3S. im Detail StK-GuV 101.
1Staatssekretär Dr. Müller begründet kurz den Gesetzentwurf und weist darauf hin, daß er sich im wesentlichen an die bisherigen 4 Gesetze über Sicherheitsleistungen des bayer. Staates anschließe.4 Der vorgelegte Entwurf müsse lediglich noch dahin abgeändert werden, daß in § 1 Abs. 4 nach dem Wort Kreditanstalt für Wiederaufbau eingefügt werde: „oder der Vertriebenenbank A.G.“5 Das gleiche gelte für § 2 am Schluß, wo ebenfalls die Worte „oder der Vertriebenenbank A.G.“ einzufügen seien.6
4Es handelte sich beim vorliegenden Gesetzentwurf um ein fünftes Gesetz über Sicherheitsleistungen des Bayer. Staates. Vgl. zu den vier Vorgängergesetzen Nr. 59 TOP II, Nr. 61 TOP II, Nr. 70 TOP VI, Nr. 77 TOP IV, Nr. 93 TOP VI. Dieses fünfte Gesetz über Sicherheitsleistungen und Kreditaufnahme des bayer. Staates wurde konzipiert in Reaktion auf die durch das sogenannte Schwerpunkte-Programm der Bundesregierung veränderten finanziellen Rahmenbedingungen für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Zum Schwerpunkte-Programm s. Nr. 99 TOP II, Nr. 101 TOP II, Nr. 103 TOP I, Nr. 104 TOP I/8.5§ 1 Abs. 4 lautete im Entwurf: „Das Staatsministerium der Finanzen wird ermächtigt, gegenüber der Bayer. Staatsbank die Bürgschaft zu übernehmen für die Verbindlichkeit der Bayer. Staatsbank gegenüber der Kreditanstalt für Wiederaufbau aus der Übernahme der Darlehen, die nach Abs. 2 Ziff. la) und aus Abs. 3 an Kreditnehmer weitergegeben werden.“ (StK-GuV 101).6§ 2 lautete im Entwurf: „Das Staatsministerium der Finanzen wird ermächtigt, 1. die im ersten Arbeitsbeschaffungsprogramm der Bundesregierung (Schwerpunkteprogramm) auf Bayern entfallenden Siedlungskredite in Höhe von 11 Mio DM und Kredite für den Bau von Landarbeiterwohnungen in Höhe von 1 Mio DM, 2. die bei den landwirtschaftlichen Kreditaktionen auf Bayern entfallenden Siedlungskredite in Höhe bis zu 3 Mio DM gegenüber der Kreditanstalt für Wiederaufbau selbstschuldnerisch zu verbürgen.“ (StK-GuV 101).
2Der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf mit dieser Abänderung zuzustimmen.7
7MPr. Ehard leitete dem Landtagspräsidenten den Gesetzentwurf am 10. 7. 1950 zu. Der Landtag verabschiedete das Gesetz in seiner Sitzung vom 14. 7. 1950. Vgl. BBd.
IV Nr. 4060 ; StB.
VI S. 699 –703. – Fünftes Gesetz über Sicherheitsleistungen und Kreditaufnahme des bayerischen Staates vom 27. Juli 1950 (GVBl. S. 108
). Zum Fortgang (6. Gesetz) s. Nr. 129 TOP IV u. Nr. 130 TOP IV.
8S. im Detail StK-GuV 768. Vgl. Nr. 72 TOP IX. Zur Geschichte und den Aufgaben- und Tätigkeitsfeldern der bayer. Landesvermessung s. auch Ziegler.; Grenzstein; Volkert, Handbuch S. 161 ff.
1Ministerpräsident Dr. Ehard teilt mit, durch dieses Gesetz solle die bewährte Organisation des bayerischen Vermessungswesens, die durch Reichsgesetze aus den Jahren 1934 und 1938 aufgespalten worden sei, wieder hergestellt werden. Das bisherige Landesvermessungsamt und die bisherige Hauptvermessungsabteilung XIII würden dadurch wieder zu einer Behörde zusammengefaßt, der alle Aufgaben der Landesvermessung übertragen würden.9
9Der Art. 2 des Gesetzentwurfs bestimmte: „Das Landesvermessungsamt ist die dem Staatsministerium der Finanzen unmittelbar nachgeordnete Landeszentralbehörde für den Bereich des gesamten Landesvermessungswesens.“ Damit sollte die aus der NS-Zeit stammende Kompetenzen- und Aufgabenaufsplitterung zwischen verschiedenen Institutionen des Vermessungswesens aufgehoben werden. Vgl. hierzu den Wortlaut der Begründung zum Gesetzentwurf: „Die Aufgaben der Landesvermessung wurden in Bayern von jeher vom Landesvermessungsamt (früher ‚Katasterbüro‘ ) ausgeführt. Diesem Amt wurde nach dem Ersten Weltkrieg das ehemalige Topographische Büro eingegliedert. Durch das Reichsgesetz über die Neuordnung des Vermessungswesens vom 3. 7. 1934 (RGBl. I S. 534 ) sowie durch das Gesetz über die Bildung von Hauptvermessungsabteilungen vom 18. 3. 1938 (RGBl. I S. 277 ) wurde die bewährte Organisation des bayerischen Vermessungswesens weitgehend geändert. Das B. Landesvermessungsamt wurde in zwei Behörden aufgespalten, nämlich in das B. Landesvermessungsamt, das bayerische Behörde blieb, und in die Hauptvermessungsabteilung XIII, die als Reichsbehörde unter der Leitung des Bayer. Ministerpräsidenten in der Hauptsache die Aufgaben des ehemaligen Topographischen Büros zu übernehmen hatte. Weiterhin wurde die Bearbeitung der Grundlagen der Landesvermessung (Reichsdreiecksnetz I. und II. Ordnung, Reichshöhennetz) und die Bearbeitung der kleinmaßstabigen Karten (Reichskartenwerke 1:50000 und kleiner) dem Reichsamt für Landesaufnahme in Berlin übertragen. Mit der Auflösung der Reichsdienststellen i.J. 1945 gingen die von ihnen betreuten Gebiete des Vermessungswesens wieder auf die Länder über; auch nach dem Grundgesetz ist das gesamte Vermessungswesen Länderangelegenheit geblieben. Um Verwaltungsarbeit zu sparen, erschien es zweckmäßig, das Landesvermessungsamt und die Hauptvermessungsabteilung XIII wieder zu einer Behörde zusammenzufassen und dieser Behörde alle Aufgaben der Landesvermessung zu übertragen.“ (StK-GuV 768).
2Es wird beschlossen, den Gesetzentwurf in der vorliegenden Form zu verabschieden und dem Landtag zuzuleiten.10
10MPr. Ehard leitete dem Landtagspräsidenten den Gesetzentwurf am 10. 7. 1950 zu. Der Landtag verabschiedete das Gesetz in seiner Sitzung vom 8. 9. 1950. Vgl. BBd.
IV Nr. 4063 ; StB.
VI S. 925 f. – Gesetz über die Landesvermessung vom 10. Oktober 1950 (GVBl. S. 210
).
11S. im Detail StK-GuV 833. Vgl. Volkert, Handbuch S. 79.
1Staatsminister Dr. Ankermüller erklärt, die bisherige Bezeichnung „Veterinärpolizeiliche Anstalt in Schleißheim"12 sei veraltet, vor allem weil die Zuständigkeit dieses Amtes auf ganz Bayern ausgedehnt sei. Das Staatsministerium des Innern habe deshalb vorgeschlagen, im Wege einer Verordnung die Anstalt in „Bayerische Landesanstalt für Tierseuchenbekämpfung“ umzubenennen.12Zur „Veterinärpolizeilichen Anstalt“ in Oberschleißheim, die unmittelbar dem StMI untergeordnet und deren Hauptaufgabe die Seuchenprävention unter Nutztieren war, vgl. auch Nr. 46 TOP IV, insbes. Anm. 20.
2Der Ministerrat erklärt sich mit diesem Vorschlag einverstanden.13
13Verordnung über die Bayerische Landesanstalt für Tierseuchenbekämpfung vom 11. Juli 1950 (GVBl. S. 95
).
14S. im Detail MF 74252. Vgl. Nr. 26 TOP VIII. Der hier diskutierte Entwurf einer Verordnung über die Vorbildung, Ernennung und die Laufbahnen der bayerischen Beamten (Laufbahn-Verordnung) war – nach bis in das Jahr 1947 zurückreichenden Vorbereitungsarbeiten – vom bayer. Landespersonalamt bereits 1949 ausgearbeitet und Anfang Februar 1950 an die bayer. Ministerien versandt worden. In einem Begleitschreiben des Landespersonalamtes an die StK zu einer späteren Entwurfsfassung vom 19. 5. 1950 hieß es zur Entstehungsgeschichte der neuen Laufbahnverordnung: „Seit dem Zusammenbruch des Dritten Reiches bestehen über die Gültigkeit der früheren Laufbahnbestimmungen – abgesehen von ihren Vorschriften rein nationalsozialistischen Inhalts – Zweifel und Unklarheit. Teilweise werden diese Bestimmungen (Reichsgrundsätze über Einstellung, Anstellung und Beförderung der Reichs- und Landesbeamten vom 14. 10. 1936 – RGBl. I S. 893 und Verordnung über die Vorbildung und die Laufbahnen der deutschen Beamten vom 28. 2. 1939 – RGBl. I S. 321 ) noch angewendet. Der Erlaß des bayer. Beamtengesetzes vom 28. 10. 1946 konnte diese Zweifel nicht beseitigen, da das Gesetz insoweit nur wenige Richtlinien enthält und die Einzelheiten, wie von jeher üblich, in einer besonderen Verordnung geregelt werden sollten. Das Landespersonalamt hat daher bereits kurz nach seiner Errichtung im Jahre 1947 den ersten Entwurf einer derartigen Laufbahn-Verordnung fertiggestellt. Zu einer Verabschiedung der Verordnung kam es aber deshalb nicht, weil in der Zwischenzeit die Ausarbeitung eines neuen bayer. Personalgesetzes beschlossen und vom Ministerpräsidenten einer besonderen Kommission übertragen worden war. Der Erlaß dieses Gesetzes sollte zunächst abgewartet werden, um die Notwendigkeit einer alsbaldigen Abänderung der Laufbahnverordnung auszuschließen. Die staatsrechtliche Entwicklung in Westdeutschland brachte es jedoch mit sich, daß auch der von der Kommission fertiggestellte Entwurf eines bayer. Personalgesetzes dem Landtag nicht vorgelegt wurde, weil es zweckmäßig schien, die weitere Entwicklung der Beamtengesetzgebung auf Bundesebene abzuwarten. Die Herausgabe von eindeutigen Laufbahnbestimmungen ist im Laufe der Jahre jedoch immer dringlicher geworden, vor allem im Hinblick auf die oft unbefriedigenden Verhältnisse in den Gemeinden. Das Landespersonalamt hat daher unter Zugrundelegung des Entwurfs aus dem Jahre 1947 eine Neufassung des Entwurfs einer Laufbahn-Verordnung fertiggestellt und sie sämtlichen Staatsministerien, dem Obersten Rechnungshof, dem Landesverband Bayern des deutschen Gewerkschaftsbundes, der Arbeitsgemeinschaft bayer. Beamtenverbände, dem Städte-, Landkreis- und Landgemeindenverband, der Bayer. Verwaltungsschule und dem Verband der Beamten und Angestellten der öffentlichen Verwaltungen aus den Ostgebieten und dem Sudetenland (Verbaost) übersandt.“ (MF 74252).
