3S. im Detail StK-GuV 753. Vgl. Nr. 74 TOP III, Nr. 114 TOP I u. Nr. 115 TOP I.
1Staatssekretär Dr. Grieser führt aus, mit diesem Gesetz wolle das Arbeitsministerium einen Beitrag zur Abgleichung des Etats 1950/51 leisten.4 Die Sach- und Rechtslage sei mit allen Beteiligten besprochen worden mit dem Ergebnis, daß das Blindengeld nur an Friedensblinde gewährt werde, die „vollblind“ seien; praktische Blindheit5 oder eine durch hohes Alter verursachte Blindheit genügten nicht. Auch sei es nicht zu verantworten, das Blindengeld zu bezahlen, wenn der betreffende Blinde in einer Anstalt Unterhalt und Pflege erhalte.6
4Vgl. die Vormerkung betr. Entwurf eines Gesetzes zur Abänderung des Gesetzes über die Gewährung von Blindengeld an Friedensblinde vom 28. Sept. 1949, 7. 8. 1950: „Die in dem Entwurf vorgesehenen Änderungen des Gesetzes über die Gewährung von Blindengeld an Friedensblinde zielen mit Rücksicht auf die Finanznot des Staates darauf ab, den Kreis der Berechtigten einzuengen und das Blindengeld zu verringern.“ (StK-GuV 753).5Gemeint sind hier Betroffene, die noch ein Fünfundzwanzigstel ihrer Sehkraft besitzen und damit als praktisch blind gelten, die sich aber in gewohnter Umgebung noch selbständig zurecht finden. Vgl. hierzu Staatssekretär Grieser an StK, 5. 10. 1950 (StK-GuV 753).6Die entsprechenden Änderungsbestimmungen des § 1 des Gesetzentwurfs lauteten: „(2) Für die Gewährung von Blindengeld genügt nicht praktische Blindheit oder eine Blindheit, die durch hohes Alter verursacht ist. (3) Das Blindengeld ruht, wenn und solange der Blinde in einer Anstalt Unterhalt und Pflege erhält.“ (StK-GuV 753).
2Die Höhe des Blindengeldes sei auf 75 DM im Monat festgesetzt, wobei das sonstige Einkommen darauf anzurechnen sei.7 Der § 2 des Gesetzes sehe vor, daß die Staatsregierung ermächtigt werde, die Durchführung des Gesetzes über Gewährung von Blindengeld an Friedensblinde staatlichen Behörden zu übertragen.8 Gegen diese Formulierung habe die Bayerische Staatskanzlei Bedenken geltend gemacht und zwar dahingehend, daß nach Art. 77 Abs. 1 Satz 1 der Verfassung9 die Regelung der Zuständigkeiten durch Gesetz erfolge und im § 4 des Gesetzes vom 28. 9. 1949 die Durchführung bereits den Landesversicherungsanstalten übertragen worden sei.10 Man könne diesen Bedenken insofern Rechnung tragen, daß man den § 2 folgendermaßen formuliere:7Die entsprechenden Änderungsbestimmungen des § 1 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 6) lauteten: „(4) Das Blindengeld beträgt 75 DM im Monat. (5) Einkommen im Sinne des Abs. 1 sind alle Einkünfte aus Dienst, Arbeit, Vermögen, Rente, Unterhaltshilfe, Wartegeld, Ruhegehalt oder ruhegehaltsähnliche Leistungen. Das Einkommen ist auf das Blindengeld anzurechnen, soweit es den Betrag von 80,- DM im Monat übersteigt; dieser Betrag erhöht sich für die Frau des Blindengeldempfängers und für jedes von ihm unterhaltene Kind unter 17 Jahren um je 10,- DM für den Monat.“8§ 2 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 6) lautete: „Die Staatsregierung wird ermächtigt, die Durchführung des Gesetzes über die Gewährung von Blindengeld an Friedensblinde staatlichen Behörden zu übertragen.“9Art. 77 Abs. 1 Satz 1 BV lautet: „Die Organisation der allgemeinen Staatsverwaltung, die Regelung der Zuständigkeiten und der Art der Bestellung der staatlichen Organe erfolgen durch Gesetz.“10Der § 4 Abs. 1 des Gesetzes über die Gewährung von Blindengeld an Friedensblinde vom 28. 9. 1949 hatte u.a. verfügt: „Die Landesversicherungsanstalten führen dieses Gesetz durch. Für die Aufwendungen, die ihnen dadurch entstehen, erhalten sie vom Staat Ersatz.“ Zu den Bedenken der StK gegenüber dieser Bestimmung vgl. die Vormerkung vom 7. 8. 1950 (wie oben Anm. 4): Eine Annahme des § 2 des Gesetzentwurfs (s. o. Anm. 8) würde hinsichtlich des § 4 Abs. 1 des Gesetzes von 1949 eine Gesetzesänderung bedeuten, die de facto ausschließlich durch Ermächtigung der Staatsregierung vollzogen würde. Hier führte die StK verfassungsrechtliche Bedenken an.
3Die Durchführung des Gesetzes über die Gewährung von Blindengeld an Friedensblinde geht auf staatliche Behörden über; das Nähere, insbesondere den Zeitpunkt des Übergangs, bestimmt die Staatsregierung.
4Wenn die Verabschiedung durch den Landtag bald erfolge, könne das Gesetz ab 1. September 1950 durchgeführt werden.
5Der Ministerrat beschließt sodann, dem Gesetzentwurf mit der von Herrn Staatssekretär Dr. Grieser vorgeschlagenen Änderung zuzustimmen.11
11Die auf Vorschlag von Staatssekretär Grieser angenommene Änderung des § 2 ging im hier protokollierten Wortlaut in den endgültigen Gesetzestext ein. Stv. MPr. Müller leitete dem Landtagspräsidenten den Gesetzentwurf am 10. 8. 1950 zu, der Landtag verabschiedete das Gesetz in seiner Sitzung vom 8. 9. 1950. S. BBd.
