Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Justizminister Dr. Müller, Innenminister Dr. Ankermüller, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Krehle, Staatsminister Dr. Pfeiffer (Bayer. Staatskanzlei), Staatssekretär Dr. Konrad (Justizministerium), Staatssekretär Fischer (Innenministerium-Oberste Baubehörde), Staatssekretär Jaenicke (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Müller (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Grieser (Arbeitsministerium), Staatssekretär Sedlmayr (Verkehrsministerium), Staatssekretär Sühler (Landwirtschaftsministerium), Ministerialrat Leusser (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialdirigent Dr. Heilmann (Wirtschaftsministerium), Ministerialrat Brandl1 (Innenministerium).
Kultusminister Dr. Hundhammer, Verkehrsminister Frommknecht, Staatssekretär Dr. Schwalber (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Sattler (Kultusministerium), Staatssekretär Geiger (Wirtschaftsministerium).
I. Bundesangelegenheiten. II. Entwurf eines Gesetzes über den gerichtsärztlichen Dienst. III. Gesetz über Masseure und medizinische Bademeister. IV. Personalangelegenheiten. V. [Maßnahmen des Arbeitsamtes Nürnberg zum Pfingsttreffen der FDJ]. [VI. Berücksichtigung der Remontagebetriebe bei der Vergebung öffentlicher Aufträge]. [VII. Besuch des Bundesministers Dr. Lukaschek in Bayern]. [VIII. 30-Jahr-Feier in Coburg]. [IX. Dienstbetrieb am Pfingstsamstag]. [X. Sozialer Wohnungsbau].
1. Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Europarat2
Dr. Ehard teilt mit, am Mittwoch, den 24. Mai 1950 werde der Zwischenstaatliche Ausschuß des Bundesrates zusammentreten, um diesen Gesetzentwurf zu beraten. Es sei der Wunsch ausgesprochen worden, daß bis dahin eine Stellungnahme aller Kabinette vorliege.
MinisterpräsidentDr. Pfeiffer berichtet über die außerordentliche Sitzung des Bundesrates am Abend des 19. Mai 1950.3 Der Zweck dieser außerordentlichen Sitzung sei an sich der gewesen, daß der Bundeskanzler, der nach Meinung des Bundesrates diesen bisher nicht genügend informiert habe, allgemein über die Arbeiten und Ziele der Bundesregierung berichte; die Frage des Beitritts zum Europarat sei nicht der eigentliche Anlaß dieser Sitzung gewesen.
StaatsministerBundeskanzler Dr. Adenauer habe sich bereiterklärt, vor dem Bundesrat zu sprechen unter der Voraussetzung, daß nur Mitglieder des Bundesrates und die offiziellen Ländervertreter zugegen seien.
4 Er sei sehr kurz und enthalte nur drei Artikel, von denen Art. 1 laute: „Dem Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Europarat wird zugestimmt“.5
Der Gesetzentwurf werde am Donnerstag, den 25. Mai im Plenum des Bundesrates behandelt.6
Zu der ganzen Frage habe die Bundesregierung eine Denkschrift zusammengestellt, die vor kurzem veröffentlicht worden sei.7 sehr ausführlich über den Europarat gesprochen und festgestellt, daß der Gesetzentwurf die Antwort auf eine offizielle Einladung, dem Europarat beizutreten, darstelle.8 Die Situation sei natürlich dadurch erschwert, daß die SPD, die ursprünglich zu den stärksten Befürwortern gehört habe, das Problem des Saargebiets sehr stark politisch und nationalistisch aufgegriffen habe, bis Schumacher9 schließlich den Beitritt abgelehnt habe, wenn gleichzeitig das Saargebiet aufgenommen werde. Mit dieser Haltung der SPD habe sich Bundeskanzler Dr. Adenauer eingehend auseinandergesetzt. Vor allem habe er betont, daß durch den Vorschlag des französischen Außenministers Schuman,10 der Deutschland große Möglichkeiten biete, eine Änderung eingetreten sei.11 Durch eine Ablehnung, dem Europarat beizutreten, werde, so habe der Bundeskanzler erklärt, zweifellos auch den Schumanschen Plänen der Boden entzogen werden. Dieser werde übrigens zurzeit vom Bundeswirtschaftsministerium eingehend geprüft.
