Ministerpräsident Dr. Ehard, Justizminister Dr. Müller, Finanzminister Dr. Zorn, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Oberländer (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialdirigent Brunner1 (Verkehrsministerium), Ministerialdirigent Dr. Traßl2 (Finanzministerium), Ministerialdirigent Dr. Schwend (Bayer. Staatskanzlei).
Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Kultusminister Dr. Schwalber, Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium).
I. Gesetz über den Verkehr mit Wildpret. II. Entwurf eines Gesetzes über die staatliche Rechnungs-, Verwaltungs- und Wirtschaftsprüfung (Rechnungshofgesetz RHG). III. Landesamt für Verfassungsschutz. IV. Erweiterung des ehemaligen Truppenübungsplatzes Hammelburg. V. Staatsvertrag vom 4. April 1920 über die Eisenbahnen. VI. Errichtung eines Referates für Fliegergeschädigte. VII. Errichtung eines Gaswerks in Ingolstadt. VIII. Bayernwerk AG. IX. Gesetz zur Änderung des Beamtengesetzes. X. Personalangelegenheiten. XI. Siemenswerke.
Dr. Seidel führt aus, Art. 2 des Entwurfs bestimme, daß der Wander-, Straßen- und Hausierhandel mit Wildpret verboten sei.4 Diese Bestimmung stehe im Widerspruch mit der Gewerbeordnung, in der der Straßen- und Hausierhandel abschließend geregelt sei. In § 56 der G[ewerbe]-O[rdnung] sei ein Katalog aller Waren enthalten, die vom Hausierhandel ausgeschlossen seien, darin sei der Handel mit Wildpret nicht aufgeführt.5 Wenn das Landwirtschaftsministerium die Notwendigkeit des Art. 2 betone, so sei das wohl zutreffend, man käme aber über diese rechtlichen Bedenken, die er eben geschildert habe, nicht hinweg. Man könne sich nicht der Gefahr aussetzen, daß sofort nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzentwurfs die Rechtsgültigkeit einzelner Bestimmungen mit Aussicht auf Erfolg angefochten werde.
StaatsministerDr. Schlögl erklärt sich mit der Streichung des Art. 2 einverstanden.
Staatsminister6
Der Ministerrat beschließt, dem Entwurf mit dieser Streichung zuzustimmen.Dr. Traßl gibt einen eingehenden Überblick über die bisherigen Prüfungssysteme und weist darauf hin, daß der vorliegende Gesetzentwurf bereits unter der Bezeichnung „Gesetz über die Staatskontrolle in Bayern“ dem vorhergehenden Landtag vorgelegt war,8 von diesem aber nicht mehr behandelt worden sei. Die Anregungen des Senats seien im neuen Entwurf weitgehend berücksichtigt worden.9 Zwei Punkte seien besonders bedeutungsvoll, nämlich einmal der erweiterte Zuständigkeitsbereich des Obersten Rechnungshofs und ferner die Unterstellung der Rechnungsprüfungsämter unter den Obersten Rechnungshof.10
MinisterialdirigentAnschließend erläutert Ministerialdirigent Dr. Traßl die wichtigsten Bestimmungen des Gesetzes.
Dr. Nerreter stellt fest, daß das Innenministerium zwei schriftliche Stellungnahmen abgegeben habe, die das Finanzministerium aber weder berücksichtigt noch beantwortet habe.11 Bedenken bestünden insbesondere hinsichtlich der §§21 und 23, aber auch zu den §§ 22 und 24 seien Änderungen vorgeschlagen worden.12
StaatssekretärDr. Ringelmann betont, daß bisher immer beanstandet worden sei, daß sich die Rechnungsprüfung nur auf Rechnungen, nicht aber auf die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit erstrecke. Die Verwaltungskontrolle solle dem Rechnungshof die Möglichkeit geben, auch insoweit Untersuchungen anzustellen und Beweise zu erheben.
StaatssekretärDr. Seidel unterstreicht diese Ausführungen und meint, gegen § 23 sei an sich nichts einzuwenden; schwierig sei allerdings die Frage zu beantworten, ob auch der Ministerpräsident, der nach der Verfassung nur die Richtlinien der Politik festlege, Prüfungen anordnen könne.
