Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident Dr. Müller, Innenminister Dr. Ankermüller, Kultusminister Dr. Hundhammer, Finanzminister Dr. Kraus, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Krehle, Sonderminister Dr. Hagenauer, Staatsminister Dr. Pfeiffer, Staatssekretär Dr. Schwalber (Innenministerium), Staatssekretär Fischer (Innenministerium-Bauabteilung), Staatssekretär Dr. Lacherbauer (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Müller (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Grieser (Arbeitsministerium), Staatssekretär Geiger (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Sedlmayr (Verkehrsministerium).
Verkehrsminister Frommknecht, Staatssekretär Jaenicke (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Sattler (Kultusministerium), Staatssekretär Sühler (Landwirtschaftsministerium).
Dr. Ehard eröffnet die Sitzung und teilt zunächst mit, daß morgen eine Besprechung beim Gouverneur stattfinde, an welcher er, der Finanzminister, der Innenminister und der Landwirtschaftsminister teilnehmen sollen. Es wird festgelegt, daß anstelle des verhinderten Finanzministers Staatssekretär Dr. Müller zu der Besprechung kommt. Ministerpräsident Dr. Ehard fährt fort, er habe soeben die fernmündliche Mitteilung bekommen, daß wohl am Sonntag die Währungsreform stattfinde.2 Die nötigen schriftlichen Weisungen kämen erst morgen Vormittag. Wie die Währungsreform wirklich aussehe, wisse er noch nicht sicher. Schlimm sei, daß voraussichtlich die Kopfquote auf den Freibetrag angerechnet werde. Er halte es für dringend notwendig, daß man einen Bevollmächtigten für Währungssachen ernenne. Er schlage hiefür Staatssekretär Dr. Müller vor. Dieser solle die Aufgäbe haben, mit der Währungsreform zusammenhängende Fragen in Verbindung mit der Landeszentralbank zu koordinieren. Beteiligt seien vor allem das Justiz-, Innen-, Landwirtschafts-, Wirtschafts- und Arbeitsministerium.
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Mit der Ernennung von Staatssekretär Dr. Müller zum Währungsbeauftragten herrscht allgemeines Einverständnis.Dr. Ehardfährt fort, es werde auch notwendig sein, bei den Kreisregierungen Währungsbeauftragte zu ernennen. Die einzelnen Ministerien sollten einen Verbindungsmann zu dem Währungsbeauftragten ernennen. Diese Kommission müsse sich wahrscheinlich täglich treffen und das Notwendige besprechen.
MinisterpräsidentDr. Seidel meint, man solle diese Kommission nicht auf sämtliche Ministerien ausdehnen, sondern es bei den fünf genannten belassen, weil die Kommission sonst zu groß werde. Es müsse darüber hinaus dafür gesorgt werden, daß dieser Ausschuß einen bestimmten Mann benenne, dem die aus dem ganzen Land herankommenden Zweifelsfragen vorgelegt werden könnten. Auch bei den Regierungspräsidenten, Landräten und kreisunmittelbaren Städten müsse man einen solchen Mann aufstellen.4
StaatsministerDr. Ehard meint, er habe daran gedacht, nicht die Leute aus dem Land nach München kommen zu lassen, sondern informierte Leute hinauszuschicken und dort die Behörden zu unterrichten. Diese Dinge solle aber die Währungskommission erledigen, mit technischen Sachen könne man sich hier nicht aufhalten. Eine Frage, die aber sofort auftauche, sei die: Es werde eine Reihe von Leuten geben z.B. Rentenempfänger, Fürsorgeempfänger usw., die nicht einmal das Geld für die Kopfquote hätten.5 Es müsse nun eine Möglichkeit geben, diesen Leuten das Geld für die Kopfquote auf Kredit zu geben. Bei der Rückzahlung des Kredits könne man dann großzügig verfahren. Er glaube, daß man es gar nicht anders machen könne. Wenn ein gewisser Mißbrauch damit getrieben werde, müsse man das in Kauf nehmen.6
MinisterpräsidentDr. Kraus ist ebenfalls der Auffassung, daß nichts anderes übrig bleiben werde. Man müsse wohl die Wohlfahrtsämter damit betrauen.
