spenden des Heiligen Vaters. VI. Landeswahlgesetz. VII. Übernahme der Lehrerinnen an den staatlichen Landfrauenschulen in das Beamtenverhältnis. VIII. Errichtung von Ausschüssen beim Länderrat in Stuttgart. IX. Förderung des Handwerks. X. Wiederbesetzung der Stelle des Generaldirektors der Staatlichen Archive Bayerns. XI. Schändung von jüdischen Friedhöfen. XII. Vollstreckung von Todesurteilen: Fall Kubitzka. XIII. Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Auflösung des Reichsnährstandes. XIV. Aufdeckung einer Fälscherwerkstatt und Schließung von Schlemmerlokalen. XV. Vollstreckung von Todesurteilen: Fälle Schmit und Diedrich.
Dr. Ehard eröffnet die Sitzung und teilt mit, er habe den Präsidenten der Landeszentralbank gebeten, einmal vor dem Ministerrat einen Vortrag zu halten.
MinisterpräsidentDr. Grasmann berichtet hierauf über die Landeszentralbank, die Bank der deutschen Länder und über die technischen Vorarbeiten für die Währungsreform. Bei der Durchführung einer Währungsreform bitte er um die Mitarbeit der Ministerien der Finanzen, für Wirtschaft, Arbeit und Ernährung.
LandeszentralbankpräsidentDr. Ehard hält es auch für notwendig, im Bereich dieser Ministerien gewisse Vorbereitungen zu treffen.
MinisterpräsidentDr. Seidel weist darauf hin, daß bereits ein interministerieller Ausschuß bestehe.4
StaatsministerDr. Ehard erklärt, dieser interministerielle Ausschuß möge dann den Präsidenten der Landeszentralbank beiziehen. Er dankt diesem nochmals für seine Ausführungen.
Ministerpräsident5
Landeszentralbankpräsident Grasmann verläßt hierauf die Sitzung.Dr. Ehard führt aus, der Landeslastverteiler Wolf6 sei heute bei ihm gewesen und habe ihm mitgeteilt, daß die Arbeiter im Großkraftwerk Franken7 in Nürnberg streikten.8 Dadurch sei es in der Elektrizitätsversorgung zu Schwierigkeiten gekommen. So hätten z.B. die Stickstoffwerke schon abgeschaltet werden müssen. Die Amerikaner stünden auf dem Standpunkt, daß sie erst dann eingriffen, wenn ihre Priorität gefährdet sei.9 Interessant sei nun, daß früher Elektrizitäts- und Gaswerke von Streiks und Arbeitsniederlegungen immer ausgeschlossen gewesen seien. Der Streik in solchen Versorgungsbetrieben sei etwas neues. Er wisse nicht, ob diese Sache nicht zum Teil auch auf die unglückselige Bemerkung des Nürnberger Oberbürgermeisters Ziegler10 zurückzuführen sei, der geäußert habe, das nächste Mal sollten alle streiken vom Ministerpräsidenten bis zum letzten Straßenkehrer.11 Wie die Besatzungsmacht auf die Sache reagiere, wisse man. Jedenfalls lieferten sie keine Lebensmittel mehr. Solche Demonstrationen seien insbesondere den Amerikanern gegenüber so töricht wie möglich. Nun meine er, man solle einmal überlegen, ob man von Seiten der Regierung nicht eine Erklärung zu dem Streik abgeben müsse, etwa in dem Sinn, daß man davor warne, lebenswichtige Betriebe stillzulegen, weil dadurch nur das Gegenteil erreicht werde. Wolf habe ihm allerdings auch gesagt, daß er mit den Gewerkschaften noch gar nicht gesprochen habe. Das halte er auch nicht für richtig.
MinisterpräsidentFischer weist darauf hin, daß der Streik unter Umständen den Zusammenbruch der ganzen Landesversorgung zur Folge haben könne.
StaatssekretärDr. Seidel glaubt, daß es mit einer Warnung allein nicht getan sei. Nach seiner Unterrichtung seien in allen Ländern Streiks in lebenswichtigen Betrieben verboten.
StaatsministerDr. Kraus weist darauf hin, daß das Großkraftwerk Franken ein Betrieb der öffentlichen Hand sei.
StaatsministerKrehle führt aus, rechtlich sei die Situation so, daß man überhaupt keinen Boden unter den Füßen habe. Allenfalls könne man zurückgreifen auf eine Verordnung des Reichspräsidenten vom Jahre 1920.12 Ob diese noch in Kraft sei, sei aber fraglich.
StaatsministerDr. Ehard hält einen Rückgriff auf diese Verordnung für unmöglich.
