6Vgl. Nr. 103 TOP X/4, Nr. 106 TOP I/3; Kabinettsprotokolle
1950 S. 261
f.; 315 f., 556, 571 f. u. 675.
1Ministerialrat Leusser berichtet, es handle sich hier um ein Initiativgesetz des Bundesrates,7das auf den Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen zurückgehe.8An sich sei der Entwurf jetzt im wesentlichen fertig, er stehe auch auf der Tagesordnung der Plenarsitzung vom kommenden Freitag, den 16. Juni 1950.7Abdruck von Entwurf und Begründung als BR-Drs. Nr. 440/50 .8Vgl. Kabinettsprotokolle der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen 1946 bis 1950 S. 879.
2Ministerialdirigent Brunner teilt dazu mit, in der Frage des Güterkraftverkehrs liefen zwei Gesetzentwürfe nebeneinander her, nämlich einmal der nordrhein-westfälische Entwurf9und dann einer des Bundesverkehrsministeriums, der sich allerdings mit dem Güterfernverkehr befasse.10Das B. Verkehrsministerium sei mit dem Initiativgesetz im wesentlichen einverstanden. Bedenken bestünden vor allem dagegen, daß zur Überwachung des Güterkraftverkehrs landesunmittelbare Anstalten des öffentlichen Rechts errichtet werden sollten; dagegen wende sich insbesondere das Staatsministerium des Innern.11Trotzdem vertrete er aber den Standpunkt, daß gegen die Errichtung von Landesanstalten keine Einwendungen mehr erhoben werden sollten, da in dem Entwurf des Bundesverkehrsministeriums sogar eine Bundesanstalt mit Außenstellen vorgesehen sei.12Eine solche Einrichtung fordere insbesondere der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestages, Abg. Rademacher13(FDP).9Abdruck von Entwurf und Begründung als BR-Drs. Nr. 157/50 .10S. hierzu im Detail StK-GuV 15772. Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 571
f. Abdruck von Entwurf und Begründung als BR-Drs. Nr. 611/50 . Die beiden Gesetzentwürfe differenzierten zwischen Güterkraftverkehr, d. h. jeglichem Gütertransport unabhängig von der zu überbrückenden Distanz, und dem sogenannten Güterfernverkehr, der nur Gütertransporte umfaßte, die über einen Radius von 50 km vom gemeldeten Gewerbestandort des Speditionsunternehmens hinausreichten.11§ 43 des vom Land Nordrhein-Westfalen eingebrachten Gesetzentwurfs (wie Anm. 9) hatte gelautet: „Die Einhaltung der gesetzlichen Pflichten, der Tarife und der Beförderungsbedingungen im Güterfernverkehr sowie der Genehmigungspflicht [...] wird durch landesunmittelbare Anstalten des öffentlichen Rechts überwacht. Sie werden von den Landesregierungen (Senaten) errichtet.“ Der auf den nordrhein-westfälischen Vorschlägen basierende spätere Entwurf des Bundesrates (wie Anm. 7) lautete in § 46: „Der Güterkraftverkehr wird durch landesunmittelbare Anstalten des öffentlichen Rechts überwacht; sie werden von den Landesregierungen errichtet.“12§ 46 des Regierungsentwurfs (wie Anm. 10) lautete: „(1) Zur Überwachung des Güterfernverkehrs (§ 47) wird eine bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts errichtet, die den Namen ‚Bundesanstalt zur Überwachung des Güterfernverkehrs‘ führt. Sie ist rechtsfähig. (2) Der Sitz und der Aufbau der Bundesanstalt werden durch eine Satzung bestimmt, die der Bundesminister für Verkehr erläßt.“13Willy Max Rademacher (1897–1971), 1949–1965 MdB (FDP), 1949–1953 Vors. des Ausschusses für Verkehrswesen, 1953–1961 Stellv. Vorsitzender.
