Ministerpräsident Dr. Ehard, Stv. Ministerpräsident und Innenminister Dr. Hoegner, Kultusminister Dr. Schwalber, Finanzminister Zietsch, Wirtschaftsminister Dr. Seidel, Landwirtschaftsminister Dr. Schlögl, Arbeitsminister Dr. Oechsle, Staatssekretär Dr. Nerreter (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Oberländer (Innenministerium), Staatssekretär Dr. Brenner (Kultusministerium), Staatssekretär Dr. Ringelmann (Finanzministerium), Staatssekretär Dr. Guthsmuths (Wirtschaftsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Ministerialrat Leusser (Bayer. Staatskanzlei).
Justizminister Dr. Müller, Staatssekretär Dr. Koch (Justizministerium), Staatssekretär Maag (Landwirtschaftsministerium).
I. Bundesratsangelegenheiten. II. Änderung des Gesetzes zur Förderung der Eingliederung von Heimatvertriebenen in die Landwirtschaft (Flüchtlingssiedlungsgesetz vom 10. August 1949). III. Vorweggenehmigung dringend benötigter Bauausgaben durch den Landtag. IV. Beteiligung Bayerns an der Eisenwerk-Gesellschaft Maximilianshütte mbH. V. Obersalzberg. VI. Wirtschaftliche Forschungsgesellschaft mbH Unterpfaffenhofen bei München (Wifo). VII. Nationaler Gedenktag am 12. September 1951. VIII. Fortführung der Schulspeisung. IX. [Überführung von Maschinen der IRO von Luttensee nach Gauting]. [X. Artilleriekaserne Garmisch]. [XI. Einstellung von Straßenbauarbeiten]. [XII. Fragestunde des Landtags].
1. Entwurf eines Bundesbeamtengesetzes1
Leusser führt aus, der Koordinierungsausschuß sei der Ansicht, daß man sich im wesentlichen den Empfehlungen des Innen- und Finanzausschusses anschließen könne mit Ausnahme des Vorschlags des Finanzausschusses zu § 148 Abs. 6, da dieser eine nicht mit dem Grundgesetz zu vereinbarende Benachteiligung der männlichen Beamten darstelle.2
MinisterialratDr. Ringelmann begründet dagegen die Auffassung des Finanzausschusses und betont, daß bei weiblichen Beamten, die ausscheiden, die Freiwilligkeit nicht in gleichem Maße wie bei männlichen gegeben sei; er erinnere an die Fälle, daß eine weibliche Beamte [sic!] mit ihrer Verheiratung oder zwei Jahre nach der Verheiratung auszuscheiden habe.
StaatssekretärHerr Ministerialdirigent Kallenbach habe sehr zweckmäßige Vorschläge ausgearbeitet und er empfehle, primär seinen Anregungen und sekundär dem Votum des Finanzausschusses zu folgen.
Der Ministerrat beschließt, so zu verfahren.
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Nach kurzer Aussprache wird ferner beschlossen, hinsichtlich des § 169 entgegen den Empfehlungen des Innenausschusses bei der Regierungsvorlage zu verbleiben.2. Entwurf eines Gesetzes über das Abkommen über die soziale Sicherheit der Rheinschiffer und über die Arbeitsbedingungen der Rheinschiffer nebst Schlußprotokoll4
und
3. Entwurf eines Gesetzes über das Abkommen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich über Sozialversicherung nebst Schlußprotokoll
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Bedenken werden nicht erhoben.4. Entwurf von Verwaltungsvorschriften zur Durchführung der §§ 25 bis 27 des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz)6
und
5. Entwurf einer Verordnung zur Durchführung des § 26 des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundesversorgungsgesetz)7
Leusser fährt fort, in der letzten Sitzung des Finanzausschusses sei im Einvernehmen mit den übrigen beteiligten Ausschüssen beschlossen worden, die beiden Entwürfe nochmals überarbeiten und vorerst von der Tagesordnung absetzen zu lassen.8
Ministerialrat6. Entwurf eines Gesetzes über die Steuerberechtigung und die Zerlegung bei der Einkommensteuer und der Körperschafsteuer (Zerlegungsgesetz)9
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Der Ministerrat beschließt, gegen den Entwurf unter Berücksichtigung der Änderungsvorschläge des Finanzausschusses vom 30. 8. 1951 keine Einwendungen zu erheben.7. Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gewerbesteuerrechts11
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Der Ministerrat beschließt, sich den Empfehlungen des Finanzausschusses anzuschließen.8. Wahl der Richter des Bundesverfassungsgerichts13