1Ministerpräsident Dr. Ehard glaubt, die Angelegenheit sei noch nicht so geklärt, daß sie heute schon im Ministerrat behandelt werden könne.15
15Vgl. dagegen den Abdruck eines Schreibens der StK an das Landespersonalamt, 25. 2. 1950, in dem die StK sich mit dem Entwurf einer Laufbahnverordnung im Grundsatz noch einverstanden erklärt hatte (MF 74252).
2Staatsminister Dr. Ankermüller äußert ernste Bedenken gegen die in der Verordnung vorgeschlagene Regelung,16 insbesondere solange nicht auf der Bundesebene die Materie geklärt worden sei.17 Er fürchte, daß diese Verordnung keine Möglichkeit mehr gebe, eine selbständige Personalpolitik zu betreiben. Es wird vereinbart, die Behandlung des Entwurfs noch zurückzustellen.18
16Die Bedenken des StMI richteten sich vor allem gegen diejenigen Bestimmungen des Verordnungsentwurfs, durch die Zuständigkeiten und Kompetenzen auf beamtenrechtlichem Gebiet, hier vor allem betreffend die Fragen der Besoldung und Beförderungen von Beamten, vom StMF auf das Landespersonalamt übertragen würden. Das StMI lehnte eine Ausweitung der Zuständigkeiten des Landespersonalamtes ab und verwies ferner auf die noch ausstehende beamtenrechtliche Rahmengesetzgebung des Bundes, die, im Falle des Erlasses einer bayer. Laufbahnverordnung, zwangsläufig deren baldige Änderung nach sich ziehen werde. Vgl. hierzu den Abdruck eines Schreibens des StMI an das Landespersonalamt, 5. 8. 1950 (MF 74252).17StM Ankermüller nimmt hier Bezug auf ein anstehendes Gesetzgebungsverfahren für ein Bundesbeamtengesetz. Die Regelung des Beamtenrechts auf Bundesebene war für die Ländergesetzgebung insofern von Bedeutung, als nach Art. 75 GG der Bund u.a. „das Recht [besitzt], unter den Voraussetzungen des Art. 72 [Konkurrierende Gesetzgebung] Rahmenvorschriften zu erlassen über: 1. Die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts stehenden Personen“. Zwar hatte der Bund das Gesetz zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes stehenden Personen vom 17. 5. 1950 erlassen (vgl. Nr. 101 TOP I/5), dieses Gesetz aber war zunächst bis zum 31. 12. 1950 befristet und wurde durch das Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Rechtsverhältnisse der im Dienst des Bundes stehenden Personen vom 5. Januar 1951 (s. hierzu Nr. 135 TOP I/6) vorläufig bis zum 30. 6. 1951 verlängert. Das Bundesbeamtengesetz wurde erst im Jahre 1953 erlassen. Vgl. hierzu Kabinettsprotokolle
1950 S. 838
; Kabinettsprotokolle
1951 S. 415
–417,482f., 513–517, 540f., 740ff.; Wengst, Beamtentum S. 253–301. – Bundesbeamtengesetz vom 14. Juli 1953 (BGBl. I S. 551 ).18Zum Fortgang s. Nr. 128 TOP IV.
19Zu den Beratungen und zur Verabschiedung des ordentlichen und außerordentlichen bayer. Staatshaushalts 1950 vgl. Nr. 110 TOP V, Nr. 114 TOP I, Nr. 115 TOP I, Nr. 117 TOP IV, Nr. 122 TOP IX, Nr. 123 TOP III, Nr. 130 TOP VIII, Nr. 131 TOP IV. S. auch den Vermerk von MinRat Barbarino, 5. 7. 1950, für MPr. Ehard, Staatssekretär Müller, MD Ringelmann und Abteilungsleiter Emnet: „Am 6. 7. 1950 soll dem Ministerrat über das Ergebnis der mit den Geschäftsbereichen und Verwaltungen in einem verkürzten Verfahren geführten Haushaltsberatungen berichtet und ein neuer – nach Möglichkeit ausgeglichener – Entwurf des Gesamtplans des ordentlichen Haushalts sowie ein Entwurf des außerordentlichen Haushaltsplans vorgelegt werden. Die Einhaltung dieses Termins ist auf Grund des äußerst zähen Fortgangs der Beratungen unmöglich, obgleich das Haushaltsreferat die Verhandlungen ununterbrochen geführt hat und dabei ein Höchstmaß an physischer und psychischer Anspannung zu bestehen hatte. Die Beratungen mit dem Staatsministerium des Innern (sowohl mit der allgemeinen inneren Verwaltung wie auch mit der Staatsbauverwaltung) sowie mit dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus sind noch nicht abgeschlossen und erfordern noch mindestens 2 Tage. Die Haushalte des Landtags, des Staatsministeriums für Wirtschaft, des Staatsministeriums für Verkehrsangelegenheiten sowie des Staatsministeriums der Finanzen konnten aus Zeitmangel noch nicht beraten werden.“ (StK 14117).
1Bevor in die Behandlung des Haushaltsplanes eingetreten wird, erkundigt sich Ministerpräsident Dr. Ehard, ob die Richtlinien für die Ausgabe der 10 Millionen DM aus dem Adenauer-Programm für Kleingewerbe und Handwerk bereits ausgearbeitet seien.20
20Bezug genommen wird hier auf den Förderbetrag in Höhe von 10 Millionen DM, der im sogenannten Schwerpunkte-Programm der Bundesregierung für Flüchtlingsbetriebe vorgesehen war. Vgl. Nr. 104 TOP I/8.
2Ministerialrat Dr. Barbarino erwidert, die Sache sei nunmehr in Ordnung und die Richtlinien seien im Lauf. Allerdings bestehe noch eine Meinungsverschiedenheit mit der Staatsbank, die nach der Auffassung des Finanzministeriums für den gesamten Betrag die Haftung übernehmen solle und zwar für die schon erwähnten 10 Millionen DM, außerdem für eine Million DM, die für Kaufbeuren-Gablonz21 und 1/2 Million DM, die für Bayreuth-Gablonz22 bestimmt seien. Die Staatsbank lehne es bisher ab, in dieser Form die Haftung zu übernehmen, da sie es vorziehe, wenn diese Mittel in größeren Teilbeträgen an verschiedene Banken gegeben würden. Das Finanzministerium beabsichtige aber nicht, der Staatsbank nachzugeben und habe bereits einen Entwurf ausgearbeitet, der die Angelegenheit regeln solle. Es sei nicht zu befürchten, daß noch eine Verzögerung eintreten werde.21Im Jahre 1946 hatten sich bei Kaufbeuren/Allgäu zahlreiche Betriebe der aus dem sudetendeutschen Gablonz vertriebenen Glas- und Schmuckwarenindustrie angesiedelt; so entstand hier später Neugablonz, das heute ein Stadtteil Kaufbeurens ist. Vgl. Protokolle Hoegner I Nr. 21 TOP V u. Nr. 25 TOP VI
; Gelberg, Kriegsende S. 749; Lanzinner, Sternenbanner S. 273–276; Dusik, Schmuckwarenindustrie.22In seiner Sitzung vom 2. Mai 1946 hatte der Bayer. Ministerrat den Beschluß gefaßt, die südbayerischen Gebiete vom Flüchtlingsstrom zu entlasten und die vertriebenen Sudetendeutschen aus Gablonz und die Gablonzer Glasindustrie auch in Oberfranken anzusiedeln. Die in Folge in Bayreuth auf dem dortigen ehemaligen Flugplatzgelände gegründete, ab 1949 als „Neubürgersreuth“ bezeichnete Ansiedlung von Vertriebenen mußte 1951 aufgegeben werden, da das Gelände für einen US-Truppenstützpunkt vorgesehen war. Vgl. Protokolle Hoegner I Nr. 25 TOP VI u. Nr. 46 TOP XIII
; Lanzinner, Sternenbanner S. 275 f.
3Ministerialrat Dr. Barbarino gibt sodann einen Überblick über den augenblicklichen Stand der Haushaltsverhandlungen. Es sei gelungen, durch Ermäßigungen der verschiedenen Haushalte von dem ursprünglichen Fehlbetrag von 344 Millionen DM 176 Millionen wegzubringen, so daß noch 168 Millionen DM ungedeckt seien. Offen sei noch der Landtag, bei dem sicher keine Abstriche mehr erzielt werden könnten, ferner werde heute noch der Etat des Wirtschaftsministeriums behandelt, bei dem wohl auch nicht viel herauskommen werde, das Verkehrsministerium, bei dem er mit Einsparungen von 1 Million rechne, des Obersten Rechnungshofs, bei dem auch alles endgültig geregelt sei, so daß also keine wesentlichen Überraschungen mehr zu erwarten seien. Beim Finanzministerium selbst habe man den Plan aufgestellt, 13 Millionen einzusparen, die von dem erwähnten Fehlbetrag noch abgehen würden. Was das Justizministerium betreffe, so sei es gelungen, vom Soll in Höhe von 17,3 Millionen DM 15,2 Millionen DM einzusparen und man hoffe, die fehlenden 2,1 Millionen auch noch wegbringen zu können. Hier handle es sich im wesentlichen um den Ansatz für die Zuschüsse an Referendare, die im Vorjahr 2,5 Millionen DM, später dann 3,6 Millionen DM betragen hätten. Es sei nun Sache des Ministerrats zu entscheiden, ob die Zuschüsse wieder auf 2,4 Millionen DM herabgedrückt werden sollten. Tatsache sei, daß kein Land so hohe Zuschüsse wie Bayern gewähre, dies müßten auch die zuständigen Herren des Justizministeriums zugeben, wenn sie natürlich auch von sich aus [nicht] für die Kürzung eintreten könnten. Man dürfe nicht übersehen, daß die hohen Aufwendungen Bayerns für die Referendare ein gewisses Gefälle ausgelöst hätten.23
23Zum Fortgang der Frage der Unterhaltszuschüsse für Referendare s. Nr. 114 TOP I, Nr. 115 TOP I, Nr. 123 TOP VII.
