Ministerpräsident Dr. Hoegner, Innenminister Seifried, Finanzminister Dr. Terhalle, Landwirtschaftsminister Dr. Baumgartner, Wirtschaftsminister Dr. Erhard, Verkehrsminister Helmerich, Minister für Sonderaufgaben Schmitt, Staatssekretär Staatsrat Dr. Pfeiffer, Staatssekretär Ficker (Innenministerium), Staatssekretär Waldhäuser (Verkehrsministerium), Staatssekretär Krehle (Arbeitsministerium), Staatssekretär Staatsrat Dr. Ehard (Justizministerium).
[I. Rücktritt des Staatssekretärs Thunig]. [II. Erkrankung des Staatsministers Roßhaupter]. [III. Berufung eines Staatskommissars für die Universität München]. [IV. Eröffnungsfeier der Universität Erlangen]. [V. Attacken des Präsidenten des Bayerischen Roten Kreuzes Stürmann auf den Ministerpräsidenten]. [VI.] Bericht über die Länderkonferenz vom 5. März 1946. [VII.] Maßnahmen auf Grund des Gesetzes über die Reinigung Bayerns von Nationalsozialismus und Militarismus. [VIII.] Die landwirtschaftliche Arbeiterfrage. [IX. Verordnung über die Hochschulen der bildenden Kunst]. [X. Zuständigkeitsabgrenzung zwischen dem Verkehrsminister und dem Staatssekretär für die Post]. [XI. Heimbeförderung der Evakuierten]. [XII. Aufnahme der Impfstoffherstellung gegen Maul- und Klauenseuche]. [XIII. Unterstellungsverhältnisse der bayerischen Wasserstraßen]. [XIV. Entlassung österreichischer Beamter]. [XV. Wirtschaftspolitische Konferenz mit Vertretern der britischen Zone]. [XVI. Rohstoffzuteilung]. [XVII. Kriminalität im jüdischen DP-Lager Feldafing]. [XVIII. Wohnungsbeschlagnahmungen]. [XIX. Herausgabe von Plänen über den Ausbau der bayerischen Wasserkräfte].
Dr. Hoegner ein Schreiben von Staatssekretär Thunig bekannt, worin dieser um seinen Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen nachsucht.1 Er habe dieses Gesuch mit Bedauern zur Kenntnis genommen, genehmigt und recht baldige Genesung gewünscht.
Vor Eintritt in die Tagesordnung gibt MinisterpräsidentDr. Hoegner mit, daß dieser schwer erkrankt sei. Es habe ernste Lebensgefahr bestanden, die jedoch im Augenblick behoben sei. Er werde seine Tätigkeit aber erst in Wochen wieder aufnehmen können.2
Von Staatsminister Roßhaupter teilt MinisterpräsidentDr. Hoegner teilt weiter mit, in der Universität sei ein Buch aufgelegt worden, in dem sich die Studenten eintrügen, die sich für den Rektor Rehm und gegen den Ministerpräsidenten erklärten. Es handle sich hier um eine politische Demonstration.3 Er sei nicht gewillt, dies zu dulden und wolle deshalb andere Maßregeln treffen. Er schlage vor, den Referenten Otto Graf4 des Unterrichtsministeriums zum Staatskommissar für die Universität München zu ernennen.5 Dieser solle zunächst einmal den Sachverhalt feststellen. Wenn die Demonstration mit Wissen oder Zustimmung des Rektors stattfinde, werde er ihm nahelegen, seinen Rücktritt zu nehmen.6
MinisterpräsidentDr. Terhalle erklärt, der Rektor sei gestern noch in Erlangen gewesen.7 Er glaube nicht, daß er schon hier sei.
StaatsministerDie Einsetzung des Staatskommissars Graf für die Universität wird einstimmig gebilligt.
Dr. Hoegner fügt hinzu, daß Veranlassung bestehe, die 8.000 zum Studium zugelassenen Studenten noch einmal zu überprüfen.8 Hierum habe er den Unterrichtsminister schon ersucht.
MinisterpräsidentDr. Erhard berichtet, daß die Feier anläßlich der Eröffnung der Universität Erlangen einen sehr positiven Eindruck gemacht habe. Die Ansprache von Staatsminister Dr. Fendt9 sei durchaus positiv und mit Beifall aufgenommen worden. Auch die amerikanischen Redner hätten erstaunlichen Beifall gehabt.10
StaatsministerDr. Hoegner bezeichnet dieses Ergebnis als sehr erfreulich. Es zeige sich, daß man keine Gewaltmaßnahmen ergreifen solle, aber die notwendigen Maßnahmen mit Festigkeit durchführen müsse.
