1Zu Beginn der Sitzung teilt Ministerpräsident Dr. Eharddas plötzliche Ableben von Mr. James A. Clark1 vom Landeskommissariat für Bayern mit. Am 1. November 1950, nachmittags 15 Uhr, werde in der Tegernseerlandstraße eine Trauerfeier stattfinden, an der er teilnehmen werde.1Zur Person s. Nr. 127 TOP XXIII.
2Es wird vereinbart, daß noch die Herren Staatsminister Dr. Ankermüller und Frommknecht sowie Herr Staatssekretär Dr. Sattler bei den Feierlichkeiten anwesend sein werden.
2Vgl. Nr. 129 TOP II, Nr. 130 TOP II.
1Ministerialdirektor Dr. Ringelmannführt aus, im Haushaltsplan sei für die Errichtung der Bayer. Landesanstalt für Aufbaufinanzierung ein Ansatz von 37 Millionen DM vorgesehen, der bereits heute vom Haushaltsausschuß einstimmig gebilligt worden sei. Obwohl der Ministerrat in der letzten Sitzung diesen Gesetzentwurf zurückgestellt habe, sei er gezwungen gewesen, im Haushaltsausschuß diese Position darzulegen und zu begründen. Das Gesetz sei notwendig für die Überwachung und Abwicklung der Flüchtlingskredite, die Fortführung der eingeleiteten Förderungsmaßnahmen, die Konsolidierung der Unternehmen durch Umschuldung der Kredite usw. Dabei müsse eine Zusammenarbeit mit den staatlichen Stellen stattfinden, die Banken seien dazu allein nicht in der Lage.
2Nach reiflicher Überlegung habe man sich entschlossen, diese Landesanstalt für Aufbaufinanzierung zu gründen, da der Staat als solcher nicht alle erforderlichen Geschäfte machen könne; der Staat werde Grundstücke, Forderungen usw. in diese Anstalt des öffentlichen Rechts einbringen, um eine gewisse Kreditbasis zu beschaffen. Bekanntlich verfüge man über eine große Menge Liegenschaften, die Parteivermögen gewesen seien und deren Verwertung sehr schwierig sei. Wenn man die Liegenschaften einem Unternehmen in die Hand gebe, das über andere Möglichkeiten wie der Staat verfüge, werde sich die Verwertung viel eher ermöglichen lassen.
3Das Grundkapital der Anstalt sollte 40 Millionen DM betragen. Im übrigen habe man auch vorgesehen, daß das Staatsministerium der Finanzen der Anstalt weitere Aufgaben zuweisen könne.
4Besonders wichtig sei natürlich die Möglichkeit, die kurzfristigen Kredite in längerfristige umzuwandeln und durch Beteiligungen die verschiedenen Unternehmen zu stärken. Vorgesehen habe man auch einen Vorstand und einen Verwaltungsrat, der für besondere Aufgaben verstärkt werden könne.
5Von verschiedenen Ministerien, vor allem dem Wirtschaftsministerium, seien zunächst Einwendungen erhoben worden, nach der ihnen erteilten Aufklärung werde darauf aber kein Gewicht mehr gelegt. Selbstverständlich habe man keineswegs die Absicht, mit dieser Anstalt in die Aufgaben der Landesbodenkreditanstalt einzugreifen. Allerdings halte er den Vorschlag des Wirtschaftsministeriums, die Anstalt auf gewerbliche Unternehmungen zu beschränken, nicht für zweckmäßig. Er betone nochmals, daß es sich hier in erster Linie nicht um die Kreditgewährung, sondern um die Umschuldung handle. Das Ministerium des Innern (Abt. Flüchtlingswesen) habe keine grundsätzlichen Einwendungen erhoben, es verlange lediglich bei der Bestellung des Vorstands beteiligt zu werden.
6Ministerpräsident Dr. Ehard meint, nachdem der Haushaltssausschuß bereits zugestimmt habe, werde nichts anderes übrig bleiben, als auch im Kabinett diesen Gesetzentwurf zu verabschieden.
7Staatsminister Dr. Seidel erklärt, das Wirtschaftsministerium verlange zwar nicht mehr, daß es Aufsichtsbehörde über die Anstalt sein solle, andererseits seien aber doch eine Reihe von Vorschlägen gemacht worden, die nach wie vor aufrecht erhalten werden. Darüber müsse man sich noch verständigen.
8Staatssekretär Jaenicke spricht sich dafür aus, daß in den Verwaltungsrat auch ein nichtbeamteter Vertreter der Flüchtlinge hineinkomme. Ebenso müsse er daran festhalten, daß die Bestellung des Vorstands im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern zu erfolgen habe.
9Es wird beschlossen, in § 10 Abs. 3 die Worte einzufügen: „im Einvernehmen mit den beteiligten Staatsministerien“.3
3§ 10 Abs. 3 des Entwurfs hatte gelautet: „Die Vorstandsmitglieder und ihre Stellvertreter werden vom Staatsministerium der Finanzen auf fünf Jahre bestellt. Eine wiederholte Bestellung ist zulässig. Aus wichtigen Gründen können die Vorstandsmitglieder und ihre Stellvertreter unter Wahrung der ihnen zustehenden Ansprüche von der für ihre Bestellung zuständigen Behörde jederzeit abberufen werden.“ (MF 444, vorl. Nr., Abgabe vom 2. 4. 2007). Die im Ministerrat beschlossene Einfügung wurde hinter die Worte „vom Staatsministerium der Finanzen“ gesetzt.
10Ministerialdirektor Dr. Ringelmann stellt fest, daß das Finanzministerium gegen die sonstigen Vorschläge des Wirtschaftministeriums nichts einzuwenden habe. Zum Beispiel sei er damit einverstanden, wenn die in § 4 vorgesehene Zuweisung anderer Aufgaben nicht durch das Staatsministerium der Finanzen, sondern durch die Staatsregierung zu erfolgen habe, wie das Wirtschaftministerium angeregt habe.4
4§ 4 des Entwurfs (wie Anm. 3) lautete: „Das Staatsministerium der Finanzen kann der Anstalt weitere Aufgaben zuweisen, insbesondere auch die finanzielle Förderung anderer als der in § 2 Abs. 1 Satz 1 genannten Unternehmen durch Maßnahmen im Sinne des § 2.“
11Der Ministerrat erklärt sich mit dieser Regelung einverstanden.
12Ministerialdirektor Dr. Ringelmannfährt fort, er müsse dagegen nach wie vor bitten, die Führung des Vorsitzes dem Finanzministerium zu überlassen.
13Staatsminister Dr. Seidelstimmt zu, daß die Aufsichtsführung dem Finanzministerium obliege, andererseits halte er es aber für richtig, daß der Vorsitz im Verwaltungsrat (§12) einem anderen Ministerium übertragen werde.5 Außerdem sei er bereit, auf ein Mitglied im Verwaltungsrat zu Gunsten des nichtbeamteten Vertreters der Flüchtlinge zu verzichten.5§ 12 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 3) regelte die Geschäftsführung der Landesanstalt durch einen Verwaltungsrat. Abs. 2 bestimmte: „Der Verwaltungsrat besteht aus je einem Vertreter der Staatsministerien des Innern, der Finanzen, für Wirtschaft, der Bayerischen Staatsbank und dem Vorsitzenden der Anstalt. [...] Den Vorsitz im Verwaltungsrat führt der Vertreter des Staatsministeriums der Finanzen.“
14Ministerialdirektor Dr. Ringelmannstellt abschließend fest, daß also in den Verwaltungsrat zusätzlich ein Vertreter der Flüchtlinge hineinkomme und der Vorsitz dem Wirtschaftsministerium übertragen werde.
15Ministerialdirektor Dr. Ringelmannweist noch abschließend darauf hin, daß das Wirtschaftsministerium die Streichung des § 26 angeregt habe;6 auch damit könne sich das Finanzministerium einverstanden erklären. Infolgedessen seien alle Wünsche und Vorschläge des Wirtschaftsministeriums erfüllt worden.6§ 26 des Entwurfs (wie Anm. 3) lautete: „Die Bestimmungen des Handelsgesetzbuches über die Eintragungen in das Handelsregister und deren rechtliche Folgen finden auf die Anstalt keine Anwendung.“
16Der Ministerrat beschließt, den Gesetzentwurf in der besprochenen Form zu verabschieden, worauf
17Ministerialdirektor Dr. Ringelmannzusichert, alsbald im Benehmen mit der Staatskanzlei die Zuleitung an den Landtag vorzubereiten.7
7MPr. Ehard leitete dem Landtagspräsidenten Entwurf und Begründung am 3. 11. 1950 zu. Der Landtag verabschiedete das Gesetz in seiner Sitzung vom 20. 11. 1950. S. BBd.
IV Nr. 4627 ; StB.
VI S. 1352 f. – Gesetz über die Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung vom. Dezember 1950 (GVBl. 1951 S. 4
).
8Vgl. Nr. 129 TOP III, Nr. 130 TOP III. S. im Detail Bayerische Staatskanzlei, Akt Gesetz über die Zins- und Tilgungszuschüsse des Bayerischen Staates, 2 Bde.