Dr. Ehard erinnert daran, daß hier die Haltung der bayerischen Regierung bereits festgelegt worden sei und Herr Staatsminister Dr. Müller und Herr Staatssekretär Dr. Koch den bayerischen Standpunkt in Bonn vertreten würden.14
Ministerpräsident9. Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung und Überleitung von Vorschriften auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes15
und
10. Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes betreffend den Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl vom 18. 4. 195116
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Bedenken werden nicht geltend gemacht.11. Entwurf eines Gesetzes zur Ausdehnung der Verbilligung von Dieselkraftstoff für die Fahrgastschiffe der Binnenschiffahrt18
Leusser berichtet, im Koordinierungsausschuß seien die Meinungen über diesen Gesetzentwurf geteilt gewesen. Der Vertreter des Finanzministeriums19 habe sich nach wie vor gegen jede Änderung des bestehenden Zustands ausgesprochen, während der Vertreter des Verkehrsministeriums20 der Auffassung gewesen sei, die gesamte Fahrgastschiffahrt müsse in die Verbilligung mit einbezogen werden.21 Fest stehe jedenfalls, daß dieser von Hamburg eingebrachte Initiativgesetzentwurf in erster Linie Hamburg und Bremen zugute kommen werde.
MinisterialratDr. Ringelmann macht darauf aufmerksam, daß hier eine Verordnung durch ein Gesetz geändert werden solle, was keinesfalls zweckmäßig sei, von den tatsächlichen Folgen ganz abgesehen. Er sei der Meinung, daß der Initiativgesetzentwurf abgelehnt werden müsse, schon im Hinblick darauf, daß die Frage der Verteilung der Einkommensteuer zwischen Bund und Ländern22 nicht feststehe.
Staatssekretär23
Der Ministerrat beschließt, den Gesetzentwurf abzulehnen12. Entwurf einer Verwaltungsanordnung betr. Körperschaftsteuer-Richtlinien für das Kalenderjahr 1950 (KStR 1950)24
Leusser macht darauf aufmerksam, daß dieser Entwurf noch nicht vorliege, weshalb der Koordinierungsausschuß auch empfohlen habe, die Beschlußfassung im Bundesratsplenum um acht Tage zu verschieben.
MinisterialratDr. Ringelmann erklärt, mit dieser Verschiebung einverstanden zu sein.
StaatssekretärDer Ministerrat beschließt, einen Vertagungsantrag zu stellen.
13. Entwurf eines Dritten Gesetzes über die Neugliederung in den Ländern Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern25
Leusser meint, von bayerischer Seite aus könne man dem badischen Initiativgesetzentwurf nicht entgegentreten, obwohl dessen Formulierungen nicht sehr glücklich seien.
Ministerialrat26
Der Ministerrat beschließt, gegen diesen Gesetzentwurf keine Einwendungen zu erheben.14. Vorsitz in den Bundesratsausschüssen
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Der Ministerrat erörtert kurz die Frage, wie der Vorsitz in den einzelnen Ausschüssen und in den Ländern verteilt werden solle.Dr. Ehard hält es für zweckmäßig, in der Präsidialsitzung am nächsten Donnerstag alle Fragen zu klären und glaubt, daß in dieser Sitzung schon ein abgeschlossener Vorschlag gemacht werden könne.
MinisterpräsidentDr. Ehard mit, daß sich das neue Präsidium des Bundesrates aus Ministerpräsident Kopf28 (Niedersachsen), dem Bayerischen Ministerpräsidenten als Vizepräsidenten und den Bürgermeistern Reuter29 (Berlin) und Brauer30 (Hamburg) sowie Ministerpräsident Lübke31 (Schleswig-Holstein)32 zusammensetzen werde.
Abschließend teilt MinisterpräsidentDr. Ehard teilt mit, das Landwirtschaftsministerium habe vorgeschlagen, beim Bundesrat einen Initiativantrag auf Änderung des Flüchtlingssiedlungsgesetzes einzubringen. Der Entwurf sehe vor, daß den Heimatvertriebenen diejenigen selbständigen Landwirte gleichgestellt werden sollten, die infolge der Beschlagnahme von land- und forstwirtschaftlichem Grundbesitz ihren bisherigen Wohnsitz verlassen müssen oder ihre Existenz einbüßen.34
MinisterpräsidentDr. Oberländer äußert große Bedenken gegen diesen Änderungsvorschlag und hält es für ausgeschlossen, hiefür eine Mehrheit im Bundesrat zu finden. Seines Erachtens könne die Umsiedlung des Hohenfelser Gebietes auch ohne Gesetzesänderung durchgeführt werden.
