1Staatsminister Dr. Kraus teilt mit, die Militärregierung habe in einem an den Herrn Ministerpräsidenten gerichteten Brief darauf verzichtet, daß bis zum 1. Oktober 1948 ein revidierter Haushaltsplan für 1948/49 vorgelegt werde und erklärt, den bestehenden Schwierigkeiten Rechnung tragen zu wollen.1 Die der Staatsregierung dagegen auferlegte Verpflichtung, den Entwurf des Staatshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1949/50 bereits bis zum 17. Januar 1949 der Militärregierung vorzulegen, sei nur unter der Voraussetzung erfüllbar, daß ein Nachtragshaushalt nicht mehr aufgestellt werde und auch der Bayerische Landtag nicht mehr in eine Einzelberatung dieses Haushalts eintreten würde. Der vorliegende Gesetzentwurf2 sehe deshalb vor, daß sich der Bayerische Landtag dem Verzicht der Militärregierung auf die Aufstellung eines Nachtragshaushalts anschließe. Das Finanzministerium werde dem Landtag mit dem Betriebsmittelplan für das [4.]3 Rechnungsvierteljahr 1948 eine Übersicht über die notwendigen über- und außerplanmäßigen Ausgaben vorlegen. Was den von der Militärregierung gestellten Termin betreffe, so stehe er zurzeit in Verhandlungen und werde aller Voraussicht nach erreichen, daß dieser Termin bis Anfang Februar verlängert werde. Es sei praktisch unmöglich, vorher schon die umfangreichen Vorarbeiten abzuschließen.4
1Bolds an Ehard, 30. 10. 1948, betr. Haushaltsplan (StK 30824); Abdruck des – dort undatierten – Schreibens von Bolds an Ehard in der Begründung des Entwurfs; vgl. BBd.
III Nr. 2016 . S. im Detail StK-GuV 86.2Kraus hatte MPr. Ehard den Entwurf am 9. 11. 1948 mit Begründung zugeleitet (StK-GuV 86).3Vgl. die Begründung des Haushaltsgesetzes BBd.
III Nr. 2016 .4Zum Fortgang s. Nr. 61 TOP IV.
2Ministerpräsident Dr. Ehard empfiehlt, der Militärregierung möglichst bald endgültig mitzuteilen, wann der Haushaltsplan 1949/50 vorgelegt werden könne und zweitens den bayerischen Senat einzuschalten.
3Der Ministerrat beschließt sodann, seine Zustimmung zu dem Gesetzentwurf des Finanzministeriums, der umgehend dem Bayerischen Landtag zugeleitet wird.5
5Ehard leitete dem Landtagspräsidenten den Entwurf des Gesetzes über die Feststellung des Haushaltsplans des bayerischen Staates für das Rechnungsjahr 1948 (Haushaltsgesetz) am 16. 11. 1948 mit Begründung zu; vgl. BBd.
III Nr. 2016 . Der Landtag stimmte dem Haushaltsgesetz am 1. 12. 1948 unverändert zu; vgl. BBd.
III Nr. 2052 . Der Senat stimmte am 7. 12. 1948 dem Gesetz zu. – Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des bayerischen Staates für das Rechnungsjahr 1948 (Haushaltsgesetz) vom 13. Dezember 1948 (GVBl. S. 268
).
1Staatsminister Dr. Hundhammer weist darauf hin, der Erlaß eines Schulorganisationsgesetzes6 sei vor allem deshalb notwendig, weil die bisher geltenden Vorschriften auf eine Reihe von zum Teil sehr weit zurückgehenden Rechtsquellen verteilt seien.7 Es kämen laufend Anträge auf Errichtung von Konfessions- und Gemeinschaftsschulen, die sich auf die einschlägigen Bestimmungen der Bayerischen Verfassung stützen, mangels Durchführungsvorschriften aber nicht behandelt werden könnten. Der Landesschulbeirat habe den Entwurf des Kultusministeriums fast einstimmig angenommen, auch der Senat habe ihn gründlich bearbeitet und einige Änderungsvorschläge gemacht,8 die sämtlich berücksichtigt worden seien.6Vgl. Hundhammer an MPr. Ehard, 5. 11. 1948, Entwurf mit Begründung des Schulorganisationsgesetzes (MK 61220); s. Buchinger, Wiederaufbau S. 588–591.7Vgl. dazu im Detail die Begründung des Entwurfs in BBd.
III Nr. 2017 .8Vgl. Anlage Nr. 140, Verhandlungen des Bayerischen Senats. II Tagung.
2Ministerpräsident Dr. Ehard erkundigt sich, wer die in § 14 des Gesetzes vorgesehene Beauftragung einer kirchlichen Organisation durchführe,9 ferner, ob bei dieser Bestimmung nicht Schwierigkeiten durch die Ausschaltung der Gemeinden entstehen könnten.9§ 14 lautete im Entwurf (vgl. Anm. 6): „(I) Auf Antrag einer Zweidrittel-Mehrheit der Erziehungsberechtigten kann eine kirchliche Genossenschaft mit der Erteilung des Unterrichtes an einer Bekenntnisschule beauftragt werden. (II) Die Beauftragung kann nur mit Zustimmung einer Zweidrittel-Mehrheit der Erziehungsberechtigten rückgängig gemacht werden.“
3Staatsminister Dr. Hundhammer antwortet, die Beauftragung läge beim Kultusministerium; im übrigen müßten die Gemeinden in jedem Fall gehört werden, ein Recht, das in den Durchführungsvorschriften verankert werde. Er werde auch in Kürze ein neues Schulbedarfsgesetz10 vorlegen können, bei dem selbstverständlich nicht daran gedacht werde, den sächlichen Schulbedarf, den die Gemeinden zu tragen hätten, auf den Staat zu übertragen.10Das Schulbedarfgesetz vom 14. August 1919 (GVBl. S. 489
) und das Schulbedarfgesetz vom 11. Januar 1939 (GVBl. S. 12
) – erstmals geändert durch Art. 41 des Bayer. Besoldungsgesetzes vom 14. Juni 1958 (GVBl. S. 101
) – wurden erst durch das Volksschulgesetz vom 17. November 1966 (GVBl. S. 402
) außer Kraft gesetzt. S. im Detail zu Vorarbeiten MK 61345, 61347.
