Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Oberländer (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium).
Ministerpräsident Dr. Ehard, Justizminister Dr. Müller, Kultusminister Dr. Schwalber, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle.
Dr. Hoegner gibt einleitend bekannt, die abendliche Sitzung des Ministerrats sei durch den Wunsch des Landtags notwendig geworden, daß ihm alsbald nach den Ferien der Beschluß der neuen Gemeindeordnung zugeleitet werde. Der neue Entwurf sei bisher bereits bis zu Art. 16 beraten worden. Hier sei allerdings eine Abstimmung unterblieben, weil es sich um eine grundsätzliche Frage handle. Auch er beabsichtige nicht, in Abwesenheit des Herrn Ministerpräsidenten eine Entscheidung über grundsätzliche Fragen herbeizuführen. Dies solle vielmehr erst geschehen, wenn der Herr Ministerpräsident aus dem Urlaub zurückgekehrt sei. Doch möchte er vor Eintritt in die Beratung darauf hinweisen, daß nach den Koalitionsbesprechungen eine Angleichung des Entwurfs der SPD vom August vergangenen Jahres3 und des Regierungsentwurfs vom September des vergangenen Jahres erfolgen solle.4 Ein Kompromiß müsse auf jeden Fall versucht werden. Schon heute weise er darauf hin, daß dann, wenn der Ministerrat Beschlüsse fasse, die nicht einmal den Richtlinien des Regierungsentwurfs vom September 1950 entsprechen, er seine weitere Mitarbeit versagen müsse.
Stv. MinisterpräsidentAnschließend wird in die Einzelberatung eingetreten.
Zu Art. 16 wird ein Beschluß nicht gefaßt.
Art. 17 wird unverändert angenommen.
Dr. Hoegner aus, eine Entscheidung darüber, ob dieser Art. beibehalten werden solle oder nicht, könne in der heutigen Sitzung nach den Eingangs gemachten Ausführungen nicht getroffen werden. Die Beratung erfolge unter der Voraussetzung, daß der materielle Inhalt des Art. 18 die Billigung des Ministerrats finde. Heute könnten hier nur technische Einzelheiten erörtert werden.
Zu Art. 18 führt Stv. MinisterpräsidentEs wird festgestellt, daß bei der Gemeindeabstimmung nach Art. 18 die Mehrheit der Abstimmenden entscheidet.
Der Ministerrat erörtert die Zweckmäßigkeit der in dem Art. 18 niedergelegten unmittelbaren Demokratie.
Es wird der Beschluß gefaßt, für den Fall der Annahme des Art. 18 in Abs. 1 Satz 3 an die Stelle des Wortes „Vorschlag“ die Worte „ausgearbeiteter Plan“ zu setzen und in Abs. 2 nach dem Wort „Gemeindehaushalt ein Komma zu setzen und die Worte einzufügen „über das Gemeindevermögen.“,
ferner in Abs. 4 das Wort „regelt“ durch das Wort „regeln“ zu ersetzen.
Art. 19:
Es wird erörtert, ob dem Vorschlag des Senats entsprechend in Abs. 1 zwischen die Worte „die und wählbaren“ die Worte „zu Gemeindeämtern“ eingefügt werden sollen. Dies wird abgelehnt, da der Begriff des Gemeindebürgers für die ganze Gemeindeordnung einheitlich festgelegt ist.
Es wird beschlossen, in Abs. 2 folgenden Satz 3 einzufügen:
„Die Staatsregierung kann den Beamten und Angestellten des Staates die Übernahme aus zwingenden dienstlichen Gründen untersagen.
Es wird festgestellt, daß auf Grund dieser neu eingesetzten Bestimmung die Übernahme von Ehrenämtern sowohl allgemein für ganze Gruppen von Beamten usw. als auch in Einzelfällen untersagt werden kann.
Der zu Abs. 3 und 4 eingebrachte Änderungsvorschlag des Staatsministeriums der Justiz findet keine Billigung.
Art. 20:
ne bis in idem.
Der Ministerrat teilt die vom Staatsministerium der Justiz vorgebrachten Bedenken gegen die Strafbestimmung des Abs. 1 nicht, er sieht in der Möglichkeit der Verhängung von Geldbußen bis zu 500 DM keine Verletzung des GrundsatzesAbs. 1 wird unverändert gebilligt.
Abs. 2 wird wie folgt neu gefaßt:
„Ehrenamtlich tätigen Gemeindebürgern kann eine angemessene Aufwandsentschädigung gewährt werden. Das Nähere wird durch Gemeindesatzung bestimmt“.
Der Ministerrat ist ferner der Auffassung, daß der vom Senat vorgeschlagene neue Abs. 2 zweckmäßig erscheint, jedoch in Art. 20 an der Unrechten Stelle eingefügt würde.
Der Ministerrat beschließt dementsprechend, nach Art. 48 folgenden Art. 48a einzufügen:
„Gemeinderatsmitglieder dürfen Ansprüche Dritter gegen die Gemeinde nicht geltend machen, soweit sie nicht als gesetzliche Vertreter handeln.“
Art. 21:
Der Ministerrat beschließt, in Abs. 1 das Wort „alle“ durch das Wort „die“ und das Komma hinter dem Wort „benutzen“ durch einen Punkt zu ersetzen, ferner das Wort „und“ nach dem Wort „benutzen“ zu streichen und statt dessen die Worte zu setzen „Sie sind“.
Abs. 2 wird unverändert gebilligt.
Zu Abs. 3 wird beschlossen, zwischen die Worte „auf“ und „juristische Personen“ das Wort „ortsansässige“ einzufügen und das Wort „auf“ vor dem Wort „Personenvereinigungen“ zu streichen.
Ferner beschließt der Ministerrat, einen Abs. 4 anzufügen, der folgenden Wortlaut hat:
„Die Benutzung der öffentlichen, dem Gemeindegebrauch dienenden Einrichtungen steht nach Maßgabe der bestehenden Vorschriften jedermann zu“.
Art. 22:
Art. 22 wird unverändert gebilligt. Der Änderungsvorschlag des Senats wird abgelehnt.
Art. 23
Art. 23 wird unverändert gebilligt.
Auf Vorschlag des Staatsministeriums der Justiz wird noch ein Satz 3 angefügt, der wie folgt lautet:
„In den Strafvorschriften muß auf ihre besondere Rechtsgrundlage hingewiesen sein“.
Art. 24:
In die Erörterung wird eingetreten, diese aber nicht abgeschlossen.
5
Der Ministerrat beschließt, die Beratung der Gemeindeordnung in einem außerordentlichen Ministerrat am Mittwoch, den 18. Juli 1951, 19 Uhr 30, fortzusetzen.