Staatssekretärmitnehmen könnten. Er halte es für durchaus möglich, diesen Bauern im vollen Umfange die Vergünstigungen des Flüchtlingssiedlungsgesetzes einzuräumen. Er müsse sich aber dagegen wenden, daß jeder, auch derjenige, der große Sondereinkünfte aus Waldverkauf usw. habe, die Vergünstigungen in Anspruch nehme. Er weise noch darauf hin, daß er schon jetzt eine Reihe von Zuschriften, Anrufen usw. bekommen hätte, die sich sämtlich gegen den Vorschlag des Landwirtschaftsministeriums wendeten.
Was die einheimischen Bauern betreffe, so könnten diese ohne weiteres entschädigt werden. Allerdings gebe es auch unter den Einheimischen kleine Bauern, die z.B. über keinen Wald verfügten und daher keine flüssigen MittelDr. Ehard erklärt, auch ihm würde es mehr zusagen, wenn man die Angelegenheit innerhalb der bayerischen Stellen lösen könne.
MinisterpräsidentZietsch stimmt zu und stellt fest, daß auch erhebliche haushaltsrechtliche Bedenken bestünden, vor allem, weil ja der Bund die Kosten für die Umsiedlung trage. Die einheimischen Bauern erhielten alles abgelöst und hätten dazu noch weitere Einkünfte durch ihr weit über den Preis verkauftes Holz. Bekanntlich sei der heimatvertriebene Bauer nicht in der Lage, solche Einnahmen zu finden, da er ja nicht Besitzer, sondern nur Pächter seines Besitzes sei.
StaatsministerDr. Schlögl betont, daß es sich um 171 einheimische Bauern handle. Wenn er nicht die Möglichkeit habe, diese Bauern auf Bodenreformland und die freiwerdenden Höfe anzusiedeln, bleibe nur der freie Kauf übrig; bekanntlich seien auch die Grundstückspreise außerordentlich in die Höhe gegangen. Bodenreformland könne er aber nur erhalten, wenn dafür eine höhere Entschädigung, als eigentlich nach dem Gesetz vorgesehen sei, gezahlt werde. Auf diese Art und Weise habe z.B. Württemberg-Baden die Bodenreform schon vollständig durchgeführt. Wenn er hiezu ermächtigt werde, sei er ohne weiteres in der Lage, auf dem freien Markt größere Güter zu erwerben und diese dann für die Ansiedlung der einheimischen Bauern zu verwenden. Er müsse nachdrücklich darauf hinweisen, daß auch die Frage, wo die einheimischen Bauern angesiedelt werden sollten, zu einem großen Problem werde. Deshalb habe er auch eine Änderung des Flüchtlingssiedlungsgesetzes vorgeschlagen, um freiwerdende Höfe für alle Umsiedler verwenden zu können.
StaatsministerDr. Ehard beharrt darauf, daß intern ein Weg gefunden werden müsse.
MinisterpräsidentZietsch führt aus, die Hohenfelser Bauern bekämen eine Entschädigung und könnten jetzt schon irgendwo in Bayern Höfe suchen, zumal eine große Zahl von ihnen imstande sei, aus ihrem Holzgeld entsprechende Anwesen zu erwerben. Er halte es für das beste, daß der Herr Landwirtschaftsminister die einzelnen Fälle bekanntgebe, so daß dann überlegt werden könne, welcher Ausweg hier oder dort gefunden werden könne.
StaatsministerDr. Schlögl fährt fort, die Zahl der Flüchtlingsbauern belaufe sich auf 185; alle hätten ein Anrecht auf Bodenreformland und Höfe selbst aus dem Flüchtlingssiedlungsgesetz, es stünden ihm aber nur 73 Vollbauernstellen zur Verfügung, die zum Teil gebaut würden. Wo er die übrigen unterbringen könne, wisse er heute noch nicht. Die von ihm eingeleitete Aktion bei allen Landräten habe lediglich ein Angebot von 21 Höfen ergeben. Er müsse auch davor warnen, die Einnahmen im Erweiterungsgebiet von Hohenfels zu überschätzen. Bekanntlich dürften keine Kahlhiebe, sondern nur Durchforstungen vorgenommen werden.