IV Nr. 4151 ; StB.
VI S. 915 –920. – Gesetz zur Abänderung des Gesetzes über die Gewährung von Blindengeld an Friedensblinde vom 18. September 1950 (GVBl. S. 203
).
1Ministerialrat Leusser trägt die Tagesordnung für die Bundesratssitzung am 11. August 1950 vor.
1. Änderung des Umsatzsteuergesetzes U
1(Befreiung nichtöffentlicher Schulen von der Umsatzsteuer)12
12Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 496
f. Es handelte sich bei diesem Gesetzentwurf ursprünglich um einen Initiativantrag des Zentrums im Deutschen Bundestag vom 22. 2. 1950 (BT-Drs. Nr. 656 ), der zusammen mit anderen Initiativgesetzen betreffend die Umsatzsteuer von seiten der CDU/CSU-, SPD- und FDP-Bundestagsfraktionen in einen gemeinsamen Gesetzentwurfzur Änderung des Umsatzsteuergesetzes Eingang fand. Abdruck von Entwurf und Begründung dieses Umsatzsteueränderungsgesetzes als BR-Drs. Nr. 581/50 . – Gesetz zur Änderung des Umsatzsteuergesetzes vom 19. September 1950 (BGBl. S. 677 ).
2Der Ministerrat beschließt, kein Veto einzulegen.
2. Bildung eines vorläufigen Bewertungsbeirats13
U13Vgl. Nr. 106 TOP I/14.
1Der Ministerrat beschließt, das Ergebnis der Behandlung der Angelegenheit im Finanzausschuß des Bundesrats abzuwarten. Wenn alle anderen Länder im Finanzausschuß zustimmen, so werde das Staatsministerium der Finanzen seine Bedenken zurückstellen; in diesem Falle solle zugestimmt werden.14
14Zum Fortgang s. Nr. 132 TOP I/9.
3. Verordnung über den Zollverschluß der Rheinschiffe15
U15S. im Detail StK-GuV 15639. Mit dieser Verordnung wurde zum 1. 9. 1950 die „Ordnung für den Zollverschluß der Rheinschiffe“ in Kraft gesetzt, die detaillierte Regelungen bezüglich Bauart und Verschlußeinrichtungen von Rheinschiffen enthielt, so daß ein zollsicherer Verschluß der Waren während des Transports gewährleistet war. Diese „Ordnung für den Zollverschluß der Rheinschiffe“ war vorausgehend durch die von den Rhein-Anrainerstaaten unterhaltene Zentralkommission für Rheinschiffahrt in Straßburg beschlossen worden. Die Verordnung war in Bezug auf die Rheinschiffahrt ein Novum insofern, als sie erstmalig eine internationale Regelung bezüglich der Zollsicherung von Rheinschiffen traf. Ihre Bestimmungen traten, und zwar durch übereinstimmende autonome Rechtssetzung der beteiligten Nachbarstaaten, in allen Anrainerstaaten des Rheins zum 1. 9. 1950 in Kraft. – Verordnung über die Einführung einer Ordnung für den Zollverschluß der Rheinschiffe vom 16. August 1950 (BGBl. S. 415 ).
1Der Ministerrat beschließt Zustimmung.
4. Gesetz über Tabaksteuervergünstigungen für gewerbliche Tabakpflanzer 195016
U16S. im Detail StK-GuV 10758. Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 559
. Abdruck von Entwurf und Begründung als BR-Drs. Nr. 613/50 . Der Gesetzentwurf sah vor, daß gewerbliche Tabakpflanzer für den Eigenbedarf und den Bedarf ihrer Mitarbeiter ein von der jeweiligen Anbaufläche abhängiges Kontingent steuervergünstigter Tabakprodukte erhalten. Eine solche Regelung hatte für das Erntejahr 1949, also bis zum 30. 6. 1950, bereits für die amerikanische und britische Besatzungszone, nicht aber für die französische Besatzungszone gegolten. Das Gesetz sollte hier eine bundeseinheitliche Regelung hersteilen. Begründet wurden die Tabaksteuervergünstigungen für gewerbliche Tabakpflanzer mit dem Anreiz zur Steigerung des inländischen Qualitätstabakanbaus und der damit verbundenen Einsparung von Devisen für die Einfuhr ausländischen Tabaks.
1Der Ministerrat beschließt, daß gegen den Entwurf gestimmt werden solle.17
17Vgl. das Kurzprotokoll über die 36. Koordinierungsbesprechung für Bundesangelegenheiten in der Bayerischen Staatskanzlei vom 7. August 1950 (Bevollmächtigter Bayerns beim Bund 9/II). Während von Seiten des StMELF die Forderung erhoben wurde, daß in dem Gesetz auch kleinere Anbauflächen mehr Berücksichtigung erfahren sollten, hielt das StMF das Gesetz als Ganzes für überflüssig. Der Koordinierungsausschuß stimmte darin überein, daß bezüglich des Gesetzentwurfs beim Bundesrat eine Zurückstellung beantragt werden solle. Zum Fortgang s. Nr. 130 TOP I/a4.
5. Ausübung von Mitgliedschaftsrechten während der Wertpapierbereinigung18
U18Es handelt sich um den Entwurf eines Gesetzes über die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten aus Aktien während der Wertpapierbereinigung. Das Gesetz führte für die Dauer des Wertpapierbereinigungsverfahrens, das auf die Feststellung der Berechtigung des Aktienbesitzes zielte, einen besonderen Aktionärsausweis ein. Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 266 , 397
; Abdruck von Entwurf und Begründung als BR-Drs. Nr. 300/50 . – Gesetz über die Ausübung von Mitgliedschaftsrechten aus Aktien während der Wertpapierbereinigung vom 9. Oktober 1950 (BGBl. S. 690 ). Vgl. auch Nr. 104 TOP I/7.