StaatsministerDr. Ehard hält es für notwendig, sich darüber klar zu werden, ob an dem Grundsatz, daß nicht nur der Oberste Rechnungshof, sondern auch alle Rechnungsprüfungsstellen vollkommen selbständig seien und mit der Verwaltung nichts zu tun haben sollen, festgehalten werden müsse.13
MinisterpräsidentDr. Ringelmann macht daraufhin noch eingehende Ausführungen über die Notwendigkeit, die Rechnungsprüfung völlig selbständig zu lassen und nicht die Rechnungsstellen mit Verwaltungsaufgaben zu beauftragen. Am einheitlichen Aufbau der Rechnungsprüfung müsse wohl festgehalten werden.
StaatssekretärDr. Ehard stimmt zu und erklärt, es handle sich um zwei Dinge:
Ministerpräsident1. Die Rechnungsprüfung des ORH selbst und seine Außenstellen, die ihm unmittelbar unterstehen; dabei sollen alle Vorprüfungen wegfallen.
2. Soll die Tätigkeit des ORH nicht bloß eigentliche Prüfung von Rechnungen bleiben, sondern auf die wirtschaftliche Prüfung, die Prüfung der Zweckmäßigkeit von Maßnahmen usw. ausgedehnt werden?
Dr. Traßl stellt fest, daß alle Anträge berücksichtigt seien, soweit sie mit dem Grundgedanken des Gesetzes übereinstimmen. Wenn man nur eine Prüfung anerkenne, müsse man sich darüber klar sein, daß der ORH die Prüfungen selbständig mit seinen Außenstellen durchführen müsse, wobei auch die Außenstellen von der Verwaltung unabhängig sein müßten.
MinisterialdirigentDr. Müller äußert Bedenken gegen die Unbedingtheit dieses Grundsatzes.
StaatsministerDr. Traßl wirft ein, der Senat werde große Schwierigkeiten machen, wenn man wieder zum alten System zurückkehren würde.
MinisterialdirigentDr. Ehard erwidert, auch er selbst halte es nicht für zweckmäßig, an dem früheren System festzuhalten. Vielleicht sei es aber doch am zweckmäßigsten, die Behandlung des Gesetzentwurfs bis zum nächsten Ministerrat zurückzustellen und vorher noch eine Referentenbesprechung abzuhalten.
MinisterpräsidentDr. Zorn stimmt zu und meint auch, aus politischen Gründen müsse an den Grundsätzen des neuen Entwurfs festgehalten werden. Was die verfassungsmäßigen Bedenken des Herrn Staatsministers Dr. Seidel hinsichtlich der Stellung des Ministerpräsidenten betreffe, so teile er diese auch. Andererseits müsse der Ministerpräsident ein gewisses Weisungsrecht haben. Vielleicht könne man sagen, daß der Ministerpräsident im Einvernehmen mit dem Ministerrat Prüfungen anordnen könne.
StaatsministerDr. Müller schlägt vor, die Formulierung zu wählen:
Staatsminister„… der Ministerpräsident im Benehmen mit dem zuständigen Staatsminister“.
Dr. Seidel ersucht, bei der Referentenbesprechung einen Weg ausfindig zu machen, der das Prinzip aufrecht erhalte, daß der Ministerpräsident Prüfungen anordnen könne, gleichzeitig aber auch die verfassungsmäßigen Bedenken ausräume.