MinisterpräsidentKrehle schließt sich dieser Meinung an. Er habe nur die rechtliche Situation klarstellen wollen. Man müsse erwägen, ob man nicht eine ähnliche Verordnung jetzt wieder schaffen müsse. Rechtlich habe man z.Zt. keine Grundlage. In seinem Ministerium habe man eine Möglichkeit bereits erwogen und mit den Amerikanern durchbesprochen: Man könne das Großkraftwerk ersuchen, mit Einschreibebrief die Leute aufzufordern, die Arbeit wieder aufzunehmen und sie gleichzeitig für den Fall der Nichtaufnahme fristlos zu entlassen. Dann stünden sie dem Arbeitsmarkt zur Verfügung und man könnte sie für die Arbeit dienstverpflichten. Wenn sie der Dienstverpflichtung nicht nachkämen, könne man aber nur ein Strafverfahren gegen sie einleiten, habe sie dann aber noch lange nicht im Betrieb.
StaatsministerDr. Ehard ist der Meinung, daß man es so auch nicht machen könne. Nach seiner Auffassung müsse man den Leuten in geeigneter Form ungefähr folgendes sagen: Das Streikrecht solle niemand genommen werden. Es sei aber bisher eine Ehrenpflicht und öffentliche Verpflichtung gewesen, daß öffentliche Betriebe von Streiks, auch sogar Generalstreiks, ausgenommen bleiben. Nachdem es sich hier nur um einen Streik in einem einzigen lebenswichtigen Betrieb handle, sei das ein Vorgehen, durch welches das Streikrecht selber diffamiert werde. Die Arbeit in diesem Betrieb solle unter allen Umständen wieder aufgenommen werden und zwar mit Unterstützung durch die Gewerkschaften und Betriebsräte. Sonst müsse eine gesetzliche Handhabe geschaffen werden, was man an sich vermeiden wolle. Gleichzeitig müsse man aber auch mit den Gewerkschaften verhandeln. Es sei bedauerlich, daß dies noch nicht geschehen sei.
MinisterpräsidentDr. Seidel erklärt, das Wirtschaftsministerium habe wegen dieser Sache schon in der letzten Woche mit den Gewerkschaften gesprochen.
StaatsministerDr. Schlögl führt aus, morgen kämen die Gewerkschaften wegen dieser Sache zu ihm. Er solle als Ernährungsminister immer mehr erpreßt werden. Bisher habe er nachgegeben, indem er die Zulagen auch bei Streiktagen gewährt habe. Einmal müsse das aber aufhören. Jetzt werde von Nürnberg verlangt, daß die Straßenbahner Schwerstarbeiterzulage bekämen, auch die Angestellten. Andernfalls werde mit einem neuen Streik gedroht.
StaatsministerDr. Ehard vertritt die Meinung, daß man bei einem einzelnen Streik nichts konzedieren könne. Man könne nur eine einzige Konzession machen, daß man den Leuten erkläre, was ihnen zustehe, bekämen sie auch. Darüber hinaus könne man nur in einem einzigen Fall gehen, wenn nämlich ein Betrieb von einem kleineren Teil der Belegschaft durchgehalten werde und der größere Teil streike, daß man dann diesem kleineren Teil etwas zugestehe. Zulagen für Streiktage müsse man streichen.13 Einen anderen Standpunkt könne man nicht einnehmen.
MinisterpräsidentDr. Schwalber fragt, ob man nicht einen moralischen Druck über die öffentliche Meinung auf die Streikenden im Großkraftwerk ausüben könne, indem man mitteile, daß mit größeren Abschaltungen gerechnet werden müsse, woran einzig die streikenden Arbeiter Schuld trügen. Früher sei nicht einmal bei Generalstreiks in solchen Kraftwerken gestreikt worden.
StaatssekretärDr. Ehard erwidert, der von ihm vorgeschlagene Aufruf komme ja auch an die Öffentlichkeit.
MinisterpräsidentDr. Schwalber fährt fort, es sei doch heute bereits so, daß die Normalverbraucher sehr stark aufgebracht seien gegen die streikenden Arbeiter. Es bestehe die Meinung, daß gerade diejenigen, die schon die größten Zulagen bezögen, streikten. Er glaube, daß die streikenden Arbeiter schon zur Raison gebracht werden könnten, wenn sie sehen, daß die öffentliche Meinung gegen sie sei.
StaatssekretärDr. Kraus meint, man solle aber auch gesetzliche Maßnahmen vorbereiten. In Amerika und Frankreich seien Antistreikgesetze erlassen worden. Der Staat sei verpflichtet, diesem Notstand zu steuern.
StaatsministerDr. Hundhammer vertritt die Meinung, daß man keinen Aufruf an die Öffentlichkeit, sondern an die streikenden Arbeiter erlassen und diesen Aufruf der Öffentlichkeit bekanntgeben solle.
StaatsministerDr. Ehard erwidert, das wolle er ja.14 Es sei nur die Frage, ob man nicht zusammen mit den Gewerkschaften etwas erreichen könne.
MinisterpräsidentKrehle bemerkt, die Gewerkschaften hätten bisher schon jeden Tag im Rundfunk zur Arbeitsaufnahme aufgefordert.