1Staatssekretär Dr. Müllerweist darauf hin, daß auch dieser Gesetzentwurf bereits in den außerordentlichen Haushalt aufgenommen worden sei.
2Ministerialdirektor Dr. Ringelmannbegründet anschließend den Entwurf, dessen Sinn vor allem darin bestehe, für Maßnahmen auf dem Gebiet des landwirtschaftlichen Wasserbaues, der Wasserversorgung, der Abwasserbeseitigung usw. eine Änderung des Finanzierungsverfahrens vorzunehmen.9
9Staatssekretär Müller hatte MPr. Ehard und den anderen Ministerien Gesetzentwurf und Begründung mit Schreiben vom 11. 10. 1950 übermittelt. Die Begründung führte aus: „Zur Behebung der Arbeitslosigkeit waren im Rechnungsjahr 1950 außerordentliche Maßnahmen erforderlich [...] Als besonders lohnintensiv kamen hierfür Maßnahmen auf dem Gebiet des landwirtschaftlichen Wasserbaus, der Wasserversorgung, der Abwasserbeseitigung und der landwirtschaftlichen Abwasserverwertung in Betracht. Diese Maßnahmen dienten neben dem Ziel der Belebung des Arbeitsmarktes einem mit der stark angewachsenen Bevölkerung gestiegenen Bedürfnis und einem Gebot der Hygiene. Eine fühlbare Steigerung der Tätigkeit auf diesen Gebieten setzt jedoch eine Änderung des Finanzierungsverfahrens voraus. Bisher lag, insbesondere im Kulturbau, das Schwergewicht auf der Leistung verlorener Staatszuschüsse, mit deren Hilfe die Maßnahmen eingeleitet wurden, während die Beschaffung von Krediten, die Eigenleistungen der Unternehmensträger und der Selbstbestimmungsverbände, sowie die Leistungen der wertschaffenden Arbeitslosenhilfe nur ergänzend hinzukamen. [...] Das Schwergewicht muß künftig auf die kreditmäßige Finanzierung gelegt werden. Dies kann allerdings den Unternehmensträgern (Zweckverbänden, Gemeinden, Wasser- und Bodenverbänden und anderen Selbstverwaltungsbehörden) nur zugemutet werden, wenn sich der Staat für die Dauer der Laufzeit der Kredite zu einer laufenden Zins- und Tilgungsverbilligung (Verrentungsbeihilfen) verpflichtet.“ (Bayerische Staatskanzlei, Akt Gesetz über die Zins- und Tilgungszuschüsse des Bayerischen Staates Bd. 1).
3An Stelle der bisher gegebenen verlorenen Staatszuschüsse soll eine Verrentung der Zuschußleistungen eingeführt werden, was allerdings eine Festlegung mit Haushaltsausgaben auf die Dauer von rund 30 Jahren bedeute. Selbstverständlich dürften diese Zuschüsse nur unter bestimmten Bedingungen gegeben werden. Der Gesetzentwurf zähle genau im einzelnen auf, für welche Maßnahmen die Zins- und Tilgungszuschüsse gewährt werden dürfen, dabei werde man sich an die Vorschläge der Landesbodenkreditanstalt halten. Auch die hierfür erforderlichen Beträge seien bereits im ordentlichen Haushalt vorgesehen und vom Landtag bewilligt worden. Im übrigen weise er noch darauf hin, daß das staatliche Hilfsprogramm im Wege des Kredits durchgeführt werden solle. Da es aber nicht in allen Fällen möglich geworden sei, habe man sich für die in diesem Gesetz vorgesehenen Zins- und Tilgungszuschüsse entschlossen.
4Der Ministerrat beschließt, dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung zuzustimmen.10
10Zum Fortgang s. Protokolle Ehard III Nr. 14 TOP I
. MPr. Ehard leitete dem Landtagspräsidenten Entwurf und Begründung am 22. 2. 1951 zu. Der Landtag billigte das Gesetz in seiner Sitzung vom 3. 4. 1951. S. BBd.
I Nr. 244 ; StB.
I S. 391 ff. – Gesetz über Zins- und Tilgungszuschüsse des bayerischen Staates vom 17. April 1951 (GVBl. S. 64
). Das Gesetz wurde bis zum Jahre 1971 insgesamt 17mal verlängert.
11Vgl. Nr. 130 TOP VIII. Zu den Beratungen des ordentlichen und außerordentlichen bayer. Staatshaushalts 1950 vgl. Nr. 110 TOP V, Nr. 113 TOP V, Nr. 114 TOP I, Nr. 115 TOP I, Nr. 117 TOP IV, Nr. 122 TOP IX, Nr. 123 TOP III.
1Ministerialdirektor Dr. Ringelmannstellt zunächst fest, daß das Haushaltsgesetz den endgültigen Abschluß des Haushalts im ordentlichen und außerordentlichen Teil bringe. § 2 enthalte eine einschränkende Bestimmung und zwar dahingehend, daß über die letzten 10% der bei den sächlichen Ausgaben und die letzten 20% der bei den allgemeinen Haushaltsausgaben veranschlagten Mittel nur mit vorheriger Zustimmung des Finanzministeriums verfügt werden dürfe. Mit Rücksicht auf die angespannte Lage der Finanzen sei es notwendig geworden, im Gegensatz zu den vergangenen Jahren den Prozentsatz auf 20 zu erhöhen.12
12Der § 2 des Gesetzentwurfs vom 23. 10. 1950 lautete: „Über die im Haushaltsplan vorgesehenen einmaligen Ausgaben sowie über die letzten 10 v.H. der bei den sächlichen Ausgaben und die letzten 20 v. H. der bei den allgemeinen Haushaltsausgaben veranschlagten Mittel darf nur mit vorheriger Zustimmung des Staatsministeriums der Finanzen verfügt werden. Die Zustimmung ist zu erteilen, wenn und insoweit es sich um Ausgaben handelt, die zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen notwendig oder auf gerichtlich klagbaren Verpflichtungen des Staates beruhen.“ In der Begründung hierzu hieß es: „Die Bestimmung geht insoferne über die Vorjahresregelung hinaus, als mit Rücksicht auf die Unsicherheit hinsichtlich der Steuereinnahmen sowie der sonstigen Landeseinnahmen und der Leistungen an den Bund der Einsparungshundertsatz bei den allgemeinen Haushaltsausgaben verdoppelt werden muß, um bei bestehendem Anlaß den rechnungsmäßigen Ausgleich des Gesamthaushalts sicherzustellen.“ (StK-GuV 153).
2Staatsminister Dr. Hundhammer wendet sich gegen diese Bestimmung und betont, daß er z.B. dadurch bei den notwendigen Wiederherstellungsarbeiten der Hochschulen usw. ernstlich behindert würde, da ja die Anschaffungen und Auftragsvergebungen sofort erfolgen müßten. Gerade im Bereich seines Ministeriums sei auch eine Einsparung um 20% völlig undurchführbar, das Finanzministerium hätte eben schon vorher vor dem Landtag erklären müssen, daß die Ausgaben zu hoch angesetzt seien und gesenkt werden müssen.
3Ministerpräsident Dr. Ehard bemerkt, es handle sich ja hier nur um eine Vorsichtsmaßnahme und man könne doch hoffen, daß sich die Situation im ganzen bessern werde.
4Staatssekretär Sühler erklärt für das Landwirtschaftsministerium, daß es gleichfalls dem § 2 nicht zustimmen könne.
5Ministerialdirektor Dr. Ringelmann betont nochmals die Notwendigkeit dieser Bestimmung und weist darauf hin, daß über dem Finanzministerium ja der Ministerrat stehe, der gegebenenfalls angegangen werden könne. Es handle sich tatsächlich um eine Vorsichtsmaßnahme und selbstverständlich werde das Finanzministerium soweit nur irgendwie möglich seine Zustimmung erteilen; eine gewisse Sicherung im Interesse des Staatshaushalts müsse aber eingebaut bleiben.
6Er bitte dringend, die Zustimmung zu geben, da die finanzielle Situation sich von Woche zu Woche verschärfe. Selbstverständlich seien grundsätzlich keine Kürzungen beabsichtigt, immerhin könnten Schwierigkeiten eintreten, für die man einen Ausweg bereithalten müsse.
7Staatsminister Dr. Hundhammer bleibt auf seinem Standpunkt bestehen und erklärt nachdrücklich, er müsse schon jetzt über die ihm zur Verfügung stehenden Mittel disponieren können und sei nicht in der Lage, sich später dann mit einer plötzlichen Kürzung abzufinden.
8Ministerialdirektor Dr. Ringelmanngibt einen Überblick über die schon früher im Haushaltsgesetz enthaltenen Einschränkungen und bemerkt, daß der Unterschied gegen früher tatsächlich nur in der Erhöhung auf 20% bestehe. Das Finanzministerium sei aber bereit, in allen Fällen die Zusicherung zu erteilen, vor allem bei den Ministerien, wo es wirtschaftlich notwendig sei. Sicher hätte man noch im Landtag auf eine Kürzung der Ausgaben hinwirken können, es sei aber kaum möglich gewesen, vor den Neuwahlen den Abgeordneten allzu große Verzichte zuzumuten.