Bundeskanzler Dr. Adenauer habe am vergangenen Freitag Abend12 Interessant sei übrigens gewesen, daß sich auch Bundesminister Kaiser13 in der Frage der Aufnahme von Berlin sehr entschieden dem Bundeskanzler angeschlossen habe.
In der Aussprache in der Sondersitzung am vergangenen Freitag seien einige Fragen an den Bundeskanzler gestellt worden, vor allem bezüglich einer gleichzeitigen Aufnahme Berlins in den Europarat. Der Bundeskanzler habe schlüssig nachgewiesen, daß ein solcher Plan unmöglich durchzuführen sei. Auf eine weitere Frage habe er geantwortet, zwei Mitglieder der Bundesregierung hätten ursprünglich Bedenken geäußert, schließlich sei aber der Beschluß des Kabinetts einstimmig erfolgt.Dr. Ankermüller, der bei der Sitzung am Freitag, den 19. Mai in Bonn anwesend gewesen war, unterstreicht anschließend die Ausführungen des Herrn Staatsministers Dr. Pfeiffer.
StaatsministerDr. Ehard stellt fest, daß die Zustimmung zum Beitritt zum Europarat unter der Voraussetzung, daß dies auf Berlin ausgedehnt werde, unmöglich sei. Das Kabinett müsse sich nun schlüssig werden, ob die bayerischen Vertreter in der Bundesratssitzung am nächsten Donnerstag zustimmen sollten.
MinisterpräsidentDr. Müller erklärt, es sei kein Zweifel, daß dem Europarat beigetreten werden müsse, was in dieser Frage die Opposition mache, scheine ihm keinesfalls konstruktiv zu sein. Vielleicht werde die ganze Angelegenheit etwas überbewertet, trotzdem bestehe kein Zweifel, daß man mitmachen müsse. Auch er halte es für unmöglich, das Problem Berlin damit zu verbinden.
Stv. Ministerpräsident14
Der Ministerrat beschließt sodann, von bayerischer Seite aus dem Gesetzentwurf die Zustimmung zu erteilen.2. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Konsulargesetzes15
Dr. Pfeiffer berichtet über die Geschichte dieses Gesetzes, das bis auf das Jahr 1867 zurückgehe und im Laufe der Zeit verschiedentlich geändert worden sei.16 Bei dem jetzt vorliegenden Entwurf sei besonders der § 7 bedeutsam, der unter anderem festsetze, daß von der für das Amt eines Konsuls vorgeschriebenen Prüfung bei Personen abgesehen werden könne, welche die Fähigkeit zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst erlangt haben oder sich sonst durch ihre Lebens- oder Berufserfahrung für das ihnen zu übertragende Amt als besonders geeignet erwiesen haben. § 7a bestimme, daß solchen Persönlichkeiten für die verantwortliche Bearbeitung von Rechtsangelegenheiten ein Beamter zugeteilt werden solle, der die Befähigung zum Richteramt oder zum höheren Verwaltungsdienst habe.
Staatsminister17
Der Ministerrat stellt fest, daß gegen diesen Gesetzentwurf keine Bedenken zu erheben sind.3. Heimarbeitsgesetz
Leusser führt aus, daß diesem Gesetzentwurf im wesentlichen zugestimmt werden könne.18 Bedenklich sei aber § 3 Abs. 1, der bestimme, daß für Angelegenheiten, die nach Umfang, Auswirkungen oder Bedeutung über den Zuständigkeitsbereich einer obersten Landesbehörde hinausgingen, der Bundesminister für Arbeit die zuständige Amtsbehörde sei.19 Dies sei ein klarer Verstoß gegen Art. 83 des Grundgesetzes20 und bedeute, daß der Vollzug des Gesetzes in unkontrollierbarem Ausmaß auf den Bund übertragen werde. Gegen diese Bestimmung müsse man sich wenden und ihre Streichung vorschlagen. Das gleiche gelte für § 3 Abs. 3,21 der eine Berichtspflicht der obersten Arbeitsbehörden der Länder an den Bundesminister für Arbeit vorsehe. Von dieser Möglichkeit sei in dem maßgebenden Art. 84 des Grundgesetzes nichts enthalten.22
Ministerialrat23 hier müsse man vorschlagen, daß die Worte „zum Schutze der Öffentlichkeit“ durch die Worte „zum Schutze der Heimarbeit“ ersetzt würden.