StaatsministerDr. Ehard fährt fort, bezüglich der Maßnahmen gegen den Streik solle man nicht sagen, daß solche Maßnahmen schon vorbereitet seien, sondern daß sie vorbereitet würden. Im übrigen frage er, wer die Sache in die Hand nehme. Er schlage hiefür den Herrn Arbeitsminister vor. Dieser solle gleich morgen mit den Gewerkschaften verhandeln, dann solle von Seiten der Staatsregierung mit den Gewerkschaften etwas unternommen werden.
MinisterpräsidentKrehle hält es für fraglich, daß die Gewerkschaften sich dem Aufruf der Staatsregierung anschließen.
StaatsministerDr. Ehard erwidert, es komme ihm nicht darauf an, daß die Gewerkschaften diesen Aufruf unterschrieben, sondern nur, daß er im Benehmen und in der gleichen Richtung mit den Gewerkschaften ergehe. Man müsse es aber bald machen, weil sonst alle möglichen Schwierigkeiten entstünden. Man könne nicht so lang zögern, da die Amerikaner dann etwa eingriffen. Man müsse also sehr schnell handeln.
MinisterpräsidentMit diesen Vorschlag herrscht allgemeines Einverständnis.
Dr. Ehard berichtet über die Verordnung, die eine Durchführungsverordnung zu einem zoneneinheitlichen Gesetz sei. Es solle nur kenntlich gemacht werden, daß es sich um eine Verordnung der Staatsregierung handle. Außerdem solle der Tag des Inkrafttretens auf den heutigen Tag festgelegt werden.
Ministerpräsident16
Mit dem Erlaß der Verordnung mit diesen Abänderungen herrscht allgemeines Einverständnis.Dr. Ehard berichtet kurz über die beiden Entwürfe.17 Die Amerikaner bestünden auf dieser Regelung als einem Teil der Schulreform,18 den sie für die Demokratisierung für ausschlaggebend hielten.19
MinisterpräsidentDr. Hundhammer führt aus, man müsse bei den beiden Gesetzen einen Unterschied machen hinsichtlich der sozialen Bedeutung. Mit der Lehr- und Lernmittelfreiheit sei er einverstanden, hätte es aber gerne gesehen, wenn die Schulbücher in das Eigentum der Kinder übergingen. Die Schulgeldfreiheit dagegen komme nur den besser Situierten zugute. Im übrigen sei er heute darüber unterrichtet worden, daß man sich bei der Militärregierung darüber unterhalten habe, wie man diese Maßnahmen durch das Kultusministerium allein ohne den Landtag treffen könne, da man allenfalls mit einer Ablehnung durch den Landtag rechne. Bei der ganzen Angelegenheit habe naturgemäß auch der Finanzminister ein gewichtiges Wort mitzureden. Die finanziellen Auswirkungen gingen über das hinaus, was er ursprünglich kalkuliert habe. Die Ausgaben für die Lehr- und Lernmittel könne man nicht unter dem Gesichtspunkt der momentanen Mangellage betrachten, sondern müsse sie unter dem einer normalen Versorgung ansehen. Die Gesamtkosten betrügen jährlich etwa 20 Millionen Mark auf die Dauer. Die Aufbringung dieser Kosten sei an sich Sache der Gemeinden. Diese würden sich aber zweifellos an den Staat wenden. Für die Privatschulen und klösterlichen Schulen sei die Lehr- und Lernmittelfreiheit an sich nicht vorgesehen, wenn sie aber für die öffentlichen Schulen eingeführt würde, kämen die anderen Schulen in eine ungünstige Situation. Er sei bereit und gewillt, für die Lernmittelfreiheit einzutreten, sei aber im Gegensatz zu den Amerikanern der Meinung, daß die Lernmittel in das Eigentum der Schüler übergehen sollten. Anders sei die Lage bezüglich der Schulgeldfreiheit. Diese bestehe schon an den Volksschulen und für die Minderbemittelten an den höheren Schulen. Es handle sich also nicht um eine sozialpolitische, sondern um eine staatspolitische Maßnahme. Die Amerikaner sagten, daß die armen Kinder durch den Schulgelderlaß beschämt würden. Er habe sich nicht überzeugen können, daß sich bei uns ein Kind deswegen schäme, weil ihm das Schulgeld erlassen werde. Es komme aber etwas schwerwiegendes dazu, nämlich durch die Schulgeldfreiheit an den öffentlichen Schulen kämen andere Schulen in eine ungünstige Lage. Ein Schulgeldausfall werde dort sich sehr schwerwiegend auswirken, insbesondere bei den Städten. Nun sei von kirchlichen Stellen durch Weihbischof Neuhäusler20 ohne sein Zutun bei der Militärregierung sehr scharf Protest eingelegt worden,21 mit der Begründung, daß dann entweder die kirchlichen Schulen für ihren Bereich einen staatlichen Zuschuß in Anspruch nehmen müßten. Dadurch würden die Privatschulen abhängig vom Staat. Bei einer Änderung des staatspolitischen Kurses bestehe die Gefahr, daß das Instrument der finanziellen Subvention dazu benutzt werde, um auf die Privatschulen einen Druck auszuüben und ihnen eine Richtung vorzuschreiben. Oder die Privatschulen verzichteten auf einen Zuschuß, dann seien sie finanziell und in ihrer Leistungsfähigkeit gegenüber den öffentlichen Schulen benachteiligt. Die Bezugnahme auf amerikanische Verhältnisse könne nicht durchschlagen, weil dort die Schulen durch Stiftungen und Subventionen aus privaten Händen sehr gefördert würden. Außerdem sei der heutige Zustand in Deutschland und in Bayern besser. Warum solle man dann die bessere Situation aufgeben? Er bitte darum, daß der Finanzminister seine Meinung äußere. Der Ausfall an Schulgeld betrage 8 Millionen für den Staat, für die Gemeinden 4 Millionen. Dann ergebe sich noch die Frage der etwaigen Zuschüsse in Höhe von etwa 3–4 Millionen, alles in allem erforderten beide Gesetze zusammen 30–35 Millionen [RM].