9Staatsminister Dr. Seidelunterstützt den Standpunkt des Herrn Ministerialdirektors Ringelmann.
10Staatsminister Dr. Hundhammerbleibt darauf bestehen, daß die etwaige Kürzung um 20% zu hoch sei, allenfalls könne er sich wie früher mit 10% einverstanden erklären.
11Ministerialdirektor Dr. Ringelmannerwidert, 10% sei nicht ausreichend und das Finanzministerium müsse auf 20% bestehen, da es sonst die Verantwortung nicht übernehmen könne.
12Staatssekretär Dr. Müllerfügt ergänzend hinzu, die Steuereinnahmen seien zurzeit leider sehr niedrig und man müsse mit einem hohen Defizit rechnen. Er sei aber bereit, sich mit einer Herabsetzung auf 15% einverstanden zu erklären.
13Das Kabinett einigt sich auf diesen Vorschlag gegen die Stimme des Herrn Staatsministers Dr. Hundhammer und des Herrn Staatssekretärs Sühler.
14Außerdem wird beschlossen, dem Satz 1 des § 213 folgende Fassung zu geben:13Zum Wortlaut des ursprünglichen § 2 s.o. Anm. 12.
15„Über die im ordentlichen Teil des Haushaltsplans vorgesehenen einmaligen Ausgaben sowie über die letzten 10 v.H. der bei den sächlichen Ausgaben und die letzten 15 v.H. der bei den allgemeinen Ausgaben veranschlagten Mittel darf nur mit vorheriger Zustimmung des Staatsministeriums der Finanzen verfügt werden.“
16Ministerialdirektor Dr. Ringelmannbegründet sodann § 3, der eine Ermächtigung für das Staatsministerium der Finanzen vorsehe, zur Bestreitung der im außerordentlichen Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben Mittel bis zum Höchstbetrag von rund 398 Millionen DM im Kreditweg zu beschaffen.14
14Staatssekretär Müller bezieht sich hier hauptsächlich auf § 3 Abs. 1 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 12): „Das Staatsministerium der Finanzen wird ermächtigt, zur Bestreitung der im außerordentlichen Haushaltsplan auf Rechnung von Anleihen veranschlagten Ausgaben Mittel biszum Höchstbetrag von 397 895 000 DM im Kreditwege zu beschaffen und hierfür notwendige Sicherheitsleistungen zu gewähren. Als Beschaffung im Kreditwege gilt auch der Erlös aus der Ausgabe von Steuergutscheinen. Die Kreditermächtigung erhöht oder vermindert sich insoweit, als die Zuweisungen aus Bundeshaushaltsmitteln und aus Mitteln des Soforthilfefonds die in Einnahme unter I Ziff. 1 und 2 veranschlagten Beträge überschreiten oder hinter ihnen Zurückbleiben [...].“
17Staatsminister Dr. Hundhammer erkundigt sich, welche Höhe die Staatsschuld wohl erreichen werde.
18Ministerialdirektor Ringelmann antwortet, keine genaue15 Auskunft geben zu können, man müsse aber wohl mit ungefähr 300 Millionen DM rechnen. Wahrscheinlich werde es sehr schwer sein, von dieser Verschuldung wegzukommen und deswegen sei es notwendig, soweit wie möglich Einschränkungen zu machen.15Hs. Einfügung im Registraturexemplar (StK-MinProt 13).
19Staatssekretär Dr. Müller weist zu § 3 Abs. 3 darauf hin, daß es recht zweifelhaft sei, ob es dem Finanzministerium gelingen werde, Kassenkredite bis zu 200 Millionen DM zur vorübergehenden Verstärkung der Betriebsmittel der Staatskasse aufzunehmen.16
16§ 3 Abs. 3 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 12) lautete: „Das Staatsministerium der Finanzen wird ermächtigt, zur vorübergehenden Verstärkung der Betriebsmittel der Staatshauptkasse bis zu 200000000 DM als Kassenkredite aufzunehmen.“
20Gegen die §§ 4 und 5 werden Einwendungen nicht erhoben.17
17Die §§ 4 u. 5 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 12) lauteten: „§ 4 Die dem Staatsministerium der Finanzen in § 4 des Haushaltsgesetzes für das Rechnungsjahr 1949 erteilte Ermächtigung zur Aufrechterhaltung übernommener Sicherheitsleistungen zu Lasten des Bayerischen Staates a) für Kredite an Bergwerks- und Hüttenbetriebe bis zu 1000000 DM b) für sonstige dringende Kreditbedürfnisse in besonderen Notstandsfällen bis zu 1000000 DM bleibt für das Rechnungsjahr 1950 bestehen. § 5 Soferne im Laufe des Rechnungsjahres Mindereinnahmen oder Mehrausgaben gegenüber den Ansätzen im Haushaltsplan zu erwarten sind, für die im Vollzüge des § 2 des Haushaltsgesetzes der Ausgleich nicht gewährleistet ist, ist die Staatsregierung ermächtigt, im Vollzug die Ausgabebefugnisse bis zur Gesamthöhe der Mindereinnahmen oder Mehrausgaben weiter zu beschränken. Die Ermächtigung erstreckt sich nicht auf Ausgaben, die zur Erfüllung gesetzlicher Verpflichtungen notwendig oder auf gerichtlich klagbaren Verpflichtungen des Staates beruhen.“
21Ministerialdirektor Dr. Ringelmann macht sodann auf § 6, der sich mit Planstellen befaßt, die durch Ruhestandsversetzung oder Tod frei werden, aufmerksam, der gegenüber der bisherigen Regelung abgeändert worden sei.18
18§6 des Gesetzentwurfs (wie Anm. 12): „(1) Durch Ruhestandsversetzung oder Tod freiwerdende Planstellen für Beamte dürfen erst nach Ablauf von 3 Monaten wieder besetzt werden. Die dreimonatige Frist beginnt a) wenn die Planstelle durch Ruhestand frei wird, mit dem Beginn des Ruhestandes (Art. 97, Abs. 2 BBG) b) wenn die Planstelle durch Tod frei wird, nach Ablauf der Zeit, für die Sterbegeld (Art. 109 ff. BBG) gezahlt wird. (2) Das Staatsministerium der Finanzen kann in besonders begründeten Einzelfällen Ausnahmen zulassen.“
22Gegen diese Bestimmungen werden erhebliche Bedenken geltend gemacht, sodaß schließlich beschlossen wird, sie überhaupt zu streichen.
23Der Ministerrat beschließt sodann, dem Entwurf des Haushaltsgesetzes zuzustimmen, und zwar gegen die Stimme des Herrn Staatsministers Dr. Hundhammer und des Herrn Staatssekretärs Sühler.
24Herr Staatsminister Dr. Hundhammer sichert jedoch zu, als Fraktionsvorsitzender für das Gesetz sowohl in der Fraktion wie im Plenum des Landtags eintreten zu wollen.19
19Eine Behandlung des Haushaltsgesetzes ist in den LTF-Protokollen in Folge nicht nachweisbar. MPr. Ehard leitete dem Landtagspräsidenten und dem Senat Entwurf und Begründung am 31. 10. 1950 zu. Der Senat billigte den Gesetzentwurf in seiner Sitzung vom 6. 11. 1950, der Landtag in seiner Sitzung vom 9. 11. 1950. Späteren Einwendungen des Senats v. a. gegen § 2 des Gesetzentwurfs, die sich auf einen Bericht des Finanz- und Haushaltsausschusses des Senats vom 16. 11. 1950 stützen, trug der Landtag in seiner Sitzung vom 20. 11. 1950 keine Rechnung. S. hierzu die Anlage 224, Bericht des Finanz- und Haushaltsausschusses zu dem vom Landtag am 9. November 1950 beschlossenen Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Bayerischen Staates für das Rechnungsjahr 1950 – Haushaltsgesetz (Beilagen 4546, 4547, 4591), nach der § 2 (s.o. Anm. 12) die Fassung erhalten sollte: „Sofern im Laufe des Rechnungsjahres Mindereinnahmen oder Mehrausgaben gegenüber den Ansätzen im Haushaltsplan zu erwarten sind, darf über die im ordentlichen Teil des Haushaltsplans vorgesehenen einmaligen Ausgaben sowie über die letzten 10 v. H. der bei den sächlichen Ausgaben und die letzten 15 v. H. der bei den allgemeinen Haushaltsausgaben veranschlagten Mittel sowie über die Ausgaben im außerordentlichen Teil des Haushaltsplans nur mit vorheriger Zustimmung des Staatsministeriums der Finanzen verfügt werden.“ (StK-GuV 153). Vgl. BBd.
IV Nr. 4546 , StB.
VI S. 1322 ff., 1346f. – Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Bayerischen Staates für das Rechnungsjahr 1950 (Haushaltsgesetz) vom 30. November 1950 (GVBl. S. 241
).