4Der Ministerrat beschließt sodann, dem vorliegenden Gesetzentwurf, der nunmehr dem Landtag zugeleitet wird, zuzustimmen.11
11Ehard leitete dem Landtagspräsidenten den Entwurf zu einem Gesetz über die Organisation der Volksschulen (Schulorganisationsgesetz, SchOG) am 15. 11. 1948 mit Begründung zu; vgl. BBd. III Nr. 2017 . – Gesetz über die Organisation der Volksschulen (Schulorganisationsgesetz) vom 8. August 1950 (GVBl. 159).
1Staatsminister Dr. Kraus gibt einen Überblick über die Entstehung des Verkehrsministeriums,12 sowie über die Verminderung seiner Aufgaben und Zuständigkeiten durch die Proklamation Nr. 5. In der Öffentlichkeit werde s.E. die Aufhebung des Ministeriums als Sparmaßnahme begrüßt werden.13
12Vgl. Protokolle Hoegner I Einleitung S. LXXXV, Nr. 4 TOP XV und Nr. 7 TOP II sowie die Verordnung Nr. 33 über die Errichtung eines Staatsministeriums für Verkehrsangelegenheiten vom 26. Januar 1946 (GVBl. S. 62
).13Kraus hatte Ehard am 25. 10. 1948 einen Gesetzentwurf über die Auflösung des StMVerkehr mit Begründung zugeleitet (MF 69423). Vgl. ebd. Kraus an RegDir Barbarino, 22. 10. 1948: Die Angelegenheit der Aufhebung des StMVerkehr habe er heute mit Ehard, Josef Müller u. Hundhammer besprochen. Es sei vereinbart worden, daß das StMF umgehend einen Gesetzentwurf vorlege: „Die Angelegenheit eilt, weil zu erwarten ist, daß die Sozialdemokraten demnächst einen derartigen Antrag im Landtag einbringen.“ Das StMWi begrüßte die Absicht des Entwurfs, die Aufgaben des StMVerkehr dem StMWi zu übertragen; vgl. StMWi an StMF, 26. 11. 1948 (MF 69423). Vgl. ferner zur öffentlichen Diskussion um die Auflösung des Ressorts PA 1948/19; „Behörden und Ämter werden kleiner. Länder, Städte und Militärregierungen treffen Sparmaßnahmen“ NZ 30. 10. 1948.
2Staatsminister Frommknecht berichtet über die umfangreichen Aufgaben, die das Ministerium auch jetzt noch zu erfüllen habe14 und verweist auf seine eingehende Haushaltsrede.15 Die Position gegenüber der bizonalen Verwaltung für Verkehr und der Bahn, sowie der Post sei sehr stark und es sei gelungen, die bayerischen Interessen mit Nachdruck und Erfolg zu vertreten. Er glaube, daß die Aufhebung des Verkehrsministeriums Nachteile mit sich bringen werde, die größer seien, als die durch die Einsparung erzielten Vorteile.14Vgl. auch die Stellungnahme des StMVerkehr Frommknecht, 11. 11. 1948, zu dem vom StMF, 25. 10. 1948, vorgelegten Entwurf zur Auflösung des StMVerkehr (9 S.) sowie Frommknecht an Ehard, Kraus, Ankermüller u. Seidel, 26. 11. 1948, mit einer Übersicht über die Aufgaben des StMVerkehr, 26. 11. 1948 (MF 69423).15Vgl. die Haushaltsrede Frommknechts zum Haushalt des StMVerkehr 1947 StB. II S. 1139–1146 (16.3. 1948) und S. 1148–1160 (17. 3. 1948).
3Staatssekretär Sedlmayr macht gleichfalls auf die sachliche und politische Bedeutung des Verkehrsministeriums aufmerksam.
4Nach einer eingehenden Aussprache über die politische Seite der Angelegenheit erklärt Ministerpräsident Dr. Ehard, es sei notwendig, den vorliegenden Gesetzentwurf durch eine ausführliche Begründung zu ergänzen. Insbesondere müsse geklärt werden, welche Zuständigkeiten dem Ministerium noch verblieben seien und in welcher Weise sie aufgeteilt werden sollten. Es sei wohl auch zweckmäßig, die Meinung der Landtagsfraktion zu erforschen.16
16Vgl. auch Sedlmayr an den Direktor für das Post- und Fernmeldewesen des VWG, Hans Schuberth, 16. 11. 1948. Darin hieß es u.a.: „Der Herr Ministerpräsident würde m.E. gern Deine persönliche Meinung über die ganze Angelegenheit erfahren. Er machte im Ministerrat eine entsprechende Bemerkung“ (NL Sedlmayr 26).
5Staatsminister Frommknecht gibt noch bekannt, die Aufhebung der Straßenverkehrsdirektion München, der Straßenverkehrshauptämter und Straßenverkehrsämter sei bereits weitgehend vorbereitet und würde in allernächster Zeit durchgeführt werden.17
17Vgl. das Rundschreiben des StMVerkehr an den MPr. und die Ressorts, 26. 11. 1948, betr. Verordnung über die Straßenverkehrs Verwaltung in Bayern; Entwurf als Anlage (NL Müller B 81/1).