Bedenklich sei auch § 14 Abs. I,Krehle macht darauf aufmerksam, daß 90% der materiellen Bestimmungen des Gesetzentwurfs auf einen bayerischen Entwurf zurückgingen.24
Staatsminister25
Der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf unter der Voraussetzung zuzustimmen, daß die von Herrn Ministerialrat Leusser vorgeschlagenen Änderungen angenommen werden4. Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Verschollenheitsrechts26
Gegen diesen Entwurf werden keine Bedenken erhoben.
5. Entwurf eines Gesetzes über Darlehen zum Bau und Erwerb von Handelsschiffen27
Leusser stellt fest, daß das Wirtschaftsministerium mit dem Entwurf nicht einverstanden sei, da er die Hamburger Wirtschaft zu sehr begünstige;28 er glaube aber nicht, daß man sich dagegen wenden solle. Jedenfalls werde das Bundesfinanzministerium dafür sorgen, daß nicht zu hohe Mittel nach Hamburg kommen würden.
Ministerialrat29
Der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.6. Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über die vorläufige Aufstellung und Ausführung des Bundeshaushaltsplans und über die vorläufige Rechnungsprüfung sowie über die vorläufige Haushaltsführung im Rechnungsjahr 194930
Leusser macht darauf aufmerksam, daß dieser Entwurf noch im Finanzausschuß beraten werde. Seine Tendenz sei die, für den Bund Rücklagen zu schaffen, was den Ländern nicht möglich sei. Nachdem es sich hier um ein Gesetz handle, das vom Bundestag bereits verabschiedet sei, bestehe die Frage, ob der Vermittlungsausschuß angerufen werden solle.
MinisterialratDr. Müller bezeichnet das Gesetz als sehr bedenklich.
StaatssekretärEs wird vereinbart, heute noch nicht endgültig Stellung zu nehmen, sondern in Bonn nochmals zu prüfen, wie man Vorgehen solle.
7. Entwurf eines Gesetzes über die Finanzverwaltung31
Leusser stellt fest, daß es sich hier um einen Rückläufer handle.
Ministerialrat32 der die Errichtung von Bauabteilungen bei den Oberfinanzdirektionen vorsehe, bedenklich sei, abzulehnen und nochmals in Bonn endgültig den bayerischen Standpunkt festzulegen und notfalls den Vermittlungsausschuß anzurufen.33
Nach kurzer Aussprache wird beschlossen, auch diesen Entwurf, der besonders wegen des § 6,8. Entwurf eines Gesetzes über die Ausprägung von Scheidemünzen34
und
9. Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungs- und Bausparwesen35
Zu den beiden Gesetzen werden Bedenken nicht erhoben, bei 9) vor allem deswegen nicht, weil die Versicherungskammern nicht unter das Gesetz fallen.
10. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Biersteuergesetzes36
37
Dieser Gesetzentwurf findet Zustimmung, nachdem Ministerialrat Leusser erklärt hatte, daß er den bayerischen Wünschen entspreche.11. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundsteuergesetzes38 Ministerialrat Leusser führt aus, mit diesem Gesetz habe sich der Finanzausschuß noch nicht befaßt, wahrscheinlich werde es nochmals von der Tagesordnung abgesetzt.
12. Entwurf einer Verwaltungsanordnung Nr. 4 zum Wertpapierbereinigungsgesetz39
Es wird festgestellt, daß hier keine Bedenken bestehen.