4Beim Etat des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus habe man bisher 31,5 Millionen DM eingespart, dies sei aber nicht allzuviel gegenüber den ursprünglich vorgesehenen Abstrichen von 98 Millionen DM, deshalb sei er auch der Meinung, daß beim Kulturhaushalt noch größere Einsparungen erzielt werden müssen. Differenzen bestünden unter anderem bezüglich eines Betrags von 11 Millionen DM, bei denen es sich um Dinge handle, wo das Kultusministerium von sich aus nicht zustimmen könne und zwar
5a) Seelsorgereinkommensergänzung,24
24Vgl. hierzu im Detail Nr. 114 TOP I Anm. 16.
6b) Schulreform.
7Zu a) mache er darauf aufmerksam, daß im Vorjahr ein Zuschuß von 50 Pfg. pro Kopf der Bevölkerung gegeben worden sei, heuer dagegen 1,50 DM; das Kultusministerium werde der Kürzung auf 1 DM wohl zustimmen, wenn das Kabinett so entscheide.
8Zu b) hier konnten Ermäßigungen erzielt werden durch Kürzung der Zuschüsse an nichtstaatliche Schulen und Erhöhung der Einnahmen bei den staatlichen Schulen, wenn das Schulgeld von 5 DM im Monat noch weiter erhoben werde.25 Zweifellos würde das zu Erörterungen mit dem Landeskommissariat für Bayern führen, man könnte aber doch wohl erfolgreich mit dem Hinweis auf die schwierige Finanzlage arbeiten. Er habe in dieser Sache einen Anruf des Abg. Beck26 bekommen, der erklärt habe, die SPD würde bereit sein, unter gewissen Bedingungen für die Weitererhebung des Schulgeldes auf ein weiteres Jahr einzutreten.25Zur Frage der im März 1949 gesetzlich geregelten Einführung der Schul- und Lernmittelfreiheit in Bayern vgl. Nr. 30 TOP IV, Nr. 41 TOP II, Nr. 45 TOP VI, Nr. 46 TOP VIII, Nr. 47 TOP I, Nr. 50 TOP III, Nr. 52 TOP III.26Heinz Beck (1914–1975), 1946–1963 MdL (SPD), seit März 1946 Referent im StMUK.
9Staatssekretär Dr. Müller erklärt, er habe schon Vorwürfe des württembergischen Finanzministers Dr. Kaufmann27 bekommen, warum Bayern kein Schulgeld mehr erhebe, in Württemberg und Baden sei dies nach wie vor der Fall.27Dr. rer. pol. Edmund Kaufmann (1893–1953), Politiker, 1923–1933 Bürgermeister in Singen/Hohentwiel, 1929–1933 MdL in Baden (Zentrum), 1946 Landesdirektor für Wirtschaft, Ernährung und Verkehr in Karlsruhe, 1946/47 MD im Wirtschaftsministerium von Württemberg-Baden, 1949–1951 Finanzminister in Württemberg-Baden (CDU), 1950–1953 MdL in Württemberg-Baden bzw. ab 1952 in Baden-Württemberg (CDU, ab 1952 FDP/DVP). Vgl. Feuchte, Kaufmann.
10Ministerpräsident Dr. Ehard erwidert, in dieser Sache habe man doch wirklich alles nur mögliche versucht, es sei aber tatsächlich in Bayern nichts zu machen gewesen, weil ein unmittelbarer Befehl der Amerikaner erfolgt sei.28
28Vgl. Nr. 105 TOP I Anm. 4.
11Staatssekretär Dr. Müller sichert zu, in nächster Zeit ein schriftliches Exposé für evtl. Verhandlungen mit dem Landeskommissariat vorzulegen.29
29Zum Fortgang s. Nr. 114 TOP I, Nr. 121 TOP III.
12Staatssekretär Dr. Sattler berichtet sodann über den außerordentlichen Haushalt des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus. Im Jahre 1949 habe der außerordentliche Etat ca. 19 Millionen DM betragen, weshalb auch im ersten Vierteljahr 1950 1/4 dieses Betrages, nämlich 4,8 Millionen DM, an außerordentlichen Haushaltsmitteln für die Bauzwecke des Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zugewiesen worden seien. Im zweiten Vierteljahr sei dagegen nur mehr ein Betrag von 3,75 Millionen DM zur Verfügung gestellt worden. Dadurch sei nun bei den einzelnen Bauten eine Situation entstanden, die eine sofortige Einstellung fast aller Bauvorhaben notwendig mache. Dabei handelt es sich um dringend erforderliche Bauten für die Universität und die Technische Hochschule München, für die Staatsbibliothek, das Nationalmuseum, Schulbauten, das Gärtnertheater und vor allem für das neue Residenztheater München. Es handle sich in allen Fällen nur um Bauten, die bereits angefangen seien, nicht um Neubauten. Schließlich verweise er auch noch auf den Bau der Mensa, hier würden die aus dem McCloy-Fonds30 in Aussicht gestellten Gelder verloren gehen, wenn man nicht selbst entsprechende Mittel aufwende.30Gemeint ist das von John J. McCloy initiierte und im Januar 1950 begonnene HICOG Special Project Program, mit dem Mittel primär zur Unterstützung von bedürftigen Studenten in der US-Zone, zur Verbesserung von deren Lebens- und Studienbedingungen sowie zum Wiederaufbau und Ausbau der deutschen Universitäten zur Verfügung gestellt wurden. Vgl. Hierzu Turner, Universities. S. auch Nr. 127 TOP VI.
13Zusammenfassend stelle er fest, daß bisher an Betriebsmitteln 8550000 DM zur Verfügung gestellt worden seien, während als Minimum 10750000 DM benötigt würden, anderenfalls müßten 6 bis 7000 Arbeitskräfte entlassen werden.
14Ministerialrat Dr. Barbarino führt aus, es sei tatsächlich eine ungeheure schwere Aufgabe, sich mit den Anforderungen der einzelnen Ressorts auseinanderzusetzen. Die Situation sei nun einmal so, daß die Kassenmittel einfach fort seien und bei den Betriebsmitteln für Juli bis September ein Fehlbetrag von 100 Millionen bestehe. Die knappen Betriebsmittel des ordentlichen Haushalts müßten für den außerordentlichen Haushalt abgezweigt werden, die ganze Frage könne aber nicht geklärt werden, wenn nicht über die Finanzierung des außerordentlichen Haushalts entschieden sei.
15Um einen Ausweg zu finden, habe er bereits einen Entwurf über Steuergutscheine31 erstellt, der aber von der Landeszentralbank als bedenklich abgelehnt worden sei; infolgedessen habe er auch diesen Entwurf nicht weiter bearbeitet. Nun habe er vor kurzem mit Dr. Benning32 von der Bank Deutscher Länder gesprochen, der sich seinen Vorschlägen gegenüber keineswegs ablehnend verhalten habe. Man müsse in dieser Sache etwas tun, denn sonst sei man nicht Herr der Lage. Erst in den letzten Tagen habe er verhindert, daß ein Initiativgesetzentwurf über die Ausgabe von Steuergutscheinen im Landtag eingebracht werde, immerhin müsse man aber damit rechnen, daß ein Initiativantrag komme. Übrigens habe er auch schon die Frage der Schatzanweisungen mit einjähriger Laufzeit aufgeworfen, sei aber selbst in der Zwischenzeit zu der Überzeugung gekommen, daß dies viel weniger möglich sei als das System der Steuergutscheine. Vielleicht sei es doch möglich, sich mit der Landeszentralbank darüber noch zu verständigen.31Vgl. Nr. 104 TOP I/11. Zum Fortgang der Debatte um die Steuergutscheine und um das Gesetz über Steuergutscheine s. Nr. 117 TOP IV, Nr. 122 TOP I, Nr. 123 TOP II, Nr. 131 TOP XVI.32Dr. oec. publ. Bernhard Benning (geb. 1902), Volkswirt und Bankdirektor, 1928–1933 Wissenschaftl. Referent beim Statistischen Reichsamt, 1933–1945 Direktor der Volkswirtschaftlichen Abteilung der Reichs-Kredit-Gesellschaft, 1945–1950 Sowjet. Gefangenschaft, 1950–1957 Mitglied des Direktoriums der Bank deutscher Länder, ab 1957 Mitglied des Direktoriums und des Zentralbankrats der Deutschen Bundesbank.
16Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, so käme man nicht weiter, daß immer nur alle Vorschläge, die eine Lösung bringen könnten, mit dem Hinweis auf die Sicherheit der Währung abgelehnt würden.
17Ministerialrat Dr. Barbarino fährt fort, es bestehe also ein Fehlbetrag von 168 Millionen DM, der mindestens um die Hälfte reduziert werden müsse. Wenn das gelinge, könne man es schließlich verantworten, den Rest des Fehlbetrags durch höhere Schätzungen der Steuereingänge abzugleichen. Vor allem aber müßte der außerordentliche Haushalt in Ordnung kommen, denn wenn dies nicht der Fall sei, könne man auch die Erhebung der Steuereinnahmen nicht in Rechnung stellen.
18Staatsminister Dr. Ankermüller betont, wenn das Bauprogramm des Kultusministeriums und der Obersten Baubehörde nicht durchgeführt werden könne, würden 14–15000 Beschäftigte arbeitslos, für die die Fürsorge eintreten und ja auch außerordentlich hohe Beträge aufwenden müsse, mit dem Unterschied, daß keinerlei positive Arbeit mehr geleistet werde. Bei der Obersten Baubehörde handle es sich um 8000, beim Kultusministerium um 6 bis 7000 Arbeiter.
19Staatsminister Krehle teilt in diesem Zusammenhang mit, daß der Rückgang der Arbeitslosigkeit sich in den letzten Tagen verlangsamt habe, in der letzten Woche seien lediglich 2000 Arbeitslose wieder in Arbeitsplätze gekommen, allerdings nur bei Notstandsarbeiten.