1Der Ministerrat beschließt Zustimmung.
6. Wiederherstellung der Rechtseinheit (Kleine Justizreform)19
U19Vgl. Nr. 95 TOP I/6.
1Der Ministerrat beschließt, die Einberufung des Vermittlungsausschusses nicht zu beantragen.
7. Durchführungsverordnung zum Gesetz über den Kapitalverkehr20
U20Vgl. Nr. 114 TOP II/2.
1Ministerialrat Leusser berichtet, daß die Verordnung vom Bundesfinanzministerium wahrscheinlich zurückgenommen werde, weil das Bundesfinanzministerium erst das der Verordnung zugrundeliegende Kapitalverkehrsgesetz21 der durch das Grundgesetz eingetretenen Rechtslage angleichen wolle. Wenn aber die Verordnung gleichwohl in der Sitzung des Bundesrates behandelt werde, so müsse auf jeden Fall § 3,22 welcher ein Einspruchsverfahren gegen Verwaltungsakte der Länder zu einer Bundesbehörde, nämlich dem Kapitalverkehrsausschuß,23 vorsehe, gestrichen werden.21Gemeint ist das Gesetz über den Kapitalverkehr vom 2. 9. 1949.22§ 3 des Verordnungsentwurfs (BR-Drs. Nr. 462/50 ) lautete: „Der Einspruch gemäß § 3 Abs. 2 des Gesetzes ist bei der obersten Landesbehörde einzureichen, gegen deren Entscheidung er sich richtet; der Einspruch ist zu begründen. Die oberste Landesbehörde legt den Einspruch mit ihrer Stellungnahme und ihren gesamten Unterlagen dem Ausschuß für Kapitalverkehr vor.“23Zur Errichtung und den Aufgaben des Kapitalverkehrsausschusses s. Nr. 114 TOP II/4 Anm. 39.
2Der Ministerrat beschließt, der Verordnung für den Fall, daß sie im Bundesrat behandelt werde, zuzustimmen unter der Bedingung, daß § 3 in der jetzigen Fassung gestrichen werde.24
24Der Verordnungsentwurf kam in Folge nicht zur Verabschiedung.
8. Änderung des Niedersächsischen Arbeitsschutzgesetzes für Jugendliche25
U25S. im Detail StK-GuV 10003. Vgl. Nr. 85 TOP VI/5 u. Nr. 88 TOP I/2; Kabinettsprotokolle
1950 S. 905
. Abdruck von Entwurf und Begründung als BR-Drs. Nr. 711/50 . Das Land Niedersachsen hatte Ende 1948 das Arbeitsschutzgesetz für Jugendliche vom 9. Dezember 1948 (NGuVBl. S. 179), im Mai 1949 das Gesetz zur Änderung des Arbeitsschutzgesetzes vom 9. Dezember 1948 vom 16. Mai 1949 (NGuVBl. S. 116) erlassen; mit diesen Gesetzen war eine Ablösung des Gesetzes über Kinderarbeit und über die Arbeitszeit von Jugendlichen (Jugendschutzgesetz) vom 30. April 1938 (RGBl. I S. 437 ) erfolgt. In § 34 des Änderungsgesetzes vom Mai 1949 waren Übergangsbestimmungen geregelt, die den Gewerbeaufsichtsämtern Ausnahmeregelungen im Jugendarbeitsschutz gestatteten, diese Übergangsbestimmungen allerdings besaßen Gültigkeit längstens bis zum 30. 9. 1949. Das Land Niedersachsen strebte eine rückwirkende Fristverlängerung für diese Übergangsbestimmungen an, wofür nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes und nach mehrheitlicher Rechtsauffassung nunmehr allerdings ein Bundesgesetz gemäß Art. 125 GG (s.u. Anm. 26) erforderlich war. Einzig das Land Bayern negierte hier die Zuständigkeit des Bundes und sah den niedersächsischen Änderungsantrag ausschließlich als Ländersache an. Vgl. die Vormerkung betr. Entwurf eines Bundesgesetzes zur Abänderung des niedersächsischen Arbeitsschutzgesetzes für Jugendliche, 9. 11. 1949; Schreiben des StMArb an die StK, 26. 10. 1949 (StK-GuV 10003).
1Ministerialrat Leusser berichtet, daß alle Länder mit Ausnahme Bayerns sich auf den Standpunkt gestellt hätten, Art. 12526 Grundgesetz schließe die Anwendung des Art. 72 Abs. 2 GG27 aus.28
26Art. 125 GG lautet: „Recht, das Gegenstände der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes betrifft, wird innerhalb seines Geltungsbereichs Bundesrecht, 1. soweit es innerhalb einer oder mehrerer Besatzungszonen einheitlich gilt, 2. soweit es sich um Recht handelt, durch das nach dem 8. Mai 1945 früheres Reichsrecht abgeändert worden ist.“27Art. 72 Abs. 2 GG lautet: „Der Bund hat in diesem Bereiche das Gesetzgebungsrecht, soweit ein Bedürfnis nach bundesgesetzlicher Regelung besteht, weil 1. eine Angelegenheit durch die Gesetzgebung einzelner Länder nicht wirksam geregelt werden kann oder 2. die Regelung einer Angelegenheit durch Landesgesetz die Interessen anderer Länder oder der Gesamtheit beeinträchtigen könnte oder 3. die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit, insbesondere die Wahrung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse über das Gebiet eines Landes hinaus sie erfordert.“28Bezug genommen wird hier auf eine Beschlußfassung des Rechtsausschusses des Bundesrates; vgl. das Kurzprotokoll über die 31. Sitzung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundesrates am 20. 7. 1950 (StK-GuV 10003).