Staatsminister35 zurückzukommen. Er sehe hier eine Möglichkeit, 40 Familien auf dieser Fläche und in der Nachbarschaft noch weitere 30 Familien unterzubringen. Da Bayern nicht gerade viele große Güter aufweise, müsse man hier die Gelegenheit wahrnehmen.
Was die einheimischen Bauern betreffe, so müsse er nochmals auf seinen Plan, ganze Ortschaften geschlossen auf dem Grundbesitz des Fürsten Thurn und Taxis und des Herrn Kirsch-Puricelli bei Regensburg anzusiedeln,Dr. Oberländer wirft ein, er habe keine Bedenken dagegen, auch für die einheimischen Bauern Bodenreformland herzunehmen, seine Bedenken richten sich in erster Linie gegen die Anwendung der sonstigen Vergünstigungen des Flüchtlingssiedlungsgesetzes.
StaatssekretärDr. Seidel meint, wenn Herr Staatssekretär Dr. Oberländer bereit sei, auf Siedlungsland zu verzichten, könnten die Bauern doch ordnungsgemäß solche Grundstücke erwerben.
StaatsministerDr. Ehard faßt die Debatte zusammen und stellt fest, daß bei einem Antrag auf Änderung des Flüchtlingssiedlungsgesetzes große Schwierigkeiten entstehen würden und der bayerische Antrag sicher keine Mehrheit finden werde. Seiner Meinung nach müsse versucht werden, in gegenseitigem Einvernehmen Bodenreformland auch für einheimische Bauern verfügbar zu machen. Er halte das umso mehr für möglich, als heute im Ministerrat die allgemeine Bereitschaft zu einer Verständigung ausgesprochen worden sei. Falls sich rechtliche Schwierigkeiten ergeben würden, die nicht zu überwinden seien, könne man immer noch eine gesetzliche Regelung ad hoc anstreben. Jedenfalls gehe der vorliegende Entwurf weit über das hinaus, was im Augenblick gebraucht werde.
MinisterpräsidentDer Ministerrat beschließt, den vom Landwirtschaftsministerium ausgearbeiteten Gesetzentwurf nicht im Bundesrat einzubringen.
Dr. Ehard fährt fort, er glaube nicht, daß man durch Zahlung eines Überpreises die Schwierigkeiten, Bodenreformland zu erhalten, überwinden könne. Zunächst einmal müsse wohl versucht werden, durch gegenseitige Vereinbarung oder durch Beschleunigung der Rechtsmittel in anhängigen Verwaltungsstreitverfahren bei der Bodenreform etwas zu erreichen.
MinisterpräsidentDr. Schlögl erwidert, die Verfahren vor den Verwaltungsgerichten könnten nicht beschleunigt werden. Die Grundbesitzer stünden auf dem Standpunkt, sie seien bereit nachzugeben, wenn auch der Staat hinsichtlich der Entschädigung entgegenkomme.
StaatsministerDr. Ringelmann erkundigt sich, ob der verwaltungsrechtliche Streit mit dem Fürsten Thurn und Taxis nicht im Vergleichsweg geordnet werden könne.
StaatssekretärDr. Schlögl hält es für zweckmäßig, vor allem mit Herrn Kirsch-Puricelli36 zu verhandeln, der als Ausländer eher bereit sei, Grundbesitz abzugeben. Er bitte, ihn zu ermächtigen, mit Herrn Kirsch-Puricelli oder seinem Vertreter entsprechend zu verhandeln.
StaatsministerZietsch hält es für notwendig, daß auch das Finanzministerium eingeschaltet werde.
StaatsministerDr. Schlögl ersucht, die von ihm heute übergebene Denkschrift als Grundlage für die weiteren Verhandlungen anzunehmen.37 Er verweise besonders auf Abs. 1, der feststelle, daß auch das Wirtschaftsministerium maßgeblich beteiligt sei.
StaatsministerDr. Seidel weist darauf hin, daß seine Vertreter an die gesetzlichen Bestimmungen gebunden seien.
StaatsministerDer Ministerrat stellt nochmals ausdrücklich fest, daß
1. ein Gesetzentwurf nicht eingebracht wird und
2. alle beteiligten Stellen, insbesondere Landwirtschaftsministerium, Finanzministerium und Innenministerium (Staatssekretär für die Angelegenheiten der Heimatvertriebenen) sich zusammensetzen sollen, um eine Regelung zu finden. Wenn schwierige Streitfragen auftauchen sollten, müsse der Ministerrat nochmals unterrichtet werden.