20Regierungsbaudirektor Salisko führt aus, die Hauptschwierigkeiten bestünden auch bei der Obersten Baubehörde beim außerordentlichen Haushalt; hier stünden nur mehr 3 Millionen DM gegen 4,2 Millionen DM im letzten Vierteljahr zur Verfügung. Es handle sich bei den Bauaufgaben, die in Frage kämen, um sehr bedeutsame Projekte, unter anderem um den Ausbau der unteren Isar, für die in einem der letzten Ministerrate ein Betrag von 400000 DM beschlossen worden sei. Wenn dieser Betrag nicht zur Verfügung stehe, werde das Bayernwerk einfach weiter bauen ohne Rücksicht auf die notwendige Schiffbarmachung.33 Ferner benötige die Rhein-Main-Donau AG eine Million DM, während man ihr jetzt nur 1/2 Million DM geben könne. Auch fehle es an den notwendigen Mitteln, um die bereits bestellten Pflastersteine abzunehmen oder auch die Arbeiten an der Loisachregulierung weiterzuführen. Schließlich sei es dringend erforderlich, mit dem Bau der Straße Lenggries – Fall zu beginnen. Für Hochbauarbeiten seien die Mittel völlig unzureichend, hier habe man keine neuen Arbeiten beginnen können, sondern führe nur laufende fort. In diesem Zusammenhang müsse er erwähnen, daß auch die Mittel für den ordentlichen Haushalt nicht ausreichten. Die Oberste Baubehörde brauche jetzt mindestens 3 bis 4 Millionen DM im Vierteljahr.33Vgl. Nr. 99 TOP VIII, Nr. 105 TOP V, Nr. 109 TOP XII. Zum Fortgang s. Nr. 115 TOP IV, Nr. 122 TOP XI, Nr. 126 TOP VI.
21Staatssekretär Dr. Sattler schließt sich an und wiederholt, daß das Kultusministerium in diesem Vierteljahr weitere 2,2 Millionen DM brauche. Man könnte ja dann evtl. im Winterhalbjahr entsprechende Abzüge machen. Es sei unmöglich, die begonnenen Bauten so schnell einzustellen, da dadurch am Ende nur noch höhere Kosten entstehen würden. Dabei sei es doch außerordentlich dringlich, gerade jetzt zu bauen, da in wenigen Monaten die Bausaison schon wieder vorüber sei. Es sei ihm unmöglich, unter die 18,9 Millionen DM, die im vorigen Haushaltsjahr zur Verfügung gestanden hätten, herunterzugehen. Das Kultusministerium und die Oberste Baubehörde benötigten jetzt für ihre Bauvorhaben zusammen höchstens 6 Millionen DM.
22Ministerialrat Dr. Barbarino verweist nochmals auf den Fehlbetrag im Betriebsmittelplan. Man habe den Kassenkredit bereits um rund 30 Millionen DM bei der Landeszentralbank überschritten, höher als auf 40 Millionen DM zu gehen sei überhaupt unmöglich. Dabei müsse man sagen, daß die Landeszentralbank tatsächlich den besten Willen habe.
23Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß die Frage absolut akut sei, wenn man heute nicht zu einer Lösung komme, müßten sofort Tausende von Arbeitern entlassen werden.
24Ministerialrat Dr. Barbarino erkundigt sich bei Staatssekretär Dr. Sattler, ob es unter Umständen möglich sei, von Seiten des Kultusministeriums aus auf Betriebsmittel für den ordentlichen Haushalt zu verzichten, wenn jetzt die Mittel für den außerordentlichen Haushalt erhöht würden.
25Staatssekretär Dr. Sattler antwortet, diese Frage nicht endgültig entscheiden zu können, er habe nur die Möglichkeit, wenn er wie im Vorjahr 18,9 Millionen DM bekomme, unter Umständen entsprechend einteilen zu können.
26Ministerialrat Dr. Barbarino erklärt, das Finanzministerium habe im vorigen Jahr mit dem Kultusministerium eine Vereinbarung getroffen, dahingehend, daß in Sommermonaten höhere Mittel zur Verfügung gestellt würden, soweit sie im allgemeinen Haushalt eingespart worden seien. Er müsse bei der Betriebsmittelzuteilung von den vorhandenen Mitteln ausgehen und könne sich nicht nur an den vorjährigen Haushalt halten.
27Staatssekretär Dr. Sattler teilt nach Rücksprache mit Regierungsbaudirektor Salisko mit, die Schließung der Baustellen könnte vermieden werden, wenn das Kultusministerium und die Oberste Baubehörde zusammen 5 Millionen DM erhielten. Dies sei anscheinend nur zu machen, wenn das Finanzministerium den Kredit bei der Landeszentralbank auf 35 Millionen DM erhöhe.
28Ministerialrat Dr. Barbarino äußert dagegen haushaltsrechtliche Bedenken, vor allem in der Richtung, daß damit die Verordnung über den vorläufigen Vollzug des Haushalts überschritten werde.34 Es sei ihm vielleicht möglich, die geforderten 5 Millionen DM zu zahlen, dann würde sich aber die Kassensituation noch mehr versteifen, es sei denn, daß sich in der Zwischenzeit doch eine Lösung mit Steuergutscheinen finde.34Vgl. Nr. 102 TOP II.
29Ministerpräsident Dr. Ehard erklärt, die Bank Deutscher Länder35 müsse entweder ihre bisherigen Bedenken zurückstellen oder selbst einen Vorschlag ausarbeiten. Es gehe nicht an, nur immer Nein zu sagen und sich allen Anregungen zu verschließen.35Möglicherweise liegt hier eine irrtümliche Äußerung vor; gemeint ist wohl „Landeszentralbank“. S. oben die vorausgehenden Erläuterungen von MinRat Barbarino betr. die Einführung von Steuergutscheinen und die diesbezüglich ablehnende Haltung der Landeszentralbank.
30Staatssekretär Dr. Müller sichert zu, bei seinem nächsten Aufenthalt in Bonn mit allen maßgebenden Personen über die Frage der Steuergutscheine zu sprechen.
31Ministerialrat Dr. Barbarino sichert schließlich zu, dem Kultusministerium für den außerordentlichen Haushalt 2,2 Millionen DM, bei der Obersten Baubehörde 2,8 Millionen DM zur Verfügung zu stellen.
32Der Ministerrat erklärt sich sodann mit dieser Regelung einverstanden.
33Ministerialrat Dr. Barbarino bittet noch, wenn irgendmöglich, bei der Betriebsmittelanforderung für den allgemeinen Haushalt Einsparungen zu machen.
34Auf alle Fälle sei es notwendig, in allernächster Zeit eine Entscheidung über die Vorfinanzierung des außerordentlichen Haushalts zu finden.
35Ministerpräsident Dr. Ehard stimmt zu und stellt fest, daß er notfalls bereit sei, das Parlament einzuschalten und die Öffentlichkeit aufzuklären. Seiner Ansicht nach sei eine Gefährdung der Währung auch darin zu finden, daß Millionen arbeitslos herumsitzen müßten. Soweit er die Dinge übersehen könne, gäbe es im Augenblick vielleicht nichts besseres, als die Einführung von Steuergutscheinen.
36Anschließend wird nochmals die Frage der erforderlichen Mittel von 400000 DM für die Schiffbarmachung der unteren Isar besprochen
37Staatssekretär Dr. Müller meint, es sei unmöglich, diese Ausgabe ohne Zustimmung des Landtags zu machen.
38Regierungsbaudirektor Salisko teilt mit, die Oberste Baubehörde habe ja vielleicht im außerordentlichen Haushalt für diesen Zweck 200000 DM vorgesehen; eine endgültige Klärung sei von vordringlicher Bedeutung, da der gegenwärtige Zustand wirklich unerträglich sei.
39Zum Abschluß der Beratungen führt Ministerialrat Dr. Barbarino aus, es sei ihm natürlich möglich, morgen schon einen außerordentlichen Haushalt aufzustellen, mit dem jeder zufrieden sei, das habe aber wirklich keinen Sinn, wenn die Mittel nicht zur Verfügung stünden. Solange er noch über den ordentlichen Haushalt verhandeln müsse, könne der außerordentliche nicht endgültig aufgestellt werden. Darum sei es auch unbedingt notwendig, noch in dieser Woche mit den Verhandlungen für den ordentlichen Haushalt fertig zu werden. Wie gesagt, belaufe sich der jetzige Fehlbetrag noch auf 168 Millionen DM, den er hoffe durch Verhandlungen auf 138 Millionen DM senken zu können. Als letzter Ausweg sei er bereit, die Steuereingänge um ca. 50 Millionen DM höher einzuschätzen, darüber könne er aber nicht hinausgehen. Es bliebe also ein endgültiger Fehlbetrag von 80 bis 90 Millionen DM übrig, über den in der nächsten Ministerratssitzung Klarheit geschaffen werden müsse. Eine andere Möglichkeit, als ein genereller Abstrich bei allen Ressorts sei nicht mehr gegeben.
40Ministerpräsident Dr. Ehard unterstützt Ministerialrat Dr. Barbarino und erklärt, es könne dem Finanzministerium nicht mehr zugemutet werden, noch weitere 14 Tage über Einzelheiten des ordentlichen Haushalts zu verhandeln.
41Es wird sodann beschlossen, die nächste Ministerratssitzung mit der endgültigen Regelung des Haushalts für Mittwoch, den 19. Juli, vormittags 9 Uhr, festzusetzen.36
36Zum Fortgang s. Nr. 114 TOP I, Nr. 117 TOP IV, Nr. 122 TOP IX, Nr. 123 TOP III, Nr. 130 TOP VIII, Nr. 131 TOP IV.
37Vgl. Nr. 109 TOP IV.
1Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert einleitend daran, daß in Maria Laach unter dem Vorsitz des Bundesarbeitsministers Storch38 eine Besprechung über die Fragen des Mitbestimmungsrechts stattgefunden habe, nach deren Abschluß in der Presse behauptet worden sei, es sei sowohl über die überbetrieblichen, wie die betrieblichen Probleme eine Einigung zustande gekommen.39 Eine Mitteilung, die er soeben erhalten habe, gehe aber dahin, daß tatsächlich über die wesentlichen Punkte noch keine Einigung erzielt worden sei, man aber vielleicht mit einer Vereinbarung Ende des Monats rechnen könne. Unter diesen Umständen halte er es für richtig, nicht mehr länger zu warten und keinen Versuch zu machen, die bayerische Regelung aufzuschieben.40
38Zur Person s. Nr. 104 TOP I.39Gemeint sind hier die Verhandlungen über die Frage der betrieblichen Mitbestimmung zwischen den Arbeitgebern und dem DGB vom 5./6. 7. 1950 im Kloster Maria Laach. Bereits seit Anfang 1950 führten die Sozialpartner, auf Grundlage einer entsprechenden Vereinbarung vom 15. 11. 1949, Gespräche über die betriebliche Mitbestimmung – im Januar und März in Hattenheim, im Mai in Bonn, schließlich auf Druck Bundeskanzler Adenauers und unter Teilnahme von Bundesarbeitsminister Anton Storch in Maria Laach. Die Verhandlungen wurden am 6. 7. 1950 ergebnislos abgebrochen, weil zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite keine Annäherung insbesondere in den Fragen der personellen und sozialen Mitbestimmungsrechte, der Informationsrechte und der paritätischen Besetzung der Aufsichtsräte erzielt werden konnte. S. hierzu die Materialien in StK 13107 sowie zur öffentlichen Diskussion um die Mitbestimmung die Presseausschnittsammlung in PA vorl. Nr. 17. Vgl. Müller-List, Montanmitbestimmung S. XLIV–XLVII u. 115–133; Buchhaas, Gesetzgebung S. 226–241; Thum, Mitbestimmung S. 38–49; Handbuch der Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland Bd. 3 S. 10 f. u. 98 ff.40Am 23. 6. 1950 hatten der Ausschuß für Sozialpolitische Angelegenheiten und der Ausschuß für Rechts- und Verfassungsfragen einen revidierten interfraktionellen Entwurf eines bayer. Betriebsrätegesetzes vorgelegt; am 6. 7. 1950 war dieser Antrag in allgemeiner sowie in erster Lesung im Landtag behandelt worden. S. BBd.