MinisterpräsidentSeifried bringt anschließend den Fall des Roten Kreuzes zur Sprache.11 Auf den Artikel in der „Neuen Zeitung“ hin müsse Stürmann eigentlich seinen Rücktritt erklären. Er als Aufsichtsbehörde könne es unmöglich hinnehmen, daß er weiterhin Präsident des Roten Kreuzes bleibe.12 Er habe schon früher eine Revision des Roten Kreuzes angeordnet, nicht aus Mißtrauen gegen die Geschäftsführung, sondern weil er über das Rote Kreuz, eine der wichtigsten Körperschaften des öffentlichen Rechts unter seiner Aufsicht, genau Bescheid wissen müsse. Ein Ergebnis der Revision liege noch nicht vor.13 Trotzdem halte er Stürmann nicht mehr für tragbar.
StaatsministerDr. Hoegner hält es nicht für richtig, gegen Stürmann vorzugehen wegen der Angriffe, die er gegen ihn erhoben habe. Man könne nur etwas machen, wenn die Geschäftsführung Anlaß zu Beanstandungen gäbe. Von einem Mitglied des Landesausschusses aus Hof14 seien derart schwere Vorwürfe gegen das Rote Kreuz erhoben worden, daß diese unbedingt nachgeprüft werden müßten. Wenn diese Vorwürfe wahr seien, dann könne der Präsident von einem Verschulden nicht freigesprochen werden.
MinisterpräsidentSeifried ist der Ansicht, daß es sich bei den Angriffen gegen den Ministerpräsidenten nicht um einen persönlichen Angriff, sondern um einen Angriff gegen die ganze Regierungspolitik gehandelt habe.
StaatsministerDr. Hoegner ersucht trotzdem den Innenminister, die Sache noch einmal zu überprüfen. Die Angriffe gegen das Rote Kreuz in Hof15 seien viel schwerwiegender. Wenn tatsächlich dort ein solcher Geist festzustellen sei, müßten der Präsident und verschiedene andere dafür verantwortlich gemacht werden.
MinisterpräsidentDr. Hoegner berichtet über die Länderkonferenz vom 5. März 1946,17 an der die meisten Mitglieder des Kabinetts teilgenommen haben. Als wichtige Punkte greife er heraus das Ersuchen der Militärregierung um eine Stellungnahme bezüglich der Entlassung von Beamten, das nach seinem Antrag beantwortet worden sei,18 die Frage der Rückführung von Evakuierten,19 die Behandlung der Österreicher. Hier habe sich der Länderrat auf den Standpunkt gestellt, daß man unmöglich die gleiche Rücksichtslosigkeit anwenden könne, sondern die Grundsätze der Menschlichkeit nicht außer Acht lassen dürfe.20 Weiterhin sei ein vorläufiges Statut über die Errichtung einer Art Oberpostdirektorium für die Zone besprochen worden. Es sei angenommen und auch in der Personalfrage eine Einigung erzielt worden.21
MinisterpräsidentDr. Hoegner gibt einen Brief des General Clay bekannt, in dem eine scharfe Überwachung des Vollzugs des Gesetzes angekündigt ist.22 Eine Abschrift des Briefes wird jedem Minister zugestellt werden.
MinisterpräsidentSchmitt berichtet über die Maßnahmen, die von seinem Ministerium zur Durchführung des Gesetzes getroffen würden. Zunächst müsse das Gesetz veröffentlicht werden,23 an die Regierungspräsidenten müßten Anweisungen ergehen, die Vorsitzenden und Ankläger bei den Kammern müßten im Benehmen mit dem Justizministerium ernannt werden, die Beisitzer müßten zusammengenommen und über das Gesetz aufgeklärt werden. Eine wichtige Frage sei weiter die Finanzierung. Die Vorsitzenden, ihre Stellvertreter und die Ankläger müßten hauptamtlich fungieren, während die Beisitzer nur Tagegelder bekämen. Auf Grund der Gebührenpflicht könnten aber die Unkosten gedeckt werden.