6Auf Vorschlag des Ministerpräsidenten Dr. Ehard wird beschlossen, den Gesetzentwurf des Finanzministeriums nochmals zu überarbeiten, wobei das Finanzministerium die Federführung behalten, aber alle beteiligten Ministerien zuziehen solle.18 Insbesondere müsse eine klare Zusammenstellung der Zuständigkeiten ausgearbeitet werden.19
18Vgl. von Gumppenberg i. A. von MPr. Ehard an StMF Kraus, 17. 11. 1948, betr. Aufhebung des StMVerkehr. Darin wurden die der Entscheidung des Ministerrats vom 13. 11. 1948 zugrundeliegenden Beweggründe noch einmal und ausführlicher als im Ministerratsprotokoll referiert (MF 69423). Kraus erhielt diesen Brief auch früher als das Ministerratsprotokoll der Sitzung. Lt. Vermerk Gumppenbergs lag es MPr. Ehard am 23. 11. 1948 vor (NL Ehard 1462). In dem Brief vom 17. 11. hieß u.a.: „1. Zugunsten der Aufhebung des Ministeriums wurde vor allem geltend gemacht, daß für dessen Entstehung im Jahre 1946 nicht sachliche, sondern politische Gründe maßgebend gewesen seien, da bei dem damaligen Ministerpräsidenten, Herrn Dr. Hoegner, die Absicht bestanden habe, sein Kabinett durch Hereinnahme von weiteren Mitgliedern der CSU auf eine breitere Basis zu stellen. Ferner wurde darauf hingewiesen, daß ungefähr zur gleichen Zeit der Plan aufgetaucht sei, die süddeutschen Länder zu einer Eisenbahngemeinschaft zusammen zu fassen, ein Plan, der bei Verhandlungen in Stuttgart ziemlich greifbar Gestalt angenommen habe, aber dann am Widerspruch der amerikanischen Militärregierung gescheitert sei, die einen festen Zusammenschluß des gesamten Verkehrswesens gewünscht hätte. Wäre dieser Plan Tatsache geworden, so hätte zweifellos die Notwendigkeit für ein eigenes bayerisches Verkehrsministerium bestanden. In Wirklichkeit, so wurde ausgeführt, habe aber insbesondere die Proklamation Nr. 5 dazu geführt, daß fast alle Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Verkehrswesens auf die Verwaltung für Verkehr und auf die Verwaltung für Post übergegangen seien, ganz abgesehen von den umfangreichen Befugnissen des Wirtschaftsrates auf dem einschlägigen Gebiet der Gesetzgebung. So wurde darauf hingewiesen, daß die Bayern noch verbleibenden Rechte und seine Interessen ebenso gut wie durch ein eigenes Verkehrsministerium durch das Wirtschaftsministerium wahrgenommen werden könnten, selbstverständlich unter Hereinnahme von erfahrenen Verwaltungsfachleuten in dieses Ministerium. Was die politische Seite der Aufhebung des Ministeriums betrifft, wurde vor allem geltend gemacht, daß ein Ministerratsbeschluß, wonach zwei Ministerien, nämlich Verkehrs- und Sonderministerium, aufgehoben würden, auf die Bevölkerung tiefen Eindruck machen und ihr beweisen würde, daß man in Bayern beabsichtige, von oben herab in der Staatsverwaltung äußerste Sparsamkeit zu üben. Die Bevölkerung, so wurde erklärt, erwarte eine kleinere, aber schlagkräftige Regierung, ganz abgesehen von dem Umstand, daß befürchtet werden müsse, bei einem Zögern der Staatsregierung werde die Initiative zur Aufhebung des Verkehrsministeriums von anderer Seite ergriffen. 2. Andererseits wurden zugunsten des Weiterbestands des Staatsministeriums für Verkehrsangelegenheiten eine Reihe von sachlichen und politischen Argumenten angeführt. Was die politische Seite betrifft, wurde vor allem darauf hingewiesen, daß man in breiten Kreisen, vor allem innerhalb der Bayernpartei, die Aufhebung des Verkehrsministeriums als Zugeständnis an die außerhalb Bayerns bestehenden zentralistischen Tendenzen betrachten und mit einer entsprechenden Kritik einsetzen werde. Es wurde befürchtet, die Aufhebung werde die föderalistische Position Bayerns taktisch schwächen und man müsse eine bedenkliche Rückwirkung auf einen erheblichen Teil der bayerischen Bevölkerung erwarten. Von verschiedenen Seiten wurde geltend gemacht, der etwaige günstige Eindruck der damit verbundenen Sparmaßnahme würde demgegenüber nicht ins Gewicht fallen. Zu der sachlichen Seite der Angelegenheit wurde zunächst festgestellt, daß auch nach der zweifellos vorhandenen Einschränkung der Zuständigkeiten des Bayerischen Verkehrsministeriums diesem immer noch ein außerordentlich umfangreicher Aufgabenkreis obliege. In diesem Zusammenhang wurde auf die große Etatrede des Herren Verkehrsministers im Landtag sowie auf die Stellungnahme des Verkehrsministeriums zu dem vorliegenden Gesetzentwurf vom 11. November 1948 verwiesen. Bayern habe sich ferner im Verkehrsbeirat in Frankfurt eine führende Position errungen, begünstigt durch die reibungslose Zusammenarbeit mit dem Direktor der Verwaltung für Verkehr, die zweifellos mit einer Aufhebung des Ministeriums verloren gehen würde. Es sei, so wurde betont, ausgeschlossen, daß das Wirtschaftsministerium sich in der gleichen Weise durchsetzen könne, besonders nicht gegenüber der Bahn und der Post. An Einzelbeispielen wurde darauf hingewiesen, daß vor kurzem die gesamte bayerische Eisenbahnindustrie lahmgelegt werden sollte, ein Versuch, der nur durch das Eingreifen und die Machtstellung des Verkehrsministeriums in Frankfurt verhindert worden sei. Übrigens stehe fest, daß die Länder Hessen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen, in denen kein selbständiges Verkehrsministerium bestehe, im Verkehrsbeirat überhaupt keine Rolle spielten. Schließlich dürfe man sich auf dem Gebiet des Verkehrs ja nicht nur mit der Verwaltung begnügen, sondern habe auch die Verpflichtung, die Forschungsarbeit auf einer Reihe von Gebieten weiter zu führen und zu unterstützen. Darüber hinaus wurde noch geltend gemacht, daß das in Vorbereitung befindliche Gesetz über die Verkehrsverwaltung Verkehrsministerien der Länder voraussetze, die weitgehend berücksichtigt werden sollten; der einzige Ansatzpunkt für die Verbindung zwischen den Ländern und der Verkehrsverwaltung seien eben die Verkehrsministerien. In gleicher Weise sei es notwendig, bei Bahn und Post einen Einfluß über die Vertretung der Länder auszuüben, was gleichfalls ohne ein eigenes Ministerium kaum möglich sei“ (MF 69423).19Das StMF legte im Januar 1949 den Gesetzentwurf in teilweise abgeänderter Fassung und mit ausführlicherer Begründung (16 S.) wieder vor; vgl. Kraus an StK, 12. 1. 1949, abgesandt 17. 1. 1949 (MF 69423). Zum Fortgang s. Nr. 85 TOP II.