IV Nr. 4000 ; StB.
VI S. 633 –663. Vgl. SZ Nr. 154, 7. 7. 1950, „Erregte Debatte über das Betriebsrätegesetz“.
2Staatsminister Krehle berichtet über die interfraktionellen Verhandlungen am vergangenen Freitag und am heutigen Tag. Über eine Reihe von Punkten habe man sich einigen können, immerhin seien verschiedene Punkte noch strittig, unter anderem, welche Regelung beim Handwerk getroffen werden solle. Das Handwerk wehre sich gegen den §11, der vorsehe, daß in allen Betrieben, die in der Regel mindestens 5 wählbare Arbeitnehmer beschäftigten, Betriebsräte zu errichten seien.41 Nachdem man auf rund 9 Beschäftigte 5 wählbare rechne, würden von dieser Bestimmung tatsächlich nur 41/2% der Handwerksbetriebe erfaßt.41§ 11 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 40) lautete: „In allen Betrieben, die in der Regel mindestens5 wählbare Arbeitnehmer beschäftigen, sind Betriebsräte zu errichten.“ Zur hier von StM Krehle angeführten Position des Handwerks zum § 11 vgl. exemplarisch: Stellungnahme zum Entwurf des bayerischen Betriebsrätegesetzes vom Unternehmerschutzverband für Industrie, Handel und Gewerbe, 27. 6. 1950 (StK-GuV 9); Schreiben des Bayer. Handwerkstages an die Abgeordneten des Bayer. Landtages, 9. 8. 1950 (StK-GuV 10).
3Strittig sei auch noch der § 91, der eine Definition der Betriebe mit erheblicher Bedeutung habe.42 Er habe heute einen Vermittlungsvorschlag gemacht dahingehend, daß ein Ausschuß gebildet werden solle, der die Berechtigung erhalten solle, von dieser Bestimmung nach oben oder unten abzuweichen. Anstatt der Forderung, daß mindestens ein solcher Vertrag 2 Millionen Aktiva aufweisen müsse, habe man sich jetzt auf 2 Millionen DM Anlagevermögen geeinigt; man müsse aber auch noch versuchen, die Zahl der Beschäftigten auf 500 zu erhöhen.42§ 91 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 40) lautete: „Betriebe von erheblicher Bedeutung sind Betriebe, die a) regelmäßig mehr als 300 Arbeitnehmer (§ 2) oder 50 Angestellte (§ 4) beschäftigen oder b) mindestens 2 Millionen DM Aktiva aufweisen und mindestens 100 Arbeitnehmer oder 30 Angestellte beschäftigen oder c) einen Jahresumsatz von mindestens 3 Millionen DM erreichen und mindestens 100 Arbeitnehmer oder 30 Angestellte beschäftigen.“
4Die Frage der Beamten sei noch in der Schwebe, seiner Ansicht nach könne man in diesem Punkt dem Abg. Donsberger43 nicht nachgeben.44 Die SPD sei bereit, interfraktionelle Vereinbarungen zu treffen, wolle aber unter allen Umständen am Mittwoch die Abstimmung durchsetzen,45 was ja auch in der vergangenen Woche schon durch den Landtag beschlossen worden sei. Im übrigen könne man kaum damit rechnen, daß auf der Bundesebene vor Ablauf eines Jahres eine Entscheidung getroffen werde.46 Er trete dafür ein, am Mittwoch dem Gesetzentwurf zuzustimmen, der sehr maßvoll sei und viel günstiger als in Hessen47 und Südwürttemberg.48
43Zur Person s. Nr. 109 TOP XI.44Bezug genommen wird hier auf den § 2 Abs. 1 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 40): „Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes sind Arbeiter, Angestellte und Beamte. Die besondere rechtliche Stellung der Beamten wird hierdurch nicht berührt.“ Die Aufnahme der Beamten in diese Bestimmung war in der Sitzung des Sozialpolitischen Ausschusses am 9. 5. 1950 auf direkte Intervention des an dieser Sitzung teilnehmenden MPr. Ehard erfolgt, nachdem der Sozialpolitische Ausschuß vorausgehend in seiner Sitzung vom 13. 4. 1950 noch beschlossen hatte, die Gruppe der Beamten aus dem Betriebsrätegesetz auszuklammern. Die Haltung der Staatsregierung war dabei begründet in dem Bestreben, das Betriebsrätegesetz möglichst bald zu verabschieden; eine Herausnahme der Beamten aus dem Betriebsrätegesetz aber hätte eine Reihe von Forderungen und Änderungswünschen von seiten der SPD nach sich gezogen und somit den Gesetzgebungsprozeß erheblich verzögert. Während die Staatsregierung die Stellung der Beamten durch die Hereinnahme in das Gesetz als nicht berührt ansah, vertrat der Abgeordnete Josef Donsberger (CSU) den Standpunkt, daß die Grundsätze des Berufsbeamtentums und die rechtlichen Grundlagen des öffentlichen Dienstes mit den Prinzipien der Mitbestimmung unvereinbar seien und für Beamte, Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst ein eigenes Betriebsräterecht geschaffen werden müsse. S. hierzu StB.
VI S. 640 ff. u. 667 ff.45Gemeint ist hier die für die Landtagssitzung am 12. 7. 1950 anberaumte Fortsetzung der ersten sowie die zweite Lesung des Gesetzentwurfs. S. StB.
VI S. 666 –692.46Auf Bundesebene wurde die betriebliche Mitbestimmung zunächst nur für den Bereich der Montanindustrie mit dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie vom 21. Mai 1951 (BGBl. I S. 347 ) gesetzlich geregelt, es folgten das Betriebsverfassungsgesetz vom 11. Oktober 1952 (BGBl. I S. 681 ) und schließlich, als gesetzliche Sonderregelung für die Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, das Personalvertretungsgesetz vom 5. August 1955 (BGBl. I S. 477 ). Vgl. Handbuch der Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland Bd. 3 S. 98–102; Müller-List, Montanmitbestimmung S. LXI-LXXIII; zur Entstehung des Betriebsverfassungsgesetzes s. Buchhaas, Gesetzgebung S. 178–288. Zum Fortgang der Gesetzgebung zur betrieblichen Mitbestimmung auf Bundesebene s. Nr. 123 TOP I/2; Protokolle Ehard III Nr. 11 TOP I
.47Gemeint ist das Betriebsrätegesetz für das Land Hessen vom 31. Mai 1948 (GVBl. für das Land Hessen S. 117).48Gemeint ist das württemberg-hohenzollerische Betriebsrätegesetz vom 21. Mai 1949 (RegBl. f. das Land Württemberg-Hohenzollern S. 153).
5Staatsminister Dr. Seidel erklärt, in der Bayer. Verfassung sei das Mitbestimmungsrecht für Betriebe von erheblicher Bedeutung festgesetzt, darüber käme man nicht hinaus.49 Auch er spreche sich dafür aus, jetzt die Sache abzuschließen, nachdem schon monatelang verhandelt worden sei und, wie schon der Herr Ministerpräsident bekanntgegeben habe, in Maria Laach keine Einigung erzielt worden sei. Auf alle Fälle werde er versuchen, morgen noch mal mit den Arbeitgeberverbänden zu sprechen.49Bezug genommen wird hier auf Art. 175 BV: „Die Arbeitnehmer haben bei allen wirtschaftlichen Unternehmungen ein Mitbestimmungsrecht in den sie berührenden Angelegenheiten sowie in Unternehmungen von erheblicher Bedeutung einen unmittelbaren Einfluß auf die Leitung und die Verwaltung der Betriebe. Zu diesem Zwecke bilden sie Betriebsräte nach Maßgabe eines besonderen Gesetzes. Dieses enthält auch Bestimmungen über die Mitwirkung der Betriebsräte bei Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern.“
6Stv. Ministerpräsident Dr. Müller tritt gleichfalls dafür ein, am Mittwoch zu einem Abschluß zu kommen.
7Staatsminister Dr. Seidel macht noch darauf aufmerksam, daß sich im Landtag wahrscheinlich die Gelegenheit ergeben werde, daß ein Kabinettsmitglied Stellung nehme. Nachdem der Herr Ministerpräsident nicht da sei,50 obliege dies dem stellvertretenden Ministerpräsidenten. Er bitte aber, diese Stellungnahme nicht in grundsätzlicher Form abzugeben, sondern lediglich in einigen Sätzen folgendes festzustellen: Die Auskünfte, die die Bayer. Staatsregierung aus Bonn erhalten habe, ließen erkennen, daß mit einer Regelung auf Bundesebene in absehbarer Zeit nicht zu rechnen sei, die Regierung begrüße deshalb die Initiative des Landtags.51
50Vgl. das Schreiben Ehards an den Landtagspräsidenten Stang, das Landtagsvizepräsident Georg Hagen am 12. 7. 1950 im Landtag verlas: „Der Bundesrat hat mich ersucht, für ihn verschiedene Verhandlungen in Bonn persönlich zu führen. Ich kann mich dieser Aufgabe nicht entziehen, bin aber durch eine Reihe von Umständen zeitlich gebunden, diese Besprechungen in der Zeit vom 12. und 13. Juli in Bonn zu führen. Es ist mir deshalb zu meinem Bedauern nicht möglich, an den Landtagssitzungen am 12. und 13. Juli teilzunehmen. Ich bedauere das gerade mit Rücksicht auf die Tagesordnung besonders. Ich bitte, mein Fernbleiben zu entschuldigen.“ (StB.
VI S. 665 ).51Der Stv. MPr. Müller gab jedoch in der Sitzung des Landtags am 12. 7. 1950 keine entsprechende Stellungnahme im Namen der Staatsregierung ab. Im Fortgang behandelte der Landtag den Gesetzentwurf in seinen Sitzungen vom 13. 7., 16. 8. und 17. 8. und verabschiedete das Gesetz in der Schlußabstimmung am 18. 8. 1950. S. StB.
VI S. 685 –692, 731–739, 742–765, 767–774. Abdruck der verabschiedeten Fassung in BBd.