3Ministerialrat Leusser erklärt, die Mehrheit im Koordinierungsausschuß sei der Meinung gewesen, daß trotzdem gegen die Aufsplitterung der Verwaltung Stellung genommen werden müsse.14
14Vgl. das Kurzprotokoll über die 29. Koordinierungsbesprechung für Bundesangelegenheiten in der Bayerischen Staatskanzlei vom 13. Juni 1950 (Bevollmächtigter Bayerns beim Bund 9/II): „Im Verkehrsausschuß des Bundesrates sei der von Nordrhein-Westfalen eingebrachte Entwurf trotz einiger Schönheitsfehler vor allem deshalb einstimmig angenommen worden, weil man noch eher eine landesunmittelbare Anstalt als eine Bundesanstalt hinnehmen wollte. Der Vertreter des Innmin. erhebt auch gegen die geplante Landesanstalt grundsätzliche Bedenken. Gegenüber der bis jetzt schon schwer durchsetzbaren Forderung nach der Einheit der Verwaltung werde hier durch ein Bundesgesetz eine neue Aufsplitterung eingeführt. Er sei der Ansicht, die Überwachung des Güterkraftverkehrs sollte die Angelegenheit bereits bestehender Landesbehörden werden. Der Vertreter des Verkehrsmin. erklärt hierzu, er teile zwar diese Auffassung, im Verkehrsausschuß habe er jedoch aus taktischen Gründen geglaubt, lieber auf eine Landesanstalt eingehen zu sollen, um so eine Zuständigkeit für das Land zu retten. Die Mehrheit des Koord. Ausschusses ist jedoch der Meinung, daß trotz dieser taktischen Erwägungen gegen die Aufsplitterung der Landesverwaltung Stellung genommen werden müsse.“
4Staatssekretär Dr. Schwalber meint, es sei besser, unter Umständen sogar die Bundesanstalt auf sich zu nehmen, als eine Landesanstalt, die sich aus Interessengruppen zusammensetze. Er warne davor, immer mehr staatliche Zuständigkeiten zu Gunsten von Selbstverwaltungsgruppen aufzugeben.
5Ministerialdirigent Brunner fährt fort, das Kraftverkehrsgewerbe trete mit allen Mitteln für die Bundesanstalt ein, ebenso alle Fachzeitschriften. Er halte es übrigens auch für notwendig, daß sich der Rechtsausschuß noch einmal mit dem Entwurf befasse. Es sei dabei möglich, daß der Bundesrat diesen mit den Bedenken des Rechtsausschusses nochmals an den Verkehrsausschuß zurückverweise.
6Ministerialrat Roemer warnt vor den Konsequenzen, die ein Entgegenkommen gegenüber den Vertretern des Kraftverkehrs haben werde. In Bayern habe man bekanntlich das Prinzip, daß Wirtschaftsorganisationen keine Selbstverwaltungsrechte ausüben dürften.
7Ministerialrat Böhm bezeichnet es als unmöglich, daß der Bundesrat, der die Rechte der Länder vertrete, diesen Initiativantrag einbringe. Die Regelung müsse unter allen Umständen den Ländern überlassen bleiben, in diesem Falle könne ja Nordrhein-Westfalen eine eigene Landesanstalt errichten. Er könne auch nicht einsehen, warum eine oberste Behörde errichtet werden solle.
8Ministerialdirigent Brunner wirft ein, im Verkehrsausschuß sei man der Auffassung gewesen, daß es nicht durchführbar sei, die Überwachung verschiedenen Behörden in den einzelnen Ländern zu überlassen.
9Ministerialrat Leusser stellt fest, daß nach den Art. 8315und 8416des Grundgesetzes die Überwachung allein Sache der Länder sei.15Art. 83 GG lautet: „Die Länder führen die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zuläßt.“16Art. 84 GG regelt das Verhältnis von Länderverwaltung und Bundesaufsicht und formuliert in Abs. 1: „Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren, soweit nicht Bundesgesetze mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmen.“
10Auf Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten wird vereinbart, jedenfalls die Angelegenheit nochmals eingehend im Rechtsausschuß des Bundesrates zu behandeln.17
17Zum Fortgang s. Nr. 118 TOP III/3.
18S. im Detail StK-GuV 14890, Bevollmächtigter Bayerns beim Bund 222. Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 228 , 236 , 327 f., 516 f. Abdruck von Entwurf und Begründung als BR-Drs. Nr. 375/50 . Zu Entstehung, Gründungsgeschichte und Organisation des Bundeskriminalamtes vgl. Das Bundeskriminalamt S. 62–118; Ahlf, Bundeskriminalamt; 40 Jahre Bundeskriminalamt S. VII-XII; Gelberg, Ehard S. 329f.; Liske/Lange, Polizeien S. 152 ff. Eine kritische Darstellung von Gründung und Frühgeschichte des Bundeskriminalamtes, insbesondere mit Blick auf die ausgeprägten personellen Kontinuitätslinien zwischen dem ehemaligen Reichskriminalpolizeiamt und dem Bundeskriminalamt bei Schenk, Auge. Zur Geschichte der Entwicklung der Polizei in den Nachkriegsjahren s. allgemein Fürmetz (Hg.), Nachkriegspolizei. Die Errichtung eines Bundeskriminalamtes war präjudiziert in Art. 73 GG. Dieser regelt die Materien der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes, darunter fällt nach Art. 73 Ziff. 10 GG auch „die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in der Kriminalpolizei und in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes, die Einrichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes sowie die internationale Verbrechensbekämpfung“.