1. Ernennung von Mitgliedern des Obersten Rechnungshofs U
1Der Ministerrat beschließt, dem Vorschlag des B. Staatsministeriums der Finanzen entsprechend folgende ehemalige Beamte zu Mitgliedern des Obersten Rechnungshofs zu ernennen, unter gleichzeitiger Ernennung zum Ministerialrat unter Wiederberufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit:
2a) Ludwig Oexle,20
20In der Vorlage fälschlich „Oechsle“. Zu seiner Person s. Nr. 19 TOP XIII.
3b) Dr. Josef Traßl,21
21Dr. jur. Josef Traßl, geb. 1885, Jurastudium in Würzburg u. München, 1912 Promotion Univ. München, seit 1934 MinRat StMF, 1. 5. 1937 NSDAP-Mitglied, Ende September 1945 Dienstenthebung auf Anordnung der Militärregierung; vgl. Protokolle Schaffer S. 136, 139 326, 337, 380, 382.
4c) Dr. Franz Schneider.22
22Vgl. Nr. 1 TOP XVI, Nr. 8 TOP X und Nr. 19 TOP XIII.
2. Durch Beschluß des Ministerrats wird der Präsident des Landgerichts Landshut, Mork,23 zum Generalstaatsanwalt in Nürnberg ernannt. U23Heinrich Mork, geb. 1898, 1929 große juristische Staatsprüfung.
3. Besetzung des Amtes für Wiedergutmachung U
1Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, das Staatsministerium der Finanzen habe als Anwalt für Wiedergutmachung den bisherigen Staatskommissar Dr. Auerbach und als Leiter der Regelungs- und Verwaltungsabteilung den bisherigen Abteilungsleiter im Landesamt für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung, Dr. Sebastian Endres,24 vorgeschlagen.25 Er halte es für notwendig, in das Ernennungsschreiben an Dr. Auerbach folgenden Absatz hereinzunehmen:24Dr. jur. Sebastian Endres, geb. 1896, Jurist, Teilnahme am Ersten Weltkrieg, Jurastudium in München u. Erlangen, während des Studiums Tätigkeit im Generalsekretariat der BVP in München u. im Augsburger Sekretariat, auch Leiter pol. Versammlungen, 1926 große juristische Staatsprüfung, anschließend Rechtsanwalt in Ludwigshafen, dort u.a. Vorstandsmitglied des Pfälzer Bauernvereins, 1934 Heirat einer katholischen Jüdin, 1934–1939 Rückzug auf einen landwirtschaftlichen Betrieb, seit 1939 kaufmännische u. juristische Tätigkeit im Betrieb eines Freundes, 1946/1947 Leiter der Rechtsabt. im StMELF, lt. Spruchkammerbescheid, 21. 3. 1947, vom Gesetz nicht betroffen, 1. 10. 1947 im Angestelltenverhältnis Hauptabteilungsleiter beim Bayerischen Landesamt für Vermögensverwaltung und Wiedergutmachung (Dienstantritt 1. 12. 1947), Dienstbezeichnung Vizepräsident, bis 31. 3. 1953 Leiter der Wiedergutmachungsabteilung; s. StK 14261.25Vgl. Kraus an Ehard, 5. 11. 1948 (StK-GuV 85).
2„Ihre Gehalts- und Anstellungsverhältnisse werden durch einen besonderen Vertrag mit dem B. Staatsministerium der Finanzen im einzelnen geregelt“.26
26Vgl. Ehard an Auerbach, 15. 11. 1948. Darin hieß es u.a.: „Die nähere Regelung Ihrer Anstellungs- und Vergütungsverhältnisse bleibt einer besonderen Vereinbarung zwischen dem Staatsministerium der Finanzen und Ihnen Vorbehalten“ (StK-GuV 85 und MInn 79666).
3Der Ministerrat erklärt sich mit der Berufung des Herrn Dr. Auerbach unter Zustimmung zu dem Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten einverstanden.27
27Vgl. den Entwurf der Ernennungsurkunde für Auerbach zum „Anwalt für Wiedergutmachung“ im Bayerischen Landesamt für Wiedergutmachung mit der Dienstbezeichnung „Generalanwalt für Wiedergutmachung“, 16. 11. 1948 (StK-GuV 85); ferner Auerbach an Ehard, 23. 11. 1948. Darin hieß es u.a.: „Ich danke Ihnen für das Vertrauen, das die Bayerische Staatsregierung mir durch Sie in der Ernennung zum Generalanwalt für die Wiedergutmachung bewiesen hat. Es bedarf wohl keiner Erwähnung, daß ich getreu dem von mir auf die Verfassung geleisteten Eide die Wahrung der Rechte der rassisch, religiös und politisch Verfolgten, die Sie mir anvertrauten, weiter übernehme, und hoffe, daß wir die große Aufgabe der Wiedergutmachung begangenen Unrechts in kürzester Frist werden lösen können“ (Staatskommissariat für die rassisch, religiös u. politisch Verfolgten vorl. Nr. 23 d).