IV Nr. 4183 . – Betriebsrätegesetz vom 25. Oktober 1950 (GVBl. S. 227
). Das bayer. Betriebsrätegesetz konnte erst im Dezember 1950, und zwar rückwirkend zum 1. 12., in Kraft treten. Die AHK hatte das Gesetz nach Prüfung im November 1950 zwar gebilligt, eine Inkraftsetzung aber war solange nicht möglich, wie das Kontrollratsgesetz Nr. 22 betr. Betriebsräte vom 10. 4. 1946 (s. Nr. 109 Anm. 17), zu dem das neue Gesetzeswerk im Widerspruch stand, noch Gültigkeit besaß. Das Gesetz Nr. 22 wurde mit dem Gesetz Nr. A-12 über die Beseitigung der Wirksamkeit der Vorschriften des Kontrollratsgesetzes Nr. 22 (Betriebsräte) im Lande Bayern vom 30. November 1950 (Amtsblatt der Alliierten Hohen Kommission S. 701) aufgehoben. Vgl. Land Commissioner Shuster an MPr. Ehard, 8. 12. 1950 sowie die Vormerkungen betr. Inkrafttreten des bayerischen Betriebsrätegesetzes vom 12. 12., 13. 12. u. 20. 12. 1950 (StK-GuV 10).
52Vgl. Nr. 87 TOP IV, Nr. 88 TOP V, Nr. 89 TOP I, Nr. 92 TOP I, Nr. 96 TOP V. S. ferner StK-GuV 791. MPr. Ehard hatte dem Landtagspräsidenten den Entwurf und die Begründung eines Gesetzes zum Abschluß der politischen Befreiung bereits am 31. 12. 1949 zugeleitet. S. BBd.
IV Nr. 3238 .
1Stv. Ministerpräsident Dr. Müller berichtet über die Landtagsberatungen, bei denen man übereingekommen sei, vom passiven Wahlrecht gewisse Hauptschuldige auszunehmen. Ministerialdirektor Sachs53 habe nun, wie schon in der Presse bekanntgegeben, verschiedene Vorschläge gemacht, welche Gruppen vom passiven Wahlrecht ausgenommen werden sollten.54
53Gemeint ist MD Camille Sachs, seit März 1950 Leiter der Abwicklungsstelle des StMSo. Zur Person s. die Anwesenheitsliste Nr. 100.54Vgl. den Artikel ”Entnazifizierung in Liquidation. Landtagsausschuß berät ’Gesetz zum Abschluß der politischen Befreiung‘“, SZ Nr. 155, 8./9. 7. 1950: „Für Betroffene, deren Verfahren nach § 1 eingestellt wird, und für Minderbelastete, die nach § 2 in die Gruppe der Mitläufer eingereiht werden, sollen nach § 3 des Gesetzes alle Tätigkeitsbeschränkungen fortfallen, denen Minderbelastete einzelner Berufsgruppen wie Lehrer, Prediger, Schriftsteller, Kommentatoren und Redakteure bisher noch unterliegen. Außerdem sollen die genannten unbeschränkt wahlberechtigt, wählbar und fähig zum Bekleiden öffentlicher Ämter sein. § 3a sieht jedoch vor, daß Abgeordnete, die staatstotalitäre, nationalsozialistische oder militaristische Tendenzen vertreten, ihre Wählbarkeit verlieren. Die SPD setzte sich dafür ein, den Mitläufern das passive Wahlrecht nicht schrankenlos zu gewähren. Dr. Hoegner befürchtete, daß der § 3 des Regierungsentwurfs den Feinden der Demokratie in den Sattel helfe [...]“.
2Staatsminister Dr. Seidel begrüßt die von Ministerialdirektor Sachs gemachten Vorschläge.
3Stv. Ministerpräsident Dr. Müller fährt fort, es sei auch die Frage aufgetaucht, ob das Wahlrecht nicht bis 1952 oder 1956 aufgeschoben werden solle. Über den Katalog müsse man noch verhandeln; vorgesehen seien unter anderem die Mitglieder der ehemaligen Gestapo, des SD, ferner politische Leiter bis zum Kreisleiter abwärts, SA Standartenführer und höhere SS Führer, mit Ausnahme der Waffen SS.55 Entscheidend sei, daß dabei keine Rücksicht auf den Ausgang des Entnazifizierungsverfahrens genommen werde.55Der Gesetzentwurf in der Fassung des Mündlichen Berichts des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen vom 11. 7. 1950 (BBd.
IV Nr. 4054 ) bestimmte in § 4 die Einfügung eines Abs. la in den Art. 62 (Verlust der Mitgliedschaft beim Landtag) des Landeswahlgesetzes vom 29. 3. 1949 (GVBl. S. 69
ff.) mit dem Wortlaut: „Die Wählbarkeit verliert ein Abgeordneter auch dann, wenn er die freiheitliche demokratische Grundordnung bekämpft, insbesondere die demokratische Staatsform oder ihre grundlegenden Einrichtungen verächtlich macht oder staatstotalitäre, nationalsozialistische, militaristische Ideen oder Völkerhaß oder Rassenwahn verbreitet oder fördert.“ § 5 des Gesetzentwurfs des Rechts- und Verfassungsausschusses schließlich bestimmte eine Änderung des Art. 37 Abs. 2 des Landeswahlgesetzes: „Nicht wählbar sind außer den in Art. 2 aufgeführten Personen ehemalige Mitglieder der NSDAP, ihrer Gliederungen und angeschlossenen Verbände, sofern sie unter eine der Kategorien fallen, welche auf der diesem Gesetze als Anlage beigefügten Liste aufgeführt sind, es sei denn, sie sind vom Gesetz zur Befreiung von Nationalsozialismus und Militarismus nicht betroffen oder entlastet.“ Der ursprüngliche Art. 37 Abs. 2 des Landeswahlgesetzes hatte gelautet: „Nicht wählbar sind außer den in Art. 2 aufgeführten Personen ehemalige Mitglieder der NSDAP oder einer ihrer Gliederungen (ausgenommen HJ und BDM), es sei denn, daß sie durch rechtskräftige Spruchkammerentscheidung für entlastet erklärt sind. Diese Bestimmung tritt bezüglich der zu Mitläufern erklärten Personen am 31. Dezember 1953 außer Kraft.“ Die gemäß dem neuen Art. 37 Abs. 2 als Gesetzesanlage erstellte Liste umfaßte als betroffene Personengruppen: Gestapo- und SD-Angehörige, die Politischen Leiter der Partei und ihre Stellvertreter bis herunter einschließlich der Ortsgruppenleiter, NSDAP-Reichstags- und Landtagsabgeordnete, die Landesbauernführer und ihre Stellvertreter, Offiziere der Waffen-SS bis herunter einschließlich der Sturmbannführer sowie die Offiziere der Allgemeinen SS, die SA-Führer bis herunter einschließlich der Standartenführer, Offiziere des RAD bis herunter einschließlich der Oberstarbeitsführer, die Amtsträger der Arbeitsfront, Inhaber des NS-Blutordens und des Goldenen Parteiabzeichens, sämtliche Reichsminister, Staatsminister, Staatssekretäre und Reichsstatthalter ab dem 9. 3. 1933, Reichsbevollmächtigte, Reichskommissare, Wehrbeauftragte, Reichstreuhänder der Arbeit u.ä. seit 30. 1. 1933, Richter, Staatsanwälte und Beisitzer des Volksgerichtshofs.
4Nach kurzer Aussprache wird beschlossen, dieser Regelung im wesentlichen zuzustimmen und die weiteren Verhandlungen Herrn Staatsminister Dr. Müller zu überlassen.56
56Bereits drei Tage nach der vorliegenden Ministerratssitzung verabschiedete der Bayer. Landtag in seiner Sitzung am 13. 7. 1950 mit nur drei Gegenstimmen auf der Grundlage der in BBd.
IV Nr. 4054 gedruckten Fassung das „Gesetz zum Abschluß der politischen Befreiung vom 27. Juli 1950", das am 1. 9. 1950 in Kraft trat. S. StB.
VI S. 692 –695. – Gesetz zum Abschluß der politischen Befreiung vom 27. Juli 1950 (GVBl. S. 107
). Zum Fortgang (Erste Durchführungsverordnung) s. Nr. 119 TOP VII.
57Vgl. Nr. 60 TOP V und Nr. 104 TOP I/16.
1Ministerpräsident Dr. Ehard weist darauf hin, daß der Landtag am 19. April 1950 beschlossen habe, die Staatsregierung zu ersuchen, die Fortführung der Schulspeisung unter Verwertung der bisher gemachten Erfahrungen sicherzustellen und die entsprechenden Mittel im Haushalt 1950/51 vorzusehen.58 Das Finanzministerium könne anscheinend zurzeit nicht feststellen, wie weit es dem Staatsministerium des Innern möglich sein werde, ebenso wie im Vorjahr einen Betrag von 2,1 Millionen DM als freiwillige Zuschußleistung des Staates einzusetzen. Außerdem sei es sehr fraglich, ob sich die Gemeinden bereiterklären würden, ihrerseits 3,2 Millionen DM aufzubringen. Das Staatsministerium des Innern, ebenso wie das Staatsministerium für Unterricht und Kultus, besonders aber die Gesundheitsabteilung des Innenministeriums hielten es für dringend notwendig, aus sozialen und gesundheitlichen Gründen wenigstens noch 350–400000 Kinder zusätzlich zu ernähren.58Vgl. StB.
VI S. 301 .