StaatsministerDr. Ringelmann schlägt vor, § 23 ungefähr folgendermaßen zu fassen:
Staatssekretär„Auf Ersuchen des zuständigen Staatsministers kann der Oberste Rechnungshof über den Rahmen der Rechnungsprüfung hinaus Prüfungen öffentlicher Verwaltungen vornehmen und dabei Untersuchungen anstellen und Beweise erheben. Der Ministerpräsident kann im Benehmen mit dem beteiligten Staatsminister und dem Präsidenten des Obersten Rechnungshofs solche Prüfungen anordnen.“
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Der Ministerrat erklärt sich mit dieser Formulierung einverstanden und beschließt, möglichst schon in der nächsten Ministerratssitzung den Gesetzentwurf nochmals zu beraten.16 kommissarisch mit der Leitung des Landesamts für Verfassungsschutz zu beauftragen.17
Auf Vorschlag des Herrn Ministerpräsidenten wird beschlossen, Generalstaatsanwalt FrankDr. Ehard berichtet über die in den letzten Tagen bekanntgewordene Absicht der amerikanischen Besatzungsmacht, den ehemaligen Truppenübungsplatz in Hammelburg zu erweitern.18 Die Dienststelle Blank habe mit den Amerikanern über diesen Plan verhandelt und auch eine Ortsbesichtigung abgehalten, ohne die Bayerische Staatsregierung zu verständigen. Er habe deshalb auch Veranlassung genommen, dies im Landtag mitzuteilen.19 Im übrigen gehe sogar aus einem Fernschreiben der Dienststelle Blank vom 31. Mai 1951 hervor, daß man bewußt Vertreter des Landes Bayern nicht beteiligt habe, um angeblich keine unnötigen Aufregungen in der Bevölkerung zu verursachen.20
MinisterpräsidentDr. Oberländer fügt hinzu, vor etwa fünf Wochen habe er erfahren, daß verschiedene Truppenübungsplätze besucht würden und fünf Projekte in die engere Wahl genommen seien. Diese Nachricht sei ganz allgemein gehalten gewesen, er habe sich aber sofort mit dem Beauftragten für das Flüchtlingswesen in Hessen, Herrn Wenzel Jaksch,21 in Verbindung gesetzt und schriftlich mit diesem vereinbart, daß notfalls Wildflecken vorgeschlagen werde, wobei etwa 2/3 des Gebiets auf bayerischem, 1/3 auf hessischem Boden gelegen wäre. Erst am Dienstag habe er durch Regierungsdirektor von Gumppenberg von der neuesten Entwicklung erfahren und sich dann sofort mit der Dienststelle Blank in Verbindung gesetzt. Erst durch dieses Telefongespräch mit Bonn habe er Kenntnis davon erhalten, daß sechs amerikanische Generäle in Wildflecken gewesen seien und dieses Projekt abgelehnt hätten; von dort aus seien sie, worauf schon der Herr Ministerpräsident hingewiesen habe, mit Vertretern der Dienststelle Blank nach Hammelburg gefahren, ohne irgendwelche bayerischen Stellen zu verständigen. Was den Truppenübungsplatz Hammelburg betreffe, so würden nicht nur sieben Dörfer mit über 5000 Einwohnern geräumt, sondern darüber hinaus auch ca. 10000 Menschen ihre Existenzgrundlage verlieren.
Staatssekretärsich mit allen Mitteln zur Wehr setzen und am Freitag in Bonn mit der Dienststelle Blank sehr energisch verhandeln.22
Bisher liege ein endgültiger Beschluß beim Landeskommissariat für Bayern noch nicht vor, er fürchte aber, daß dieser in allernächster Zeit kommen werde und kaum mehr umgestoßen werden könne. Jedenfalls müsse manDr. Ehard stimmt Dr. Oberländer zu und verliest sodann das Fernschreiben der Dienststelle Blank vom 31. Mai 1951.23 Zu der Freitagssitzung in Bonn würde er selbst hinfahren, außerdem würden an ihr Herr Staatssekretär Dr. Oberländer, Herr Staatssekretär Maag und die zuständigen Bundes- und Landtagsabgeordneten teilnehmen.
MinisterpräsidentDr. Oberländer weist noch darauf hin, daß jedenfalls versucht werden müsse, die 3000 Flüchtlinge, die bei der Erweiterung des Truppenübungsplatzes umgesiedelt werden müßten, in andere deutsche Länder zu bringen.24
StaatssekretärDr. Ehard teilt mit, der Landtag habe einen Antrag angenommen, die Staatsregierung zu ersuchen, alles zu tun, um von der Bundesregierung die Erfüllung des Staatsvertrags vom 4. April 1920 zu erreichen.26 Die Schwierigkeit liege nun darin, daß bei der Bahn, anders wie bei der Post, die rechtliche Situation für Bayern nicht günstig sei. Er halte es für erforderlich, zunächst ein eingehendes Rechtsgutachten einzuholen. Andererseits sei es natürlich auch mißlich, im Landtag auf die Bedenken hinzuweisen, die hinsichtlich des Antrags bestünden.