1Ministerpräsident Dr. Ehard erinnert daran, daß der Landtag vor einiger Zeit erhöhte Zuschüsse des Staates für die gemeindlichen Polizeikräfte beschlossen habe, unter anderem eine Erhöhung bei der Polizei der Landeshauptstadt München um 300 DM pro Polizeibeamten.20 Die Staatsregierung habe damals Antrag gemäß Art. 78 Ziff. 5 der Bayer. Verfassung21 auf nochmalige Beratung gestellt22 Er frage nun an, ob diese Angelegenheit im Landtag bereits entschieden worden sei.20Vgl. Nr. 122 TOP IX Anm.69, Nr. 123 TOP IV.21Zum Wortlaut des An. 78 Ziff. 5 BV s. Nr. 123 TOP IV Anm. 48.22S. BBd.
IV Nr. 4386 : Abdruck des Schreibens von MPr. Ehard an den Präsidenten des Bayer. Landtags vom 20. 9. 1950.
2Staatssekretär Dr. Müller erwidert, der Haushaltsausschuß habe sich mit 9 gegen 8 Stimmen auf den Standpunkt der Bayerischen Regierung gestellt.23Er habe nun ein Schreiben an Herrn Staatsminister Dr. Hundhammer als Fraktionsvorsitzenden der CSU gerichtet und ihn gebeten, die Fraktion möge dafür eintreten, daß es bei dem Zuschuß von 2300 bis 3000 DM im Höchstfall verbleiben soll und insbesondere kein besonderer Zuschuß für München gegeben werde.23S. BBd.
IV Nr. 4537 . Der Haushaltsausschuß sprach die Empfehlung aus, die am 7. 9. 1950 vom Landtag beschlossene Erhöhung der Personalkostenzuschüsse für kommunale Polizeikräfte wieder aufzuheben und die Regierungsvorlage {BBd.
IV Nr. 4135 ) wieder herzustellen.
3Staatsminister Dr. Hundhammererwidert, er werde auf die Fraktion entsprechend einwirken, müsse aber bitten, daß in Zukunft bei allen Abstimmungen auch die Kabinettsmitglieder, die Landtagsabgeordnete seien, anwesend seien.24
24Eine Behandlung dieser Frage in den LTF-Protokollen in Folge nicht nachweisbar. Der Landtag verhandelte den Bericht des Haushaltsausschusses in erster und zweiter Lesung in seinen Sitzungen vom 7. und 8. 11. 1950 und stellte gemäß dem Antrag des Haushaltsausschusses in namentlicher Abstimmung die Regierungsvorlage wieder her. S. StB.
VI S. 1219 –1226, 1229f. u. 1256 ff.
25Vgl. Nr. 101 TOP I/16, Nr. 116 TOP VI/3, Nr. 118 TOP III/9, Nr. 119 TOP II.Nachdem im März 1950 eine von Bundesfinanzminister Schäffer vorgelegte Verwaltungsvereinbarung zwischen Bund und Ländern, die als Vorschlag zur Überbrückung des schwebenden Rechtszustandes betreffend das ehemalige Reichsvermögen gedacht war, nicht die Zustimmung der Bundesregierung gefunden hatte, und umgekehrt ein entsprechender Gesetzentwurf der Regierung im August vom Bundesrat einstimmig abgelehnt wurde, war der hier im Ministerrat behandelte Vereinbarungsentwurf das Ergebnis zwischenzeitlich weitergeführter Verhandlungen der Länder. Dieser Entwurf wurde in der Sitzung des Bundeskabinetts vom 17. November 1950 unter Verweis auf eine noch ausstehende rechtliche Klärung durch die AHK zurückgestellt. Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 829
.
1Ministerialdirektor Dr. Ringelmannberichtet, die Vereinbarung26 habe den Zweck, im Hinblick auf Art. 13427 und 13528 des GG einheitliche Grundsätze für die vorläufige Verwaltung ehemaligen Reichs- und Preußischen Vermögens aufzustellen. Im Schlußprotokoll sei in Ziff. 3 zu Art. 429 bestimmt, daß der Bund unter bestimmten Voraussetzungen Vermögenswerte als Verwaltungsvermögen in Anspruch nehmen könne.30 Er habe dem Herrn Bundesminister Schäffer erklärt, das B. Finanzministerium würde sich mit allem Nachdruck dagegen wenden, daß der Bund eine eigene Vermögensverwaltung einrichte. Es sei beabsichtigt vorzuschlagen, bei dieser Ziff. 3 davon auszugehen, daß der Bund diese Vermögenswerte im einzelnen aufführe; das werde man wahrscheinlich auch erreichen können.26Entwurf der Vereinbarung (Fassung vom 16. Oktober 1950) enthalten in: StK 14101.27Zum Wortlaut des Art. 134 GG s. Nr. 101 TOP I/16 Anm. 45 u. 47.28Art. 135 GG betrifft die Vermögensregelung bei Änderung des Gebietsstandes der Länder. Bezug genommen wird primär wohl auf Art. 135 Abs. 6 GG: „Beteiligungen des ehemaligen Landes Preußen an Unternehmen des privaten Rechts gehen auf den Bund über. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das auch Abweichendes bestimmen kann.“29Der Art. 4 des Entwurfs der Vereinbarung zwischen dem Bundesminister der Finanzen und den Finanzministerien der Länder über die Verwaltung ehemaligen Reichs- und Preußischen Staatsvermögens (wie Anm. 26) lautete: „Verwaltungsvermögen des Bundes unterliegt der Verwaltung der zuständigen Bundesbehörden; es gehört nicht zu dem Sondervermögen. Zum Verwaltungsvermögen des Bundes im Sinne dieser Bestimmungen gehören alle Vermögenswerte, die am 24. Mai 1949 überwiegend für Verwaltungsaufgaben des Bundes nach dem Grundgesetz bestimmt sind oder im Einvernehmen mit den Ländern später für solche Aufgaben des Bundes bestimmt werden. Dies gilt auch für die in Artikel 89 und 90 des Grundgesetzes bezeichneten Vermögen.“30Schlußprotokoll zur Vereinbarung über die Verwaltung des Reichs- und Staatsvermögens(Stand: 16. Oktober 1950) enthalten in StK 14101. Der Wortlaut des hier angeführten Protokollpunkts Ziff. 3 lautete: „Es besteht Einigkeit darüber, daß der Bund Vermögenswerte, die er zur Durchführung oder Vorbereitung ihm obliegender Sicherungsaufgaben und der ihm obliegenden zentralen Vorrats- und Lagerwirtschaft benötigt, als Verwaltungsvermögen in Anspruch nehmen kann. Die Länder gehen davon aus, daß der Bund in den Fällen, in denen er Vermögenswerte für einen der vorstehenden Zwecke in Anspruch nimmt, die beabsichtigte Verwendung für die einzelnen Werte mitteilt.“
2Die Anlage A)31 der Vereinbarung führe die ehemaligen Reichsbeteiligungen auf und zwar aufgeteilt nach lebenden Unternehmungen, deren Liquidation in Aussicht genommen worden ist und solchen, die sich in Liquidation befinden usw. Dabei seien noch einige Unklarheiten zu klären, so z.B. sei in Punkt I) der Anlage A) die Deutsche Stickstoff A.G. aufgeführt, bei der es sich wahrscheinlich um die Süddeutschen Kalkstickstoffwerke handle. Im ganzen könne man mit der Vereinbarung einverstanden sein und müsse das Entgegenkommen seitens des Bundesfinanzministeriums anerkennen. Dieses sei um so wertvoller gewesen, als seitens der Vereinigten Industrieunternehmungen A.G. (VIAG) starke Widerstände geltend gemacht worden seien.31Enthalten in: StK 14101.
3Der Ministerrat beschließt, der Vereinbarung in der vorliegenden Form zuzustimmen.32
32Zum Fortgang s. Nr. 137 TOP I/[33]; Protokolle Ehard III Nr. 3 TOP II
/15 u. Nr. 8 TOP VI.
1Ministerialdirektor Dr. Ringelmannführt aus, durch den Widerstand der Obersten Siedlungsbehörde im Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, der vor allem auf den Einfluß der Bayer. Landessiedlung zurückgehe, sei es immer noch nicht möglich gewesen, die schon seit Jahren beabsichtigte Grundstücksbereinigung in der ehemaligen Muna St. Georgen durchzuführen.33 Es sei auf die Dauer unmöglich, daß die Bayer. Landessiedlung alles an sich ziehe, obwohl sie gar nicht in der Lage sei, die ihr zufallenden Grundstücke auch wirklich zu besiedeln. Die Bayer. Landessiedlung müsse sich auf wirkliches Siedlungsland beschränken und die anderen Grundstücke freigeben.33Es handelt sich hier um das Gelände der ehemaligen Heeresmunitionsanstalt St. Georgen bei Traunstein, ein Gebiet, auf dem sich heute die Stadt Traunreut befindet. Die Muna St. Georgen diente von 1936 bis 1945 der Herstellung und Lagerung sowohl von konventioneller Munition wie auch von chemischen Kampfstoffen. Nach dem Krieg wurde das Gelände entgiftet, diente bis 1951 aber auch noch der Vernichtung und Entsorgung von Restkampfstoffen. S. MWi 12095, 12096, 12096a.