13. Entwurf einer Anordnung über die steuerliche Behandlung von Zuwendungen an betriebliche Pensionskassen oder Unterstützungskassen40
Leusser macht darauf aufmerksam, daß dieser Entwurf voraussichtlich nochmals zurückgestellt werde.41
Ministerialrat14. Entwurf eines Gesetzes über den Vertrieb jugendgefährdender Schriften42
Leusser erklärt, zunächst müsse man sich grundsätzlich darüber klar werden, ob man bei diesem Gesetz die Zuständigkeit des Bundes anerkennen wolle oder nicht.43
MinisterialratDr. Ankermüller führt aus, es handle sich hier um einen Entwurf, auf den Bundesinnenminister Dr. Heinemann44 besonderen Wert lege. Es sei allerdings sehr fraglich, ob mit einem Apparat, wie er in diesem Entwurf vorgesehen sei, überhaupt etwas in der Bekämpfung von Schmutz und Schund erreicht werden könne.45 Man müsse sich aber entscheiden, ob man die Regelung der Angelegenheit dem Bund überlassen wolle, der an sich nach dem Grundgesetz keine Zuständigkeit habe. Im Ausschuß für Innere Angelegenheiten seien die Vertreter der französischen Zone und Bayern, unter Umständen auch Nordrhein-Westfalen, geneigt gewesen, zuzustimmen.46 Alle anderen Länder hätten es bisher grundsätzlich abgelehnt, heute werde sich aber auch noch die Konferenz der Kultusminister mit der gleichen Frage befassen.47
StaatsministerDr. Ehard bezeichnet es als sehr zweifelhaft, ob mit diesem Gesetz, ganz abgesehen von der Zuständigkeitsfrage, ein Erfolg erzielt werden könne.
MinisterpräsidentBrandl berichtet, auch er habe auf die verfassungsrechtlichen Bedenken des Gesetzes aufmerksam gemacht, sich dann aber an der Beratung positiv beteiligt.
MinisterialratDr. Ankermüller meint, auch wenn das Gesetz tatsächlich angenommen wird, könne es zu einem Fehlschlag werden, weil die Länder, die nicht damit einverstanden seien, es sabotieren könnten. Außerdem sei in Zukunft den Ländern die Möglichkeit genommen, ein eigenes Gesetz dieser Art zu machen.
StaatsministerDr. Ehard weist darauf hin, daß durch die Einrichtung der Landesprüfstellen zweifellos eine Ungleichheit eintreten werde.
MinisterpräsidentBrandl stellt fest, daß § 15, der von der Möglichkeit der Beschwerde spreche, durch Ziff. 4 ergänzt werden solle, wonach die in § 9 aufgeführten Organisationen gleichfalls das Beschwerderecht hätten. Der Bundesinnenminister habe übrigens nachträglich erklärt, die Bundesregierung beabsichtige, das Gesetz unter allen Umständen durchzubringen. Notfalls werde der Vermittlungsausschuß angerufen werden.
Ministerialrat48 hingewiesen wird.
Anschließend werden noch einige Einzelheiten des Gesetzentwurfs besprochen, wobei unter anderem auf die Fragwürdigkeit der Bestimmung in § 3 Abs. 2Dr. Ehard hält es für schwierig, trotz aller Bedenken das Gesetz abzulehnen. Wenn man sich auf die Zuständigkeit der Länder berufe, komme man in die Zwangslage, gleichfalls einen Gesetzentwurf, mit dem niemand zufrieden sei, vorlegen zu müssen.
Ministerpräsident49
Der Ministerrat beschließt sodann, dem Gesetzentwurf seine Zustimmung zu geben.15. Entwurf eines Gesetzes über öffentliche Versammlungen und Aufzüge (Versammlungsordnungsgesetz)50
Leusser führt aus, es sei schwer, diesem Gesetzentwurf ohne weiteres zuzustimmen, der übrigens noch durch den Ausschuß für Innere Angelegenheiten verschärft worden sei.
MinisterialratBrandl erklärt, der Entwurf sei von allen Ausschußmitgliedern sehr positiv beurteilt worden.51 Gewisse Änderungen zu den §§ 3,52 7 Abs. 253 usw. habe man noch vorgeschlagen,54 die zu einer weiteren Klärung dienen könnten. Er gebe jedoch zu, daß § 7 Abs. 255 ziemlich problematisch sei.
MinisterialratDr. Müller kritisiert den Entwurf und regt an, von bayerischer Seite aus nicht zuzustimmen.