MinisterpräsidentBrunner führt aus, nach eingehender Prüfung neige er zu der Auffassung, daß der Staatsvertrag von 1920 nicht mehr bestehe. Dieser Vertrag sei damals von den Parlamenten genehmigt und als Gesetz veröffentlicht worden.27 1934 habe dann die damalige Reichsregierung durch ein Gesetz über die Vereinfachung der Verwaltung vom 27. Februar 1934 die Staatsverträge über Post und Eisenbahn aufgehoben.28 Man könne sich vielleicht auf den Standpunkt stellen, daß die nationalsozialistische Regierung zu dieser Aufhebung nicht ohne weiteres ermächtigt gewesen sei. Dem Gesetz vom 27. Februar 1934 sei aber das Gesetz über den Neuaufbau des Reichs vorausgegangen, das das Reich zur Aufhebung aller dieser Verträge berechtigt habe.29 Nach 1945 sei niemals ein Gesetz erschienen, das das Gesetz über den Neuaufbau des Reichs vom Jahre 1934 aufgehoben hätte; bekanntlich seien ja nur diejenigen nationalsozialistischen Gesetze von den Besatzungsmächten aufgehoben, die eigens in einem Katalog erschienen seien. Darunter falle aber das erwähnte Gesetz nicht.
MinisterialdirigentEtwas leichter sei es mit der Frage, ob die Vertragsparteien noch existieren; im allgemeinen herrsche wohl die Auffassung vor, daß dies noch der Fall sei. Vielleicht könne man folgenden Standpunkt einnehmen:
30 im letzteren sei anerkannt, daß die Postabfindung bis zum Jahre 1954 weiter gezahlt werden müsse. Genaue Unterlagen über die Höhe der damaligen Eisenbahnabfindung seien nicht erhalten, vermutlich habe der Betrag 3,6 Milliarden RM betragen. Die Verhandlungen hätten sich sehr lange hinausgezogen, schließlich sei von den Ländern der Staatsgerichtshof angerufen worden und zwar im Jahre 1928 oder 1929, aber auch darüber habe er nichts genaues finden können. Jedenfalls sei man in einiger Verlegenheit, wie und in welcher Art man Ansprüche auf die Abfindung geltend machen könne, wenn überhaupt, so könne das höchstens dem Grund, aber nicht der Höhe nach gemacht werden.
Das Gesetz über den Neuaufbau des Reiches habe zwar die Rechte der Länder beseitigt, aber nicht diejenigen wirtschaftlicher Art. Ob man damit allerdings durchdringen werde, sei zumindest zweifelhaft. Was die Post betreffe, so sei zwar auch dieser Staatsvertrag durch das Gesetz von 1934 aufgehoben, darin aber das Gesetz über die Postabfindung vom 15. Juni 1933 ausdrücklich aufrecht erhalten worden;Heute sei nun die Frage zu entscheiden, wie man sich in der Sitzung des Wirtschaftsausschusses des Bayer. Landtags am 7. Juni verhalten solle.
Dr. Ehard meint, keinesfalls könne man dem Landtag alle Bedenken rechtlicher Art darlegen. Vielleicht käme man damit durch, daß man auf die Schwierigkeiten der Rechtslage hinweise und die Einholung eines Gutachtens als notwendig bezeichne.
MinisterpräsidentDr. Ringelmann kommt dann auf die Frage der Rechtsnachfolge des Reiches zu sprechen und weist darauf hin, daß jetzt zwischen der sogenannten Identitätstheorie und der Nachfolgetheorie unterschieden werde. Unter anderem habe das Bundesfinanzministerium vor einiger Zeit erklärt, der Bund sei weder Rechtsnachfolger des früheren Reiches noch könne die Identitätstheorie dazu führen, daß gegen ihn alle Ansprüche von früher geltend gemacht würden. Alle Ansprüche, die nicht durch Gesetz auf den Bund übergegangen seien, bestünden weiter und richteten sich gegen das ehemalige Reich. Was den Eisenbahnvertrag betreffe, so sei er der Meinung, daß Verbindlichkeiten, die durch einen Staatsvertrag übernommen worden seien, nicht aus der Welt geschafft werden könnten; das treffe vor allem auf die Frage der Eisenbahnfreikarten zu. Durch das Grundgesetz sei die Bundesbahn mit allen Rechten und Pflichten vom Bund übernommen worden. Deshalb könne man auch das Gesetz von 1934 nicht so auslegen, daß alle Verbindlichkeiten erloschen seien.