2Staatsminister Dr. Ankermüller berichtet über eine unter seinem Vorsitz stattgefundene Besprechung am heutigen Vormittag und erklärt, es handle sich im wesentlichen um eine finanzielle Frage.59 Gegenüber verschiedenen Behauptungen stehe die Gesundheitsabteilung nach wie vor auf dem Standpunkt, daß gerade auf dem Lande die Schulspeisung noch dringend notwendig sei. Es gehe nun darum festzustellen, ob die Kosten als Kriegsfolgelasten vom Bund anerkannt werden oder nicht. Dabei habe heute das Bundesfinanzministerium telegrafisch erklärt, sie müßte diese Anerkennung ablehnen.60 Man habe nun ausgemacht, sofort mit dem Bund die Verbindung aufzunehmen um festzustellen, ob er nicht doch die Verpflichtung anerkenne, für Kindern, deren Eltern in Fürsorge stünden, Mittel bereitzustellen. In diesem Fall müßte der Bund 75% der Kosten tragen. Zu überlegen wäre auch, ob nicht Kinder, deren Eltern zwar nicht Fürsorgeunterstützung bekämen, aber sonst ein geringes Einkommen haben, nicht auch die Schulspeisung noch benötigen. Für diesen Kreis seien aber im Augenblick keine Mittel zur Verfügung, höchstens könne das Landwirtschaftsministerium aus den Überschüssen der Bayer. Lagerversorgung Mittel vorschießen. Die Lagerversorgung sei in der Lage, tatsächlich die Schulspeisung auf ein weiteres Jahr zu finanzieren.61
59An der Referentenbesprechung am 10. 7. 1950 um 9.30 Uhr, die der Vorbereitung der Beantwortung der Landtagsanfrage sowie der Vorbereitung Ankermüllers auf die vorliegende Ministerratssitzung dienen sollte, nahmen teil die Vertreter von vier Abteilungen des StMI, ein Vertreter des StMF und der Landesgeschäftsstelle für Schulspeisung aus dem StMELF sowie ein Vertreter der Bayer. Lagerversorgung. Vgl. die Aktennotiz betr. Schulspeisung, 7. 7. 1950; Aktenvermerk betr. Schulspeisung, 14. 7. 1950 – Zur Referentenbesprechung bei Herrn Staatsminister Dr. Ankermüller am 10. 7. 1950 (StMI M 1450 – Medizinalwesen, vorläufige Nr., Abgabe 1992).60Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 510 f. In der Sitzung vom 4. 7. 1950 hatte sich das Bundeskabinett mit der Frage der Schulspeisung beschäftigt. Während Bundesinnenminister Heinemann in dieser Sitzung für eine Fortsetzung der Schulspeisung auf Kosten des Bundes plädierte, lehnte Bundesfinanzminister Schäffer eine Kostenübernahme des Bundes kategorisch ab und verwies diesbezüglich auf die Zuständigkeit der Länder. Das Kabinett schloß sich zunächst der ablehnenden Position des Bundesfinanzministers an.61Der Aktenvermerk über die Referentenbesprechung vom 10. 7. 1950 (wie Anm. 59) hielt bezüglich der Beratungsergebnisse fest: „Nach eingehender Diskussion schlug der Herr Minister vor, in Sachen Schulspeisung folgendes zu unternehmen: 1. Feststellung bei der Bundesregierung in Bonn, welche Unterstützung der Schulspeisung von dort zu erwarten sei. 2. Feststellung in Bayern, um welche Teilnehmerzahl es sich bei Anlegung eines strengen Maßstabes handelt und wie hoch sich die hierbei entstehenden Kosten belaufen. 3. Anstrengung von Überlegungen, auf welche Art und Weise eine Auswahl der Kinder vorgenommen werden kann mit der Berücksichtigung der sozialen Lage der Eltern und insbesondere des Gesundheitszustandes der Kinder. [...] Es besteht weitgehende Übereinstimmung, daß für einen Teil der bayerischen Schulkinder eine Fortsetzung der Schulspeisung zu bejahen ist.“
3Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß man alles tun müsse, um die Bayer. Lagerversorgung aufrecht zu erhalten.
4Ministerialrat Dr. Böhm führt aus, das Ministerium des Innern sei nur dadurch beteiligt, daß die Mittel für die Schulspeisung in seinem Haushalt vorgesehen seien. Nachdem der Bund heute seine Zahlungspflicht abgestritten habe, müsse man einen neuen Plan aufstellen. Der Personenkreis umfasse Kinder von minderbemittelten und hilfsbedürftigen Familien. Es sei aber nun in der Besprechung davon die Rede gewesen, die Schulspeisung auf Kinder zu beschränken, bei denen ärztlicherseits die Notwendigkeit einer zusätzlichen Ernährung festgestellt worden sei. Natürlich lasse sich jetzt noch nicht übersehen, wieviele Kinder dann noch erfaßt werden. Wenn diese Regelung getroffen werde, so handle es sich nicht mehr um ein Finanzierungsproblem, sondern um eine Leistung der öffentlichen Fürsorge, für die die Bezirksfürsorgeverbände und der Bund Mittel aufbringen müßten. Die Vertreter der Flüchtlingsverwaltung hätten sich aber sehr stark dafür eingesetzt, über den Kreis der hilfsbedürftigen und nach ärztlichem Gutachten gesundheitlich schwachen Kinder hinauszugehen. In diesem Falle müßte aber ein Kostenträger gefunden werden und dies könne nur der Staat sein. Der Vertreter der Organisation Steffen habe im Verlauf der Sitzung mitgeteilt, daß an Überschüssen zurzeit rund 21/2 Millionen DM vorhanden seien.
5Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, man müsse sich darüber klar werden, ob die Schulspeisung fortgesetzt werden solle oder nicht, er fürchte aber, daß für das nächste Vierteljahr nichts geschehen werde, wenn man jetzt erst umfangreiche Erhebungen durchführe. Außerdem müsse man sich darüber klar werden, ob man schon aus politischen Gründen die Schulspeisung jetzt einstellen könne.
6Staatsminister Dr. Ankermüller erwidert, nachdem jetzt Schulferien seien, könnte man in der Zwischenzeit die notwendigen Erhebungen durchführen. Er glaube, daß man überhaupt in der Zeit bis zum 1. September alle Fragen klären könne.
7Staatssekretär Dr. Sattler meint, nach den Erfahrungen des Kultusministeriums habe die Schulspeisung keinen allzu großen Sinn mehr.
8Staatsminister Dr. Ankermüller fährt fort, bisher habe man die amerikanischen Lebensmittel abnehmen müssen, von jetzt an aber habe man die Möglichkeit, die Speisen herzustellen, die man für zweckmäßig halte. Er persönlich halte die Schulspeisung nach wie vor für notwendig und weise darauf hin, daß sie auch in reichen Ländern, wie Schweden und Dänemark, durchgeführt werde.
9Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, sich zu überlegen, ob nicht der bisherige Verwaltungsapparat und die ganze Sache den Gemeinden überlassen werden könne. Im übrigen scheine ihm die Organisation Steffen ausgezeichnet zu arbeiten, wenn sie in kurzer Zeit schon wieder so hohe Überschüsse gemacht habe. Es wäre ein Unding, gerade im gegenwärtigen Zeitpunkt eine solche Organisation zu zerschlagen.
10Staatsminister Dr. Seidel erinnert daran, daß bei den Besprechungen Ende des vorigen Jahres über die Organisation Steffen vereinbart worden sei, die Organisation überall da einzuschalten, wo der Staat Kostenträger sei.62
62Vgl. Nr. 91 TOP VIII.
11Ministerpräsident Dr. Ehard betont nochmals, daß eine Einstellung der Schulspeisung nicht in Frage komme und es notwendig sei, möglichst bald positive Vorschläge zu erhalten.
12Staatsminister Dr. Ankermüller sichert zu, bis zum nächsten Ministerrat entsprechende Vorschläge zu machen, wobei grundsätzlich an der Schulspeisung festgehalten, aber versucht werde, eine Dezentralisation herbeizuführen.63
63Zum Fortgang s. Nr. 116 TOP XII, Nr. 120 TOP IV, Nr. 127 TOP XIX.
64S. im Detail MF 78885. – Gesetz zur vorläufigen Regelung der Kriegsfolgelasten im Rechnungsjahr 1949 vom 6. August 1949 (WiGBl. S. 235).
1Staatssekretär Dr. Müller ersucht um einen Beschluß des Ministerrats in folgender Sache:
2In das Gesetz zur vorläufigen Regelung der Kriegsfolgelasten im Rechnungsjahr 1949 vom 6. August 1949 sei die sogenannte Niedersachsen-Klausel aufgenommen worden, die vorsehe, daß die 500 Millionen DM übersteigenden Besatzungskosten in Niedersachsen anteilmäßig von den übrigen Ländern übernommen werden.65 Über die Berechnung hätten sich zwischen Niedersachsen und den anderen Ländern Differenzen ergeben.66 Die Länderfinanzminister hätten nun einen Vergleichsvorschlag ausgearbeitet, wonach an Niedersachsen Mehraufwendungen von rund 20 Millionen DM zu erstatten seien.67 Bayern müsse sich nun damit einverstanden erklären, daß ein Schiedsgericht eine verbindliche Entscheidung für alle Beteiligten treffe, wenn dieser Vergleich nicht zustande komme.65§ 4 des Gesetzes lautete: „Stellt der Rechnungshof des Vereinigten Wirtschaftsgebietes fest, daß die vom Land Niedersachsen auf Anweisung der britischen Besatzungsmacht nach dem 30. April 1949 aufgebrachten Besatzungskosten und Besatzungsfolgekosten im Monatsdurchschnitt ein Zwölftel von 500 Millionen DM übersteigen, so erhöhen sich die gemäß § 2 zu leistenden Abschlagszahlungen und der gemäß § 3 Absatz 1 an das Land Niedersachsen zu zahlende Betrag um 70 von Hundert des Unterschiedes. Die in § 2 genannten Abschlagszahlungen erhöhen sich in dem Verhältnis, in dem die Einzelbeträge zum Gesamtbetrag stehen. 5 vom Hundert des Unterschieds leistet das Land Bayern, 10 vom Hundert des Unterschieds leistet das Land Schleswig-Holstein an die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftsgebietes, die diese Beträge an das Land Niedersachsen abführt.“ Der hier angeführte § 2 des Gesetzes bestimmte die Zahlungsverpflichtungen der Länder Nordrhein-Westfalen, Hessen, Württemberg-Baden, Hamburg und Bremen an die Verwaltung des Vereinigten Wirtschaftgebietes, der § 3 listete die Länder Bayern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen als Empfänger der Finanzleistungen auf. Durch den Eintritt der Bedingungen der sogenannten Niedersachsen-Klausel wurden die beiden erstgenannten Länder somit von Empfänger- zu Geberländern.66Das Gesetz zur vorläufigen Regelung der Kriegsfolgelasten im Rechnungsjahr 1949 vom 6. August 1949, das in seiner Geltungsdauer ursprünglich bis zum 31. 12. 1949 befristet gewesen war, wurde rückwirkend zum 1. Oktober 1949 durch das Gesetz zur Regelung von Kriegfolgelasten im 2. Rechnungshalbjahr 1949 vom 21. März 1950 (vgl. Nr. 97 TOP I/10) ersetzt; dieses Gesetz enthielt keine Sonderregelungsklausel für Niedersachsen. Der Streit zwischen dem Land Niedersachsen und den übrigen Ländern entzündete sich an der Frage des Berechnungszeitraumes für die Ausgleichszahlungen: Niedersachsen forderte unter Berufung auf die Geltungsdauer des Gesetzes vom August 1949 für seine zwischen Anfang Mai und Ende September 1949 entstandenen Mehraufwendungen für Besatzungslasten eine Ausgleichszahlung in Höhe von rund 42 Millionen DM. Die übrigen Länder vertraten den Standpunkt, daß trotz der zwischenzeitlichen Verabschiedung des neuen, rückwirkend zum 1. 10. 1949 gültigen Gesetzes vom 21. März 1950, bei den Ausgleichszahlungen vom Berechnungszeitraum des gesamten Rechnungsjahres 1949/50, also der Zeitraum April 1949 bis März 1950, ausgegangen werden müsse. Durch Zugrundelegung dieses längeren Berechnungszeitraumes, innerhalb dessen sich die Belastungskosten fortschreitend erheblich reduziert hatten, ergab sich im statistischen Mittel rechnerisch eine geringere Besatzungskostenlast, so daß Niedersachsen nach Auffassung der Länder nur Zuwendungen in Höhe von rund 4 Millionen DM zustanden. Vgl. hierzu: Abschrift eines Schreibens des niedersächsischen Finanzministers Strickrodt an den Vorsitzenden des BR-Finanzausschusses Hilpert, 5. 12. 1949; Abschrift eines Schreibens Bundesfinanzminister Schäffers an die Finanzminister der Länder betr. Durchführung des § 4 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Kriegsfolgelasten im Rechnungsjahr 1949 (Niedersachsen-Klausel), 3. 2. 1950; Entwurf eines Exposés des StMF an StK betr. Durchführung des § 4 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung der Kriegsfolgelasten im Rechnungsjahr 1949 (Niedersachsen-Klausel), 4. 7. 1950; Abschrift eines Antrags des Landes Niedersachsen betr. Finanzausgleich unter den Ländern im Rechnungsjahr 1949, 6. 12. 1950 (MF 78885).67Diesen vom Land Niedersachsen abgelehnten Kompromißvorschlag hatten die Finanzminister der Länder in der 9. Sitzung des Finanzausschusses des Deutschen Bundesrates am 2. 3. 1950 unterbreitet. Auszug aus dem Kurzbericht über diese Sitzung enthalten in MF 78885.
