Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Justizminister Dr. Müller, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Dr. Zorn, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Oberländer (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialrat Dr. Schwend (Bayer. Staatskanzlei), Ministerialrat Leusser (Bayer. Staatskanzlei).
Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium).
I. Verordnung über den vorläufigen Vollzug des Staatshaushalts 1951. II. Baunotabgabe. III. Gesetz über die Bereitschaftspolizei. IV. Bundesgrenzschutz. V. Beschluß der Bundesregierung vom 27. Februar 1951. VI. Wahlordnung zum Betriebsrätegesetz. VII. Novelle zum Beamtengesetz. VIII. Aufwendungen Bayerns für Flüchtlingslager. IX. Berufsausbildungsstätten der IRO in Ingolstadt. X. Möbelhilfe Dachau-Ost. XI. Sitzung des Vermittlungsausschusses vom 27. März 1951. XII. Personalangelegenheiten. XIII. Gedenkfeiern am 29. April 1951. XIV. [Einladungen]. [XV. Feiern zum 1. Mai]. [XVI. Förderung der Auswanderung von Bayern in die USA durch die Besatzungsmacht].
Dr. Zorn führt aus, Art. 78 Abs. 4 der Bayer. Verfassung sehe vor, daß die Staatsregierung den Haushalt zunächst nach dem Haushaltsplan des Vorjahres weiterführe, wenn er im Landtag nicht rechtzeitig verabschiedet werden könne.2 Zu diesem Zweck sei die vorliegende Verordnung ausgearbeitet worden. Im übrigen hoffe er, daß Anfang Mai mit den Haushaltsverhandlungen begonnen werden könne; die einzelnen Ressorts hätten ihre Haushaltsvorschläge bereits eingereicht, dabei hätten sich Mehranforderungen in Höhe von 200 Millionen DM ergeben. Die Lücke, die vorläufig noch nicht ausgefüllt werden könne, betrage insgesamt 400 Millionen DM. Zur Abdeckung dieses Fehlbetrages habe das Finanzministerium zunächst Sparmaßnahmen eingeleitet, durch die es 30 bis 40 Millionen DM Einsparungen erhoffe. Ferner beabsichtige man, für den außerordentlichen Haushalt eine Lotterieanleihe von 120 Millionen DM aufzulegen. Besonders wichtig sei der vollständige Steuervollzug, weshalb das Finanzministerium zusätzlich 200 Fahnder eingestellt habe. Die Steuerrückstände in Bayern beliefen sich zur Zeit auf ca. 100 Millionen DM, von Steuerhinterziehungen ganz zu schweigen. Schließlich sei noch zu befürchten, daß der Bund erheblich höhere Beträge an Einkommen- und Körperschaftsteuereingängen für sich in Anspruch nehme. Trotzdem hoffe er, daß der Haushaltsplan vom Landtag im Juni oder spätestens im Juli angenommen werden könne.
StaatsministerDr. Ehard hält es für notwendig, den Haushalt vorher eingehend im Ministerrat zu besprechen. Es habe sich in den vergangenen Jahren herausgestellt, daß auf der Referentenebene sich nicht alle Meinungsverschiedenheiten überbrücken ließen, weshalb in vielen Fällen die Entscheidung des Ministerrats notwendig geworden sei.
MinisterpräsidentDr. Zorn fährt fort, er beabsichtige, für jedes einzelne Ressortministerium einen eigenen Haushaltsreferenten einzusetzen, der, mit der nötigen Sachkunde ausgestattet, für die Aufstellung des Haushalts mitverantwortlich sei und außerdem eine gewisse Überwachung durchführen könne.
StaatsministerDr. Schwalber erklärt, auch in Zukunft würden Auseinandersetzungen unter den Ministerien unvermeidlich sein, er rate aber dringend dazu, diese Differenzen schließlich im Ministerrat auszutragen und nicht die Auseinandersetzungen erst in den Landtagsausschüssen erfolgen zu lassen.