StaatssekretärDr. Seidel meint, der Standpunkt des Herrn Ministerpräsidenten sei richtig, nun sei aber ein Antrag gestellt, der Verhandlungen mit der Bundesregierung und der Bundesbahn verlange. Allerdings verspreche er sich von einem Gutachten nicht sehr viel, da dieses dann doch wieder dem Wirtschaftsausschuß bekanntgegeben werden müsse. Er schlage vor, den Antrag im Landtag vor sich gehen zu lassen, dann mit dem Bund zu verhandeln, wobei immer noch gesagt werden könne, jetzt sei die Zeit gekommen, die Gutachten einzuholen.
StaatsministerDr. Ehard befürchtet, daß der Landtag doch auf alle Fälle eine Äußerung verlangen werde.
MinisterpräsidentDr. Müller schlägt vor, ein Gutachten des früheren Finanzministers Dr. Schmelzle31 einzuholen, der bei allen früheren Verhandlungen beteiligt gewesen sei.
StaatsministerDr. Ehard erklärt sich damit einverstanden, dem Ausschuß mitzuteilen, daß die Angelegenheit sehr schwierig sei und die Rechtslage noch nicht überblickt werden könne. Wenn der Ausschuß dann darauf bestehe, könne man in Verhandlungen eintreten, er fürchte, daß man von der Staatsregierung dann die Einholung eines Gutachtens verlange.
MinisterpräsidentBrunner macht noch darauf aufmerksam, daß für die Zukunft der Streit illusorisch werden könne, nachdem in das Bundesbahngesetz32 auf seine Veranlassung ein Abschnitt über das Verhältnis zwischen Bund und Ländern hineinkommen werde.
MinisterialdirigentDr. Seidel bezeichnet es als besonders notwendig, daß die Verpflichtungen aus dem Eisenbahnvertrag über die Frachtvergünstigungen für die bayerische Wirtschaft wieder wirksam würden.
StaatsministerBrunner erwidert, diese Bestimmung nütze nicht sehr viel, da sie reichlich unbestimmt gehalten sei.
MinisterialdirigentDr. Seidel hält daran fest, daß dieser Punkt doch sehr bedeutsam sei, da eine Forderung in dem Eisenbahnvertrag zugestanden sei, die auch jetzt von der bayerischen Wirtschaft immer wieder geltend gemacht werde.
StaatsministerBrunner fährt fort, er habe dem Abg. Michel33 vorgeschlagen, zur Klärung der Rechtslage den Antrag an den Rechts- und Verfassungsausschuß zu verweisen, der einen Unterausschuß einsetzen könnte.
MinisterialdirigentDr. Ehard faßt die Aussprache dahingehend zusammen, daß es unmöglich sei, im Wirtschaftsausschuß einen negativen Standpunkt einzunehmen, andererseits könne man aber auch nicht so tun, als ob alles in Ordnung sei und sofort mit den Verhandlungen begonnen werden könne.
MinisterpräsidentDr. Seidel stimmt zu und schlägt vor, den Wirtschaftsausschuß aufzuklären, ihn aber gleichzeitig davon in Kenntnis zu setzen, daß die Regierung bereit sei, alles Erforderliche zu tun, ein Gutachten einzuholen usw.
StaatsministerDr. Ehard erklärt sich damit einverstanden so vorzugehen, bezweifelt aber, ob man damit durchdringen werde.
Ministerpräsident34
Der Ministerrat erklärt sich mit diesem Vorgehen einverstanden.Dr. Oberländer weist darauf hin, daß vereinbart worden sei, die Soforthilfe seinem Staatssekretariat zu unterstellen, damit aber auch das Referat für Fliegergeschädigte, da es unmöglich sei, dieses von der Soforthilfe zu trennen. Dabei sei daran gedacht worden, den stellv. Leiter des Landesamtes für Soforthilfe aus den Kreisen der Fliegergeschädigten zu nehmen. Er erinnere daran, daß dieser Punkt auch Gegenstand der Koalitionsbesprechung gewesen sei, wenn er auch in den endgültigen Abmachungen nicht niedergelegt worden sei. Als Stellvertreter habe er einen Mann in Aussicht genommen, der selbst Fliegergeschädigter sei; irgendwelche zusätzlichen Mittel seien nicht erforderlich, nachdem die vorhandene B-Stelle schon in eine A-Stelle umgewandelt worden sei.