Stv. MinisterpräsidentLeusser weist noch auf einen neu aufgenommenen § 29a hin, der gegen Art. 84 des Grundgesetzes verstoße.56
MinisterialratDr. Ehard stellt unter Zustimmung des Kabinetts abschließend fest, daß man in Bonn nochmals die endgültige Stellungnahme Bayerns beraten, dem Entwurf aber wahrscheinlich nicht zustimmen werde; zum mindesten müsse dieser noch überarbeitet werden.57
Ministerpräsident16. Entwurf eines Gesetzes über die Rechtsstellung der in den Bundestag gewählten Angehörigen des öffentlichen Dienstes58
Leusser teilt mit, die Bundesregierung habe eine neue Vorlage ausgearbeitet,59 voraussichtlich werde der Entwurf aber von der Tagesordnung des Bundesrates abgesetzt werden.60
Ministerialrat17. Entwurf einer Ersten Verordnung zur Abwicklung von zonalen Einrichtungen61
Gegen diesen Entwurf werden Bedenken nicht erhoben.
18. Entwurf eines Gesetzes über das vorläufige Handelsabkommen vom 4. 3. 1950 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Pakistan62
Dr. Pfeiffer führt aus, es handle sich hier nur darum, dem vorläufigen Abkommen vom 4. März zwischen Deutschland und Pakistan zuzustimmen. Bedenken seien dagegen nicht zu erheben.
Staatsminister63
Der Ministerrat schließt sich dieser Auffassung an.19. Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundesbesatzungsamtes64
65
Es wird festgestellt, daß von Bayern aus die in diesem Gesetz vorgesehene Regelung nach wie vor abzulehnen ist.20. Entwurf eines Gesetzes über den Verkehr mit Vieh und Fleisch (Vieh- und Fleischgesetz)66
21. Entwurf eines Gesetzes über den Verkehr mit Zucker (Zuckergesetz)67
Leusser teilt mit, die beiden Gesetzentwürfe würden noch
Ministerialrat68
am kommenden Freitag im Agrarausschuß behandelt werden. Zu einer endgültigen Beratung sei es wahrscheinlich auch noch zu früh und die Entwürfe würden sicher von der Tagesordnung abgesetzt werden.22. Patentrechtliche Regelung für Berlin69
Dr. Pfeiffer gibt bekannt, es seien Versuche im Gang, in Berlin ein eigenes Patentamt im kleinen zu errichten, vor allem bezüglich der Warenzeichen. Über diese Frage habe in Unkel eine Besprechung stattgefunden, bei der auch Bundesjustizminister Dr. Dehler70 teilgenommen habe. Das Ergebnis sei sehr befriedigend gewesen und er glaube nicht, daß noch eine Gefahr für den Bestand des Patentamtes in München71 gegeben sei.
Staatsminister23. Finanzausschuß
Leusser erkundigt sich bei Staatssekretär Dr. Müller, ob im Finanzausschuß auch eine in letzter Zeit aufgetauchte Frage behandelt werde, nämlich, daß sich einzelne Ressorts um Bundeszuschüsse unmittelbar an das Bundesfinanzministerium wendeten, die sie von ihren Ländern nicht erhielten.
MinisterialratDr. Müller antwortet, es handle sich hier um eine reine haushaltsrechtliche Angelegenheit, die im Finanzausschuß schon besprochen worden sei. Jedenfalls werde dafür gesorgt, daß in Zukunft Zuschüsse nur mehr über die Länderfinanzministerien gegeben würden. Es gehe nicht an, daß z.B. ein Landwirtschaftsministerium unmittelbar beim Bund Mittel anfordere, ohne das eigene Finanzministerium zu verständigen.
StaatssekretärLeusser betont, man eröffne dem Bundesrechnungshof die Möglichkeit, die Länderverwaltungen zu prüfen, wenn man unmittelbar vom Bund Mittel anfordere und erhalte.