StaatsministerDr. Ehard stimmt zu und fordert, daß es nicht mehr wie bisher Vorkommen dürfe, daß Referenten in den Landtagsausschüssen selbständig und gar gegeneinander auftreten.3
MinisterpräsidentDr. Zorn fährt fort, der vorliegende Entwurf entspreche der bisherigen Übung, eine Abweichung bestehe nur darin, daß der sogenannte Sperrbetrag auf 25% erhöht worden sei.4
StaatsministerDr. Oechsle hält es nicht für möglich, bei den allgemeinen Haushaltsausgaben mit 75% der in den Voranschlägen vorgesehenen Beträgen auszukommen, während er mit einem Betrag von 90% bei den sächlichen Ausgaben einverstanden sei.
StaatsministerZorn erwidert, in diesem Jahr sei das Finanzministerium noch viel mehr wie in der Vergangenheit beengt und müsse die Ausgaben so stark wie möglich drosseln.
Staatsminister Dr.Dr. Oechsle schlägt vor, den Prozentsatz von 75 auf 80 zu erhöhen.
StaatsministerDer Ministerrat beschließt, diesem Vorschlag entsprechend in den Ziff. 2, 4, 5 und 6 den Prozentsatz von 75 auf 80 zu erhöhen und entsprechend in Ziff. 2b den Abzug auf 20% zu ermäßigen.
Der Ministerrat beschließt außerdem, den Ausführungsvorschriften zu dieser Verordnung seine Zustimmung zu erteilen.
Dr. Oechsle auf die Interessenquote zu sprechen und teilt mit, daß das Bundesarbeitsministerium bei der Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes5 folgende Bedingungen aufgestellt habe:
In diesem Zusammenhang kommt Herr StaatsministerNachprüfung aller Ausgaben, Mitwirkung bei der Personalpolitik, Einrichtung von Kontrollen usw.
6 Praktisch würde das bedeuten, daß die Länder in der Kriegsopferversorgung überhaupt nicht mehr verwaltungsmäßig tätig werden könnten. Angeblich hätten die Finanzminister der Länder diesem Vorschlag bereits zugestimmt. Er selbst habe für nächste Woche die Arbeitsminister nach Bonn zu einer Sitzung eingeladen, wo versucht werden solle, derartig weitgehende Eingriffe abzuwenden. Zur Begründung würde vom Bundesarbeitsministerium darauf hingewiesen, daß die Interessenquote in Zukunft wegfallen würde.
Zur Grundlage werde das Verwaltungsabkommen auf dem Gebiet der Besatzungslasten genommen.Dr. Ehard erwidert, diese Begründung sei völlig unrichtig, tatsächlich hätten die Länder Interessenquoten entrichtet, ein Vorgehen, das rechtlich zweifelhaft sei, während der Bund in der Tat die Möglichkeit habe, Anteile an der Einkommen- und Körperschaftsteuer für sich in Anspruch zu nehmen. Der Bund habe tatsächlich nach wie vor zu bezahlen, auch nach dem Wegfall der Interessenquoten, allerdings könne er diese Anteile verlangen.
MinisterpräsidentDr. Oechsle fügt noch hinzu, das Bundesministerium sehe auch Einzelanweisungen vor.
StaatsministerDr. Ehard bezeichnet das als völlig unmöglich, vor allem gehe so etwas nicht im Wege der Vereinbarung.
MinisterpräsidentDr. Oechsle, er werde zusammen mit den übrigen Arbeitsministern versuchen, eine anderweitige Regelung zu erreichen.7
Mit Zustimmung des Ministerrats erklärt StaatsministerDr. Ehard teilt mit, er habe den Durchschlag eines Briefes des Herrn Finanzministers an das Bundesfinanzministerium erhalten, worin um die Ermächtigung ersucht werde, eine Baunotabgabe oder eine ähnliche Abgabe zur Finanzierung des sozialen Wohnungsbaus einzuführen.9 Auch wenn diese Ermächtigung erteilt werde, sei dann aber noch die Zustimmung des Landtags erforderlich, es wäre deshalb seiner Meinung nach wohl zweckmäßiger gewesen, die Angelegenheit zuerst im Kabinett und in den Fraktionen zu besprechen.