StaatssekretärDr. Zorn erklärt sich damit einverstanden unter der Voraussetzung, daß kein neuer Personalaufwand damit verbunden sei.
StaatsministerDr. Oberländer stellt ausdrücklich fest, daß dies nicht der Fall sei und in der Tat keine neuen Aufwendungen entstehen würden.
StaatssekretärDr. Nerreter macht darauf aufmerksam, daß das Referat sich bei der Abt. I A36 des Innenministeriums befinde und der Herr Innenminister eine Veränderung in den Zuständigkeiten nicht gutgeheißen habe.
StaatssekretärDr. Oberländer erwidert, das Referat sei vor drei Wochen ohne Mitwirkung des Ministerrats geschaffen worden, er müsse sich auf die früheren Abmachungen berufen und nochmals feststellen, daß Soforthilfe und Referat für Fliegergeschädigte nicht zu trennen seien und in seinen Geschäftsbereich gehörten.37
StaatssekretärDr. Nerreter schlägt vor, die Entscheidung über diese Angelegenheit bis zur Rückkehr des Herrn Staatsministers Dr. Hoegner zurückzustellen, zumal auch die SPD-Fraktion gegen die Verlegung des Referats in die Abt. V sei. Richtig sei, daß das Landesamt für Soforthilfe der Abt. V unterstehe, zu der es auch gehöre.
StaatssekretärDr. Ringelmann hält die Schaffung eines eigenen Referats für Fliegergeschädigte im Ministerium des Innern, Abt. I, nicht für zweckmäßig.
StaatssekretärTagen mit Herrn Staatsminister Dr. Hoegner persönlich darüber gesprochen habe.38
Der Ministerrat vereinbart, die Frage noch offen zu lassen und die Entscheidung zurückzustellen, bis Herr Staatssekretär Dr. Oberländer in den nächstenDr. Seidel führt aus, in einer der letzten Ministerratssitzungen sei vereinbart worden, das Staatsministerium für Wirtschaft möge prüfen, ob nochmalige Verhandlungen mit der Stadt Ingolstadt bezüglich des Gaswerks erfolgversprechend seien. Er habe festgestellt, daß weitere Verhandlungen aussichtslos seien, es müsse deshalb eine Entscheidung getroffen werden.
StaatsministerDr. Nerreter weist darauf hin, daß die Nachtragsbestimmungen zum Energiewirtschaftsgesetz während des Kriegs ergangen seien, ihre Rechtsgültigkeit also sehr zweifelhaft sei und die Stadt Ingolstadt beim Verwaltungsgerichtshof wahrscheinlich durchdringen werde.40
StaatssekretärDr. Seidel erwidert, von Herrn Staatssekretär Dr. Guthsmuths unterstützt, die Zweckmäßigkeit eines Anschlusses der Stadt Ingolstadt an die Ferngasversorgung werde von allen Sachverständigen bejaht. Nachdem das Innenministerium die frühere ablehnende Entscheidung der Obersten Baubehörde aufgehoben habe, wende sich nun das Bundeswirtschaftsministerium an das Bayer. Wirtschaftsministerium. Er halte es für notwendig, durch Kabinettsbeschluß das Innenministerium zu ersuchen, seine Verfügung rückgängig zu machen und an der der Obersten Baubehörde festzuhalten.
StaatsministerDr. Nerreter, die Verfügung des Innenministeriums sei bisher noch nicht ausgelaufen.
Auf Frage antwortet StaatssekretärAuf Vorschlag des Herrn Staatsministers Dr. Seidel wird daraufhin beschlossen, die Verfügung des Ministeriums des Innern nicht auslaufen zu lassen, die Stadt Ingostadt aber vorläufig weiter bauen zu lassen.
Dr. Seidel fügt noch hinzu, überall sei man gespannt auf die Entscheidung, die der Verwaltungsgerichtshof treffen werde; diese Entscheidung könne man wohl zunächst ab warten.41
StaatsministerDr. Zorn berichtet über die Wahl des neuen Aufsichtsrats der Bayernwerk AG. Nachdem man sich vorher eingehend mit Staatssekretär Dr. Westrick43 unterhalten habe, sei alles gut abgelaufen, nur sei es ihm leider nicht möglich gewesen, in allen Punkten den letzten Ministerratsbeschluß einzuhalten. Den Wünschen des Herrn Westrick Rechnung tragend habe er unter anderem zugestimmt, daß Geheimrat Wächter noch weiter im Aufsichtsrat verbleibe, dieser habe die Berufung auch angenommen.