MinisterialratDr. Ankermüller führt aus, daß dieser Gesetzentwurf bestimme, daß der gerichtsärztliche Dienst bei den Landgerichten und dem Amtsgerichten am Sitz eines Landgerichts von Landgerichtsärzten versehen werde. Damit wird ein faktisch bestehender Zustand sanktioniert, der bisher keine rechtliche Grundlage gehabt habe. Die sogenannten Landgerichtsärzte seien seit 1935 nichts anderes als Hilfsärzte der Gesundheitsämter gewesen, denen sie unterstanden hätten. Der Entwurf wolle unter Aufhebung dieser Regelung die Landgerichtsärzte verselbständigen.72
StaatsministerDr. Konrad fügt ergänzend hinzu, das Staatsministerium der Justiz sei mit dem Entwurf einverstanden, er habe lediglich folgenden Zusatz zu § 1 Abs. 2 vorgeschlagen: „... und bei den vom Staatsministerium der Justiz im Benehmen mit dem Staatsministerium des Innern bestimmten Strafanstalten“. Die Begründung müßte dann entsprechend ergänzt werden.
StaatssekretärDr. Ankermüller erklärt sich mit dem Vorschlag einverstanden.
Staatsminister73
Der Ministerrat beschließt, das Gesetz mit dieser Ergänzung zu verabschieden.Dr. Ehard teilt zu diesem vom Staatsministerium des Innern vorgelegten Entwurf mit, er habe gewisse Bedenken wegen der in dem Entwurf vorgesehenen Übergangsregelung.
MinisterpräsidentDr. Ankermüller erklärt hierauf, den Entwurf vorläufig zurückzuziehen und im Hinblick auf diese Bedenken nochmals zu überprüfen.
Staatsminister75
Es wird beschlossen, ihn in der nächsten Kabinettssitzung zu behandeln.76 zum Ministerialrat.
Ernennung des Regierungsdirektors im Staatsministerium für Arbeit und soziale Fürsorge Dr. Adolf DeyrerDer Ministerrat beschließt, der vorgeschlagenen Ernennung zuzustimmen, falls sich das Staatsministerium der Finanzen einverstanden erklärt.
Dr. Ehard verliest eine Pressenotiz aus der Süddeutschen Zeitung vom 22. Mai 1950, wonach das Nürnberger Arbeitsamt allen arbeitslosen Jugendlichen, die sich am Pfingstaufmarsch der Kommunistischen Freien Deutschen Jugend77 in Berlin beteiligen wollen, Befreiung von der gesetzlichen Arbeitslosenmeldepflicht für die Dauer von 8 Tagen zugesichert habe.78 Das Arbeitsamt begründet diese außerordentliche Vergünstigung mit dem Hinweis auf eine Verfügung des Landesarbeitsamtes, die bei „allgemeinbildenden Veranstaltungen“ die Gewährung von Meldefreiheit vorsehe. Wenn das Arbeitsamt Nürnberg tatsächlich eine solche Maßnahme durchgeführt habe, so sei das unerhört und es müsse sofort dagegen eingeschritten werden.
MinisterpräsidentKrehle erwidert, er habe selbst soeben erst von dieser Angelegenheit erfahren, werde sie sofort nachprüfen, und wenn die Meldung zutreffend sei, für Abhilfe sorgen.
StaatsministerDr. Ehard gibt ein Schreiben des Herrn Staatsministers a.D. Dr. Zorn79 vom 8. Mai 1950 bekannt, in dem dieser als Vertreter der Interessengemeinschaft der demontagegeschädigten Firmen80 den Antrag stellt, bei der Vergebung öffentlicher Aufträge in erster Linie bayerische Betriebe und hier insbesondere Remontagebetriebe zu berücksichtigen. Unter anderem führt er mit Hinweis auf die bedrängte finanzielle Lage dieser Betriebe aus, daß es erreicht werden sollte, öffentliche Aufträge im Rahmen des Möglichen frei zu vergeben und bei gleicher Leistung und annähernd gleichen Preisen bayerische Bewerber zu bevorzugen. Außerdem wird vorgeschlagen zu erwägen, ob der bayerische Staat die Gewährung von Krediten oder Bürgschaften an Flüchtlingsbetriebe nicht mit der Auflage an den Kreditnehmer verbinden könne, seine Aufträge an derartige Betriebe zu vergeben.