Der Ministerrat beschließt, drei Anträge des Bayer. Staatsministeriums der Justiz auf Vorweggenehmigung dringend benötigter Bauausgaben dem Bayerischen Landtag zuzuleiten. Es handelt sich dabei
1. um einen Betrag von 110000 DM für den Wiederaufbau des Amtsgerichtsgebäudes in Schwandorf;
2. um einen Betrag von 105000 DM für die Instandsetzung des Justizgebäudes in München, Mariahilfplatz 17a und
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3. um einen Betrag von 60000 DM für die Instandsetzung des Amtsgerichtsgebäudes in Amberg.Dr. Ringelmann verliest zunächst den Entwurf eines Vorvertrags, der zwischen dem bayerischen Staat und der Friedrich Flick Kommanditgesellschaft in Düsseldorf abgeschlossen werden soll.40 Danach verpflichte sich die KG, an den bayerischen Staat soviele Geschäftsanteile zu verkaufen, daß dieser im Zeitpunkt der Übertragung der Anteile Inhaber von 26% sei; der Kaufpreis betrage 20 Millionen DM und sei in drei Jahresraten von 7, 7 und 6 Millionen DM zu bezahlen.
Staatssekretär41 Zu beachten sei auch, daß das Unternehmen sehr abhängig von der Kohlenfrage sei, da es selber keine eigene Kohle besitze.
Zu Begründung führt Staatssekretär Dr. Ringelmann aus, an dem Problem der Beteiligung werde schon seit 20 Jahren gearbeitet, da es sich hier um das einzige große Stahlwerk in Bayern handle. Die Verhältnisse bei der Friedrich Flick KG seien so gelagert, daß mit der Gefahr gerechnet werden müsse, daß die Anteile in außerbayerische Hände gelangten. Mit einer Beteiligung von 26% habe der bayerische Staat die Möglichkeit, in der Satzung eine Reihe von Bestimmungen festzulegen, die einen gewissen Schutz bildeten. Er dürfe insoweit auf Seite 3 Ziff. 4 der Vorlage zu verweisen.Das Finanzministerium habe sich für verpflichtet gehalten, die Verhandlungen aufzugreifen, um sich nicht dem Vorwurf auszusetzen, daß es eine einmalige Gelegenheit, auf die Maxhütte Einfluß zu nehmen, versäumt habe. Der Kaufpreis von 20 Millionen DM sei recht günstig, vor allem, weil große Erzvorräte vorhanden seien; man könne mit Sicherheit sagen, daß der Preis niedriger als der wirkliche Wert der Anteile sei.
Dr. Seidel erklärt sich mit dieser Begründung nicht einverstanden.42 Das Argument, daß die Anteile der Maxhütte in außerbayerische Hände gelangen könnten, schlage nicht durch, einmal, weil dies schon jetzt der Fall sei, und zum anderen, weil es bei einer Reihe von wichtigen Unternehmen in Bayern ebenso sei. Zweifellos sei die Maxhütte das einzige Stahlwerk in Bayern auf Erzgrundlage und also von größter Bedeutung für die bayerische Wirtschaft; wenn sich der Staat an dieser Gesellschaft zu 51% beteiligen könnte, ließe sich sicher über den Erwerb der Anteile reden. Seiner Meinung nach aber auch nur dann, wenn die Maxhütte ein Konzernbetrieb wäre und die Gefahr bestünde, daß sie stillgelegt werde. Er könne sich auch vorstellen, daß sich der Staat aus sozialpolitischen Gründen an einem Unternehmen beteilige, solche Gründe lägen aber hier nicht vor. Die Maxhütte sei als Einheitsgesellschaft vorgesehen, sie werde deshalb nur als selbständiges Unternehmen gebildet werden können. Er halte es für ausgeschlossen, daß sie stillgelegt werde. Mit einer Beteiligung von nur 26% habe der Staat keineswegs einen maßgeblichen Einfluß auf die Geschäftsführung und auch der sozialpolitische Gesichtspunkt sei – wie gesagt – nicht ausschlaggebend.