MinisterpräsidentDr. Hoegner stellt fest, daß eine derartige Abgabe im letzten Landtag bestimmt abgelehnt worden wäre, wie sich der neue Landtag verhalten werde, könne er noch nicht beurteilen.
Stv. MinisterpräsidentDr. Zorn erwidert, das Finanzministerium müsse schon die Vorbereitungen für eine evtl. Baunotagabe treffen, dazu sei aber die Ermächtigung der Bundesregierung erforderlich. Wenn der Landtag wirklich bauen wolle, müsse er etwas ähnliches einführen.
StaatsministerMaag stellt auch fest, daß dieses Schreiben an das Bundesfinanzministerium jedenfalls mit den Koalitionsparteien hätte besprochen werden müssen.
StaatssekretärDr. Hoegner weist in diesem Zusammenhang auf die großen Schwierigkeiten hin, erste Hypotheken zu beschaffen. Jedenfalls sei eine Aufhebung oder zumindesten eine Lockerung der bestehenden baupolizeilichen Vorschriften notwendig.
Stv. Ministerpräsident10
Es wird vereinbart, daß über diese Frage Herr Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner zu einer Besprechung einladen solle, bei der außer dem Innenministerium und der Obersten Baubehörde auch das Finanzministerium und das Arbeitsministerium zu beteiligen sind.Dr. Hoegner berichtet kurz über den Hauptinhalt des Gesetzentwurfs, wonach Aufgabe der Bereitschaftspolizei die Unterstützung der mit dem ständigen Vollzugsdienst betrauten Polizeikräfte bei erheblicher Bedrohung oder Störung der öffentlichen Ordnung selbst, sowie bei sonstigen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung notwendigen Großeinsätzen sei.12 Entscheidend sei, daß die Bereitschaftspolizei nur auf Weisung oder mit Zustimmung des Staatsministeriums des Innern eingesetzt werden dürfe.13
Stv. MinisterpräsidentDr. Koch äußert Bedenken gegen die Fassung des Art. 3, da nach dem jetzigen Wortlaut auch die örtliche Verteilung der Bereitschaftspolizei im Rahmen der Ansätze des Haushaltsplans zu bestimmen sei.14
StaatssekretärDer Ministerrat beschließt daraufhin, Art. 3 folgendermaßen zu fassen:
„Stärke und Gliederung der Bereitschaftspolizei werden im Rahmen der Ansätze des Haushaltsplans vom Staatsministerium des Innern bestimmt. Dieses entscheidet auch über die örtliche Verteilung der Bereitschaftspolizei.“
Dr. Koch fährt fort, auch gegen Art. 7 Abs. 1, der den Angehörigen der Bereitschaftspolizei jede politische Betätigung mit Ausnahme des aktiven Wahlrechts untersage,15 habe das Staatsministerium der Justiz verfassungsrechtliche Bedenken und zwar im Hinblick auf Art. 137 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 1 GG.16
Staatssekretär17 Schließlich wird vereinbart, Art. 7 und 8 nochmals zu überprüfen und nochmals im Ministerrat zu behandeln.
Im Anschluß daran ergibt sich eine eingehende Aussprache auch über Art. 8 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 2.Leusser führt aus, die Staatskanzlei habe auch Bedenken gegen Art. 5, dessen Abs. 2 für überflüssig gehalten werde.
Ministerialrat18 Die in diesen beiden Absätzen enthaltenen Bestimmungen können nach Auffassung des Ministerrats in den Ausführungsvorschriften behandelt werden.
Nach kurzer Aussprache wird beschlossen, lediglich Art. 5 Abs. 1 unverändert beizubehalten, Abs. 2 und 3 aber zu streichen.Leusser fährt fort, Art. 6 des Entwurfs gehe davon aus, daß der Art. 91 GG unmittelbar geltendes Recht sei und sehe daher keine Bestimmung vor, die dem Art. 91 Abs. 1 entspreche.19
MinisterialratDr. Hoegner stimmt zu und hält es auch für richtig, in diese Bestimmung noch die Worte aufzunehmen:
Stv. Ministerpräsident„oder der Regierung eines anderen Landes“.