StaatsministerDr. Ehard meint, man müsse vor allen Dingen dafür sorgen, daß am Samstag die Kreditinstitute offen seien.
MinisterpräsidentDr. Kraus erklärt, es sei auch zu verantworten, daß man den Gemeinden, welche die Mittel nicht hätten, diese vom Staat aus ersetze.
StaatsministerDr. Ehardführt aus, man müsse schon großzügig sein, denn es gehe jetzt schon damit los, daß den Armen das Geld von anderen Leuten z.B. Schwarzhändlern, angeboten werde, die dafür eine gewisse Beteiligung verlangten. Außerdem habe er erfahren, daß man möglicherweise mit Unruhen rechnen müsse. Zu diesem Zweck sollten Studenten, Hausfrauen, Ausgebombte usw. vorgeschickt werden.
MinisterpräsidentDr. Schwalber erklärt, die Militärregierung sei hievon bereits in Kenntnis gesetzt.
StaatssekretärDr. Schlögl berichtet, es solle morgen eine Studentendemonstration stattfinden, die auch zu seinem Ministerium kommen werde.7
StaatsministerDr. Ehardführt aus, die Studenten machten wieder den Vorspann für die anderen. Was die Währungssache betreffe, so müsse man einen Aufruf der Staatsregierung vorbereiten.8 Sofort nach der Verkündung der Währungsreform müßten der Ministerpräsident und der Finanzminister sprechen.9 Bei der Ministerpräsidentenkonferenz infrankfurt10 habe man schon gewisse Grundsätze für den Aufruf aufgestellt.11 Diesen Aufruf solle man im Ministerrat vom Freitag, an dem man festhalten wolle, endgültigfertigstellen.12 Er frage weiter, ob auf dem Ernährungssektor Schwierigkeiten bestünden und ob hier etwas geschehen müsse. Wie stehe es mit den Betriebsferien in den einzelnen Betrieben?13
MinisterpräsidentDr. Schlögl erwidert, diese seien verhindert. Die Hauptschwierigkeiten mache ihm der Markenaufruf. Diesen wolle er erst am Samstag spät abends bekanntgeben.
StaatsministerDr. Ehard meint, man solle Betriebsferien überhaupt aufheben. Es müsse aber noch eine Reihe anderer Maßnahmen getroffen werden. Es stehe zu erwarten, daß in dem Währungsgesetz irgendeine Ermächtigung für die Staatsregierung enthalten sei. Wie diese aussehe, wisse aber noch niemand. Falls diese Ermächtigung nicht ausreiche, müsse man vielleicht irgendein Bevollmächtigungsgesetz beim Landtag einbringen.14
MinisterpräsidentDr. Kraus hält dies vor allem für notwendig für die Gehaltszahlung, da er am 1. Juli die Gehälter nicht auf einmal auszahlen lassen könne.
StaatsministerDr. Ehard weist darauf hin, daß eine Reihe von Städten ihre Gas- und Elektrizitätsrechnungen nicht mehr herausgegeben hätten und sie in neuem Geld verlangen wollten.
MinisterpräsidentDr. Müller meint, diese Frage werde im Währungsgesetz voraussichtlich geklärt werden.15
StaatssekretärDr. Ehard erklärt weiter, ihm sei einfall bekannt geworden, wo eine Spruchkammer sich geweigert habe, eine rechtskräftig ausgesprochene Sühne anzunehmen.
MinisterpräsidentDr. Hagenauer bezeichnet dies als unzulässig.
StaatsministerDr. Ehard wirft noch die Frage der Sicherheit auf. Die Ausgabestellen seien polizeilich gesichert; dafür müsse aber die ganze Polizei aufgeboten werden,16 die also für andere Zwecke nicht zur Verfügung stehe. Es gehe auch das Gerücht, daß die DP's ihr Geld 1:1 umgetauscht bekämen. Dies sei nicht richtig. Richtig sei nur, daß die DP’s ihre Kopfquote unmittelbar von der Miltärregierung bekämen, weil wir darüber keine Kontrolle ausüben könnten, da die DP's keine Kennkarte und Lebensmittelkarte hätten. Was das Gerücht betreffe, daß das neue Geld bereits im Handel sei, so sei dies nicht richtig.17
MinisterpräsidentSedlmayrfrägt, ob das Besatzungsgeld18 genau so behandelt werde, wie deutsches Geld.