2Der Ministerrat beschließt, gegen den Gesetzentwurf zu stimmen.
3Außerdem solle durch den bayerischen Vertreter im Bundesrat eine Erklärung abgegeben werden, welche durch die Bayerische Staatskanzlei formuliert werde.29
29Entwurf dieser Stellungnahme enthalten in StK-GuV 10003. Im Wortlaut führte diese Erklärung aus: „Nach bayerischer Auffassung trifft es nicht zu, daß Art. 125 des Grundgesetzes als Spezialbestimmung die Anwendung des Art. 72 Abs. 2 des Grundgesetzes ausschließt. Art. 125 als Übergangsvorschrift mit akzessorischer Natur und untergeordnetem Charakter kann nach unserer Meinung nicht weitergreifen als die grundlegende Vorschrift des Art. 72 selbst. Auf dem Umweg über Art. 125 kann nicht etwas Bundesrecht werden, was die gesetzgebenden Körperschaften des Bundes jetzt nicht mehr als bundesrechtliche Norm setzen können. Bei der vom Rechtsausschuß vorgeschlagenen Auslegung würde überdies ein Großteil jenes Rechts, das erst im Einheitsstaat des Dritten Reiches Reichsrecht geworden ist, Bundesrecht werden und bleiben, was mit dem föderativen Charakter der Bundesrepublik nicht in Einklang stünde.“ Diese Erklärung wurde im Plenum des Bundesrates allerdings nicht abgegeben; in der 34. Bundesratssitzung vom 8. 9. 1950 wurde das Gesetzesvorhaben von StM Seidel nur unter Hinweis auf die unveränderte Rechtsauffassung Bayerns abgelehnt. Vgl. den Sitzungsbericht über die 34. Sitzung des Deutschen Bundesrates in Bonn am 8. September 1950 S. 584. Zum Fortgang s. Protokolle Ehard III Nr. 26 TOP I
/14. – Gesetz zur Änderung des Niedersächsischen Arbeitsschutzgesetzes für Jugendliche vom 21. Juni 1951 (BGBl. I S. 399 ).
9. Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes30
U30Vgl. Nr. 101 TOP I/15 und 102 TOP I/10.
1Ministerialrat Leusser berichtet, daß alle Länder die Zustimmung zu dem Gesetz erteilen wollen. Bayern habe Bedenken gegen § 5 der früheren Fassung gehabt,31 die Bestimmung sei nunmehr im neuen § 5 Abs. 2 gemildert.32 Trotz der Bedenken, die nach wie vor gegen die Bestimmung bestehen, beschließt der Ministerrat aus grundsätzlichen Erwägungen, nicht gegen den Gesetzentwurf zu stimmen.33
31Zum Wortlaut des § 5 in der ursprünglichen Fassung vgl. Nr. 102 TOP I/10 Anm. 23.32Bezug genommen wird hier auf den mündlichen Bericht des Ausschusses zum Schutze der Verfassung (BT-Drs. Nr. 1209 ), der für den § 5 des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung nunmehr als Abs. 2 vorschlug: „Der Bundesminister des Innern kann im Rahmen des § 3 für die nach § 2 Abs. 2 bestimmten Behörden Weisungen für die Zusammenarbeit in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes erteilen. § 4 Absatz 3 gilt sinngemäß.“33Gesetz über die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in Angelegenheiten des Verfassungsschutzes vom 27. September 1950 (BGBl. S. 682 ).
10. Gesetz über Personalausweise34
U34S. im Detail StK-GuV 13305. Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 252 u. 397 f. Abdruck von Entwurf und Begründung als BR-Drs. Nr. 194/50 .
1Der Ministerrat beschließt, die Anrufung des Vermittlungsausschusses nicht zu beantragen, da der einzige Punkt, in dem Bayern anderer Auffassung ist, nämlich die Frage der Zuständigkeit für die Bestimmung des Vordruckes, die Anrufung des Vermittlungsausschusses nicht rechtfertige.35
35Der Bundestag hatte in seiner Sitzung vom 26. 7. 1950 den Gesetzentwurf in der Fassung der BT-Drs. Nr. 1032 , 1143 angenommen. Der § 1 Abs. 2 Satz 2 bestimmte hier bezüglich der Gestaltung des Personalausweises: „Der Bundesminister des Innern bestimmt das Muster.“ Zum Fortgang s. Nr. 126 TOP IV/17 u. Nr. 130 Top I/a14.
11. Verkehr mit Getreide und Futtermitteln (Getreidegesetz)36
U36Vgl. Nr. 105 TOP II/2 u. Nr. 106 TOP I/16.
1Der Ministerrat beschließt, die Anrufung des Vermittlungsausschusses nicht zu beantragen.
12. Gesetz über Festsetzung von Brotpreisen37
U37Vgl. Nr. 111 TOP II. Zu den Änderungsvorschlägen des Bundesrates vgl. BR-Drs. Nr. 505/50 u. BR-Drs. Nr. 540/50 . – Gesetz über die Festsetzung von Brotpreisen vom 12. September 1950 (BGBl. S. 678 ).
1Der Ministerrat beschließt Zustimmung.