Jedenfalls werde bei der Überarbeitung auch noch dieser Artikel berücksichtigt werden mit dem Ziel, ihn in Übereinstimung mit Art. 91 GG zu bringen.
Dr. Schwalber meint, unter Umständen könne es bei einer Ausführungsvorschrift gem. Art. 8 Ziff. 3 zu Meinungsverschiedenheiten mit den Selbstverwaltungskörpern kommen.20
StaatsministerDr. Hoegner antwortet, diese Bedenken könne er nicht teilen; es sei durchaus möglich, hier auf das Gesetz über den überörtlichen Einsatz der Polizei,21 das im vorigen Jahr im Landtag verabschiedet worden sei, hinzuweisen.
Stv. Ministerpräsident22
Der Ministerrat beschließt, die Angelegenheit vorläufig zurückzustellen, bis die heute besprochenen Änderungen vom Staatsministerium des Innern vorgenommen worden seien.Dr. Hoegner berichtet über die bevorstehende Einrichtung der Bundesgrenzschutzpolizei. Die Polizeiabteilung des Innenministeriums glaube, die bayerische Grenzpolizei vorerst weiter behalten zu können.24 Es sei nämlich beabsichtigt, lediglich an den größeren Übergangsorten Bundesgrenzschutzpolizei einzusetzen, während an den kleineren Übergängen nach wie vor die bayerische Grenzpolizei tätig sein könne. Andererseits laufe man aber Gefahr, daß die bayerischen Grenzpolizeibeamten, die jetzt vom Bund übernommen werden könnten, dann nicht übernommen und dem Bayerischen Staat schließlich zur Last fallen würden. Die Kosten für die Landesgrenzpolizei betrügen immerhin 10 Millionen DM im Jahr. Er schlage deshalb vor, Verhandlungen mit dem Bund in der Richtung zu führen, daß als Übergangslösung die bayerische Grenzpolizei weiter tätig bleibe, der Bund aber einen Teil der Kosten übernehme. Das Bundesinnenministerium sei dabei der Meinung, daß der Fortbestand möglich sei, der Abg. Dr. Menzel25 bestreite dies allerdings.
Stv. MinisterpräsidentDr. Schwalber erklärt, die Grenzpolizei sei an sich nicht notwendig, sie sei ja auch nur auf Grund des Befehls der Besatzungsmacht geschaffen worden; allerdings sei es jetzt sehr schwer, sie völlig aufzugeben, insbesondere wenn der Bund an die Grenze rücke.
StaatsministerDr. Hoegner fährt fort, er fürchte, daß der Bund eine Bundesgrenzschutzpolizei von 10000 Mann aufstelle und die bayerischen Grenzpolizeibeamten dann schließlich nicht übernommen würden. Der Bund beabsichtige übrigens, die Paßnachschau bei den kleinen Übergangsstellen in die Hand der Zollbeamten zu geben, eine Ansicht, die von seinen Referenten völlig abgelehnt werde. Er schlage deshalb vor, beim Bund darauf zu dringen, daß die bayerischen Landesgrenzpolizeibeamten übernommen würden, bis zur Übernahme diese Polizei aber den Grenzschutz ausüben könne, eine Tätigkeit, wofür Bayern vom Bund entschädigt werden müsse.
Stv. MinisterpräsidentDr. Schwalber spricht sich dafür aus, nicht unbedingt an der Grenzpolizei festzuhalten, sondern eher an eine Verstärkung der Landpolizei zu denken und dieser auch den bayerischen Grenzschutz zu übergeben.
StaatsministerDr. Ehard stimmt zu und meint gleichfalls, er sehe keine Möglichkeit, auf die Dauer die Grenzpolizei beizubehalten.
MinisterpräsidentDr. Nerreter stellt gleichfalls fest, daß eine eigene bayerische Grenzpolizei nicht mehr zweckmäßig sei, dagegen müsse man versuchen, Garantien vom Bund zu erreichen und zwar vor allem in der Richtung, daß keine weiteren Bestrebungen unternommen würden, eine Bundesbereitschaftspolizei einzuführen.26 Auch könne man daran denken, den landsmannschaftlichen Charakter der Bundesgrenzpolizei zu wahren.