4Anschließend wird nach kurzer Aussprache beschlossen, die Berufung des Herrn Dr. Endres noch nicht durchzuführen und die Angelegenheit noch kurze Zeit zurückzustellen.
4. Vizepräsident Schindler, Ansbach28
U28Zu seiner Person s. Nr. 9 TOP IV; vgl. ferner Nr. 11 TOP III.
1Staatsminister Dr. Ankermüller teilt mit, Vizepräsident Schindler in Ansbach habe das 65. Lebensjahr erreicht und müßte demnach pensioniert werden. Nun habe der Besoldungsausschuß beschlossen,29 daß Beamte, die unter das Wiedergutmachungsgesetz fielen, und zu ihnen gehöre Vizepräsident Schindler, nicht vor dem 68. Lebensjahr pensioniert werden dürften.29Gemeint ist der Besoldungsausschuß des Landtags; vgl. SZ 13. 11. 1948.
2Staatsminister Dr. Kraus erklärt es für fraglich, ob ein solcher Beschluß die Staatsregierung binde.
3Ministerpräsident Dr. Ehard weist darauf hin, daß der Landtag ein entsprechendes Gesetz machen müsse und daß vorher die Staatsregierung nicht gehalten sei, derartige Beschlüsse auszuführen. Er würde empfehlen, im Haushaltsausschuß zu klären, daß ein Gesetz gemacht werden müsse, wenn man Ausnahmen verlangen wolle. Im Falle des Vizepräsidenten Schindler in Ansbach, der früher nicht bayerischer Beamter gewesen sei, habe man keinerlei Veranlassung, von sich aus eine besondere Ausnahme zu machen.
4Staatsminister Dr. Ankermüller stellt sodann abschließend fest, daß der Ministerrat seine Auffassung billige, Vizepräsident Schindler müsse am 15. November 1948 pensioniert werden.
30Vgl. Nr. 48 TOP VI.
1Ministerpräsident Dr. Ehard führt aus, er müsse zu seinem Bedauern feststellen, daß die Frage der Übersiedlung des Bayerischen Landtags in das Maximilianeum noch nicht zur Ruhe gekommen sei. Nachdem eigentlich schon alles geregelt gewesen sei, hätten sich neuerdings Schwierigkeiten ergeben. Esmüßte sich doch machen lassen, ein schriftliches Abkommen zu treffen, worin die Räume, die der Landtag beziehe, festgelegt würden und andererseits einem Teil der Studenten die Möglichkeit gegeben werde, weiter im Maximilianeum-Gebäude wohnen zu bleiben. Dieser Zustand könne dann solange bleiben, bis ein neues Gebäude für die Studenten errichtet sei. Die Frage des Eigentumswechsels selbst könnte allenfalls31 der Entscheidung eines Schiedsgerichts Vorbehalten bleiben. Eine solche Vereinbarung habe er schon vor 5/4 Jahren vorgeschlagen32 und es sei dringend an der Zeit, dies jetzt schriftlich niederzulegen.31Die Formulierung geht auf eine hs. Korrektur MPr. Ehards zurück, der „könnte allenfalls“ für „müßte natürlich“ einfügte (StK-MinRProt 11).32Vgl. Nr. 2 TOP VI.
2Staatsminister Dr. Hundhammer erklärt, Professor Rheinfelder,33 der die Stiftung Maximilianeum vertrete, habe ihm versichert, die Vorschläge des Herrn Ministerpräsidenten bedeuteten die einzig mögliche Lösung. Gleichzeitig habe Professor Rheinfelder ihn gebeten, auf das Finanzministerium hinzuwirken, daß ein solcher Vertrag vor dem Einzug des Landtags in das Gebäude unterschrieben sei.33Prof. Dr. phil. Hans Rheinfelder (1898–1971), Romanist, 1946 o. Prof, für romanische Philologie Univ. München, Mitglied der Bayer. Akademie der Wissenschaften, 1947–1952 zugleich Leiter der Abt. Universitäten u. wiss. Anstalten im StMUK, Vors. des Kuratoriums der Stiftung Maximilianeum.
3Staatsminister Dr. Ankermüller weist darauf hin, daß die Frage mit den Privatwohnungen im Maximilianeum besonders schwierig sei, insbesondere sei ein Einvernehmen mit Frau Professor Vossler34 kaum zu erreichen.34Prof. Dr. phil. Karl Vossler (1872–1949), Romanist, 1911–1937 u. 1945–1947 o. Prof. Univ. München, 1916 o. Mitglied der Bayer. Akademie der Wissenschaften, 1926/1927 u. 1946 Rektor der Univ München. Vossler bewohnte mit seiner Frau die Vorstandswohnung der Stiftung im Maximilianeum.
4Staatsminister Dr. Hundhammer erklärt sich bereit, nochmals mit Frau Vossler35 zu verhandeln. Von dem Ergebnis dieser Besprechung müßten dann die weiteren Schritte abhängig gemacht werden.36
35Emma Vossler, geb. 1887, verw. Zeller, geborene Thiersch; Karl Vossler war seit 1923 in zweiter Ehe mit ihr verheiratet. Aus dem Personalakt Vosslers ergibt sich, daß seine Frau im Juli 1951 die Wohnung im Maximilianeum noch bewohnte (MK 44466).36Zum Fortgang s. Nr. 51 TOP X.