13. Handelsabkommen mit Pakistan38 Der Ministerrat beschließt Zustimmung. U38Vgl. Nr. 107 TOP I/18.
14. Verordnung zu der Hessischen Verordnung über die Arbeitslosenfürsorge39
U39Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 388 , 517 u. 797
. Abdruck von Entwurf und Begründung als BR-Drs. Nr. 402/50 . Bei dem hier diskutierten Verordnungsentwurf handelte es sich um eine Verlängerung der Hessischen Verordnung über Arbeitslosenfürsorge vom 5. Juli 1948 (Hess. GVB1. S. 84) in der Fassung der Verordnung vom 3. Juni 1949 (Hess. GVBl. S. 83), deren Gültigkeitsdauer bis zum 31. 3. 1950 befristet war. Eine bundespolitische Dimension erhielt diese Landesverordnung dadurch, daß sie auf § 115 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) vom 16. Juli 1927 (RGBl. IS. 187 ) gründete, das wiederum als früheres Reichsrecht innerhalb seines Geltungsbereiches nunmehr Bundesrecht geworden war. Somit seien, so die Begründung der BR-Drs. Nr. 402/50 , die „Hessischen Durchführungsverordnungen [...] mit ihrer Rechtsgrundlage ebenfalls partielles Bundesrecht geworden.“ Der Bundesrat bezweifelte zunächst, ob die Befugnis zum Erlaß von Bestimmungen auf Grund § 115 AVAVG tatsächlich auf den Bundesminister übergegangen sei, oder ob diese noch beim Landesminister liege und bat die Bundesregierung um juristische Klärung. S. hierzu die BR-Drs. Nr. 562/50 .
1Der Ministerrat beschließt, an der bisher von Bayern vertretenen Auffassung, wonach die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung der Verordnung erst mit der Übernahme der Lasten eingetreten sei, festzuhalten auf die Gefahr hin, daß Bayern überstimmt werde.40
40Zum Fortgang s. Nr. 134 TOP I/10.
15. Verwaltungsvorschrift über den Vollzug des Gesetzes zu Gewährung von Unterhaltsbeihilfe für Angehörige von Kriegsgefangenen41
U41Vgl. Nr. 95 TOP I/16; Kabinettsprotokolle
1950 S. 527 u. 678
. Abdruck des Entwurfs als BR-Drs. Nr. 563/50 . – Allgemeine Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Gesetzes über die Unterhaltsbeihilfe für Angehörige von Kriegsgefangenen vom 19. September 1950 (BAnz. Nr. 190, 3. 10. 1950).
1Das Staatsministerium des Innern schlägt bestimmte redaktionelle Änderungen vor, welche noch rechtzeitig vor der Bundesratssitzung mitgeteilt werden.
2Der Ministerrat beschließt im übrigen Zustimmung.
16. Gesetz über Lohnzahlung an Feiertagen42
U42S. im Detail StK-GuV 15955. Vgl. Kabinettsprotokolle
1951 S. 86
. Es handelte sich hier um eine Gesetzesinitiative der Hansestadt Hamburg vom Juni 1950. Abdruck der Hamburger Entschließung samt Begründung als BR-Drs. Nr. 500/50 . Mit dem Gesetz sollte eine bundeseinheitliche Regelung für die Lohnfortzahlung an Feiertagen geschaffen werden, da in einigen Ländern – Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Hamburg und Schleswig-Holstein – noch die Anordnung über die Lohnzahlung an Feiertagen vom 3. Dezember 1937 (RGBl. I S. 320 ) in Kraft war, die übrigen Länder dagegen eigene, z.T. stark voneinander abweichende landesgesetzliche Regelungen getroffen hatten. Daher, so die Begründung zur Hamburger Entschließung, erscheine eine „einheitliche Neuregelung [...] wünschenswert, um soziale Spannungen, die aus dieser Unterschiedlichkeit resultieren, zu beseitigen.“
1Ministerpräsident Dr. Ehardweist darauf hin, daß das Gesetz, wenn auch nicht materiell, so doch formell im Widerspruch zur Bayerischen Verfassung stehe.43 Stimme man dem Gesetz zu, so gebe man gleichzeitig sein Einverständnis dazu, daß durch ein einfaches Bundesgesetz die Landesverfassung geändert werden könne.44
43Bezug genommen wird hier auf Art. 174 BV, der lautet: „(1) Jeder Arbeitnehmer hat ein Recht auf Erholung. Es wird grundsätzlich gewährleistet durch ein freies Wochenende und durch einen Jahresurlaub unter Fortbezug des Arbeitsentgelts. Die besonderen Verhältnisse in einzelnen Berufen werden durch Gesetz geregelt. Der Lohnausfall an gesetzlichen Feiertagen ist zu vergüten. (2). Der 1. Mai ist gesetzlicher Feiertag.“ Vgl. auch die Ministerialentschließung betr. Lohnzahlung an Feiertagen vom 27. 6. 1946 (Bayer. Staatsanzeiger Nr. 6, 6. 7. 1946); Ministerialbekanntmachung vom 30. 2. 1949 betr. Lohnzahlung an Feiertagen (Bayer. Staatsanzeiger Nr. 6, 8. 2. 1947); Protokolle Hoegner I Nr. 32 TOP IX
; ferner Protokolle Ehard II Nr. 32 TOP IV
.44Diese Formulierung geht auf eine hs. Korrektur von MPr. Ehard zurück. Zunächst hatte es im Registraturexemplar geheißen: „Stimmt man dem Gesetz zu, so gebe man gleichzeitig sein Einverständnis dazu, daß ein einfaches Bundesgesetz einer Landesverfassung vorgehe“ (StK-MinRProt 13).