2Staatssekretär Dr. Müllerfügt hinzu, er habe schon wiederholt mit Herrn Ministerialrat Münsterer34 von der Obersten Siedlungsbehörde verhandelt,der zunächst mit allem einverstanden gewesen sei, dann aber sich doch gegen den Einfluß der Landessiedlung nicht habe durchsetzen können.34Zur Person s. Nr. 103 TOP I.
3Staatssekretär Sühlerstellt fest, daß er keineswegs mit der Arbeit der Obersten Siedlungsbehörde einverstanden sei und zugeben müsse, daß die Bayer. Landessiedlung über außerordentlich viel Land verfüge, das gar nicht versiedelt werde.
4Auf Vorschlag von Herrn Ministerialdirektor Dr. Ringelmann wird beschlossen, daß die Grundstücksbereinigung der ehemaligen Muna St. Georgen in kürzester Zeit durchgeführt werden muß.
1Der Ministerrat beschließt, für die Sitzung des Vermittlungsausschusses in Bonn am 10. November, der sich mit dem Entwurf eines Gesetzes über die Selbstverwaltung und über Änderungen von Vorschriften auf dem Gebiet der Sozialversicherung35 beschäftigt, Herrn Staatssekretär Grieser zu bestimmen.35Vgl. Nr. 93 TOP VII/1, Nr. 95 TOP I/17, Nr. 129 TOP I/B, Nr. 130 TOP I/a2; zum Fortgang s. Nr. 137 TOP I/25.
1Der Ministerrat beschließt, folgenden Ernennungen zuzustimmen:
21. des Landgerichtspräsidenten in Hof, August Schaefer,36 zum Oberlandesgerichtspräsidenten in Bamberg;36August Schaefer (1888–1984), Jurist, Richter, 1911 erstes, 1919 zweites juristisches Staatsexamen, 21. 11. 1919 3. Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft Memmingen, 1. 5. 1925 Amtsrichter am Amtsgericht Erlangen, 1. 9. 1927 zunächst 2., dann 1. Staatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft München I, 1. 10. 1931 Landgerichtsrat am Landgericht München I, 1. 8. 1934 Oberstaatsanwalt bei der Staatsanwaltschaft München I, 16. 5. 1938 Landgerichtsdirektor am Landgericht München I, 31. 3. 1939 Reichsgerichtsrat beim Reichsgericht Leipzig, wegen Zugehörigkeit zum Reichsgericht vom 25. 8. 1945–16. 1. 1950 Internierung durch die sowjetische Besatzungsmacht in Mühlberg und Buchenwald, am Reichsgericht keine Tätigkeit beim Sondersenat oder in Dienststrafsachen, keine NSDAP-Mitgliedschaft, daher vom Befreiungsgesetz nicht betroffen, 16. 2. 1950 Landgerichtspräsident am Landgericht Hof, 16. 11. 1950 Oberlandesgerichtspräsident am OLG Bamberg, Ruhestandsversetzung zum 1. 8. 1956.
32. des Ministerialrats Dr. Karl Kihn zum Regierungspräsidenten von Unterfranken;37
37Vgl. Nr. 130 TOP VII.
43. des Oberstaatsanwaltes Wilhelm Frank zum Generalstaatsanwalt beim Bayer. Verwaltungsgerichtshof;38
38Vgl. Nr. 130 TOP VII.
54. des Regierungsdirektors Dr. Karl Riedl39 zum Ministerialrat im Staatsministerium des Innern;39Dr. jur. Karl Riedl (1907–1985), 1918–1927 Gymnasium Amberg, 1927–1931 Stipendiat der Stiftung Maximilianeum, Rechts- und Staatswissenschaftsstudium Univ. München, 1934 Große Juristische Staatsprüfung, 1935 Promotion, 1. 9. 1936 Staatsanwalt Staatsanwaltschaft München I, zum Teil Verwendung bei der Staatsanwaltschaft OLG München, 1943–1945 Wehrdienst, 10. 7. 1945 StMI, 1. 1. 1946 ORR, 1. 5. 1948 RegDir, 1. 11. 1950 MinRat, 1. 10. 1955 MinDirig, 1. 5. 1957 MD, zunächst Personalreferent für den höheren Dienst sowie für Naturschutz und Feuerlöschwesen verantwortlich, 1948–1972 Leiter der Bayer. Grenzpolizei, 1954–1957 auch Leiter der Personalabt. des StMI, 1957–1. 11. 1972 Amtschef des StMI, 1. 10. 1950–23. 7. 1985 Vorstand der Stiftung Maximilianeum.
65. des Regierungsdirektors Josef Reuter40 zum Ministerialrat im Staatsministerium des Innern;40Dr. jur. Josef Reuter (1890–1954), Jurist, 1. Staatsprüfung und Promotion 1913, Große Juristische Staatsprüfung 1919, 1920 Eintritt in den Staatsdienst bei der Regierung von Unterfranken, dann Bezirksamt Amberg/OPf., 1. 10. 1927 RR bei der Regierung der OPf., 1. 4. 1932 RR bei der Regierung von NB, 1. 2. 1933 bei der Regierung von OB, dort 1. 12. 1933 RR I. Klasse, 1. 5. 1934 RR I. Klasse bei der Landesversicherungsanstalt Schwaben, 1. 12. 1937 RR I. Klasse bei der Landesversicherungsanstalt OB, 13. 12. 1944 ORR u. stellvertretender Leiter der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft OB, Mitglied der NSDAP seit 1. 5. 1937, des Reichskolonialbundes seit 1. 7. 1937, Suspendierung durch die Militärregierung am 1. 7. 1945, vorläufige Beschäftigungserlaubnis durch die Militärregierung am 18. 12. 1945, 14. 1. 1946 ORR bei der Regierung von OB, Einstufung als Mitläufer durch Spruchkammerbescheid vom 27. 1. 1948, 1. 10. 1948 ORR bei der Regierung von UFr., 1. 12. 1948 ORR im StMI, dort 1. 11. 1949 RegDir, 1. 11. 1950 MinRat.
76. des Regierungsdirektors Adolf Weiß im Staatsministerium für Unterricht und Kultus zum Ministerialrat;41
41Vgl. Nr. 130 TOP VII.
87. Stv. Ministerpräsident Dr. Müller begründet die Notwendigkeit, einen Patentsenat beim Oberlandesgericht München zu errichten, da bisher eine Reihe von wichtigen Patentprozessen in Düsseldorf geführt worden seien, die beim Vorhandensein eines Patentsenats in München auch ohne weiteres hier hätten geführt werden können. Es sei beabsichtigt, den früheren Präsidenten des Reichspatentamtes, Herrn Dr. Eylau,42 der im Bundesdienst stehe und hier am Patentamt tätig sei, an das Oberlandesgericht München zu berufen und ihn zum Senatspräsidenten zu ernennen. Die Angelegenheit sei sehr eilig, weshalb er um die Zustimmung des Ministerrats ersuche.42Johannes Eylau (1880–1970), Jurist, Richter, 1899–1902 Studium der Rechtswissenschaften in Halle und Berlin, 1908 Große Juristische Staatsprüfung, 1911 Amtsrichter am Amtsgericht Berlin-Wedding, 1914 Landrichter am Landgericht Berlin I, Weltkriegsteilnahme als Reserveoffizier, Verwundung (Verlust des linken Auges), 1916/17 Kriegsgefangenschaft in der Schweiz, 1919 Amtsrichter in Landsberg/Warthe, dort 1919 Landrichter, 1921 Landgerichtsdirektor am Landgericht Berlin I, hier bis 1927 Vorsitzender der Patentkammer, 1928–1934 Präsident des Reichspatentamtes, 1934 Versetzung als Referent in das Reichsarbeitsministerium (bis 1945), 1946 Landgerichtsdirektor in Berlin, 1947–1949 Präsident des Patentamtes Berlin, 1949 Eintritt in den Dienst des BMJu beim Bundespatentamt in München, mit Wirkung zum 16. 11. 1950 Berufung zum Senatspräsidenten am Oberlandesgericht München, Ruhestandsversetzung zum 1. 1. 1953.
9Der Ministerrat beschließt, dem Vorschlag zu entsprechen.
1Staatssekretär Dr. Sattler teilt mit, im Rundfunkrat sei die Frage besprochen worden, welche Sendezeit während des Wahlkampfes den einzelnen Parteien eingeräumt werden könne. Das Landtagspräsidium habe die Anregung gegeben, von derartigen parteipolitischen Sendungen überhaupt abzusehen, da die großen Parteien lieber darauf verzichten würden, als auch die KPD und die kleinen Splitterparteien zu Wort kommen zu lassen.