StaatssekretärDr. Schwalber erwidert, wichtig sei vor allem, eine vernünftige Abgrenzung zwischen der Bundesgrenzschutzpolizei und der bayerischen Landpolizei zu erreichen.
StaatsministerDr. Ehard wiederholt nochmals, daß es ihm zweckmäßig erscheine, die Landpolizei etwas zu vergrößern und an die Grenze heranzuführen. Es wäre zweifellos gut, wenn an der Grenze eine bayerische Polizei stände, die auch allgemeine Polizeiaufgaben zu erfüllen habe. In erster Linie sei dies natürlich an den Punkten der Grenze notwendig, wo keine Bundesgrenzschutzpolizei stehe. Man habe so den doppelten Vorteil, daß nämlich die Landpolizei vermehrt werde und zum anderen die bisherigen Landesgrenzpolizeibeamten vom Bund übernommen würden.
MinisterpräsidentDr. Hoegner stimmt dieser Auffassung zu und betont nochmals die Notwendigkeit, die Übernahme der Beamten auf den Bund zu erreichen.
Stv. Ministerpräsident27
Der Ministerrat beschließt, in der vorgeschlagenen Weise vorzugehen.Dr. Ehard teilt mit, das Bundesinnenministerium habe allen Landesregierungen einen Beschluß der Bundesregierung über Maßnahmen gegen Unternehmungen, die politische Organisationen verfassungsfeindlichen Charakters unterstützen, übermittelt.28 Danach werden alle Wirtschaftsunternehmen öffentlich gewarnt, staatsfeindliche Organisationen in irgendeiner Form zu unterstützen. Firmen, die trotzdem derartigen Organisationen wirtschaftliche Vorteile durch Leistung von Beiträgen, Aufgabe von Gewerbeanzeigen usw. zuwendeten, könnten in Zukunft bei Aufträgen der Bundesbehörden nicht mehr berücksichtigt werden.
MinisterpräsidentDr. Hoegner meint, es sei wohl notwendig, auch von Seiten der Bayerischen Staatsregierung aus eine ähnliche öffentliche Warnung herauszugeben.
Stv. MinisterpräsidentDr. Müller hält es nicht für zweckmäßig, in dieser Form zu verfahren und regt an, lieber an alle Ministerien eine interne Weisung herausgehen zu lassen.
Staatsminister29
Der Ministerrat beschließt, daß die Bayer. Staatskanzlei ein entsprechendes Schreiben an alle Ministerien richten solle.Dr. Hoegner teilt mit, das Staatsministerium des Innern sei mit der neuen Fassung der Wahlordnung zum Betriebsrätegesetz, die das Arbeitsministerium ausgearbeitet habe, einverstanden.
Stv. Ministerpräsident31
Der Ministerrat beschließt daraufhin, die Wahlordnung nunmehr dem Landtag zuzuleiten.Dr. Ehard teilt mit, er beabsichtige, dem Herrn Landeskommissar Professor Dr. Shuster schriftlich vorzuschlagen, die Novelle zum Beamtengesetz endgültig zu genehmigen. In seinem Schreiben werde er darauf hinweisen, daß nunmehr der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Landeswahlgesetzes vorliege,33 in dem die Bestimmungen über die politische Tätigkeit der Beamten aufgenommen werden könnten. Auf diese Weise wolle er erreichen, daß die Blockierung der Novelle aufgehoben werde. Ob allerdings der Landtag dem Gesetz zur Änderung des Wahlgesetzes zustimmen werde, wenn darin die politische Tätigkeit von Beamten eingeschränkt werde, stehe dahin.