2Ministerialrat Leusser trägt vor, daß der Rechtsausschuß eine Änderung des § 445 des Inhalts verlangt habe,46 daß alle diejenigen Bestimmungen, die durch das Gesetz außer Kraft treten, einzeln aufgeführt würden. Wenn § 4 in dieser Weise geändert werde, dann werde das vom Herrn Ministerpräsidenten vorgetragene Bedenken teilweise gegenstandslos.45Der Unterausschuß für Arbeit und Sozialpolitik des Deutschen Bundesrates hatte am 27. 7. 1950 einen Entwurf einer gesetzlichen Regelung der Lohnzahlung an Feiertagen vorgelegt. Dessen § 4 lautete: „Das Gesetz tritt mit dem Tage der Verkündigung in Kraft. Gleichzeitig verlieren alle bisherigen Bestimmungen über die Lohnzahlung an Feiertagen ihre Gültigkeit.“ (StK-GuV 15955). Abdruck einer späteren Fassung von Entwurf und Begründung vom 21. 9. 1950 als BR-Drs. Nr. 738/50 .46Vgl. den Auszug des Kurzprotokolls der 33. Sitzung des Bundesrats-Rechtsausschusses vom 3. 8. 1950 (StK-GuV 15955).
3Staatsminister Krehle weist darauf hin, daß der Gesetzentwurf vor der Beschlußfassung im Plenum des Bundesrats nochmals in den Sozialpolitischen Ausschuß komme. Er werde hierbei bereits auf die ernsten verfassungsrechtlichen Bedenken hinweisen.
4Der Ministerrat ist sich darüber einig, daß der Gesetzentwurf im Plenum des Bundesrates in der gegenwärtigen Fassung nicht angenommen werden könne und daß Bayern auf jeden Fall dagegen stimmen müsse.47
47Zum Fortgang s. Nr. 123 TOP I/9, Nr. 129 TOP I/23.
17. Bundesversorgungsgesetz48
U48S. im Detail StK-GuV 13333 u. 13334. Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 43 , 499 , 523 f., 575
–578, 588, 682 f., 752 f., 756 ff., 814 f., 839, 898; Handbuch der Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland Bd. 3 S. 37 ff. Abdruck von Entwurf und Begründung als BR-Drs. Nr. 579/50 . Das Bundesversorgungsgesetz gehörte neben dem Lastenausgleichsgesetz und dem Gesetz zu Art. 131 GG zu den drei sogenannten Kriegsfolgegesetzen, mit denen die Entschädigung und Versorgung von Flüchtlingen, Vertriebenen und Kriegsgeschädigten geregelt wurde. Nachdem mit dem Gesetz zur Verbesserung von Leistungen an Kriegsopfer vom 27. 3. 1950 (vgl. Nr. 93 TOP VII/k, Nr. 98 TOP I/6, Nr. 106 TOP I/13) zunächst eine gesetzliche Überleitungs- und Überbrückungsmaßnahme getroffen worden war, beseitigte das Bundesversorgungsgesetz vom 20. 12. 1950 durch bundeseinheitliche Regelung endgültig die Rechtszersplitterung auf dem Gebiet der Kriegsopfer- und Hinterbliebenenversorgung, die zuvor auf individueller Länderebene auf Grundlage einer Vielzahl von nebeneinander bestehenden Landesgesetzen durchgeführt worden war. Das Bundesversorgungsgesetz gründete auf Art. 74 Satz 10 GG, der „die Versorgung der Kriegsbeschädigten und Hinterbliebenen, die Fürsorge für die ehemaligen Kriegsgefangenen und die Sorge für die Kriegsgräber“ der Materie der konkurrierenden Gesetzgebung zuwies. In Anlehnung an das Reichsversorgungsgesetz vom 12. Mai 1920 (RGBl. S. 989 ) wurde mit dem Bundesversorgungsgesetz wieder eine einheitliche Rechtsgrundlage für Versorgungsansprüche geschaffen, gleichzeitig sah das Gesetz auch umfassende Leistungsverbesserungen vor, indem es einerseits sowohl den Kreis der Versorgungsberechtigten ausweitete, wie auf der anderen Seite neben Renten- und Entschädigungszahlungen nun beispielsweise auch medizinische Leistungen, Rehabilitationsmaßnahmen und die Arbeits- und Berufsförderung durch Gesetz geregelt wurden.
1Ministerialrat Leusser berichtet, daß mit einer Verabschiedung des Gesetzes, gegen das noch schwerwiegende Bedenken bestehen,49 im Plenum des Bundesrats nicht zu rechnen sei.49Vgl. die Vormerkung von MinRat Barbarino, StMF, betr. Bundesversorgungsgesetz, 7. 8. 1950(StK-GuV 13333); Kurzprotokoll über die 36. Koordinierungsbesprechung für Bundesratsangelegenheiten in der Bayerischen Staatskanzlei vom 7. August 1950 (Bevollmächtigter Bayerns beim Bund 9/II). Die Bedenken des StMF, denen sich die anderen Ressorts anschlossen, richteten sich gegen die durch das Bundesversorgungsgesetz zu erwartenden Mehrbelastungen des bayer. Staatshaushalts. Die Bedenken des StMF erwiesen sich als durchaus begründet, entstand im Bundeshaushalt durch das Bundesversorgungsgesetz doch eine erhebliche Finanzierungslücke, die die Bundesregierung dann durch die Erhebung einer Autobahngebühr und einer Treibstoffsteuer zu decken suchte. Vgl. hierzu Nr. 132 TOP I/5 u. 1/6.
2Der Ministerrat beschließt, daß von Bayern Absetzung von der Tagesordnung beantragt werden solle.50
50Zum Fortgang s. Nr. 118 TOP III/13, Nr. 130 TOP I/a1.
18. Gesetz zur Einführung gesetzlicher Handelsklassen für Erzeugnisse der Landwirtschaft und Fischerei51
U51S. im Detail StK-GuV 10040. Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 586
f.; Kabinettsprotokolle
1951 S. 201
f. Abdruck von Entwurf und Begründung als BR-Drs. Nr. 621/50 .
1Obwohl von Seiten des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten keine Bedenken erhoben werden, soll von Bayern im Bundesrat Absetzung von der Tagesordnung beantragt werden, damit das Kabinett sich mit dem offiziell noch nicht zugestellten Gesetz befassen kann.52
52Zum Fortgang Nr. 118 TOP III/11.