StaatssekretärDr. Ehard bejaht dies.19 Er erklärt, er wolle den Beschluß über die Bevollmächtigung des Währungsbeauftragten in form einer Entschließung an sämtliche Staatsministerien geben. Auch die nicht unmittelbar beteiligten Ministerien sollten sich mit Staatssekretär Dr. Müller in Verbindung setzen oder für Einzelfragen zugezogen werden. Er schlagefolgenden Beschluß des Ministerrats vor:
Ministerpräsident1. Es ist erforderlich, daß die Fragen, die mit der kommenden Währungsreform Zusammenhängen, in den Ministerien und den ihnen unterstellten Verwaltungen einheitlich bearbeitet und entschieden werden. Zu diesem Zwecke ist im Finanzministerium unter Beteiligung der Staatskanzlei und der Staatsministerien des Innern, für Wirtschaft, für Ernährung, Landwirtschaft und forsten, für Arbeit und der Justiz sowie unter Zuziehung der Landeszentralbank ein Ausschuß zu bilden. Für diesen Ausschuß hat jedes der vorgenannten Ministerien und die Landeszentralbank sofort einen bestimmten Referenten (und einen Vertreter) zu bezeichnen, der dem Vorsitzenden dieses Ausschusses jederzeit zur Verfügung steht und der Verbindungsmann zwischen dem Ausschuß und seinem Ministerium ist. Die verschiedenen Fragen, die im Zusammenhang mit der Währungsreform in den einzelnen Ministerien auftauchen, werden in jedem Ministerium ausschließlich durch dieses Ausschußmitglied zur Erörterung gestellt und nötigenfalls mit dem Vorsitzenden des Ausschusses geregelt.
20 bestimmt.
2. Mit dem Vorsitz in diesem Ausschuß wird der Staatssekretär Dr. Hans Müller im Bayer. Staatsministerium der Finanzen beauftragt. Zu seinem Stellvertreter wird der Bankreferent im Finanzministerium, Ministerialrat Dr. Kreuser,Fragen beschäftigt. Ferner bestimmen die Regierungspräsidenten bei jedem Landratsamt und für jede kreisunmittelbare Stadt einen Beamten, der sich speziell im Benehmen mit den Währungsreferenten der Regierungen mit den auftauchenden Fragen zu beschäftigen hat“.
3. Bei jeder Regierung und jedem Oberfinanzpräsidium wird ein hauptamtlicher Referent bestimmt, der sich mit den mit der Währungsreform zusammenhängenden21
Dieser Beschluß wird einstimmig gefaßt.Dr. Ankermüller hält es für zweckmäßig, wenn anschließend an den Ministerrat die Währungskommission zum erstenmal zusammentrete.
StaatsministerDr. Seidel ist der gleichen Meinung, weil die Angelegenheit mit der Bevorschussung des Kopfgeldes heute schon gemacht werden müsse.
StaatsministerDr. Ehard stellt fest, daß auch mit diesem Vorschlag Einverständnis bestehe.
MinisterpräsidentGeigerfragt, ob es dabei bleibe, daß die Guthaben des Staates liquidiert würden.
StaatssekretärDr. Ehard bejaht dies nach dem letzten Stand. Die Länder bekämen 1/6 des Einkommens des letzten 1/2 Jahres als Dotation. Man werde die Sachausgaben sehr stark kürzen müssen, da man mit der Dotation nicht nur über vier Wochen, sondern wahrscheinlich über zwei Monate hinwegkommen müsse.
MinisterpräsidentDr. Müller erklärt hiezu, daß bereits alle Vorbereitungen getroffen seien.
StaatssekretärDr. Ehard weist noch darauf hin, daß bereits ein interministerieller Ausschuß22 für die Frage, wie man einer etwaigen Arbeitslosigkeit23 nach der Währungsreform entgegentreten könne, bestehe. Mit diesem Ausschuß müsse die neue Währungskommission sofort eine Querverbindung aufnehmen.