1Ministerialrat Leusser führt aus, der Koordinierungsausschuß würde grundsätzlich nach wie vor an dem Standpunkt festhalten, daß eine Bundesexekutive nicht zulässig sei.19Die Bundesregierung stützt die Zulässigkeit einer solchen Bundesexekutive nunmehr auf eine falsche Auslegung des Art. 87 Abs. 1 Satz 220des Grundgesetzes, eine Auffassung, die aber im Bundesrat überwiegend abgelehnt werde. Allerdings werde sich auch für den bayerischen Standpunkt keine Mehrheit finden21Vielleicht könne in der Sitzung des Innenausschusses am 15. Juni ein Kompromiß gefunden werden.22
19Vgl. das Kurzprotokoll über die 29. Koordinierungsbesprechung für Bundesangelegenheiten in der Bayerischen Staatskanzlei vom 13. Juni 1950 (Bevollmächtigter Bayerns beim Bund 9/II). Bezug genommen wird hier auf den § 4 Abs. 2 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 18), dessen Ausformulierung den Hauptstreitpunkt zwischen den Ländern und der Bundesregierung darstellte, und der im Wortlaut besagte: „Das Bundeskriminalamt verfolgt jedoch eine strafbare Handlung selbst, wenn a) eine zuständige Landesbehörde darum ersucht, oder b) ein Land ihre wirksame Verfolgung ablehnt, oder c) der Bundesminister des Innern es aus schwerwiegenden Gründen anordnet.“ In der dazugehörigen Begründung hieß es: „Das in Art. 73 Ziff. 10 [GG] vorgesehene Bundeskriminalamt ist anders als die in Art. 87 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes vorgesehenen Behörden in seinen Befugnissen nicht auf die Sammlung von Nachrichten beschränkt. Es ist deshalb echte Exekutivbehörde.“20Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG lautet: „Durch Bundesgesetz können Bundesgrenzschutzbehörden, Zentralstellen für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und für die Kriminalpolizei eingerichtet werden.“21S. hierzu die Denkschrift über den Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung eines Bundeskriminalpolizeiamtes (Bundeskriminalamtes) des StMI, 8. 3. 1950. Bezugnehmend auf die oben zitierte Begründung zum § 4 Abs. 2 des Gesetzentwurfs führte die Denkschrift aus: „Dieser Argumentierung kann keinesfalls beigetreten werden. Richtig ist lediglich, daß in Art. 73 Ziff. 10 eine Beschränkung der Zuständigkeiten des darin vorgesehenen Bundeskriminalpolizeiamtes auf die Sammlung von Nachrichten nicht enthalten ist. Entscheidende Gesichtspunkte dafür, welche Zuständigkeiten ihm also zugestanden werden können, sind aber nicht aus der bloßen Antithese zu den in Art. 87 Abs. 1 Satz 2 genannten ‚Zentralstellen für das polizeiliche Auskunfts- und Nachrichtenwesen zur Sammlung von Unterlagen für Zwecke des Verfassungsschutzes und für die Kriminalpolizei‘ zu gewinnen, vielmehr sind diese Gesichtspunkte aus den allgemeinen Bestimmungen des Grundgesetzes abzuleiten. Einschlägig sind ‚Art. 30. Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zuläßt‘ und ‚Art. 83. Die Länder führen die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zuläßt.“ (StK-GuV 14890 u. Bevollmächtigter Bayerns beim Bund 222).22S. Nr. 132 TOP I/1 Anm. 3.
2Stv. Ministerpräsident Dr. Müller erklärt, es müsse eine Möglichkeit geben, das Verbrechertum zu bekämpfen. Er habe vorgeschlagen, daß das Bundesinnenministerium nochmals seinen Vorschlag überprüfe, vielleicht könne man doch zu einer Einigung kommen.
3Ministerpräsident Dr. Ehard befürchtet, daß also tatsächlich ein Bundeskriminalamt errichtet werde, das Exekutivgewalt in den Ländern habe. Natürlich müsse dieses dann auch eine Reihe von Außenstellen errichten.