StaatsministerDr. Terhalle äußert sich zur finanziellen Seite, daß selbstverständlich eine Doppelbezahlung von Beamten, die in den Ausschüssen tätig seien, nicht eintreten könne. Im übrigen müßten die Wiedergutmachungsansprüche der Juden usw. aus den durch die Urteile der Kammern hereinfließenden Summen gedeckt werden. Bisher seien schon zwei Millionen Vorschuß gegeben worden. Vielleicht könne man einen Antrag an die Militärregierung richten, daß solche Entschädigungen aus den Strafen nach dem Denazifizierungsgesetz vorgenommen werden dürften.
StaatsministerSchmitt ersucht darum, daß der Kommissar für die Juden und für die politisch Verfolgten solche Vorschläge an ihn machen sollten, damit er mit dieser Begründung Anträge an die Militärregierung stellen könne.24
StaatsministerDr. Terhalle schlägt weiter vor, daß die eingehenden Gelder nicht durch die normale Staatskasse gehen sollten, sondern durch eine Sonderverwaltung.
StaatsministerDr. Baumgartner schlägt vor, daß kein Nichtparteigenosse einen Pfennig für diese Sachen zahlen solle. Die Kosten müßten die Nazis selber aufbringen.
StaatsministerSchmitt entgegnet, er glaube, daß das finanzielle Ergebnis nicht schlecht sein werde.
StaatsministerDr. Hoegner dankt noch einmal allen Mitarbeitern, insbesondere Staatsminister Schmitt, Staatssekretär Dr. Ehard und Staatssekretär Dr. Pfeiffer für ihre mühevolle und anstrengende Arbeit. Man könne stolz sein auf die gestrige Veranstaltung des Länderrats.
MinisterpräsidentDr. Baumgartner bezeichnet die Landarbeiterfrage als eine brennende, weil über 40.000 Stellen in Bayern offen seien.25 Außerdem begännen jetzt die Frühjahrsarbeiten.
StaatsministerKrehle berichtet über die vom Arbeitsministerium in dieser Angelegenheit getroffenen Maßnahmen. Ursprünglich habe man ein eigenes Arbeitspflichtgesetz für die Landwirtschaft schaffen wollen. Davon sei man abgekommen, nachdem inzwischen das Gesetz Nr. 3 des Kontrollrats herausgekommen sei.26 Dieses biete alle Möglichkeiten und enthalte auch scharfe Strafbestimmungen. Ein deutsches Gesetz habe bestimmt keine größere Autorität als dieses Kontrollratsgesetz. Die Zahl der offenen Stellen der Landwirtschaft sei im letzten Monat um etwa 10.000 auf 40.000 angestiegen, denen 7.200 Arbeitssuchende gegenüberstünden, von denen aber nur 3.000 voll einsatzfähig seien. Andererseits habe man aber rund 8.000 Personen erfaßt, die von anderen Berufen in die Landwirtschaft zurück müßten. Beinahe 8.000 könne man wohl noch erfassen. Eine Verordnung über das Verbot der Abwanderung von Arbeitskräften vom Lande sei ergangen. Die Ostflüchtlinge würden hauptsächlich in die Landwirtschaft vermittelt. Von ihnen seien aber nur 10% wirklich arbeitsfähig. Man müsse eine ganze Anzahl von Menschen aus den kaufmännischen Berufen, die arbeitslos seien, in die Landwirtschaft zurückbringen, weil für diese sowieso keine Möglichkeit vorhanden sei, in der Stadt unterzukommen. Weiter sei eine Verordnung ergangen, wonach alle Evakuierten innerhalb drei Tagen sich beim Arbeitsamt zu melden hätten und von dort aus in Arbeit vermittelt werden müßten. Für die Arbeitsspitzen (Getreideernte, Hackfruchternte, Hopfenernte) seien Arbeitskräfte bereitgestellt. Auch der Fortbildung und Umschulung werde ein großes Augenmerk zugewendet. Die Ausbildung von Melkern stoße allerdings auf Schwierigkeiten, weil hiefür aus verständlichen Gründen kein großes Gut seine Kühe zur Verfügung stellen wolle. Die Melkerkurse müßten in staatlichen Gütern durchgeführt werden. Im übrigen sei festzustellen, daß viele landwirtschaftliche Betriebe zu viel Arbeitskräfte hätten, vor allem Kleinbetriebe. Söhne und Töchter von Kleinbauern hätten keine Lust, irgendwo anders hin zur Arbeit zu gehen. Die gegenwärtige Geldmarktlage trage auch dazu bei, daß niemand etwas arbeiten wolle. Andererseits wollten viele Bauern aus diesem Grunde Dienstpersonal haben, das sie sich sonst nicht geleistet hätten. Beim Kontrollrat müsse man anregen, daß landwirtschaftliche Arbeitskräfte bevorzugt aus der Gefangenschaft entlassen werden sollten. Von Seiten der Arbeitsverwaltung aus werde alles getan. Die Situation sei aber trotzdem schwierig. Die Unterbringungsfrage der Arbeiter müsse auch geregelt werden.