2Es wird daraufhin besprochen, wie überhaupt der politische Kommentar des Bundesvorsitzenden der SPD, Dr. Schumacher, im Bayerischen Rundfunk zustande gekommen sei.43 Allgemein wird die Auffassung vertreten, daß dieser Vorfall unverständlich sei und mit der Leitung des Münchner Rundfunks nochmals gesprochen werden müsse.43Bezug genommen wird auf einen Kommentar Kurt Schumachers im Bayer. Rundfunk am Abend des 28. 10. 1950, in dem der SPD-Vorsitzende u.a. die Diskussion in der französischen Nationalversammlung über die Aufstellung und Eingliederung deutscher Streitkräfte in eine Europaarmee kritisierte. Vgl. SZ Nr. 251, 30. 10. 1950. „Schumacher: Wie Deutschland das Schicksal eines Kriegsschauplatzes erspart werden kann"; Die Neue Zeitung Nr. 257, 30. 10. 1950, „Schumacher fordert Klarheit über deutsche Schritte zur Sicherheit“.
44Hier und im folgenden war in der Vorlage statt „JRSO“ fälschlicher- und unüblicherweise die Abkürzung „IRSO“ gesetzt.
1Ministerialdirektor Dr. Ringelmann teilt mit, daß er am nächsten Tage wieder in Unterhandlungen mit der JRSO eintreten wolle.45 Die JRSO dränge auf eine beschleunigte Behandlung der Angelegenheit, da sie offensichtlich befürchte, daß ein Bundesgesetz die Entschädigungsgesetze der Länder außer Kraft setzen könne und daß damit ihre Forderungen überhaupt unter den Tisch fallen könnten. Er halte es für das richtige, wenn man in der Angelegenheit weiterhin eine abwartende Stellung einnehmen würde, weil man dadurch nur gewinnen könnte. Nachdem nunmehr Hessen allerdings der JRSO ein bindendes Angebot über 15 Millionen DM gemacht habe, sei die Lage Bayerns etwas erschwert, denn man erkläre nunmehr, daß allein Bayern nicht gewillt sei, die Ansprüche der JRSO zu befriedigen46 Er bittet den Ministerrat, daß er ihn ermächtige, die Verhandlungen im vorgetragenen Sinn weiterzuführen.45Vgl. Nr. 120 TOP VI.46Die Verhandlungen zwischen der Hessischen Landesregierung und der JRSO waren im Herbst 1950 erheblich vorangeschritten. Der Hessische Landtag stimmte am 13. 2. 1951 dem ausgehandelten Pauschalablösungsvertrag zu. In Bayern wurden die entsprechenden Verhandlungen, sehr zum Mißmut der JRSO und McCloys, bis weit in das Jahr 1952 hinein verschleppt. Erst am 24. 7. 1952 verabschiedete der Bayer. Landtag die Globalvereinbarung. S. hierzu Goschler,Wiedergutmachung S. 177–180; Winstel, Gerechtigkeit S, 237–267. S. illustrativ für die wachsenden und erheblichen Verstimmungen zwischen JRSO und der Bayer. Staatsregierung ferner die zahlreichen Korrespondenzen in StK 14243.
2Der Ministerrat billigt die Darlegungen des Ministerialdirektors Dr. Ringelmann. Es soll jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen werden, daß Bayern ein Angebot nur machen könne, wenn ich eine entsprechende Anleihe zur Verfügung gestellt werde.47
47Zum Fortgang s. Protokolle Ehard III Nr. 18 TOP VIII, Nr. 21 TOP X, Nr. 35 TOP III
.
48Vgl. Nr. 122 TOP VII/3, Nr. 128 TOP IX.
1Staatsminister Dr. Hundhammerführt aus, heute handelt es sich darum, endgültig festzusetzen, welchem Ministerium die Federführung in dieser Angelegenheit zustehen solle.49
49Der in einer in der StK abgehaltenen Referentenbesprechung vom 24. 8. 1950 (s. Nr. 122 Anm. 52) beschlossene Vorschlag, die Filmprädikatisierung einer durch eine Verwaltungsvereinbarung der Länder zu errichtenden Filmbewertungsstelle zu übertragen, war zwischenzeitlich dem BMI und den Ländern zugeleitet worden. Die Ständige Konferenz der Kultusminister hatte bereits auf ihrer Tagung in Freiburg/Br. am 27728. 10. 1950 Einigkeit darüber erzielt, unter der Federführung der Kultusministerien die Einrichtung einer Filmbewertungsstelle voranzutreiben. Endgültig beschlossen wurde die Errichtung der Filmbewertungsstelle durch Ländervereinbarung im Verlauf einer auf Einladung und unter Vorsitz des BMI abgehaltenen Sitzung von Ländervertretern am 10. 11. 1950 in Bonn. In Bayern erhoben sowohl das StMUK sowie das StMI Ansprüche auf Zuständigkeit für den Abschluß des Verwaltungsabkommens, das StMI wurde dabei vom StMF und vom StMWi unterstützt. Vgl. hierzu die Vormerkung für den Ministerrat betr. Bewertung von Filmen für Steuerzwecke, 11. 10. 1950; Schreiben der Ständigen Konferenz der Kultusminister an die Mitglieder der Kultusminister-Konferenz, 14. 11. 1950 (StK 18391); Ständige Konferenz der Kultusminister der Bundesrepublik Deutschland – Niederschrift über die Tagung des Plenums in Freiburg/Br. am 27728. 10. 1950 (MK 65977).
2Staatssekretär Dr. Sattlererklärt, es müsse eine Verbindung zwischen Kultus-, Innen- und Finanzministerium hergestellt werden, die Federführung stehe aber zweifellos dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus zu. Die Konferenz der Kultusminister habe vorgeschlagen, jedes Land solle drei Vertreter für den Ausschuß bestellen, der die Bewertung der Filme vornehme, von denen aber jeweils nur fünf anwesend sein müßten.50
50S. Ständige Konferenz der Kultusminister der Bundesrepublik Deutschland – Niederschrift über die Tagung des Plenums in Freiburg/Br. am 27728. 10. 1950 (MK 65977).
3Der Ministerrat beschließt, die Federführung dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus zu übertragen.51
51Die maßgeblich vom StMUK entworfene und gestaltete Verwaltungsvereinbarung der Länder wurde von Bayern im Juli 1951 unterzeichnet. Die Filmbewertungsstelle der Länder in Wiesbaden nahm ihre Arbeit im August 1951 auf. Entwürfe der Verwaltungsvereinbarung enthalten in StK 18391. Zum Fortgang s. Protokolle Ehard III Nr. 35 TOP V
.
52Zur Frage der Kohlenversorgung im Winter 1950/51 s. StK 14648. Vgl. Kabinettsprotokolle1950 S. 794 f., 824 f.u. 842.
1Ministerpräsident Dr. Ehardmacht auf die derzeitigen Schwierigkeiten in der Kohlenversorgung aufmerksam und erkundigt sich, welche Gründe dafür bestimmend seien.
2Staatsminister Dr. Seidelerwidert, die Situation sei tatsächlich sehr ernst, sowohl was die Versorgung der Industrie wie die der Haushaltungen betreffe. Im Sommer seien genügend Kohlenvorräte vorhanden gewesen, man habe sich aber nicht entsprechend eingedeckt;53 auch die Tagesförderung im Ruhrgebiet habe nicht den erwarteten Stand erreicht. Manche Industriebetriebe in Bayern werden nur mehr mit 15% der erforderlichen Menge beliefert. Die Bundesregierung habe nun endlich einen Kohlenbeauftragten ernannt,54 mit dem in den nächsten Tagen Besprechungen stattfinden würden. Das Ergebnis dieser Besprechungen müsse abgewartet werden und es sei nun zu hoffen, daß die mißliche Lage gebessert werden könnte. Er persönlich glaube, daß der Hauptgrund für die Schwierigkeiten in dem sehr stark angestiegenen Kohlenverbrauch der Wirtschaft liege.55
53Vgl. Nr. 109 TOP I.54Gemeint ist Dr. Martin Sogemeier (1883–1962), 1938–1945 Geschäftsführer des Vereins für die Bergbaulichen Interessen u. Direktoriumsmitglied der Deutschen Kohlenbergbau-Leitung, der am 19. 10. 1950 zum Beauftragten des Bundesministers für Wirtschaft für die Regelung der inländischen Kohlenversorgung ernannt worden war. Vgl. Kabinettsprotokolle
1950 S. 794
Anm. 26 sowie die Abschrift eines Schreibens von Bundeswirtschaftsminister Erhard an Staatsrat Rattenhuber, 15. 11. 1950: „Die angespannte Lage der Brennstoffversorgung im gesamten Bundesgebiet hat mich veranlaßt, einen Sonderbeauftragten für die Regelung der innerdeutschen Kohlenversorgung in der Person von Herrn Dr. Martin Sogemeier, Mitglied des Direktoriums der deutschen Kohlenbergbau-Leitung, Essen, zu bestellen. In den Richtlinien, die ich Herrn Dr. Sogemeier für seine Tätigkeit erteilt habe, ist die bevorzugte Versorgung der revierfernen Gebiete, zu denen insbesondere das Land Bayern gehört, ausdrücklich festgelegt. Zu seiner Unterstützung sind bei den Verkaufsstellen der Produktion sowie deren Zweigstellen besondere Steuerungsorgane errichtet worden mit dem Ziel, eine Beeinträchtigung des Produktionsablaufs in den einzelnen Wirtschaftszweigen nach Möglichkeit zu vermeiden und den Hausbrandbedarf den Richtlinien entsprechend zu versorgen. Auf Vorstellungen des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft sowie des Vereins der keramischen Industrie habe ich bereits den ‚Deutschen Kohlen-Verkauf‘ ‚ Essen, veranlaßt, eine ausreichende Versorgung der bayerischen Porzellan-Industrie mit Brennstoffen im Rahmen des Möglichen sicherzustellen. Außerdem ist Herr Dr. Sogemeier ersucht worden, die Brennstoffzufuhren nach Bayern umgehend zu verstärken.“ (StK 14648).55In thematischem Fortgang (Kohlenpreisproblematik) s. Nr. 134 TOP I/18, Nr. 135 TOP I/4.