4Stv. Ministerpräsident Dr. Müller meint, man könne vielleicht dahin kommen, daß nur bestimmte Delikte aufgeführt würden, die in die Zuständigkeit des Bundeskriminalamts fielen. Generell müßte natürlich die Exekutive bei den Ländern liegen, außer – wie gesagt – bei ganz bestimmten, einzeln aufgeführten Verbrechen. Wenn man diesen Kompromiß nicht erreichen würde, müßte – wie er ja auch schon in Bonn erklärt habe – Bayern mit Nein stimmen.
5Staatssekretär Dr. Schwalber wendet sich überhaupt gegen eine Bundesexekutive in dieser Hinsicht.
6Stv. Ministerpräsident Dr. Müller betont die Notwendigkeit, zu einem Kompromiß zu kommen und weist darauf hin, daß nicht beabsichtigt sei, Bundespolizeiämter in den Ländern zu errichten. Das Kriminalamt werde lediglich bestimmte Beamte zur Verfolgung bestimmter Delikte entsenden.23
23§ 5 Abs. 1 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 18) bestimmte: „Vollzugsbeamte des Bundeskriminalamtes, die einen schriftlichen Ermittlungsauftrag besitzen, können in den Fällen des §4 Abs. 2 im ganzen Bundesgebiet Amtshandlungen vornehmen; sie sind insoweit Hilfsbeamte der zuständigen Staatsanwaltschaft. Sie sollen zu ihren Ermittlungen tunlichst Beamte der örtlich zuständigen Polizeidienststellen hinzuziehen.“
7Ministerialrat Roemer berichtet, daß Staatssekretär von Lex24das Bundeskriminalamt unter allen Umständen durchsetzen wolle25Nachdem leider fast alle Länder für die Zweckmäßigkeit dieses Amtes eingetreten seien, habe man überlegt, ob man nicht einen Vorschlag machen könne, durch den schlimmeres verhütet werde.24Hans Ritter von Lex (1893–1970), Jurist, Stipendiat der Stiftung Maximilianeum, 1921 Eintritt in die bayer. Staatsverwaltung, 1923–1927 Bezirksamtmann Rosenheim, 1927–1933 RR im StMUK, 1932/33 MdR (BVP), 1931–1933 Führer der Bayernwacht, begründete am 23. 3. 1933 im Reichstag die Zustimmung der BVP-Fraktion zum Ermächtigungsgesetz, vorübergehend Hospitant bei der NSDAP-Reichstagsfraktion, September 1933 als RR, ab Dezember 1933 bis 1945 als ORR im Reichsinnenministerium (Vorbereitung der Olympischen Spiele, Zivilschutz), 15. 6.-4. 10. 1945 Ministerial Collecting Center US Group Central Council in Fürstenhagenbei Kassel, 1. 7. 1946 MinRat StMI, 1. 10. 1947 MinDirig StMI (vgl. Nr. 2 TOP XVI), 1. 5. 1948 MD StMI (vgl. Nr. 37 TOP IV), ab 17. 10. 1949 als MD abgeordnet ins BMI, 1. 8. 1950–1960 Staatssekretär im BMI (CSU), 1961–1967 Präsident des Dt. Roten Kreuzes. Vgl. Bauer, Flüchtlinge S. 127f. Zu den Bemühungen MPr. Schäffers, Lex 1945 zum StMI zu berufen, vgl. Protokolle Schaffer S. 29; zur Rolle von Lex‘ im Jahre 1933 s. Dierker, Nullen; Schlemmer, Aufbruch S. 43; Morsey, Ermächtigungsgesetz S. 71 f. u. 76.25Vgl. das Kurzprotokoll über die Sitzung des Ausschusses für Innere Angelegenheiten vom 15. Juni 1950 in Bonn, Bundeshaus: „Für das Bundesinnenministerium präzisiert Staatssekretär Ritter von Lex nochmals den Regierungsstandpunkt: a) Das Bundeskriminalamt kann Exekutivbefugnisse für sich in Anspruch nehmen. Dies folge bereits aus Art. 73 Ziffer 10) des Grundgesetzes. Der Begriff Zusammenarbeit schließe Exekutivbefugnisse beider Teile, sowohl des Bundes wie der Länder ein. Andererseits mache er es unmöglich, die Länder etwa überhaupt aus der Exekutive herauszudrängen. Die Exekutivbefugnisse des Bundeskriminalamtes seien weiter auch aus Art. 87 Abs. 1 zu folgern, da hier im letzten Teilsatz die Worte ‚und für die Kriminalpolizei‘ als selbständige Alternative und nicht etwa im Zusammenhang mit den Worten ‚zur Sammlung von Unterlagen‘ zu lesen sind, b) Auch die Weisungsbefugnis des Bundeskriminalamtes folge bereits aus Art. 73 Ziff. 10), da bei überländermäßigen Delikten naturgemäß das Weisungsrecht beim Bund liegen müsse und es dessen pflichtmäßigem Ermessen obliege, welche Bundesstelle das Weisungsrecht ausüben solle. Die Kompetenz des Bundes gern. Art. 73 Ziff 10) und Art. 87 des Grundgesetzes stelle eine Spezialregelung gegenüber dem Art. 83 ff. dar. c) Aus diesem Grunde könne das Gesetz trotz seines § 3 auch nicht als Zustimmungsgesetz betrachtet werden.“ (StK-GuV 14890). Der hier erwähnte § 3 des Gesetzentwurfs verpflichtete die Länder zur Errichtung von Landeskriminalämtern. S. zum Wortlaut des § 3 Nr. 137 Anm. 103. Nachdem durch § 3 Länderinteressen bzw. das Bund-Länder-Verhältnis berührt wurden, fiel der Gesetzentwurf nach Auffassung der Länder gemäß Art. 84 Abs. 1 GG eindeutig in den Bereich der zustimmungspflichtigen Gesetzgebung.