3Der Ministerrat beschließt, dem Vorschlag des Herrn Staatssekretärs Dr. Müller entsprechend die Entscheidung des Schiedsgerichts anzuerkennen.68
68Der Vorschlag zur Einrichtung eines Schiedsgerichts zur juristischen Klärung der Niedersachsen-Klausel stammte aus dem BMF. Der Finanzausschuß des Bundesrates beschloß in seiner 15. Sitzung vom 9. 6. 1950, daß die Länderfinanzminister in ihren Kabinetten auf die Einberufung eines Schiedsgerichts hinwirken sollten, da mit einer verbindlichen Entscheidung nicht bis zur Errichtung des Bundesverfassungsgerichts abgewartet werden könne. Am 6. 11. 1950 benannte Bundesfinanzminister Schäffer die fünf Mitglieder des Schiedsgerichts unter dem Vorsitz von Bundesrichter Fritz Hoffmann vom Bundesfinanzhof in München. In seinem Schiedsspruch vom 29. 8. 1951 bestätigte das Schiedsgericht die Rechtsauffassung Niedersachsens und verpflichtete die Länder zur Zahlung der ursprünglich von Niedersachsen geforderten Ausgleichssumme von knapp 42 Millionen DM. Vgl. hierzu die Abschrift eines Schreibens von Bundefinanzminister Schäffer an den Vorsitzenden des BR-Finanzausschusses Hilpert, 2. 5. 1950; Schreiben BMF an die Finanzminister und Finanzsenatoren der Länder des früheren Vereinigten Wirtschaftsgebietes, 6. 11. 1950; Ausfertigung des Schiedsspruchs in der Streitsache der Länder Niedersachsen, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Württemberg-Baden, vertreten durch die Hansestadt Hamburg vom 29. 8. 1951, 4. 9. 1951 (MF 78885).
1Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert daran, daß Herr Ministerialdirektor Dr. Ringelmann über diesen Vorschlag im Ministerrat vom 15. Juni berichtet habe.69 Dagegen seien verschiedene Bedenken erhoben worden, er habe auch in der Zwischenzeit von der Angelegenheit nichts mehr gehört. Er halte es aber für notwendig, sich nochmals damit zu beschäftigen.70
69Vgl. Nr. 109 TOP XIV.70Der in der Ministerratssitzung vom 15. 6. 1950 erörterte Vorschlag, die Haftentschädigungsansprüche durch ein Bankenkonsortium aufkaufen zu lassen und später durch den Freistaat einzulösen, wurde durch Erlaß des StMF im Juli 1950 umgesetzt. Vgl. Winstel, Gerechtigkeit 5. 328 f.
1Staatsminister Dr. Ankermüller führt aus, ein Sonderausschuß des Bayer. Landtags habe in einem Bericht vom 10. Februar 1949 dem Landtag empfohlen, die Errichtung eines Landesgesundheitsamtes zu beschließen.71 Das Staatsministerium des Innern habe gegen diesen Plan erhebliche Bedenken und halte ein Landesgesundheitsamt für überflüssig.72 Durch die Errichtung eines solchen Amtes wird lediglich die bisherige bayerische Regelung, die sich durchaus bewährt habe, gestört.71Vgl. BBd.
III Nr. 2336 : Bericht über die Beratungen und Anträge des Sonderausschusses zur Untersuchung der Personalverhältnisse in der Gesundheitsabteilung des Staatsministeriums des Innern, 10. 2. 1949.72Vgl. die Vormerkungen des StMI betr. Errichtung einer obersten Behörde der Gesundheitsverwaltung, 23. 5. 1950 u. 28. 6. 1950 (StK 11634): Nach Auffassung des StMI sei die in Bayern wie auch in anderen Ländern existierende Regelung, nach der das Innenministerium gleichzeitig auch die Aufgaben der obersten Gesundheitsbehörde wahrnehme, altbewährt. Weder würde die Errichtung eines Landesgesundheitsamtes noch die eines eigenständigen Gesundheitsministeriums eine organisatorische Verbesserung darstellen. Als eine dem Ministerium nachgeordnete Behörde könnten einem Landesgesundheitsamt ohnehin keine obersten leitenden und vollziehenden Funktionen zugewiesen werden, und als reines Beratungsorgan der Staatsregierung, so der Standpunkt des StMI, sei ein Landesgesundheitsamt überflüssig.
2Der Ministerrat billigt den Standpunkt des Staatsministeriums des Innern.
73Vgl. Nr. 104 TOP X.
1Ministerpräsident Dr. Ehard stellt fest, daß auf sein Rundschreiben vom 5. Mai 195074 an alle Ministerien, welcher Stelle die Betreuung der KZ-Friedhöfe übertragen werden solle, eine Reihe von Vorschlägen eingelaufen seien. Man habe das Staatsministerium des Innern, das Finanzministerium (Schlösser- und Seenverwaltung), das Landesamt für Denkmalpflege und noch andere Stellen vorgeschlagen.75
74Durchschlag eines Schreibens MPr. Ehard an die Bayer. Staatsministerien, 5. 5. 1950 (StK 13627).75Das StMI sowie das StMF hatten die Übertragung der Betreuung der KZ-Gräberstätten an das Landesentschädigungsamt vorgeschlagen, das StMUK plädierte für eine Zuständigkeit der staatlichen Schlösser-, Gärten- und Seenverwaltung, das StMArb für das Bayer. Landesamt für Denkmalpflege, das StMWi und das StMJu sahen die Verantwortung beim StMI, das StMJu zog für die Gräberbetreuung auch noch das StMUK in Betracht. Vgl. hierzu die Materialien in StK 13627.
2In der Aussprache wird übereinstimmend erklärt, daß die Betreuung dem Staatsministerium des Innern übertragen werden solle.
3Staatsminister Dr. Ankermüller erwidert, er sei noch nicht glücklich über die Aussicht, auch diese Aufgabe noch zu erhalten, wenn auch die Gräberfürsorge an sich beim Innenministerium liege.
4Ministerpräsident Dr. Ehard meint, man brauche heute noch nicht abzuschließen, er bitte aber um konkrete Vorschläge unter dem Gesichtspunkt, daß das Staatsministerium des Innern endgültig die Betreuung der KZ-Gräber zu übernehmen habe.76
76Zum Fortgang s. Nr. 127 TOP IX, Nr. 128 TOP XV; Protokolle Ehard III Nr. 8 TOP XI
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1. Ernennung des Regierungsdirektors Dr. Arthur Kääb77 zum Ministerialrat im Staatsministerium des Innern.78
U77Dr. jur. et rer. pol. Artur Käab (1890–1982), Jurist, Studium der Rechts- und Staatswissenschaften an den Univ. München, Erlangen und Würzburg, 1913 Promotion Univ. Würzburg, Teilnahme am Ersten Weltkrieg, 1920 Große Juristische Staatsprüfung, 1921 Eintritt in die bayer. Staatsverwaltung, 1. 5.–15. 9. 1921 Bezirksamtmann Pirmasens, 16. 9. 1921–11. 8. 1934 RR und RR I. Kl. bei der Regierung der Pfalz in Speyer, 1934 Abordnung an das Reichsministerium des Innern (Polizeiabteilung), Sommer 1935 Einberufung in das Reichsinnenministerium als ORR, 1. 5. 1939 MinRat, 1. 3. 1940 NSDAP-Mitglied, 14. 8. 1944–10. 5. 1945 Abordnung als MinRat an das Polizeipräsidium München, Vertreter des Polizeipräsidenten, 30. 4.-8. 5. 1945 kommissarischer Polizeipräsident, 10. 5. 1945–13. 6. 1946 Internierung in Ludwigsburg, 30. 4. 1947 Einreihung durch die Spruchkammer München I in die Gruppe V der Entlasteten, 10. 4. 1948 Bestätigung des Spruchs durch den Kassationshof, 3. 12. 1947 Angestellter StMI, 1. 9. 1948 RegDir unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, seit Okt. 1949 Führung der Amtsbezeichnung MinRat, 1. 5. 1950 Planstelleneinweisung als MinRat, 11. 7. 1950 Ernennungsurkunde zum MinRat, 1. 3. 1952 Leiter der Polizeiabt. im StMI, 1. 11. 1952 MinDirig, 31. 10. 1955 Ruhestandsversetzung.78Vgl. Nr. 81 TOP II.
1Der Ministerrat beschließt, dieser vom Staatsministerium des Innern vorgeschlagenen Ernennung zuzustimmen.
2. Sodann wird beschlossen, die Ernennung der Regierungsdirektoren Dr. Schütz,79 Dr. Heßdörfer80 und Dr. Ulrich81 zu Ministerialräten vorerst noch zurückzustellen. U79Nicht ermittelt.80Zur Person s. Nr. 109 TOP IX. Zum Fortgang s. Nr. 117 TOP XIII.81Nicht ermittelt.
Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Generalsekretär des
Ministerrats
Im Auftrag
gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg
Regierungsdirektor
Der Leiter der
Bayerischen Staatskanzlei
gez.: Dr. Anton Pfeiffer
Staatsminister