56Vgl. Nr. 119 TOP VIII, Nr. 121 TOP II.
1Der Ministerrat beschließt, die Beratung des Entwurfs eines Gesetzes über die Forstrechte endgültig zurückzustellen und dem Landtag die Gründe für die Zurückstellung nicht mitzuteilen.57
57Ein Regierungsentwurf für ein neues Forstrechtsgesetz wurde dem Landtag erst am 19. 8. 1952 vorgelegt (BBd.
IV Nr. 3137 ). Nachdem die CSU-Fraktion am 9. 2. 1954 einen Initiativentwurf für ein Forstrechtsgesetz eingebracht hatte (BBd.
VI Nr. 5127 ), wurde der Regierungsentwurf nicht weiterbehandelt. Das neue Forstrechtsgesetz trat erst 1958 in Kraft. Die genauen Gründe für die in vorliegendem Ministerrat beschlossene kommentarlose Suspendierung des Gesetzesvorhabens sind in den einschlägigen Akten nicht letztgültig zu eruieren. Ausschlaggebend waren hier mit höchster Wahrscheinlichkeit ungeklärte juristische Grundsatzfragen: Das StMI etwa sah die dem Gesetzentwurf nach gegebene Möglichkeit einer zwangsweisen Ablösung der Forstrechte in verfassungsrechtlichem Konflikt mit dem Grundrecht auf Eigentum (Art. 98 u. 103 BV). Vor allem aber blieb die Rechtsfrage ungeklärt, ob die Verordnung zur Förderung der Nutzholzgewinnung vom 30. 7. 1937, die durch das bayer. Forstrechtsgesetz abgelöst werdensollte, noch in Kraft sei, ob diese ggf. als Bundesrecht weitergelte, ferner ob diese Verordnung durch Landesrecht überhaupt geändert werden könne oder ob hierzu nicht ein Bundesgesetz nötig sei. S. hierzu den Durchschlag eines Schreibens Staatssekretär Schwalbers an das StMELF, Ministerialforstabteilung, 19. 7. 1950; Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Niklas an StMELF, Ministerialforstabteilung, 12. 6. 1950 (ML-Forst 11173/1).
58Vgl. Nr. 109 TOP VII.
1Ministerpräsident Dr. Ehard schlägt vor, die Frage der Straßenverkehrsverwaltung doch noch in der nächsten Zeit einer Klärung zuzuführen. Dabei handle es sich nicht um die Auflösung oder Aufrechterhaltung des Verkehrsministeriums,59 sondern darum, welches Ministerium die Zuständigkeit über den Straßenverkehr haben solle. Alle übrigen Länder hätten sich dahin entschieden, die Straßenpolizei in die Zuständigkeit des Verkehrsministeriums oder der entsprechenden Verkehrsabteilungen anderer Ministerien zu geben, nur Bayern bilde eine Ausnahme. Er halte es aber für notwendig, sich den anderen Ländern anzuschließen. Vielleicht sei es das zweckmäßigste, einen eigenen Ministerrat dafür anzusetzen und dazu auch die zuständigen Referenten der einzelnen Ministerien beizuziehen.59Die schließlich im Jahre 1952 vollzogene Auflösung des StMVerkehr hatte bereits seit 1948 wiederholt auf der politischen Agenda des Ministerrates gestanden. Vgl. Nr. 49 TOP III, Nr. 85 TOP II.
2Staatsminister Frommknecht stimmt zu und glaubt ebenfalls, daß eine eigene Sitzung erforderlich sei. Sämtliche Länder seien damit einverstanden, daß die Straßenverkehrsverwaltung aus dem Bereich der Innenministerien in den der Verkehrsministerien übergehe, auch Herr Staatssekretär von Lex60habe ihm erklärt, daß er seinen Standpunkt in dieser Sache völlig geändert habe. Der Bund jedenfalls werde unter allen Umständen die Straßenverkehrsverwaltung dem Bundesverkehrsministerium überlassen.60Zur Person s. Nr. 108 TOP II.
3Es wird beschlossen, in nächster Zeit eine Sondersitzung des Ministerrats über diese Frage anzusetzen und bis dahin die erforderlichen Vorarbeiten zu treffen.61
61Diese für die erste Novemberhälfte geplante Sondersitzung des Ministerrates kam nicht zustande. Vgl. den Durchschlag eines Schreibens Leusser an StMF, 29. 5. 1951: „Die in dem Schreiben vom 15. November 1950 Nr. 20046 erwähnte, vom Ministerrat seinerzeit vorgesehene Sondersitzung zur Behandlung des Entwurfs einer Verordnung über die Aufhebung der Straßenverkehrssonderbehörden hat nicht stattgefunden. Nach der Regierungsneubildung im Dezember 1950 war die Angelegenheit insofern überholt, als die Frage der Auflösung des Staatsministeriums für Verkehrsangelegenheiten auftrat, mit der auch die Aufhebung der Straßenverkehrssonderbehörden verbunden wäre. Zur grundsätzlichen Erörterung der Frage der Auflösung des Staatsministeriums für Verkehrsangelegenheiten ist vom Herrn Ministerpräsidenten eine Besprechung mit den Herren Staatsministern des Innern, der Finanzen und für Wirtschaft in Aussicht genommen, die jedoch bis jetzt ebenfalls nicht stattfinden konnte. Falls die Verhandlungen zu dem Ergebnis führen sollten, daß das Staatsministerium für Verkehrsangelegenheiten aufrechterhalten wird, müßte wohl der oben erwähnte Verordnungsentwurf erneut aufgegriffen werden.“ (StK-GuV 719). Der hier erwähnte Entwurf einer Verordnung überdie Straßenverkehrsverwaltung in Bayern wurde schließlich zusammengefaßt mit dem Entwurf des Gesetzes über die Aufhebung des Staatsministeriums für Verkehrsangelegenheiten zum Gesetz über die Zuständigkeiten auf dem Gebiete des Verkehrswesens vom 17. Oktober 1952 (GVBl. S. 277
). Zur Geschichte und Entwicklung des StMVerkehr vgl. Volkert, Handbuch S. 240–244; zu dessen Auflösung s. im Detail MF 69424. Zum Fortgang s. Protokolle Ehard III Nr. 49 TOP VII
.
62Vgl. Nr. 104 TOP I/11, Nr. 113 TOP V, Nr. 117 TOP IV, Nr. 122 TOP I, Nr. 123 TOP II.
1Ministerpräsident Dr. Ehardteilt mit, durch die Diskonterhöhung der Landeszentralbank sei es notwendig geworden, den Ausgabekurs der Steuergutscheine von 97 auf 96% herabzusetzen.63 Das Finanzministerium ersuche, die Zustimmung des Landtags hiezu herbeizuführen. Es sei wohl das zweckmäßigste, wenn dieses Ministerium selbst einen entsprechenden Antrag an den Landtag vorbereite.63Es handelte sich um eine Änderung des §6 des Gesetzes über Steuergutscheine vom 31. 10. 1950, der ursprünglich bestimmte: „Die Steuergutscheine werden mit 97 v. H. ihres Nennwerts in Zahlung gegeben oder gegen Barzahlung verkauft.“
2Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.64
64MPr. Ehard leitete dem Landtagspräsidenten den Änderungsantrag am 2. 11. 1950 zu. Der Landtag billigte den Antrag in seiner Sitzung vom 9. 11. 1950 ohne Aussprache. S. BBd.
IV Nr. 4613 ; StB.
VI S. 1298 .
65Vgl. Nr. 101 TOP I/17 u. Nr. 119 TOP II.