StaatsministerAuch das Argument, daß die Maxhütte keine eigene Kohlenbasis habe, könne ihn nicht überzeugen. Natürlich müsse man die Bestrebungen unterstützen, daß die Maxhütte eine Kohlenbasis erhalte, die Beteiligung des bayerischen Staates spiele aber bei diesem Bestreben keinerlei Rolle. Wenn hier eine Ausgabe von 20 Millionen DM vorgesehen sei und er demgegenüber feststellen müsse, daß bedeutsame Betriebe aus Bayern abwanderten, weil man ihnen nicht einmal einen Betrag von 10000 DM geben könne, sei es ihm unmöglich, sich einverstanden zu erklären.
Dr. Hoegner weist in diesem Zusammenhang darauf hin, daß der Straßenbau an vielen Orten eingestellt und sogar Stammarbeiter entlassen werden müßten, weil kein Geld zur Verfügung stehe.43 Er glaube unter diesen Umständen nicht, daß der Landtag hier zustimmen werde.
Stv. MinisterpräsidentDr. Oechsle hält es für notwendig, jedenfalls auch die Satzung eingehend prüfen zu können.
StaatsministerDr. Ringelmann antwortet, die jetzt geäußerten Bedenken seien für das Finanzministerium sehr wertvoll, so daß nun versucht werden könne, bei den Verhandlungen mit der Friedrich Flick KG weitere Vorteile herauszuschlagen. Im übrigen müsse er aber daran erinnern, daß die Maxhütte im Interesse der bayerischen Wirtschaft wesentlich weniger exportiert hätte, als ihr an sich möglich gewesen sei. Es sei durchaus denkbar, in der Satzung Bestimmungen über die Exportfrage und den Vorrang der bayerischen Wirtschaft festzulegen. Außerdem müsse er nochmals feststellen, daß es sich hier um eine Familiengesellschaft handle, also die Gefahr größer sei, wie beispielsweise bei einer AG, daß die Anteile in irgendwelche Hände kämen, die für die bayerische Wirtschaft kein Interesse hätten. Er wiederhole, daß eine so günstige Gelegenheit sich niemals mehr ergeben werde.
StaatssekretärDr. Oechsle nochmals die Notwendigkeit betont, zu klären, was in die Satzung aufgenommen werden müßte, wird beschlossen, die Angelegenheit zurückzustellen.44
Nachdem StaatsministerDr. Hoegner teilt mit, bei seinem letzten Besuch in Bad Reichenhall habe ihm der Landrat wiederum mitgeteilt, daß der Landkreis Berchtesgaden ein Interesse daran habe, die Straßen zum Kehlstein so rasch wie möglich mit Omnibussen zu befahren. Der Resident Officer 46 habe interessanterweise dazu erklärt, die Straße sei zwar nicht beschlagnahmt, es liege aber der Befehl eines Generals vor, daß sie nicht benützt werden dürfe. Es frage sich nun, ob an den Herrn Landeskommissar herangetreten werden soll, daß die Straße bis zum sogenannten Parkplatz freigegeben werde.
Stv. MinisterpräsidentZietsch stellt fest, daß die Straße nicht von dem gesamten Komplex getrennt werden könne und spricht sich dafür aus, vorläufig alles im bisherigen Stand zu belassen.
StaatsministerDr. Ehard hält es für nicht ungünstig, daß ein solcher Befehl vorliege. Tatsache sei, daß über das Kehlsteinhaus nicht verfügt werden könne, weil die Amerikaner Vorschläge der bayerischen Regierung erwarteten. Es sei ein Irrtum, anzunehmen, daß irgendeine Freigabe schon erfolgt sei, die Amerikaner würden vielmehr erst dann freigeben, wenn eindeutig feststehe, was mit dem Haus geschehen solle.
MinisterpräsidentDr. Seidel meint, wenn es jetzt freigegeben werde, so könne die Straße doch nur mehr kurze Zeit befahren werden. Im übrigen halte er es für richtig, den Kehlstein soweit wie möglich zu profanieren, dann könne am wenigsten ein nationalsozialistischer Kult entstehen.
StaatsministerDr. Schlögl ersucht, bald eine Entscheidung darüber herbeizuführen, ob die Grundstücke, die im Besitz des bayerischen Staates seien, angepflanzt werden dürfen oder nicht; er verweise hierbei auf den allen Mitgliedern des Kabinetts zugegangenen Wiederaufforstungsplan seines Ministeriums.47
StaatsministerDr. Ringelmann fügt hinzu, die Bayer. Berg-, Hütten- und Salinen AG habe eine Reihe von Grundstücken seinerzeit zur Verfügung stellen müssen,48 er halte es für unbedingt notwendig, die AG auch zu den Verhandlungen zuzuziehen und zwar ebenso hinsichtlich der Wiederaufforstung wie hinsichtlich der Rückübertragung von Grundstücken.