19. Anordnung über die Meldung von Beständen an Getreide und Mahlerzeugnissen53
U53In Vorlage fälschlich: „Mehlerzeugnisse“. S. im Detail StK-GuV 10055. Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 267
f. und S. 483 ff. Abdruck von Entwurf und Begründung als BR-Drs. Nr. 495/50 . – Anordnung über Meldung von Beständen an Getreide und Mahlerzeugnissen vom 21. Juli 1950 (BAnz. Nr. 145,1. 8. 1950). Behandelt wurde in vorliegendem Ministerrat allerdings nicht diese ursprüngliche Anordnung, sondern vielmehr eine Anordnung zur Änderung der Anordnung über Meldung von Beständen an Getreide und Mahlerzeugnissen, die nur eine Fristverlängerung betraf (s.u. Anm. 54). Vgl. hierzu die BR-Drs. Nr. 620/50 u. 629/50.
1Der Ministerrat ist mit Zustimmung zur Verlängerung der Frist bis 31. August 1950 einverstanden.54
54Der Anordnungsentwurf in der Fassung der BR-Drs. Nr. 495/50 hatte ursprünglich vorgesehen, daß sämtliche Betriebe, die Getreide oder Mahlerzeugnisse be- oder verarbeiten oder lagern, ihre Lager- und Vorratsbestände vom Stand des 30. 6. 1950 bis zum 10. 7. an die jeweiligen Obersten Landesbehörden für Ernährung und Landwirtschaft zu melden hätten. Die Länder, denen der Vollzug dieser Anordnung oblag, sahen aber auch die in der veröffentlichten Anordnung vom 1. 8. 1950 gesetzte Meldefrist bis zum 15. 8. als zu kurz an und beantragten über den Agrarausschuß des Bundesrates eine Fristverlängerung bis zum 31. 8. Vgl. BR-Drs. Nr. 629/50 .
2Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß die Staatssekretäre Dr. Müller und Geiger Bayern im Bundesratsplenum vertreten werden. Desgleichen werde zur Tagung des Sozialpolitischen Ausschusses Arbeitsminister Krehle in Bonn anwesend sein.
55Zu den Beratungen des ordentlichen und außerordentlichen bayer. Staatshaushalts 1950 vgl.
1Ministerialrat Dr. Barbarinoberichtet, daß der außerordentliche Haushalt noch nicht endgültig fertiggestellt sei. Für den außerordentlichen Haushalt lägen einschließlich der aus dem ordentlichen Haushalt übernommenen 30 Millionen DM Anforderungen in Höhe von 500 Millionen DM vor. Hiervon könnten jedoch höchstens 350 Millionen DM gedeckt werden. Sein Bestreben sei daher, den außerordentlichen Haushalt auf diesen Betrag herabzudrücken. Von diesen 350 Millionen DM seien etwas mehr als 100 Millionen DM durch außerordentliche Einnahmen gedeckt, der Anleihebedarf betrage daher 200 bis 250 Millionen DM. Von diesen seien 30 Millionen DM bereits untergebracht; weitere 200 Millionen DM müßten daher auf dem Kapitalmarkt noch untergebracht werden. Ein höherer Betrag lasse sich keinesfalls auf dem Kapitalmarkt unterbringen, daher sollten in dieser Hinsicht gar keine Versuche gemacht werden. Er selbst befürworte die Einführung von Steuergutscheinen.56 Die Verminderung des außerordentlichen Haushaltes von 500 auf 350 Millionen DM könne lediglich durch Herabsetzung der für den Verwaltungshochbau vorgesehenen Ausgaben auf etwa 50 Millionen DM erreicht werden. Nachdem im vergangenen Jahr für den Verwaltungshochbau nur 35 Millionen DM ausgeworfen worden seien, sei dann immer noch eine Verbesserung gegenüber dem Vorjahr vorhanden. Gegenwärtig prüfe er gerade in Zusammenarbeit mit dem Liegenschaftsreferat des Staatsministeriums der Finanzen den Umfang der einzelnen Baumaßnahmen. Er selbst stehe auf dem Standpunkt, daß man nicht zu viele Baumaßnahmen beginnen, die begonnenen Baumaßnahmen aber auch vollständig durchführen solle. Dies werde sein Ziel bei der Verteilung der Mittel für den Verwaltungshochbau sein. Die Verhandlungen mit den einzelnen Ressorts würden gegenwärtig hierüber geführt. Der außerordentliche Haushalt sei in etwa 10 Tagen fertiggestellt, er werde dann dem Herrn Ministerpräsidenten nach Kissingen übersandt werden.57
56Vgl. Nr. 104 TOP I/11, Nr. 113 TOP V. Zum Fortgang der Debatte über die Einführung von Steuergutscheinen und über das Gesetz über Steuergutscheine s. Nr. 122 TOP I, Nr. 123 TOP II, Nr. 131 TOP XVI.57Vgl. Nr. 116 TOP VI/2 Anm. 22.
2Staatsminister Dr. Ankermüllerführt aus, daß die Baumaßnahmen des sozialen Wohnungsbaus in diesem Jahr bereits Ende August/Anfang September auslaufen würden und daß – wenn nicht weitere Mittel bereitgestellt würden – in diesem Zeitpunkt ein stärkeres Anwachsen der Arbeitslosigkeit drohe.