Ministerpräsident34
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.Dr. Oberländer teilt mit, der Bundesrechnungshof habe ein Gutachten über die Aufwendungen für die Flüchtlingslager im Rechnungsjahr 1949 aufgestellt, das auch für das Rechnungsjahr 1950 zugrunde gelegt werde. Danach würden insgesamt 11,4 Millionen DM, die Bayern für Lagerverpflegung, Personalaufwand und Bewirtschaftung der Lager im Rechnungsjahr 1950 ausgegeben habe, vom Bund nicht anerkannt. Vor allem spiele dabei die Frage der Gemeinschaftsverpflegung in den Lagern eine Rolle, die unmöglich von heute auf morgen habe eingestellt werden können. Man müsse dem Bund entgegenhalten, daß in Bayern für die Flüchtlinge in den Lagern im Zeitpunkt des Übergangs der Kostentragung auf den Bund (1.4. 1950) wesentlich günstigere Bedingungen bestanden hätten, die man nicht habe aufheben können. Außerdem könnten die äußerst geringen Leistungen Schleswig-Holsteins und Niedersachsens für die Flüchtlingslager nicht ohne weiteres als Musterbeispiel für Bayern angenommen werden.
Staatssekretärvoraussichtlich ein Mehraufwand von 7,5 Millionen DM verbleiben. Es sei der Flüchtlingsverwaltung auch jetzt noch nicht möglich, bis zum 31. März 1951 die Gemeinschaftsverpflegung vollständig abzuschaffen, wenn auch der Bund von diesem Zeitpunkt an die Kosten nicht mehr tragen werde. Selbstverständlich müsse das ganze Bestreben nach wie vor darauf gerichtet sein, die Lager so rasch als möglich aufzulösen.
Die gesamten Mehraufwendungen von zunächst 11,4 Millionen DM würden sich um 3,9 Millionen DM ermäßigen, es werde aber zu Lasten Bayerns36
Der Ministerrat nimmt diesen Bericht zur Kenntnis, zu dem das Finanzministerium noch Stellung nehmen werde.Dr. Hoegner gibt bekannt, die IRO habe dem Bayerischen Staat kostenlos die Berufsausbildungsstätten Ingolstadt, Donauwörth und Luttensee38 übertragen, für die Herrichtung müßten aber Kosten von 80 bis 100000 DM übernommen werden.
Stv. MinisterpräsidentDr. Oberländer fügt hinzu, diese Ausbildungsstätten seien dringend notwendig und müßten schon am 1. April von der IRO übernommen werden; es werde dann erforderlich sein, einen Träger ausfindig zu machen, der sie endgültig übernehmen könne.39
StaatssekretärDr. Oechsle erklärt, die Einrichtungen der IRO hätten hohen Wert für die Fortbildung der Jugend und er trete gleichfalls für die Übernahme ein.
StaatsministerDr. Oberländer stellt fest, daß in die Ausbildungsstätten sowohl die DPs wie heimatvertriebene und einheimische Jugendliche aufgenommen werden könnten. Der Betrieb koste an sich nichts, der vorgesehene Betrag von 80 bis 100000 DM sei aber für den Ausbau von Wohnungen erforderlich.
Staatssekretär40
Der Ministerrat beschließt grundsätzlich, die Berufsausbildungsstätten zu übernehmen, das Nähere solle zwischen Herrn Staatsminister Dr. Zorn und Herrn Staatssekretär Dr. Oberländer noch vereinbart werden.Dr. Oberländer führt aus, die von Egon Herrmann41 geschaffene sogenannte Möbelhilfe Dachau-Ost stehe unmittelbar vor dem Konkurs, Herrmann sei nicht mehr in der Lage, die Gehälter der Angestellten zu bezahlen.42 Zweifellos seien auch die Beiträge der 3000 Mitglieder des Vereins in Höhe von durchschnittlich 15 DM verloren. Weder das Finanzministerium noch das Amt für Soforthilfe seien in der Lage, einen Kredit von 5 Millionen zu gewähren, den Herrmann angeblich für den Aufbau benötige. Dieser stütze sich darauf, daß ihm sowohl vom Finanzministerium wie von Herrn Staatssekretär a.D. Jaenicke Versprechungen gemacht worden seien. Irgendwelche Werte, auf die man noch zurückgreifen könne, seien nicht vorhanden.