8Staatsminister Dr. Hundhammer führt aus, das Bundesinnenministerium versuche, sich auf dem Weg der Gesetzgebung Möglichkeiten zu verschaffen, die bereits bei der Schaffung des Grundgesetzes abgelehnt worden seien. Er sei der Auffassung, daß man die Durchführung ganz ausgesprochen bei den Ländern lassen müsse und sich dabei auf den Stand, wie er vor 1937 bestanden habe, berufen könne.26
26StM Hundhammer nimmt hier Bezug auf die in den Jahren 1936/37 sukzessive erfolgte Errichtung des Reichskriminalpolizeiamtes, das, hervorgegangen aus dem Preußischen Landeskriminalpolizeiamt, unmittelbar dem Chef der Sicherheitspolizei nachgeordnet war und dem nunmehr die Leitung der Kriminalpolizeien aller Länder zufiel. Zuvor hatten die kriminalpolizeilichen Zuständigkeiten ausschließlich bei den Ländern gelegen, die jeweils eigene Landeskriminalämter oder Landeskriminalstellen unterhielten. Zwar war, in unmittelbarer Reaktion auf die Ermordung von Walther Rathenau und Matthias Erzberger, das Reichskriminalpolizeigesetz vom 21. Juli 1922 (RGBl. I S. 593 ) erlassen worden, die in diesem Gesetz angekündigte Errichtung eines Reichskriminalamtes mit Sitz in Berlin wurde allerdings nie vollzogen. Stattdessen existierte zur Koordinierung und Systematisierung der Verbrechensbekämpfung nur die im Jahre 1925 gegründete, aus Vertretern der Kriminalpolizeien der Länder zusammengesetzte Deutsche Kriminalpolizeiliche Kommission (DKK) als gemeinschaftliche Ländereinrichtung. S. hierzu im Detail Das Bundeskriminalamt S. 7–30; Ahlf, Bundeskriminalamt S. 208–248; Vogel, Westdeutschland III S. 629–637, insbes. Anm. 1.
9Auch Ministerialrat Leusser stellt nochmals fest, daß der Vorschlag in der Verfassung keine Stütze habe.
10Staatsminister Dr. Hundhammer erklärt, unter diesen Umständen müsse man es notfalls auf einen Verfassungsstreit ankommen lassen. Wenn man jetzt einige Tatbestände zulasse, so könne dies ohne weiteres in Zukunft ausgeweitet werden.
11Ministerialrat Leusser macht darauf aufmerksam, daß die Frage geprüft werden müsse, ob sich ein Land seiner Rechte nach der Verfassung entäußern könne.
12Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß sich der Rechtsausschuß und der Innenausschuß nochmals mit der Angelegenheit beschäftigen würden; vielleicht sei es das zweckmäßigste, doch das Ergebnis abzuwarten und sich dann erst endgültig zu entscheiden.
13Stv. Ministerpräsident Dr. Müller meint, im Bundesrat selbst werde nichts mehr erreicht werden können.
14Es wird vereinbart, dem Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten entsprechend zunächst noch die weitere Entwicklung abzuwarten.27
27Zum Fortgang s. Nr. 132 TOP I/1, Nr. 133 TOP I/7, Nr. 137 TOP I/30 u. 1/31.