MinisterpräsidentDr. Seidel erklärt, schon vor längerer Zeit sei ein Beschluß des Ministerrats gefaßt worden, wonach die Mitglieder des Kabinetts und Ministerialbeamte, die in Aufsichtsräten seien, darauf hinwirken sollten, daß Aufträge an bayerische Firmen vergeben würden.81 Leider sei dieser Beschluß nicht recht wirksam geworden. Besonders schwierig sei diese Frage bei den Kommunen, so habe er feststellen müssen, daß sogar die Landeshauptstadt München wichtige Aufträge an außerbayerische Firmen vergebe. Leider käme dies aber auch immer wieder bei Aufträgen des bayerischen Staates selbst vor. Ein Beschluß, wie der seinerzeit vom bayerischen Ministerrat gefaßte, sei z.B. in Württemberg-Baden völlig überflüssig, wo man ganz selbstverständlich nur einheimische Firmen berücksichtige. Er halte es für unbedingt notwendig, sich nicht schematisch an die Verdingungsordnung zu halten oder jedenfalls nur bayerische Firmen zur Abgabe von Angeboten aufzufordern. Er schlage deshalb vor, eine Besprechung der beteiligten Ministerien anzusetzen und auch die maßgeblichen Oberbürgermeister dazu einzuladen.
StaatsministerDr. Ankermüller betont gleichfalls die Notwendigkeit, bei Aufträgen bayerische Firmen zu berücksichtigen, verweist aber auf die Schwierigkeit, hier auf die Städte Einfluß zu nehmen.
StaatsministerKrehle macht auf die Pfalz aufmerksam und ersucht, auch pfälzische Firmen zu beachten, zumal in der Pfalz der seinerzeitige Ministerratsbeschluß bekanntgeworden sei.
Staatsminister82
Der Ministerrat beschließt, das B. Staatsministerium des Innern, Oberste Baubehörde, mit der Federführung in dieser Angelegenheit zu beauftragen. Ferner wird beschlossen, die von Herrn Staatsminister Dr. Seidel angeregte Besprechung möglichst bald durchzuführen.Jaenicke teilt mit, am Freitag vor Pfingsten werde Bundesminister Dr. Lukaschek auf der Schlesierkundgebung in Kaufbeuren sprechen; er werde zu dieser Tagung fahren, dagegen könne er nicht an der Kulturtagung des Adalbert-Stifter-Vereins in Kempten am Pfingstsamstag teilnehmen.85
Staatssekretär86
Es wird vereinbart, daß an der Tagung des Adalbert-Stifter-Vereins als Vertreter der bayerischen Staatsregierung Herr Staatssekretär Dr. Sattler teilnehmen möge.Dr. Ehard teilt mit, am 1. und 2. Juli 1950 werde in Coburg die 30 jährige Wiederkehr des Anschlusses an Bayern gefeiert.87 Er bitte schon heute, diesen Termin vorzumerken, da eine zahlreiche Beteiligung der bayerischen Staatsregierung an den Feierlichkeiten aus staatspolitischen Gründen notwendig sei. Er selbst werde hinfahren,88 es sollten aber außerdem jedenfalls die Herren Staatsminister Dr. Hundhammer, Dr. Ankermüller, Dr. Pfeiffer und Dr. Seidel teilnehmen.89
MinisterpräsidentDr. Ehard verliest ein Schreiben der Gewerkschaft öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, in dem die Bitte ausgesprochen werde, am Samstag vor Pfingsten alle staatlichen Ämter und Betriebe zu schließen.
MinisterpräsidentDer Ministerrat beschließt, am Samstag vor Pfingsten – soweit als möglich – dienstfrei zu geben, eine völlige Schließung der Ämter sei aber nicht möglich und jedenfalls müsse ein Jourdienst eingerichtet werden.
Fischer mit, das bayerische Arbeitsbeschaffungsprogramm sei im vollen Gang und die Gelder seien bereits verteilt. Dagegen flössen die Bundesmittel bisher so gut wie nicht, trotzdem sei aber bisher noch keine wesentliche Verzögerung des Bauprogramms eingetreten. Auch der Betrag von 8 Millionen DM für Wasserstraßenarbeiten habe ohne Schwierigkeiten zur Verfügung gestellt werden können.
Auf Anfrage teilt StaatssekretärDr. Seidel weist darauf hin, daß die Frage, wie und wann die 14 Millionen DM, die für die Landwirtschaft bestimmt seien, fließen würden, noch geklärt werden müsse.
Staatsminister