StaatssekretärDr. Müller erklärt, seines Erachtens handle es sich hier um einen typisch betrügerischen Bankrott, Herr Staatssekretär Dr. Oberländer möchte ihm die Unterlagen geben, die er dann sofort prüfen lasse. Am besten sei es wohl, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, ein gerichtliches Vergleichsverfahren oder ein Konkursverfahren durchzuführen. Vielleicht könnte man auch daran denken, eine Auffanggesellschaft zu gründen.
StaatsministerDr. Oberländer stellt fest, daß der Staat höchstens moralisch, keineswegs aber rechtlich zu irgendwas verpflichtet sei. Er werde das vorhandene Material Herrn Staatsminister Dr. Müller zuleiten.
StaatssekretärDr. Müller meint abschließend, man könnte vielleicht auch daran denken, eine gewisse staatliche Garantie für die Vergleichsquote zu übernehmen.43
Staatsminister44
Gesetz über die Verlängerung der Wahlperiode der Landtage der Länder Baden, Württemberg und HohenzollernDr. Koch berichtet über die Sitzung des Vermittlungsausschusses vom 27. März 1951. Nach 31/2 stündiger, teilweise sehr heftiger Beratung habe der Vermittlungsausschuß nur kleine Abänderungen beschlossen, im wesentlichen sei es aber bei dem ursprünglichen Gesetz geblieben. Das Gesetz heiße jetzt: Erstes Gesetz zur Durchführung der Neugliederung nach Art. 118 GG.45 Außerdem habe man die Verlängerung der Wahldauer bis zum 31. März 1952 beschlossen.46 Die verfassungsmäßigen Bedenken gegen diese Gesetz seien nicht ausgeräumt worden.47 Es hätten nur vier Mitglieder des Vermittlungsausschusses gegen das Gesetz gesprochen, nämlich Süsterhenn48 (Rheinland-Pfalz), Spiecker49 (Nordrhein-Westfalen), Dr. von Merkatz50 (Deutsche Partei) und er (Koch) für Bayern. Diese vier Herren hätten auch gegen das Gesetz gestimmt, während sich 12 Stimmen für das Gesetz ergeben hätten. Die Argumente, die von den Gegnern des Gesetzes vorgebracht worden seien, seien zwingend. Im Grunde habe wohl niemand ernsthaft sich zu der Meinung bekannt, daß es sich um ein verfassungsmäßiges Gesetz handle. Auch auf der Gegenseite habe man genau gespürt, daß es verfassungswidrig sei. Man wolle aber dort das Gesetz, weil man es für zweckmäßig halte.
Staatssekretär51
Der Ministerrat nimmt von diesem Bericht Kenntnis.1. Landesanstalt für Aufbaufinanzierung52
Dr. Zorn schlägt vor, als drittes Vorstandsmitglied der Landesanstalt für Aufbaufinanzierung Herrn Kiesewetter53 zu benennen, der alle Voraussetzungen mitbringe und der zurzeit die Wirtschaftsabteilung des Hauptausschusses für Flüchtlinge leite.54
StaatsministerDer Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.
Dr. Zorn fährt fort, als Stellvertreter habe er Dr. Kratz55 in Aussicht genommen, der der Rechstabteilung des Spar- und Giroverbandes angehöre, er stamme aus der Reichsfinanzverwaltung, sei Reichsrichter am Reichsfinanzhof gewesen und politisch entlastet. Auch der Präsident des Amtes, Herr Dr. Gebhardt,56 lege großen Wert auf seine Mitarbeit. Als weiteren Stellvertreter habe er Regierungsrat Dr. Peter57 vom Finanzministerium in Aussicht genommen, der selbst Heimatvertriebener sei und sich im Finanzministerium sehr bewährt habe. Herr Staatssekretär Dr. Oberländer habe ihm als Mitarbeiter einen Dr. Friedrich58 vorgeschlagen, der sicher geeignet sei, diese Bestellung sei aber nicht eilig.
Staatsminister59
Der Ministerrat erklärt sich mit der Ernennung der Herren Dr. Kratz und Dr. Peter zu Stellvertretern einverstanden.2. Landesentschädigungsamt60
61 (MdL) zum kommissarischen Präsidenten des Landesentschädigungsamtes zu ernennen.