StaatsministerDr. Kraus erklärt, die amerikanische Militärregierung scheine immer mehr darauf auszugehen, die amerikanischen Verhältnisse auf Deutschland zu übertragen. Nun könne sich ein reiches Land wie Amerika derartiges erlauben, für ein armes Land, wie wir es seien, stelle dies aber ein schweres Problem dar. Wir könnten uns so etwas bei unserer Finanzlage nicht leisten. Er wolle nicht in allgemeine Erörterungen über die Finanzlage eintreten, müsse aber doch sagen, daß wir einen tatsächlichen Fehlbetrag von rund 1/2 Milliarde Mark hätten. Er halte es nicht für möglich, daß im jetzigen Zeitpunkt, wo man unmittelbar vor der Währungsreform stehe und die Finanzverhältnisse so unübersichtlich seien, uns nun diese neue Last aufzubürden. Durch die Schulgeldfreiheit werfe man nur den besitzenden Klassen 8 Millionen nach. Das sei seiner Ansicht nach überflüssig. Er müsse weiter befürchten, daß die Gemeinden vom Staat Ersatz verlangten und zwar im Wege des Finanzausgleichs. Letzten Endes werde der Staat der einzige Kostenträger sein. Es habe wohl keinen Zweck, dagegen zu stimmen, er sei jedoch der Meinung, daß man mit gutem Gewissen die beiden Gesetze nicht annehmen könne, namentlich nicht das über die Schulgeldfreiheit. Der soziale Zweck, daß nämlich der Sohn des kleinen Mannes studieren könne, werde bei uns ohnehin erfüllt. Dagegen habe das Gesetz über Lehr- und Lernmittelfreiheit schon eine soziale Bedeutung, er müsse aber bezweifeln, ob jetzt hiefür der geeignete Zeitpunkt sei.
StaatsministerDr. Hundhammer erklärt, er habe als Kultusminister den Auftrag bekommen, diese Gesetzentwürfe dem Landtag vorzulegen. Dagegen könne sich auch nicht der Ministerrat stellen. Man müsse also die Vorlage machen. Er habe den Amerikanern erklärt, er werde sich auch für den Gesetzentwurf über Lehr- und Lernmittelfreiheit einsetzen. Die letzte Entscheidung liege aber bei der Volksvertretung. Er empfehle, die beiden Entwürfe an den Landtag zu geben.
StaatsministerDr. Ehard führt aus, in der Schulreform müßten wir endlich einmal wissen, was wir selber wollten. Entweder stehe man auf dem Standpunkt, man erreiche nichts und lasse alles an sich herankommen und sehe dann, was daraus entstehe. Dieser Weg sei nicht beschritten worden. Nun sei eine Reihe von Maßnahmen von den Amerikanern bereits befohlen worden, die am liebsten möchten, daß der Ministerpräsident und der Kultusminister sie allein durchführten ohne den Landtag. Er sei nun der Meinung, daß man endlich einmal anfangen müsse, etwas Positives zu tun. Man könne nicht bloß sagen, wir hätten kein Geld. Er habe auch die Hoffnung, daß, wenn einmal etwas Sichtbares erreicht sei, dann kürzer getreten werde. Diese beiden Gesetze, auf die die Amerikaner besonderen Wert legten, müsse man dem Landtag einmal zuleiten. Man dürfe auch kein zweigesichtiges Spiel treiben, weil sonst die Atmosphäre des Mißtrauens immer dichter werde. Er meine, diese Sache solle man einmal durchziehen und sie ehrlich beim Landtag vertreten. Dieser müsse dann entscheiden, wobei er glaube, daß sich dort sicher eine Mehrheit dafür finden werde.
MinisterpräsidentDr. Müller vertritt die gleiche Meinung. Entweder hätte man von vorneherein nein sagen müssen, nachdem man aber einmal ja gesagt habe, müsse man etwas tun.
StaatssekretärDr. Kraus wendet sich noch einmal gegen die Schulgeldfreiheit als überflüssig. Dem anderen Gesetzentwurf könne man zustimmen.