StaatssekretärDr. Ehard weist darauf hin, daß einem Gespräch mit dem Landeskommissar zufolge die Amerikaner zwischen dem Obersalzberg und dem Kehlstein unterscheiden. Der Obersalzberg sei noch keinesfalls freigegeben und die bayerische Regierung könne überhaupt nicht verfügen. Die Freigabe laufe aber bereits, und zwar unter Berücksichtigung des Ministerratsbeschlusses vom 14. August 1951. Wenn sie erfolgt sei, könne man ohne weiteres nach eigenem Ermessen verfügen. Hinsichtlich des Kehlsteins erwarteten die Amerikaner – wie schon gesagt – konkrete Vorschläge.
Ministerpräsident49
Der Ministerrat beschließt, die Angelegenheit zunächst noch zurückzustellen.Dr. Ringelmann teilt mit, trotz des bayerischen Einspruchs sei in der konstituierenden Aufsichtsratssitzung der Wifo im Bundesfinanzministerium am 1. 8. 1951 eine vorläufige Geschäftsführung bestellt worden, ferner habe man eine Wirtschafterversammlung abgehalten, in der 13 Aufsichtsratsmitglieder gewählt worden seien. Obwohl ein Großteil des Wifo-Vermögens in Bayern liege und dort verwaltet werde, sei lediglich ein Vertreter Bayerns, nämlich Ministerialdirigent Dr. Kiefer,51 in den Aufsichtsrat gewählt worden. Das bedeute zweifellos eine fast völlige Ausschaltung Bayerns bei der Verwaltung des Vermögens. Das Staatsministerium der Finanzen habe dagegen schon Einspruch eingelegt und verlangt, daß der Aufsichtsrat durch mindestens zwei oder drei bayerische Mitglieder ergänzt werde; außerdem habe Bayern Anspruch darauf, daß ein von ihm zu bestellender Geschäftsführer aufgenommen werde.
StaatssekretärDer Ministerrat beschließt, gegen die jetzt getroffenen Regelung Schritte bei der Bundesregierung zu unternehmen.
Dr. Ehard verliest den Entwurf einer Bekanntmachung der Bayerischen Staatsregierung über den Nationalen Gedenktag des deutschen Volkes am 12. September 1951. Der Entwurf findet die Zustimmung des Ministerrats mit Ausnahme der Ziff. 2, die folgende Fassung erhält:
Ministerpräsident„Der Dienstschluß bei allen staatlichen Behörden und Betrieben wird am 12. September 1951 auf 15 Uhr festgelegt.“
Dr. Ehard erklärt abschließend mit Zustimmung des Kabinetts, daß er nicht beabsichtige, an diesem Tag eine Rundfunkansprache zu halten.53
MinisterpräsidentDr. Hoegner gibt bekannt, die Entscheidung, ob die Schulspeisung im neuen Schuljahr durchgeführt werden solle, sei im Juni bis Ende August/Anfang September zurückgestellt worden. Es habe sich nun herausgestellt, daß der Bund für die Schulspeisung keine Mittel mehr zur Verfügung stellen wolle, es also nicht möglich ist, sie beizubehalten.
Staatsminister55
Der Ministerrat beschließt daraufhin, die Schulspeisung einzustellen.Dr. Hoegner teilt mit, der Wert der Maschinen der IRO, die von Luttensee nach Gauting gebracht werden sollen, beziffere sich angeblich auf 250 bis 300000 DM.57 Die Landesversicherungsanstalt Oberbayern sei bereit, die Maschinen zu erwerben, es werde aber eine Staatsbürgschaft in Höhe von 200 000 DM verlangt.
StaatsministerDr. Oechsle wirft ein, ursprünglich sollten die Maschinen kostenlos geliefert werden, während das Arbeitsministerium sich bereiterklärt habe, einen Betrag von 150000 DM für Aufstellung usw. bereitzustellen.
StaatsministerDr. Oberländer fügt hinzu, er habe seinerzeit über diese Dinge im Ministerrat berichtet und alles sei völlig klar gewesen. Er habe auch den Amerikanern gesagt, daß der Ministerrat von seinem Beschluß, nur 150000 DM aufzuwenden, nicht abgehen werde. Übrigens sollte heute Nachmittag der Abschluß der Verhandlungen stattfinden.