3Ministerialrat Dr. Barbarinoerklärt hierzu, daß, soweit Mittel des außerordentlichen Haushalts für den sozialen Wohnungsbau in Betracht kämen, diese zur Verfügung gestellt werden könnten. Der Eingang aus den Umstellungsgrundschulden sei überraschend gut, außerdem würden die Mittel aus der Soforthilfe58 wahrscheinlich über die ursprünglich vorgesehenen 12 Millionen DM hinaus 20 Millionen DM betragen, ferner stünden noch 47 Millionen DM aus dem Bundesprogramm59 aus. Darüber hinaus möge man doch gerade auf dem Gebiet des sozialen Wohnungsbaus bereits im Vorgriff Mittel verplanen.58Zur Soforthilfe vgl. Nr. 96 TOP VIII Anm. 33.59Vgl. Nr. 100 TOP III, Nr. 107 TOP X.
4Ministerialrat Dr. Barbarino teilt mit, daß verschiedene Einzelpläne des ordentlichen Haushalts bereits gedruckt vorlägen.60 Wenn die Staatsregierung nichts dagegen einzuwenden hätte, würde er die Einzelpläne bereits jetzt dem Senat bzw. den einzelnen Ausschüssen zuleiten.60Haushaltsplan des bayerischen Staates für das Rechnungsjahr 1950 – Entwurf [München 1950].
5Mit dieser Absicht besteht Einverständnis. Die Fertigstellung des Haushaltsgesetzes brauche hierzu nicht abgewartet werden.
1Der Ministerrat stimmt der Ernennung der Ministerialräte Dr. Wreschner70 und Brandl71 zu Ministerialdirigenten und der Regierungsdirektoren Dr. Feneberg72 und Dr. Mang73 zu Ministerialräten mit Wirkung ab 1. September 1950 zu.70Dr. jur. Raymond Wreschner (1895–1954), geb. in Paris, Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an den Univ. Paris, Aix-Marseille, Heidelberg und München, 1926 Große Juristische Staatsprüfung, 1930 Promotion in Heidelberg, 1929 RR bei der Regierung von Oberbayern, 1933–1936 Landratsamt Kemnath (OPf.), 1936–1937 Referent Bayer. Statistisches Landesamt, 1937 Ruhestandsversetzung, 1938–1944 Syndikus eines Großhandelsunternehmens der Eisen- und Stahlbranche, Oktober 1944 im Zuge einer Aktion gegen sogenannte Mischlinge Einweisung in ein Zwangsarbeitslager in Thüringen, Juli 1945 ORR und Leiter des Personalreferats für den höheren Dienst im StMI, 5. 11. 1945 RegDir, 11. 3. 1946 MinRat und Leiter der Personalabteilung des StMI, 1950–1954 MinDirig.71Zur Person s. die Anwesenheitsliste Nr. 107.72Prof. Dr. jur. Hermann Feneberg (1903–1977), Jurist, 1927 Promotion in Würzburg, 1930 Große Juristische Staatsprüfung und Eintritt in die bayer. Staatsverwaltung, seit 1922 aktiv im Bund Neudeutschland (ND), 1926/27 Führer dieses Studentenbundes für das Reich, Mitglied von Bayernwacht und Jungmannschaft der BVP, 1932 StMI (Gemeindefinanzreferat), 9. 3. 1933 RR Bezirksamt Passau, 1. 5. 1937 NSDAP-Mitglied, 1938 RR Bezirksamt Marktoberdorf, 1939–1945 Wehrdienst, 1945 erneut Landratsamt Marktoberdorf, 24. 9. 1945 Entlassung durch die Militärregierung, 10. 12. 1946 Einreihung in die Gruppe der Mitläufer durch die Spruchkammer Marktoberdorf, 1950 Einreihung in die Gruppe der Entlasteten durch die Hauptkammer München, 16. 7. 1947 RR im StMI (zunächst im Angestelltenverhältnis), 1. 7. 1948 ORR und Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, 1. 7. 1949 RegDir, 1. 9. 1950 MinRat, 1. 10. 1955 MinDirig StMI, 1. 2. 1958 Präsident des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs, 31. 8. 1968 Ruhestandsversetzung, 1961 Ernennung zum Honorarprofessor für Verwaltungsrecht TH München.73Dr. jur. Johann Mang (1897–1971), geb. in Burgau (Schwaben), Jurist, 1924 Promotion in München, 1925 Große Juristische Staatsprüfung, 1926 Eintritt in die bayer. Staatsverwaltung, 1. 12. 1932 RR Bezirksamt Starnberg, 1. 5. 1933 NSDAP-Mitglied, seit 1. 7. 1936 aushilfsweise im StMI, 1. 11. 1937 RR 1. Kl. (Apothekenreferat, 1940 Baurechtsreferat), 1. 12. 1941 ORR, 1. 9. 1943 RegDir, 1. 9. 1945 Dienstenthebung, 30. 6. 1948 Einreihung in die Gruppe der Mitläufer durch die Spruchkammer München XI, 1948 Angestellter der Regierung von Oberbayern, 1949 ORR und Übernahme der Geschäfte des Regierungsvizepräsidenten, 26. 9. 1949 Einreihung in die Gruppe der Entlasteten durch die Hauptkammer München, 17. 12. 1949 RegDir, 16. 2. 1950 Eintritt in das StMI, 1. 9. 1950 MinRat, 1. 3. 1952 MinDirig, Abteilungsleiter Verfassung, Staatsverwaltung und Haushalt im StMI, 1. 11. 1952 Regierungspräsident von Oberbayern, 31. 8. 1962 Ruhestandsversetzung. Vgl. Deutinger/Gelberg/Stephan, Regierungspräsidenten S. 288–299.
2Desgleichen ist der Ministerrat einverstanden mit der Ernennung des Regierungsdirektors Dr. Heßdörfer74 im Staatsministerium der Finanzen zum Ministerialrat.74Zur Person s. Nr. 109 TOP IX; vgl. Nr. 113 TOP XIII.
3Nächster Ministerrat voraussichtlich am Mittwoch, den 16. August 1950, nachmittags, während der Landtagssitzung im Landtagsgebäude.