Staatsminister44 als Vertreter der bayerischen Industrie festgelegt, was die einzige Abweichung vom Kabinettsbeschluß sei. Das habe zur Folge gehabt, daß Herr Staatsminister Dr. Schlögl habe zurücktreten müssen. Jedenfalls sei durch die jetzige Zusammensetzung das Übergewicht und die Einflußnahme Bayerns gewährleistet.
Im übrigen seien sie sich einig gewesen, daß es nicht zweckmäßig sei, Abgeordnete in den Aufsichtsrat hineinzunehmen, weil nämlich dann auch der Bundestag Ansprüche gestellt hätte und überdies die Gefahr einer Politisierung der BAG zu befürchten gewesen sei. Nachdem Staatssekretär Dr. Westrick Wert auf einen Vertreter der Gewerkschaften aus Norddeutschland gelegt habe, habe er sich auf Generaldirektor Dr. SeelingDer Aufsichtsrat setze sich nun aus folgenden Herren zusammen:
45 Dr. Seeling, Neubaur,46 Oeftering,47 Küster,48 Oberbundesbahnrat Heydmann, 49 Präsident von Hellingrath,50 Staatssekretär Dr. Westrick und ein weiterer Herr der VIAG.51
Staatsminister Dr. Zorn, Staatssekretär Dr. Ringelmann, Staatsminister Dr. Seidel, Stv. Ministerpräsident und Staatsminister Dr. Hoegner, Staatssekretär Krehle (Vorsitzender des Bauausschusses), Geheimrat Wächter, Schmidt,52
Der Ministerrat nimmt diesen Bericht zur Kenntnis.Dr. Ehard gibt bekannt, daß der Landeskommissar für Bayern nach wie vor eine Ergänzung der Beamtengesetznovelle in der Richtung verlange, daß Beamte nicht in den Landtag gewählt werden könnten.54 Auch der Vorschlag, die Frage der Wählbarkeit von Angehörigen des öffentlichen Dienstes dem Landeswahlgesetz zu überlassen, sei nicht gebilligt worden. Er habe dem Landeskommissar erklärt, für die Auffassung der Amerikaner werde sich weder im Ministerrat noch im Landtag eine Mehrheit finden. Dazu komme noch, daß jetzt von amerikanischer Seite auch eine Ausdehnung der Vollmachten des Landespersonalamts verlangt werde.55 Übrigens erinnere er daran, daß einem Antrag zufolge, der zur Zeit im Landtag behandelt werde, das Landespersonalamt nur an die Gesetze und an die Entscheidungen des Eingaben- und Beschwerdeausschusses gebunden sein solle.56 Wenn Professor Shuster sich unter Umständen auch damit einverstanden erklären könne, daß die Wählbarkeit im Landeswahlgesetz behandelt werde, so sei jedenfalls die Beamtengesetznovelle durch die neue Forderung hinsichtlich des Landespersonalamts belastet.
MinisterpräsidentDr. Ringelmann teilt mit, Ministerialdirigent Kallenbach werfe in einem Schreiben die Frage auf, ob es nicht richtig sei, ein neues Gesetz zur Änderung des Beamtengesetzes einzubringen, eine Auffassung, der er sich anschließen wolle57
StaatssekretärDr. Nerreter wirft ein, im Innenministerium sei eine Note ausgearbeitet worden, wonach die Wählbarkeit von Angehörigen des öffentlichen Dienstes nicht in das Landeswahlgesetz gehöre.58
StaatssekretärDr. Ehard schlägt vor, im Ausschuß für Besoldungsfragen im Landtag zu erklären, mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Änderung des Beamtengesetzes sei noch nicht zu rechnen, weil es immer noch durch den amerikanischen Einspruch blockiert sei, der aufrecht erhalten werde. Die neuerlichen Verhandlungen mit den Amerikanern hätten die bestehenden Differenzen nicht verringert, sondern eher verschärft. Es werde nun die Frage sein, ob es nicht notwendig sein könne, überhaupt einen neuen Entwurf vorzulegen.