37Vgl. Nr. 40 TOP XIII und Nr. 41 TOP VII.
1Staatsminister Dr. Seidel teilt mit, der Wirtschaftsrat habe ein Gesetz über eine Wiederaufbaubank beschlossen.38 Der Verwaltungsrat dieser Bank solle sich voraussichtlich aus je einem Vertreter der Verwaltungen der Finanzen, der Wirtschaft, der Ernährung und Arbeit, ferner aus drei Vertretern der Länder zusammensetzen. Dabei solle der Länderrat das Recht haben, die drei Ländervertreter vorzuschlagen. Nordrhein-Westfalen beabsichtige, einen Vertreter für die Wirtschaft zu benennen und dafür Bayern einen Vertreter für die Landwirtschaft einzuräumen.39
38Vgl. Nr. 41 TOP VII Anm. 55.39Vgl. die Erläuterungen zur Tagesordnung für die 15. nichtöffentl. Sitzung des Länderrats am 16. 11. 1948 [die dann am 18. 11. 1948 stattfand]. Dort hieß es dazu: „Minister Dr. Spiecker hat mit Schreiben vom 4. 11. 1948 angeregt, daß Wirtschaftsminister Prof. Dr. Nölting von Nordrhein-Westfalen als Vertreter des größten Landes des VW in den Verwaltungsrat entsandt werden solle und daß ferner das Land Bayern den Vertreter der Ernährungsverwaltung stellen sollte. Es ist zu erwarten, daß der Finanzausschuß des Länderrates einen Vorschlag wegen Bestellung eines Vertreters der Finanzverwaltung machen wird“ (StK 30457).
2Staatsminister Dr. Hundhammer tritt dafür ein, daß auch Bayern in diesem Verwaltungsrat einen Vertreter der Wirtschaft entsenden solle.
3Staatsminister Dr. Seidel regt an, das Kabinett möge dem Ministerpräsidenten und ihm die Vollmacht erteilen, im Länderrat in Frankfurt über diese Frage gemäß der dort bestehenden Situation zu verhandeln.
4Der Ministerrat stimmt sodann diesem Vorschlag zu.40
40Zum Fortgang s. Nr. 50 TOP II.
1Staatsminister Dr. Seidel berichtet über ein vom Wirtschaftsrat in Frankfurt beschlossenes Tarifvertragsgesetz,41 das u.a. vorsehe, daß die Allgemein-Verbindlichkeit von Tarifverträgen allein von Frankfurt aus erteilt werden müsse. Die Arbeitsminister sämtlicher Länder hätten dagegen Protest eingelegt.41Vgl. den Entwurf des Tarifvertragsgesetzes in der Antragsfassung des Ausschusses für Arbeit des Wirtschaftsrates, 3. 11. 1948, Drucksache Nr. 672, Wörtliche Berichte und Drucksachen des Wirtschaftsrates Bd. 5, sowie die zweite u. dritte Lesung des Entwurfs im Wirtschaftsrat, 9./10. 11. 1948, Wörtliche Berichte und Drucksachen des Wirtschaftsrates Bd. 3 S. 1094–1100. – Tarifvertragsgesetz (TVG) vom 9. April 1949 (WiGBl. S. 55). S. im Detail zu diesem Gesetz StK 30788.
2Staatsminister Krehle führt aus, bei einer bizonalen Arbeitsministerbesprechung in Zusmarshausen sei der sogenannte Zusmarshausener Entwurf ausgearbeitet worden, der vorsehe, daß das Recht, Tarifverträge für allgemein verbindlich zu erklären, grundsätzlich bei den Ländern verbleiben müsse und Frankfurt lediglich bei Reichstarifen zuständig sei. Der Gesetzentwurf in der zentralistischen Fassung sei von der SPD eingebracht worden,42 man habe dagegen protestiert und beantragt, den Zusmarshausener Entwurf wieder herzustellen43 Ob man einen Erfolg erziele, sei aber zweifelhaft. Man müsse berücksichtigen, daß vor 1933 das Reichsarbeitsministerium allein zuständig gewesen sei, Tarifverträge für allgemein verbindlich zu erklären. Für alle Fälle würden die Arbeitsminister dem Länderrat empfehlen, ein Veto einzulegen.44 Übrigens sei in Frankfurt schon ein Gesetzentwurf vorgelegt, demzufolge alle Zuständigkeiten des früheren Reichsarbeitsministeriums auf die Verwaltung für Arbeit in Frankfurt übergehen sollen.45
42Vgl. Initiativ-Antrag der SPD-Fraktion. Entwurf eines Gesetzes über Tarifverträge, 30. 9. 1948, Drucksache Nr. 613, Wörtliche Berichte und Drucksachen des Wirtschaftsrates Bd. 4; vgl. Richardi/Thiel S. 178 f.; vgl. im Detail Nautz.
43Zum Zusmarshausener bzw. Stuttgarter Entwurf eines Tarifvertragsgesetzes vgl. Richardi/ThielS. 179. Abdruck des Entwurfs eines Tarifvertragsgesetzes des Unterausschusses Arbeitsrecht beim Stuttgarter Länderrat, Fassung auf Grund der Beratungen, 14. 3. 1947, bei NautzS. 167–170.44Vgl. Krehle an den Bevollmächtigten des Landes Bayern beim Länderrat des VWG, 17. 11. 1948 (StK 30788). Der Länderrat beschloß am 18. 11. 1948 folgende Änderungen des Gesetzes: „a) § 5 Abs. 4 Satz 2 erhält folgende Fassung: ‚Soweit der räumliche Geltungsbereich eines Tarifvertrages nicht über ein Land hinausgeht, übt die Oberste Arbeitsbehörde des Landes die Befugnis des Direktors der Verwaltung für Arbeit aus Absatz 1 und 3 aus und unterrichtet ihn, wenn sie von diesem Recht Gebrauch gemacht hat.‘ b) In § 10 werden hinter die Worte: ‚Der Direktor der Verwaltung für Arbeit kann’ die Worte: ‚im Benehmen mit den obersten Arbeitsbehörden der Länder und‘ eingefügt“; Niederschrift über die 15. nichtöffentliche Sitzung des Länderrats am 18. 11. 1948 in Bad Königstein (Taunus) (StK 30457).45Vgl. Nr. 39 TOP XII.