MinisterpräsidentDr. Müllerfragt, von wem dieser Ausschuß geleitet werde.
StaatssekretärDr. Seidel erwidert, hiefür sei Ministerialrat Dr. Drexl24 im Wirtschaftsministerium tätig. Er werde ihm sofort die notwendigen Anweisungen geben. Staatsminister Dr. Seidelfragt weiter, ob Gewähr dafür gegeben sei, daß Tag und Nacht ein Mann zur Verfügung stehe, der die notwendigen Auskünfte geben könne.
StaatsministerDr. Ehard erwidert, er halte diese Einrichtung für zweckmäßig. Diese frage müsse aber in der Kommission erledigt werden.
MinisterpräsidentDr. Ankermüller bemerkt hiezu, er habe gestern hierüber schon mit den Vertretern verschiedener Ministerien Besprechungen abgehalten. Er werde in seinem Ministerium einen Tag- und Nachtdienst einrichten. Das Gleiche werde für die Regierungen, Landratsämter und Städte gelten. Auch mit der Post habe er schon Verbindung aufgenommen, sowie einen Kurierdienst vorgesehen.
StaatsministerDr. Schlöglfragt, was er morgen tun solle, wenn die Studentendemonstration vor sein Ministerium komme.25 Solle man die Prinz-Ludwigstr. absperren?26
StaatsministerHundhammer erklärt, man werde versuchen, auf den vernünftigen Teil der Studenten einzuwirken.
StaatsministerDr. Schlögl meint, ob er nicht innerhalb des Landwirtschaftsministeriums einige Polizisten postieren solle.
StaatsministerDr. Hundhammer schlägt vor, die Prinz Ludwig-Straße abzuriegeln.
StaatsministerDr. Ehard möchte nicht gerne die Polizei in Erscheinung treten lassen. Er halte es für zweifelhaft, ob es gelinge, die Straße durch die Polizei abriegeln zu lassen. Entweder müsse die Polizei dann nachgeben, das sei kläglich; wenn sie schießen müsse, sei es schlimm. Wenn man eine Maßnahme treffe, müsse man sie auch durchhalten. Dies könne man aber hier nicht. Deshalb solle man die Demonstration ablaufen lassen. Dagegen müsse man ein etwaiges gewaltsames Eindringen der Demonstranten in das Ministerium verhindern.27
MinisterpräsidentDr. Schlögl stellt fest, daß er also nur innerhalb des Gebäudes Polizei postieren, eine Deputation aber empfangen werde.
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Hiermit herrscht allgemeines Einverständnis.Dr. Pfeifferfragt, ob am Freitag und Samstag die Geschäfte offen seien.
StaatsministerDr. Schlögl wäre geneigt, am Samstag die Geschäfte zu schließen, da die Lebensmittelrationen am Ende der Dekade doch schon alle gekauft seien.
StaatsministerDr. Ehard hält dies für unmöglich, ebenso Staatsminister Dr. Ankermüller.
MinisterpräsidentDr. Müllerfragt, ob die Fahrkarten noch mindestens einen Tag nach dem Stichtag weitergelten. Dies sei vor allem für die Teilnehmer der Jugendkundgebung wichtig.29
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehard erwidert, es sei Vorsorge getroffen, daß die Leute nach Hause kämen.
MinisterpräsidentSedlmayr hält es für wichtig, daß ein Vertreter der Bahn und der Post sich mit der Währungskommission in Verbindung setzt.
StaatssekretärDr. Pfeiffer schlägt vor, daß während der Studentendemonstration die verschiedenen Minister und Staatssekretäre in ihren Ministerien sein sollten.
StaatsministerDr. Müller erklärt hiezu, daß er, da der Ministerpräsident um diese Zeit bei der Militärregierung sein werde, sich bereithalte.
Stv. MinisterpräsidentDr. Ehardfügt hinzu, er habe den Studenten erklärt, er werde eine Deputation empfangen, aber nicht, wenn ein Demonstrationszug vor dem Haus stehe. Die Studenten hätten sich damit einverstanden erklärt.30
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