StaatsministerDr. Ehard fährt fort, man müsse die Interessen hier sorgfältig abwägen. Es sei die Frage, ob man mit einem stark fiskalischen Standpunkt eine so hochpolitische Sache bekämpfen solle, in der man doch den kürzeren ziehe. Dann hätte man es von Anfang an auf Biegen und Brechen ankommen lassen müssen. Das habe man aber auch nicht gekonnt. Im übrigen handle es sich hier um eine Sache, die von einem großen Teil unserer Leute gefördert werde. Die Frage der Lehr-, Lernmittel- und Schulgeldfreiheit komme nicht erst von gestern oder heute. Im übrigen sei er der Meinung, daß man uns mit Recht sage, wenn wir eine solch unheimliche Menge für Besatzungskosten aufzubringen hätten,22 dann spielten diese 15 Millionen auch keine Rolle mehr. Im übrigen – und das sei ausschlaggebend – werde es eine kaum tragbare politische Belastung darstellen, wenn man in dieser Sache Schwierigkeiten mache. Er sei daher der Meinung, daß man diese Angelegenheit, wenn auch mit schwerem Herzen, aber doch entschlossen durchführen müsse. In dieser hochpolitischen Frage wolle er eine einheitliche Stellungnahme haben. Es sei dem Kultusminister schon vorgeworfen worden, daß er den Gesetzentwurf zwar gemacht, sich aber gleichzeitig hinter die kirchlichen Behörden gesteckt habe, obwohl er von deren Vorstoß nichts gewußt habe. Die Sache sei nicht leicht zu nehmen. Die Schulreform werde von den Amerikanern sehr ernst genommen. Vielleicht sei es diesen unbequem, daß der Landtag darüber entscheide. Die Regierung müsse und könne diese Vorlagen aber vertreten.
MinisterpräsidentDr. Kraus ist der Auffassung, daß der Landtag diese Gesetze ohne weiteres verabschieden werde. Es handle sich um eine rein finanzielle Frage. Gegen die Lehr- und Lernmittelfreiheit könne er sich nicht stellen, zur Schulgeldfreiheit müsse er aber nein sagen. Die besser situierten Leute könnten das Schulgeld zahlen. Die kirchlichen Stellen müßten vom Staat in irgendeiner Form Zuschüsse verlangen. Dadurch würden vielleicht wieder konfessionelle Streitigkeiten hervorgerufen. Er sei nach wie vor gegen die Schulgeldfreiheit. Gegen das andere Gesetz gebe er seinen Widerstand auf.
StaatsministerDr. Ehard meint, die kirchlichen Stellen könnten sich an die kirchlichen Stellen des Auslandes wenden, mit der Bitte um finanzielle Unterstützung, damit sie unabhängig seien. Er glaube aber, daß hier keine großen Erfolge zu erzielen seien.
MinisterpräsidentDr. Müller erklärt, nachdem Dr. Hundhammer sich verpflichtet habe, die Sache durchzuführen, müsse das auch geschehen.
Stv. MinisterpräsidentDr. Hundhammer erwidert, daß er sich nicht verpflichtet habe, sondern von der Militärregierung strikten Auftrag bekommen habe, diese Gesetze vorzulegen. Er sei gefragt worden, ob er dazu bereit sei sie zu vertreten und zwar nicht nur als Minister, sondern auch als Abgeordneter. Er habe gesagt, dem Minister könnten sie befehlen, dem Abgeordneten könne niemand einen Befehl erteilen.
StaatsministerDr. Müller erklärt, das Wort eines Ministers müsse eingelöst werden. Man dürfe sich nicht dem Vorwurf der Unfairneß aussetzen.
Stv. MinisterpräsidentDr. Hundhammer erwidert, für die Lernmittelfreiheit werde er sich auch aus sozialen Gründen einsetzen.
StaatsministerDr. Ehard erklärt abschließend, nachdem die Vorlage zugesichert worden sei, müsse man sie an den Landtag hinübergeben.23 Dort müsse sie auch ohne Vorbehalt vertreten werden.
MinisterpräsidentMit dieser Stellungnahme herrscht allgemeines Einverständnis.
Dr. Kraus wiederholt, daß er sich gegen den Gesetzentwurf über die Schulgeldfreiheit aus finanziellen Gründen aussprechen müsse.24
Nur StaatsministerDr. Hundhammer führt aus, bei seinem Besuch in Rom25 sei ihm gesagt worden, der Heilige Vater habe bisher 870 Waggons an Spenden nach Deutschland gegeben, von denen ein sehr beträchtlicher Teil in Bayern geblieben sei.26 Der italienische Staat gewähre hiefür zur Hälfte Frachtfreiheit, für die andere Hälfte einen Zuschuß. Auch in Österreich würden die Spenden kostenlos befördert. Auf den deutschen Bahnen dagegen müsse Fracht bezahlt werden. In Rom und vom Kardinal27 sei nun die Bitte gestellt worden, es möge der Staat die Kosten übernehmen. Bei uns werde eine 50%ige Frachtermäßigung gewährt. Eine volle Befreiung sei aber nicht möglich. Man könne doch auch einen Zuschuß geben.