StaatssekretärDr. Oechsle führt aus, das Schwergewicht liege beim Arbeitsministerium, nachdem die Landesversicherungsanstalt bereit sei, für den Ankauf ein Darlehen zu geben; Darlehensnehmer sei aber die Verwaltung des Krankenhauses Gauting. Die Landesversicherungsanstalt ihrerseits müsse eine Staatsbürgschaft haben, da sie sonst nicht zur Darlehenshingabe berechtigt sei. Er sei der Auffassung, daß sehr genau überlegt werden müsse, ob man tatsächlich noch abschließen solle, nachdem jetzt insgesamt 350000 DM benötigt würden.
StaatsministerZietsch teilt diese Auffassung und betont, daß bei den jetzigen Bedingungen für den bayerischen Staat kein Vorteil mehr herausspringe. Immerhin könne man heute verhandeln, dabei müsse der Vertrag aber sehr genau nachgeprüft werden.58
Staatsminister59
Der Ministerrat erklärt sich damit einverstanden.Dr. Hoegner gibt bekannt, daß Bürgermeister Schütte61 von Garmisch eine Besprechung mit General Eisenhower62 wegen der Kaserne in Garmisch gehabt habe und nun auf Grund eines allerdings ziemlich nichtssagenden Schreibens des Generals versuche, die Räumung der Kaserne zu verhindern.63 Die Angelegenheit sei dadurch sehr schwierig geworden, daß in der Tat die Räumung angeordnet worden sei, ohne daß die Amerikaner einen bestimmten Termin angegeben hätten. Wenn nun versucht werde, die Kaserne doch von der Beschlagnahme freizubekommen, könnte es geschehen, daß die Ersatzbauten nicht mehr rechtzeitig fertiggestellt würden.
StaatsministerDr. Oberländer erklärt nachdrücklich, die Gemeinde Garmisch-Partenkirchen ziehe die Angelegenheit dauernd hinaus und bemühe alle möglichen Stellen.64 Er befürchte, ebenso wie Herr Staatsminister Dr. Hoegner, daß eines Tages doch geräumt werden müsse und dann keine Ersatzbauten zur Verfügung stünden. Er habe in diesem Sinne auch Bürgermeister Schütte geschrieben und ihn darauf aufmerksam gemacht, daß er für alles Verantwortung zu tragen habe.65
Staatssekretär66
Der Ministerrat wiederholt seinen schon früher gefaßten Beschluß, unter allen Umständen Ersatzbauten in Garmisch-Partenkirchen zu errichten.Dr. Hoegner beklagt sich darüber, daß das Finanzministerium der Obersten Baubehörde nicht genügend Mittel für die Straßenbauarbeiten zur Verfügung stelle. Zur Zeit sei das Ministerium mit 1,5 Millionen DM im Rückstand, so daß zum Teil die Forderungen der Firmen über Straßenbauarbeiten nicht befriedigt werden könnten, z.B. im Falle der Umgehungsstraße von Reichenhall.
StaatsministerZietsch erwidert, er habe schon den Auftrag gegeben, diese Angelegenheit nachzuprüfen.
StaatsministerDr. Hoegner fährt fort, wenn nicht bald eine befriedigende Regelung erfolge, müsse den Arbeitern im Straßenbau gekündigt werden, sogar den Stammarbeitern. Monatliche Zuweisungen allein hätten keinen Wert, vor allem müsse er aber die rückständigen 1,5 Millionen DM für die Zeit vom März bis Oktober vom Finanzministerium verlangen.
StaatsministerZietsch wiederholt seine Zusicherung, der Sache nachgehen zu wollen; er glaube, daß irgendein Mißverständnis vorliege, da an sich größere Mittel als im vergangenen Jahr bereitstehen müßten.67
StaatsministerNach Abschluß des Ministerrats werden noch einige Anfragen besprochen, die in der nächsten Fragestunde des Landtags gestellt werden.
Dr. Ehard erklärt dabei, er werde mit aller Deutlichkeit eine Anfrage hinsichtlich des Instituts für Zeitgeschichte beantworten, da auch er der Meinung sei, daß sich die bayerische Regierung überlegen müsse, ob sie die Zuschüsse für das Institut weiter bezahlen solle.68 Jedenfalls habe die Veröffentlichung der Tischgespräche Hitlers überall einen sehr schlechten Eindruck gemacht.69
Ministerpräsident