StaatssekretärDr. Baumgartner ersucht, alle Maßnahmen beschleunigt durchzuführen. Er bestätigt weiter, daß die Söhne und Töchter von Kleinbauern zu Hause sitzen und nichts arbeiteten. Er bitte darum, daß diese auf die großen Bauernhöfe als Arbeitskräfte gebracht werden sollten.
StaatsministerKrehle erwidert, daß hiefür die Mitarbeit der Bürgermeister auf den Dörfern erforderlich sei.
StaatssekretärDr. Hoegner erklärt sich bereit, bei der Militärregierung vorstellig zu werden, daß Bauern, Bauernsöhne und Landarbeiter, die nicht bei der Partei waren, bevorzugt aus der Gefangenschaft entlassen werden sollen.
MinisterpräsidentFicker macht auf einen weiteren Gesichtspunkt aufmerksam. Die Lohntarife seien aus dem Jahre 1926 und würden den heutigen Verhältnissen nicht mehr gerecht. Die Tarifordnung solle im Zusammenhang mit den Gewerkschaften überprüft werden. Im übrigen könne man nicht durch Zwang allein etwas erreichen, sondern man müsse versuchen, die landwirtschaftlichen Arbeiter freiwillig zurückzubringen. Sehr viele landwirtschaftliche Arbeitskräfte würden gezwungen, obwohl sie bei Großbauern arbeiteten, von ihren Lebensmittelmarken zu leben. Es wäre besser, auch diese Arbeitskräfte als Selbstversorger zu behandeln und sie an der Produktion zu interessieren.
StaatssekretärDr. Baumgartner erwidert, daß die Tarife nicht eingehalten, sondern erschreckend hohe Löhne bezahlt würden.
StaatsministerKrehle führt aus, er sei sich darüber im klaren, daß die sozialen Verhältnisse einer Überprüfung bedürften. Man müsse diese Dinge aber gründlich überlegen, damit nicht das ganze Preisgebäude ins Wanken komme. Eine Besserstellung der Landarbeiter bezüglich der Verpflegung könne vielleicht auf dem Wege über die Deputate eintreten. Das werde sich nach der Preisseite nicht so gefährlich auswirken. Wichtig sei auch eine menschenwürdige Unterbringung der Arbeiter. Daran fehle es oft.
StaatssekretärDr. Hoegner beendet die Debatte, und ersucht den Landwirtschaftsminister, den Entwurf eines Schreibens an die Militärregierung wegen der Freigabe landwirtschaftlicher Kriegsgefangener vorzulegen.27 Im übrigen müsse man die Durchführung des Gesetzes Nr. 328 abwarten, vielleicht lasse sich in drei bis vier Wochen etwas mehr sagen.29
MinisterpräsidentDr. Hoegner teilt mit, daß der Unterrichtsminister ihm eine Verordnung über die Hochschulen der bildenden Kunst vorgelegt30 habe zur Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt. Durch diese Verordnung würden die Akademie für angewandte Kunst in München und in Nürnberg aufgelöst. Lediglich in München solle eine Hochschule für bildende Kunst errichtet werden. Er habe Bedenken, daß solche Verordnungen ohne Zustimmung des Ministerrats und des Ministerpräsidenten erlassen würden, weil sie zu tief in die Organisation eingriffen. Weiter habe er Bedenken wegen der Rückwirkungen auf Nürnberg, daß man dort eine solche Anstalt ohne weiteres beseitige.
MinisterpräsidentDr. Erhard bestätigt diese Bedenken. Die Verordnung werde in Nürnberg heftigen Widerspruch erfahren. In Nordbayern sei man im Augenblick sehr empfindlich.