StaatsministerDr. Seidel erwidert, die finanziellen Auswirkungen könne er nicht beurteilen. Wenn man aber für diese Spenden einen Zuschuß gewähre, kämen andere Stellen mit dem gleichen Verlangen. Es ergebe sich also eine Schraube ohne Ende. An diesem Gesichtspunkt müsse selbst der beste Wille scheitern.
StaatsministerDr. Hundhammer erwidert, Frachtfreiheit werde nur für die Spenden erbeten, die vom Ausland kämen. Er glaube, daß es im Interesse der Öffentlichkeit liege, daß man wenigstens die Transportkosten übernehme.
StaatsministerDr. Müller meint, dann müsse man diese Frachtfreiheit aber generell gewähren.
Stv. MinisterpräsidentDr. Seidel weist darauf hin, daß diese Spenden nicht nur nach Bayern, sondern auch in andere deutsche Länder gingen.
StaatsministerDr. Ehard fragt, wer hier einmal Verhandlungen in die Wege leiten könne.
MinisterpräsidentDr. Hundhammer erklärt sich bereit dazu, im Benehmen mit dem Verkehrsministerium die Lage zu klären.
StaatsministerDr. Kraus weist darauf hin, daß diese Sache wahrscheinlich nicht von Bayern aus allein gemacht werden könne, sondern in Frankfurt erledigt werden müsse.
StaatsministerDr. Ehard führt aus, man könne dieses Gesetz29 heute nicht so aus dem Handgelenk verabschieden. Vielleicht könne aber einmal Staatssekretär Dr. Schwalber grundsätzliche Ausführungen über den Entwurf machen.
MinisterpräsidentDr. Müller schlägt vor, dieses Gesetz zunächst einmal an die Parteien zur Stellungnahme zu geben und zwar mit relativ kurzer Fristsetzung. Man könne hier die Parteien nicht übergehen.
Stv. MinisterpräsidentDr. Schwalber meint, die Parteien könnten ja im Landtag Stellung nehmen. Eine weitere Verzögerung der Vorlage des Entwurfs könne man sich nicht mehr leisten.30 Die SPD habe schon einen Initiativentwurf eingebracht,31 dessen Behandlung auf 14 Tage zurückgestellt worden sei. Wenn man die Sache noch weiter verzögere, werde sie auf der Behandlung ihres Antrags bestehen.
StaatssekretärDr. Hundhammer ist der Meinung, daß man Gesetzentwürfe der Regierung nicht mit den Parteien behandeln solle. Mit diesen sei auf der Plattform des Landtags zu verhandeln. Die Regierung könne sich nicht auf die Basis begeben, daß sie zu ihren Maßnahmen und Entschlüssen neben dem Landtag noch die Parteien unmittelbar höre. Dadurch schwäche die Regierung zu sehr ihre Position. Der Gesetzentwurf müsse unmittelbar an den Landtag gehen und zwar möglichst rasch.
StaatsministerDr. Müller besteht demgegenüber darauf, daß der Entwurf zunächst an die Parteien gegeben werden solle. Letzten Endes hänge man doch von den Parteien ab.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard weist darauf hin, daß, wenn eine Koalitionsregierung bestehe, schon innerhalb der Regierung sich eine Abgleichung der Meinung hätte erzielen lassen. Richtig wäre es eigentlich, wenn die CSU sich einmal zu diesen Dingen äußere, nachdem man ein Ein-Parteien-Kabinett habe.32 Eine andere Sache sei die, ob und in welcher Form man die anderen Parteien beteiligen solle.
MinisterpräsidentDr. Schwalber erklärt, das bedeute eine völlige Umkehrung. Es erübrige sich dann ja jede weitere Beratung im Landtag.
StaatssekretärDr. Ehard erwidert, richtig sei natürlich, daß wenn eine CSU-Regierung ein Landeswahlgesetz einbringe, das von der eigenen Partei nicht gebilligt werde, dies sehr unangenehm sei. Man wisse nicht, wie die Fraktion der Partei dazu stehe. Überdies sei richtig, daß es sich hier um eine Sache handle, die alle Parteien angehe.
MinisterpräsidentDr. Lacherbauer erklärt, schon auf Grund einer ersten Durchsicht müsse er schwerste Bedenken gegen den Entwurf anmelden.
StaatssekretärDr. Kraus vertritt ebenfalls die Meinung, man solle zunächst die CSU vorher fragen.
StaatsministerDr. Ehard vertritt die Meinung, man könne dieses Gesetz nicht vom Ministerrat aus verabschieden, sondern müsse wissen, ob man nicht von der eigenen Partei grundsätzliche Schwierigkeiten bekomme. Zu erwägen sei auch, ob es richtig sei, der SPD das Gesetz zur Äußerung zu geben, nachdem diese selbst schon einen Entwurf vorgelegt habe. Die CSU könne man aber nicht umgehen. Es handle sich hier um eine rein politische Angelegenheit.