1Staatsminister Dr. Seidelführt aus, bekanntlich seien von Seiten seines Ministeriums eine Reihe von Gebieten in den Regierungsbezirken Niederbayern, Oberpfalz, Oberfranken mit Unterfranken zu Notstandsgebieten vorgeschlagen worden.66 Das Landwirtschaftministerium habe nunmehr im Benehmen mit der Landesplanungsstelle ergänzende Vorschläge ausgearbeitet, wonach zusätzlich noch einzelne Gemeinden und Landkreise zu Notstandsgebieten erklärt werden sollten.67 Bedenken gegen diese Vorschläge bestünden nicht und er ersuche den Ministerrat, durch Beschluß seine Zustimmung zu erteilen.66Vgl. StMWi an die Bayer. Vertretung in Bonn, 16. 3. 1950 (StK 14467). Als Notstandsgebiete vorgeschlagen wurden hier die Landkreise Passau, Wegscheid, Wolfstein, Grafenau, Regen, Deggendorf, Viechtach, Bogen, Kötzting und Cham im Bayer. Wald sowie die Landkreise Coburg, Kronach mit Teilen Lichtenfels und Teile der bayer. Rhön in Nordfranken.67Vgl. StM Seidel an Ehard, 31. 10. 1950; StM Schlögl an BML, 27. 10. 1950 (nebst zwei Berichten als Anlagen), StMWi/Landesplanungsstelle an BMWi, 4. 10. 1950 (nebst drei Berichten als Anlagen) (StK 14467). Als Notstandsgebiete wurden demnach festgelegt im Regierungsbezirk Niederbayern/Oberpfalz das Gebiet des Bayerischen-, Böhmer- und Oberpfälzer Waldes, im Regierungsbezirk Oberfranken die Gebiete des Frankenwaldes, des Thüringerwaldes und Steinachtales, und im Regierungsbezirk Unterfranken das Rhöngebiet. Darüber hinaus wurden als Ergänzungsvorschläge für Notstandsgebiete noch aufgeführt: Im Regierungsbezirk Niederbayern/Oberpfalz einzelne Gemeinden der Landkreise Regensburg, Nabburg, Neustadt/Waldnaab und Tirschenreuth; im Regierungsbezirk Oberfranken der Landkreis Naila, im Regierungsbezirk Unterfranken die Landkreise Lohr und Alzenau, ferner das Bayer. Jura.
2„Der Ministerrat erklärt sich mit den Vorschlägen einverstanden, die in der Frage der bayerischen Notstandsgebiete von der Landesplanungsstelle im Wirtschaftsministerium und vom Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten den zuständigen Bundesstellen übermittelt wurden.“68
68Dieser Absatz wurde der Vorlage durch ein gesondert beigeheftetes Blatt hinzugefügt. Im korrespondierenden Registraturexemplar (StK-MinRProt 13) wie auch im ursprünglichen Vorlageexemplar aus dem NL Ehard lautete der entsprechende, in der Vorlage dann hs. gestrichene Absatz: „Der Ministerrat beschließt, die vom Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vorgeschlagenen Gebiete zu Notstandsgebieten zu erklären.“
69Vgl. Nr. 115 TOP II/6, Nr. 124 TOP I, Nr. 125 TOP V, Nr. 126 TOP I, Nr. 128 TOP X, Nr. 130 TOP XI.
1Ministerpräsident Dr. Ehard berichtet über den derzeitigen Stand der Polizeifrage und betont, daß sich jetzt auch der Bundeskanzler klar dahin entschieden habe, die Verstärkung der Polizei habe mit der europäischen Verteidigung nichts zu tun.70
70Mit Schreiben vom 18. 10. 1950 hatte Adenauer die Ministerpräsidenten und die Innenminister der Länder für eine Sitzung am 27. 10. 1950 ins Palais Schaumburg eingeladen, um die Beratungen und Verhandlungen über das Verwaltungsabkommen zu einem Ende zu bringen. Unter dem Vorsitz Adenauers und unter Teilnahme des neuen Bundesinnenministers Robert Lehr, der sein Amt am 13. 10. 1950 in Nachfolge des zurückgetretenen Gustav Heinemann angetreten hatte, wurde hier das Verwaltungsabkommen über die Bereitschaftspolizeien endgültig ausformuliert. Vgl. Bundeskanzler Adenauer an MPr. Ehard, 18. 10. 1950 (StK 13094). Abschriften des Verwaltungsabkommens über die Errichtung von Bereitschaftspolizeien der Länder (Fassung vom 27. Oktober 1950) enthalten in StK 13094 u. NL Ehard 1555; ein Abdruck – allerdings in einer punktuell leicht abweichenden Fassung – bei v. Lex, Bereitschaftspolizeien S. 131 f. In der Frage der Verstärkung der Polizeikräfte waren für Adenauer die innen- und außenpolitischen Aspekte der Sicherheitspolitik untrennbar miteinander verknüpft. Tatsächlich waren die Überlegungen im Kanzleramt ursprünglich dahin gegangen, über den Umweg einer Verstärkung der Polizei bzw. der Errichtung einer Bundespolizei wieder zu einem eigenen Wehrbeitrag der Bundesrepublik zu gelangen. S. hierzu Gelberg, Ehard S. 324; Foerster,Aspekte S. 485; Schwarz, Adenauer I S. 738.
2Staatsminister Dr. Ankermüller gibt sodann einen Überblick über den gegenwärtigen Stand der Arbeiten zur Aufstellung der Bereitschaftspolizei.
3Ministerpräsident Dr. Ehard fügt ergänzend hinzu, wegen der Kosten müßten die Finanzminister der Länder mit dem Bundesfinanzministerium noch verhandeln. Vorläufig sei damit zu rechnen, daß für 10000 Mann im Jahr 90 Millionen DM benötigt würden, von denen 44 Millionen DM auf die Länder entfielen; der bayerische Anteil bis 31. März 1951 betrage ca. 4 bis 5 Millionen DM, was erträglich sei. Allerdings sei die Frage der Unterbringung noch nicht mit einkalkuliert, Bayern sei aber in der günstigen Lage, in dem Arbeitshaus Rebdorf71 ein sehr geeignetes Objekt zu besitzen.71Vgl. Nr. 122 TOP XIV.
4Übrigens strebe die SPD eine Erweiterung der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit72 des Bundes bezüglich der Polizei an und zwar nicht beschränkt auf die Bereitschaftspolizei;73 praktisch würde das natürlich eine Aufhebung der Polizeihoheit der Länder bedeuten.74
72Diese Formulierung eine hs. Ergänzung Ehards. Im Registraturexemplar hatte es hier ursprünglich nur geheißen „Zuständigkeit“ (Stk-MinRProt 13).73Die SPD-Bundestagsfraktion hatte am 26. 10. 1950 einen Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes eingebracht. Abdruck als BT-Drs. Nr. 1515 . Nach diesem SPD-Antrag sollte der Art. 74 GG, der die Materien der konkurrierenden Gesetzgebung regelte, um eine Ziff. 24 erweitert werden: Die konkurrierende Gesetzgebung sollte sich demnach auch erstrecken auf „24. die Einstellung, Beförderung, Ausbildung, Besoldung, Versorgung, Ausrüstung und Bewaffnung der Polizeiexekutivbeamten.“ Ferner betraf der SPD-Antrag auch eine Änderung des Art. 87 GG (Gegenstände der Bundeseigenverwaltung). Hier sollte ein neuer Abs. 2 eingefügt werden: „(2) Die Länder sind auf Anforderung des Bundesministers des Innern verpflichtet, ein Zehntel ihrer Polizei-Exekutivkräfte nach Maßgabe eines besonderen Bundesgesetzes zur Verfügung des Bundes zu halten.“74Zum Fortgang s. Nr. 132 TOP IV.
1Der Ministerrat beschließt, vorläufig der amerikanischen Filmgesellschaft Twentieth Century Corp., die derzeit in Deutschland den Film „Die Legion der Verdammten“ dreht, staatliche Gebäude für Aufnahmen nicht mehr zur Verfügung zu stellen. Nachdem Zweifel über die Deutschfreundlichkeit des Films auf getaucht und insbesondere in Würzburg Bedenken über die Darstellung der Zerstörung der Stadt entstanden sind, wird die Aufhebung dieser Sperre von der Prüfung des Drehbuchs abhängig gemacht.75
75Es handelt sich hier um den Arbeitstitel eines Filmprojekts des russischstämmigen US-Regisseurs Anatole Litvak, das im Jahre 1951 unter dem Titel Decision before Dawn – „Entscheidung vor Morgengrauen“ in die Kinos kam. Der in Deutschland und Frankreich gedrehte Film, in dem u.a. auch Hildegard Knef eine Hauptrolle spielte, handelt von einer Gruppe deutscher Kriegsgefangener, die unter der Führung eines alliierten Offiziers wieder als Kundschafter nach Deutschland zurückgeschickt werden, um so zum militärischen Sturz des NS-Regimes beizutragen. Dieser anti-nationalsozialistische Film gilt als das künstlerisch beste Werk Litvaks. S. Lyon, Dictionary of Films and Filmmakers S. 333 f. Zur Person Litvaks und zum Fortgang s. Nr. 132 TOP V.
Der Bayerische Ministerpräsident
gez.: Dr. Hans Ehard
Der Generalsekretär des
Ministerrats
Im Auftrag
gez.: Levin Frhr. von Gumppenberg
Regierungsdirektor
Der Leiter der
Bayerischen Staatskanzlei
gez.: Dr. Anton Pfeiffer
Staatsminister