3Staatsminister Dr. Ankermüller teilt in diesem Zusammenhang mit, die gleichen Tendenzen bestehen auf dem Gebiet des Bauwesens.46 Er bitte das Kabinett um Ermächtigung, gegen diese Bestrebungen in Frankfurt mit allem Nachdruck vorgehen zu können.46Vgl. Nr. 44 TOP III.
4Der Ministerrat billigt die Haltung des Herrn Staatsministers des Innern gegenüber derartigen Tendenzen in Frankfurt.
5Anhand verschiedener Beispiele werden anschließend die schwebenden Versuche, auf allen Gebieten zentralistische Lösungen zu finden, besprochen.
6Staatsminister Dr. Kraus erklärt sodann im Namen des Kabinetts, daß dieses die Haltung des Herrn Ministerpräsidenten im Kampf für eine föderalistische Gestaltung des zukünftigen Bundesstaates rückhaltlos billige und ihn bitte, mit der gleichen Zielsicherheit und Klarheit wie bisher für Bayern weiter zu arbeiten. Er persönlich sei überzeugt, daß mit unbeirrbarer Festigkeit noch vieles für Bayern erreicht werden könne.
47Vgl. ein Flugblatt mit dem Aufruf zum Generalstreik am 12. 11. 1948 (NL Ehard 1326); „Morgen Arbeitsruhe in der Doppelzone“, SZ 11. 11. 1948 sowie die Erklärung der Staatsregierung, 11. 11. 1948: „Der Gewerkschaftsrat des Vereinigten Wirtschaftsgebietes hat von Frankfurt aus eine 24-stündige Arbeitsruhe für Freitag, den 12. November 1948 beschlossen. Der bayerische Gewerkschaftsbund hat sich mit diesem Beschluß solidarisch erklärt. Die bayerische Staatsregierung hatte schon einige Zeit vor dieser Beschlußfassung Verhandlungen mit dem bayerischen Gewerkschaftsbund eingeleitet [vgl. Nr. 46 TOP IX], um die Frage zu untersuchen, wie der Unterschied zwischen Löhnen und Preisen vernünftigerweise ausgeglichen werden könne. Die Erarbeitung der Grundlagen für bestimmte Vorschläge stehen vor dem Abschluß. Weitere Besprechungen mit den Beteiligten waren bereits vorgesehen. Die bayerische Staatsregierung bedauert deshalb, daß der bayerische Gewerkschaftsbund sich der vom zentralen Gewerkschaftsrat in Frankfurt getroffenen Entscheidung angeschlossen hat. Von den Beamten des öffentlichen Dienstes fordert die bayerische Staatsregierung, daß sie am 12. November ihren Dienst in vollem Umfange versehen. Von den Angestellten im öffentlichen Dienst erwartet sie die gleiche Haltung [vgl. Nr. 14]“ (StK 13106, MArb 2203 und NL Ehard 1326).
1Staatsminister Dr. Ankermüller macht darauf aufmerksam, daß die Verlautbarung der Gewerkschaften über die Arbeitsruhe am 12. November 194848 in einem gewissen Widerspruch mit den Presseberichten und den Mitteilungen der staatlichen Stellen stehe, wonach die Mehrzahl der Bevölkerung den Streik ablehne. Die Berichte zeigten, daß eine Reihe von großen und kleinen Betrieben gearbeitet hätten.49 Er halte es für richtig, von Seiten der Regierung aus der Öffentlichkeit eine klare Darlegung zu geben.48Lt. Das Bayer. Staatsministerium für Arbeit und Soziale Fürsorge Tätigkeitsbericht (S. 97) meldete der Bayer. Gewerkschaftsbund eine Teilnahme von 1,5 Millionen Personen an der Protestaktion am 12. 11. 1948.49Vgl. Chronik der Stadt München (S. 435): „Der Aufruf des Bayerischen Gewerkschaftsbundes zu einer 24stündigen Arbeitsruhe findet in München geteilte Aufnahme. Bei den Behörden wird voll gearbeitet, auf den Straßen drängen sich Arbeitswillige, die ihren Arbeitsplatz trotz der nicht verkehrenden öffentlichen Verkehrsmittel zu erreichen suchen. In den größeren Betrieben stehen die Maschinen still. Die Vermengung wirtschaftlicher Forderungen mit einer Reihe politischer Ziele durch die Gewerkschaften findet wenig Anklang.“ Vgl. ferner „Ruhiger Verlauf der Arbeitsruhe“ SZ 13. 11. 1948 (S. 1); zu München „Zwischen Arbeit und Arbeitsruhe. Geteilte Aufnahme des Gewerkschaftsbeschlusses“ SZ 13. 11. 1948 (S. 4).
2Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, der Herr Staatsminister für Wirtschaft möge in den nächsten Tagen am Rundfunk sprechen und vor der Öffentlichkeit feststellen, wie die Beteiligung am Streik und die Stimmung der Bevölkerung gewesen sei.50
50Seidel sprach am 15. 11. 1948 in der Sendereihe „Hörerbriefe“ über die Entstehung der Preiserhöhungen nach der Währungsreform und die Maßnahmen, durch die u.a. die Staatsregierung bemüht war, diesem Zustand entgegenzuwirken. Den Streik erwähnte er jedoch nicht (NL Seidel 1).