MinisterpräsidentDr. Schwalber hält dies aus zeitlichen Gründen nicht mehr für möglich.
StaatssekretärDr. Ehard vertritt die Meinung, daß der Landesvorstand der CSU gehört werden solle, bevor der Ministerrat beschließe.33 Zu der Sitzung sollten aber auch diejenigen zugezogen werden, die den Entwurf gemacht hätten.34 Es handle sich nicht darum, daß man den ganzen Entwurf durchspreche, sondern nur markante Punkte. Dies müsse möglichst bald geschehen, da der Entwurf dem Landtag bei seinem nächsten Zusammentritt vorliegen müsse. Bis zum nächsten Ministerrat am Freitag, den 4. Juni 1948, 15 Uhr, müsse die Angelegenheit erledigt sein.35
MinisterpräsidentHiermit herrscht allgemeines Einverständnis.
Dr. Ehard verliest ein Schreiben des Kultusministeriums vom 29. April 1948, in welchem die Entscheidung des Ministerrats darüber beantragt ist, daß die Lehrerinnen an den staatlichen Landfrauenschulen in das Beamtenverhältnis übernommen werden sollen.36 Das Finanzministerium habe Beamtenstellen nur für die Leiterinnen, dagegen die Schaffung weiterer Beamtenstellen abgelehnt.
MinisterpräsidentDr. Hundhammer begründet diesen Antrag. Die Schülerinnen würden Beamte, die Lehrkräfte dagegen blieben Angestellte. Er sei schließlich damit einverstanden, daß nur ein Teil der Lehrerinnen in das Beamten Verhältnis übernommen werde.
StaatsministerDr. Kraus schlägt vor, daß der Kultusminister und er sich noch einmal über diese Frage unterhalten sollten. Man wolle sich schiedlichfriedlich auseinandersetzen. Ein Beschluß des Ministerrats sei nicht erforderlich. Im übrigen könne nur bei der Beratung des Kultusetats ein Ergänzungsantrag gestellt werden.
StaatsministerDr. Hundhammer erklärt sich hiermit einverstanden.37
StaatsministerDr. Ehard führt aus, beim Länderrat in Stuttgart solle ein Ausschuß für Polizei eingerichtet werden. Das Innenministerium habe die Errichtung eines solchen Ausschusses abgelehnt. In einer früheren Sitzung des Ministerrats sei dieser Standpunkt gebilligt worden.38 Es handle sich darum, daß der frühere Beschluß nochmals ausdrücklich bestätigt werden solle.
Ministerpräsident39
Hiermit herrscht allgemeines Einverständnis.Dr. Ehard fährt fort, daß der bereits bestehende Ausschuß für Staatsangehörigkeits- und Personenstandsfragen allgemein auf staats- und verwaltungsrechtliche Fragen erstreckt werden solle. Das Innenministerium habe der Ausdehnung zugestimmt, er sehe hiefür aber keine Notwendigkeit ein.
MinisterpräsidentDie Ausdehnung der Zuständigkeit dieses Ausschusses wird einstimmig abgelehnt.
Dr. Kraus weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß, solange der Zonenbeirat in der britischen Zone bestehe, auch der Länderrat in Stuttgart bestehen bleiben müsse.40
StaatsministerDr. Ehard erwidert, diesen Standpunkt habe er wieder bei der letzten Besprechung mit den beiden Generälen und den Ministerpräsidenten in Frankfurt klar und eindeutig vertreten.41
MinisterpräsidentDr. Ehard verliest ein Schreiben des Wirtschaftsministeriums vom 11. März 1948 und vertritt die Meinung, daß hier irgend etwas geschehen müsse.42 Die Handwerksfragen müßten koordiniert werden. Man müsse in der Tat ein federführendes Ressort für das Handwerk haben. Dieses müsse dafür verantwortlich sein, daß eine Abgleichung mit den anderen Ministerien erfolge. Er bitte darum, daß man sich zu in dem schreiben des Wirtschaftsministeriums enthaltenen Vorschlägen äußere.
MinisterpräsidentDr. Seidel weist darauf hin, eine Äußerung sei bisher nur von der Bauabteilung des Innenministeriums eingelaufen.43 Staatsminister Dr. Seidel weist darauf hin, daß in dem Schreiben des Wirtschaftsministeriums bereits der Vorschlag für den Ministerratsbeschluß enthalten sei.44
Staatsminister46 zu besetzen, wird einstimmig genehmigt.
Der Antrag des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus, die Stelle des Generaldirektors der staatlichen Archive Bayerns durch Dr. Wilhelm WinklerDr. Ehard bezeichnet es als einen Skandal, daß die Schändung jüdischer Friedhöfe nach wie vor andauere.47 Hier müsse einmal irgend etwas geschehen.48
MinisterpräsidentDr. Schwalher erwidert, das Innenministerium habe bereits sämtliche Regierungspräsidenten angewiesen, daß von den Gemeinden eigene Wachen aufgestellt werden müßten.