Ministerpräsident59
Der Ministerrat erklärt sich mit dieser Auskunft an den Landtag einverstanden.1. Professor Dr. Glum
Dr. Ehard unterrichtet das Kabinett über die Angelegenheit Professor Dr. Glum und weist darauf hin, daß es dieser abgelehnt habe, an den Bundesverfassungsgerichtshof zu gehen.60 Es sei nun dringend notwendig, diese Sache einmal in Ordnung zu bringen.61
Ministerpräsident2. Der Ministerrat beschließt auf Vorschlag des Herrn Staatsministers Dr. Oechsle, den Senatspräsidenten beim Landesversicherungsamt, Hans Drittler,62 zum Präsidenten des Landesversicherungsamtes63 zu ernennen.
3. Auf Vorschlag des Staatsministeriums des Innern wird beschlossen, Ministerialrat Berndt,64 der die Altersgrenze von 65 Jahren überschritten hat, auf die Dauer 1/4 Jahres im Dienst zu belassen.
Der Ministerrat stimmt
4. der Ernennung des Vizepräsidenten bei der Regierung von Augsburg, Frank,65 zum Ministerialrat im Staatsministerium des Innern und
5. der Ernennung des Regierungsdirektors Frhr. von Gumppenberg zum Ministerialrat in der Bayer. Staatskanzlei zu.
6. Die Ernennung des Regierungsdirektors Held66 zum Ministerialrat wird vorläufig zurückgestellt.
7. Staatssekretär a.D. Jaenicke67
Dr. Ehard teilt mit, Staatssekretär a.D. Jaenicke habe sich in einem eingehenden Schreiben über seine Pensionsregelung beschwert, er wolle 75% seines Staatssekretärsgehalts bekommen.68 Vorläufig beanspruche er dieses Gehalt in vollem Umfang, da er noch tätig sei.
MinisterpräsidentDr. Nerreter erwidert, es ständen für ihn keine Mittel bereit, es sei auch nicht möglich, stillschweigend die durch die Versetzung des Herrn Staatsrats Dr. Kollmann69 freigewordene Stelle auf ihn zu übertragen. Entweder müsse man dem Landtag nahelegen, Herrn Jaenicke wieder einzustellen und ihn zu besolden oder ihm mitteilen, daß kein Vertrag mit ihm abgeschlossen werden könne. Er habe übrigens im Innenministerium ein Dienstzimmer und einen Dienstwagen, was zu verschiedenen Unzuträglichkeiten geführt habe.
StaatssekretärDr. Oberländer wirft ein, es sei durchaus möglich gewesen, mit Herrn Jaenicke zusammenzuarbeiten, so wie sich die Dinge aber entwickelt hätten, ginge es nicht mehr weiter.
StaatssekretärDr. Ehard erinnert daran, daß lediglich ausgemacht worden sei, Herr Jaenicke könne Besprechungen mit dem Ausland führen, Reisen bei besonderen Anlässen machen usw.
MinisterpräsidentDr. Nerreter schlägt vor, Herrn Jaenicke nochmals zu eröffnen, daß für seine weitere Beschäftigung keine Mittel vorhanden seien und er seine Tätigkeit einstellen müsse.
StaatssekretärDer Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.
Dr. Ehard fügt hinzu, die Frage seiner Pensionsregelung werde er dem Finanzministerium zur Entscheidung hinüberleiten.70
MinisterpräsidentDr. Seidel berichtet, die Firma Siemens, die an sich schon zu einem großen Teil in Bayern sei, wolle noch weitere Betriebe hierher verlegen und interessiere sich jetzt für die Firma Steinheil.71 Der Konkursverwalter dieses Werks würde den Betrieb um ca. 5 Millionen DM verkaufen. Davon sei ein Teil Verbindlichkeiten gegenüber der Bank und ca. 2,7 Millionen Umstellungsgrundschulden, so daß nur etwa 1,5–2 Millionen DM zu zahlen seien. Er bitte das Finanzministerium, hier helfend einzugreifen.
StaatsministerDr. „Zorn sichert zu, sich zunächst mit der Staatsbank in Verbindung zu setzen, wenn diese zur Zeit nicht flüssig sei, werde er sich um eine andere Bank bemühen.
Staatsminister