Der Ministerrat beschließt auf Vorschlag des Herrn Staatsministers Dr. Zorn, Herrn Oberregierungsrat Dr. Zdralek62 und den geschäftsführenden Direktor des Bayer. Hilfswerks, Heinz Meier,63 zu ernennen.64
Ferner wird beschlossen, zu kommissarischen Vizepräsidenten den bisherigen Vizepräsidenten des Amtes, Heinrich Pflüger,Dr. Brenner teilt mit, die Bayer. Staatsoper habe sich bereiterklärt, am 29. April 1951, dem Tag der Opfer des Nationalsozialismus, die Oper für die politisch, rassisch und religiös Verfolgten zur Verfügung zu stellen.65 Der Rundfunk werde die Oper „Zauberflöte“, die an diesem Tag gegeben werde, übernehmen und dafür 4000 DM zahlen; er bitte lediglich darum, eine Bestätigung von seiten der Staatsregierung zu erhalten.
StaatssekretärDer Ministerrat erklärt sich damit einverstanden und beschließt, daß Herr Staatssekretär Dr. Brenner sich mit dem Rundfunk in Verbindung setzen möge.
Dr. Brenner fährt fort, außerdem sei beabsichtigt, am Vormittag des 29. April im Landtag eine Feierstunde zu veranstalten, das Präsidium des Landtags habe den Sitzungssaal bereits zur Verfügung gestellt.
Staatssekretär66
Der Ministerrat vereinbart, die Entscheidung, ob diese Feierstunde stattfinden und wer dazu eingeladen werden solle, noch zurückzustellen.Der Ministerrat beschließt, daß die Staatsregierung bei folgenden Veranstaltungen vertreten werden solle:
67 Staatsminister Dr. Schwalber, Staatssekretär Dr. Brenner
a) Erziehungswoche München:68 Stv. Ministerpräsident Dr. Hoegner, Staatsminister Dr. Müller
b) Richtfest von St. Peter:69 Staatssekretär Dr. Guthsmuths
c) Autoausstellung Frankfurt:70
d) Brückeneinweihung Simbach-Braunau: Ministerialdirektor Fischer (Oberste Baubehörde)71 Staatsminister Dr. Seidel oder Staatssekretär Dr. Guthsmuths
e) Eröffnung der Seilbahn auf den Wallberg:72 Staatsminister Dr. Oechsle
f) Eröffnung der Pfennigparade 1951:Dr. Ehard erkundigt sich, ob der verschiedentlich in der Presse aufgetauchte Vorschlag, mit Rücksicht auf den Himmelfahrtstag (3. Mai) die Feier des 1. Mai auf den 2. Mai zu verlegen, richtig sei.
MinisterpräsidentDr. Oechsle erwidert, der Deutsche Gewerkschaftsbund habe diesen Vorschlag bereits abgelehnt. Es bleibe also sicher dabei, daß die Maifeier – wie hergebracht – am 1. Mai stattfände.
StaatsministerDr. Oberländer weist darauf hin, daß eine amerikanische Kommission unterwegs sei, um Auswanderer auszuwählen; ursprünglich habe sie beabsichtigt, 500 Bauern auszusuchen. Nun zeige sich, daß die Kommission nicht in der Lage sei, Leute für die Auswanderung in den Lagern zu gewinnen, sie versuche nun, Facharbeiter aus den verschiedensten Berufen zu gewinnen.73
StaatssekretärDr. Oechsle erklärt, diese Angelegenheit werde sofort vom Landeskommissariat gestoppt werden, er werde sich mit den zuständigen Herren in Verbindung setzen. Man müsse mit allen Mitteln verhindern, daß eine Auslese getroffen werde, die sich zu Ungunsten der bayerischen Wirtschaft auswirke.
StaatsministerDr. Oberländer stimmt zu mit dem Bemerken, daß er überhaupt mit Ausnahme der Bauern gegen die Auswanderung sei.
StaatssekretärDr. Oechsle wiederholt, daß er bisher alle Unterstützung beim Landeskommissariat gefunden habe und sicher auch die Tätigkeit dieser jetzigen Kommission aufklären könne.
Staatsminister