StaatssekretärDr. Ehard hält es für erforderlich, daß man sich über diese Angelegenheit noch einmal gesondert unterhalten müsse. Es müsse eine Besprechung mit der Polizei unter Zuziehung von Dr. Auerbach stattfinden.
MinisterpräsidentDr. Schwalher bemerkt, daß eine solche bereits vor 4 Wochen stattgefunden habe.49
StaatssekretärDr. Lacherbauer erstattet zunächst Bericht über den Fall Kubitzka.51 Das Gericht, der Oberstaatsanwalt, der Generalstaatsanwalt und die Kommission des Justizministeriums52 sprächen sich für den Vollzug aus. Auch er müsse den Vollzug beantragen.
StaatssekretärDr. Müller berichtet, daß er selbst mit Kubitzka im Zuchthaus Straubing gesprochen habe. Auch er glaube hier den Vollzug Vorschlagen zu müssen. Die Mitglieder des Ministerrats möchten sich die Sache aber noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Mittlerweile würden auch noch Feststellungen über die Mutter des Verurteilten getroffen, die nach der Verurteilung des Sohnes in ein Irrenhaus eingeliefert worden sei. Die Einlieferung ins Irrenhaus stehe aber mit der Tat des Sohnes nicht im Zusammenhang.53
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard führt aus, daß vom Landwirtschaftsministerium diese Verordnung vorgelegt worden sei.54 Es handle sich hier um die Auflösung der Wirtschaftsverbände, welche an sich durch das Gesetz des Wirtschaftsrats55 schon erfolgt sei. Die Aufgaben der Wirtschaftsverbände sollten nun von einem Landesernährungsamt übernommen werden. Er glaube nicht, daß man die Sachen im einzelnen im Ministerrat beraten müsse. Er wolle aber davon Kenntnis geben. Einen anderen als den vorgeschlagenen Weg halte er nicht für möglich.
MinisterpräsidentDr. Lacherbauer hegt zunächst Bedenken, ob die Sache im Verordnungsweg erledigt werden könne, zieht diese Bedenken aber dann zurück, da ein Gesetz als Rechtsgrundlage vorliegt.
StaatssekretärDr. Kraus hat finanzielle Bedenken, da es sich um eine neue Behörde handle.
StaatsministerDr. Schlögl erwidert, es handle sich nur um eine Umbenennung seiner bisherigen Abteilung A. Die Wirtschaftsverbände hätten 600 Personen beschäftigt, er brauche jetzt nur 90. Die Bezahlung müsse allerdings durch den Staat erfolgen, da er diese Ausgaben nicht mehr auf die Wirtschaftsverbände abwälzen könne. Er werde auf anderen Gebieten Einsparungen vornehmen, so daß die etatrechtliche Seite in Ordnung sei.
StaatsministerDr. Kraus weist darauf hin, daß, falls Gebühren erhoben würden, diese dafür zu verwenden seien und daß, wenn neue Mittel oder solche Mittel, die nicht für diese Zwecke vorgesehen seien, dafür verwendet würden, der Landtag beschließen müsse.
Staatsminister56
Im übrigen herrscht mit dem Erlaß der Verordnung durch das Landwirtschaftsministerium Einverständnis.Dr. Schlögl teilt mit, daß es ihm gelungen sei, eine Fälscherwerkstatt auszuheben.57 Es handle sich um eine Landdruckerei, die Papier für die Fälschungen geliefert habe. Er frage, ob der Landwirtschaftsminister ermächtigt sei, diese Druckerei zu schließen.
StaatsministerDr. Lacherbauer erwidert, die Schließung könne entweder als kriminal- oder gewerbepolizeiliche Maßnahme erfolgen. Hiefür seien entweder der Staatsanwalt oder der Regierungspräsident zuständig.
StaatssekretärDr. Schlögl fährt fort, es sei ihm weiter gelungen, eine Reihe von Schlemmergaststätten zu entdecken und zwar in München und in Tegernsee. In diesen würden entweder Essen ohne Marken zu überhöhten Preisen abgegeben oder vom Bedienungspersonal Marken verkauft. Wie stehe es mit der Schließung dieser Lokale?
Staatsminister58
Es wird festgestellt, daß hier die gleiche Rechtslage gegeben ist.Dr. Lacherbauer berichtet, Gericht, Oberstaatsanwalt, Generalstaatsanwalt und die Kommission des Justizministeriums60 begutachteten die Vollstreckung. Auch er schließe sich diesem Gutachten an.
StaatssekretärDr. Müller ergänzt diesen Bericht. Er habe auch mit Schmit gesprochen und neige auch in diesem Fall zur Vollstreckung. Er schlage aber vor, auch diesen Fall noch zurückzustellen. Es würden noch Feststellungen vom Gefängnisreferenten des Justizministeriums61 getroffen. Beim dritten noch vorliegenden Fall (Diedrich)62 sei er dagegen dafür, daß das Urteil nicht vollstreckt werde.63 Aber auch dieser Fall solle noch zurückgestellt werden.64
Stv. Ministerpräsident