3Staatsminister Krehle empfiehlt, mit einer solchen Erklärung abzuwarten, bis die endgültigen Zahlen von den Arbeitsämtern eingelaufen seien. Es werde sich wahrscheinlich herausstellen, daß kaum 50% der arbeitenden Bevölkerung die Arbeit niedergelegt haben.51
51Vgl. MD Oechsle, StMArb, an StK, 18. 11. 1948, betr. Beteiligung an der Arbeitsruhe vom 12. 11. 1948 (StK 14716). S. StK 14741; PA 1948/24.
4Staatsminister Dr. Seidel meint, er könnte ja am Rundfunk zunächst die Behauptung der Gewerkschaften über eine 95%ige Beteiligung am Streik anzweifeln und genaue Angaben in Aussicht stellen.
5Staatsminister Dr. Ankermüller wirft sodann die Frage des Streiks von Beamten und Angestellten im Staatsdienst auf.52 So habe zum Beispiel das Landratsamt Kronach gestreikt, einschließlich der Beamten, an einigen weiteren Landratsämtern nur die Angestellten. Auch das Finanzamt Rothenburg habe die Arbeit niedergelegt.52Vgl. Anm. 47.
6Staatsminister Dr. Kraus antwortet, er werde gegen das Finanzamt Rothenburg einschreiten.
7Staatsminister Krehle erklärt, bezüglich des Streikrechts der Beamten müsse eine klare Rechtsgrundlage geschaffen werden. Die Angestellten könnten ein Streikrecht haben, wenn es sich um reine wirtschaftliche Forderungen, wie Verbesserung der Löhne und Arbeitsbedingungen, handle.
1Ministerpräsident Dr. Ehard gibt bekannt, der Staatsregierung lägen Anträge von verschiedenen Orten auf Errichtung von Spielkasinos vor und man müsse diese Frage grundsätzlich besprechen.53
53Vgl. Oberbürgermeister der Stadt Reichenhall, Walter Neumayer, an Ehard, 20. 10. 1948 u. 1. Bürgermeister u. MdL (SPD) der Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen, Georg Schütte, an Ehard, 29. 10. 1948, betr. Zulassung einer öffentlichen Spielbank (StK 13533). Vgl. StK 13534.
2Staatsminister Dr. Ankermüller erwidert, er habe die notwendigen Vorarbeiten schon veranlaßt, auch auf der Konferenz der Innenminister in Wiesbaden habe man sich darüber unterhalten und Hessen habe die Genehmigung für Nauheim erteilt.54 Von verschiedenen Seiten würde geltend gemacht, man könne die Spielleidenschaft doch nicht ausrotten und durch die Errichtung von Spielkasinos würden einerseits dem Staat Gelder zufließen, andererseits würde unkontrollierbares Glücksspiel verhindert. Er habe bereits veranlaßt, daß die gesetzliche Grundlage nachgeprüft und ein Memorandum seines Ministeriums vorbereitet würde.54Die Regierung von Rheinland-Pfalz hatte eine Spielbank in Bad Neuenahr genehmigt (Eröffnung 15. 12. 1948) und das hessische Kabinett am 2. 10. 1948 beschlossen, den Städten Wiesbaden und Bad Homburg je eine Spielbankenkonzession zu erteilen; vgl. Albert Völker an Ehard, 29. 1. 1949 (StK 13533). S. auch NZ 2. 11. 1948.
3Staatsminister Dr. Kraus führt aus, wenn man derartige Pläne verwirklichen wolle, bräuchte man ein neues Gesetz, da das Reichsgesetz vom Jahre 1933 nicht ausreiche.55 Persönlich stehe er aber auf dem Standpunkt, daß das Glücksspiel an sich zu verwerfen sei und die Erfahrungen, die man mit den Spielbanken in Monaco usw. gemacht habe, ihn als Christen abschreckten. Er werde sich einer anderen Auffassung des Kabinetts nicht entgegenstellen, müsse aber davor warnen und darauf hinweisen, daß man gerade als CSU-Regierung eine solche Sache sehr genau überlegen müsse.55Gesetz über die Zulassung öffentlicher Spielbanken vom 14. Juli 1933 (RGBl. I S. 480 ).
4Stv. Ministerpräsident Dr. Müller und Staatsminister Dr. Seidel schließen sich dieser Auffassung an.
5Staatsminister Dr. Seidel betont, seiner Auffassung nach könne man unmöglich gerade in einer Zeit so etwas machen, in der Millionen von Menschen nicht wissen, wie sie ihr Leben fristen sollen.
6Staatsminister Dr. Ankermüller erklärt, das sei selbstverständlich auch seine persönliche Meinung, er habe lediglich die von anderer Seite für die Errichtung von Spielbanken geltend gemachten Argumente wiedergeben wollen.
7Auf Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten wird sodann beschlossen, das Staatsministerium des Innern solle die für und gegen die Errichtung von Spielbanken sprechenden Gründe genau zusammenstellen und ein Memorandum ausarbeiten.56
56Erst am 21. 4. 1955 stimmte der Landtag der Errichtung von Spielbanken zu. Die Aufnahme des Spielbetriebs – zunächst in Form von privaten Konzessionsbetrieben – erfolgte im Juli 1955 in Bad Reichenhall, Bad Kissingen u. Garmisch-Partenkirchen; vgl. 50 Jahre Bayer. Staatslotterie S. 192; Kock, Landtag S. 107f. Zum Fortgang s. Nr. 51 TOP XI.
Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Generalsekretär des
Ministerrats
In Vertretung
gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg
Regierungsdirektor
Der Leiter der
Bayerischen Staatskanzlei
gez.: Dr. Anton Pfeiffer
Staatsminister