StaatsministerDr. Hoegner erklärt abschließend, nachdem der Unterrichtsminister nicht da sei, wolle er die Sache im nächsten Ministerrat behandeln. Vielleicht könne der Wirtschaftsminister bis dahin in Nürnberg noch nähere Erkundigungen einziehen.31
MinisterpräsidentDr. Hoegner bringt einen anderen Punkt zur Sprache, die Frage der Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen dem Verkehrsminister und dem Staatssekretär für die Post.32 Die Amerikaner hätten seinerzeit ein eigenes Staatssekretariat für die Post verlangt, mit der Begründung, daß die Postbeamten nicht das Gefühl hätten, von den Eisenbahne[r]n überritten zu werden. Er habe nun einen unverbindlichen Vorschlag für die Zuständigkeitsregelung ausgearbeitet, den sich sowohl der Verkehrsminister als auch der Staatssekretär überlegen sollten. Endgültig könne die Sache heute nicht geregelt werden.
MinisterpräsidentHelmerich erwidert, unter diesen Umständen bitte er darum, daß er von der Post vollkommen befreit werde.
StaatsministerDr. Hoegner bezeichnet dies als unmöglich. Der Verkehrsminister möge dann Gegenvorschläge machen.
MinisterpräsidentDr. Terhalle bittet, auch das finanzpolitische Moment zu berücksichtigen. Wenn wir Einfluß auf Post und Eisenbahn bekämen, müßten wir auch in einer Art Finanzgesetz die Zusammenarbeit mit dem Verkehrsministerium und dem Finanzministerium sicherstellen.
StaatsministerSeifried berichtet über die Heimbeförderung der Evakuierten aus Bayern. Er schlage aber vor, noch die Sitzung des Flüchtlingsausschusses beim Länderrat vom 7. März abzuwarten, in der noch einige Punkte geklärt werden müßten. Der Bericht dient zur Kenntnis.
StaatsministerSeifried berichtet weiter, daß nach langwierigen Verhandlungen die Vaccine-Herstellung für Maul- und Klauenseuche in Bayern aufgenommen worden sei.33
StaatsministerSeifried mit, daß Bau, Betrieb und Verwaltung der Wasserstraßen Bamberg-Regensburg-Passau den zuständigen bayerischen Behörden übertragen worden sei. Dagegen unterstehe der bayerische Teil des Mains nach wie vor der Wasserstraßenverwaltung in Eltville.34
Ferner teilt StaatsministerDr. Ehard teilt mit, er sei von der Militärregierung wegen der Entschließung des Finanzministeriums über die Entlassung österreichischer Beamter angesprochen worden. Die Militärregierung habe sehr heftig gegen diese Entschließung protestiert.35
StaatssekretärSeifried erwidert, diese Angelegenheit habe sich inzwischen durch den Länderratsbeschluß36 etwas gemildert. Die Folgerungen hieraus seien bereits an die einzelnen Ministerien hinausgegeben worden. Die Stimmung draußen sei aber heute so, daß es wirklich untragbar sei, daß heute ein Österreicher als Landrat tätig sei.
StaatsministerDr. Erhard erstattet Bericht über eine zweitägige Sitzung in Frankfurt mit Vertretern aus der englischen Zone.37 Diese habe sich nur mit Fragen der Wirtschaft befaßt. Auf englischer Seite seien aber noch eine ganze Reihe von Vorarbeiten notwendig. Die Herren der englischen Zone seien überrascht gewesen, wie weit wir im Verhältnis zu ihnen fortgeschritten seien. Der maßgebende englische Offizier38 wolle nach Bayern kommen, um sich über den Aufbau in Bayern zu orientieren.
StaatsministerDr. Erhard, bisher seien die Rohstoffe nach willkürlichen Gesichtspunkten und natürlich zu unserem Nachteil verteilt worden, da man die Bevölkerungszahl oder Industrie-Kapazität zugrunde gelegt habe. Aber viele Erzeugnisse, z. B. Porzellan, gingen auch in die anderen Länder. Nunmehr würden die Kontingente so verteilt, daß zunächst die Rohstoffe für solche Produktionen abgezweigt und erst der Rest paritätisch verteilt werde.
Weiter erklärte StaatsministerDr. Erhard folgende Anfrage: Er habe gehört, daß sich in Feldafing eine Schieberzentrale größten Umfanges entwikkelt habe.39 Er frage an, wie lange man da Zusehen müsse.
Schließlich stellte StaatsministerSeifried erwidert, solche Zustände wie in Feldafing treffe man überall da, wo die UNRRA größere Lager aufgemacht habe. Auch in München seien solche Zustände. Hier sei wiederholt streng durchgegriffen worden. Die Militärregierung habe versprochen, diese Beschwerden weiter zu behandeln. Bis jetzt sei aber ein sichtbarer Erfolg nicht zu erreichen gewesen.
StaatsministerÄhnlich sei es bei der Wohnungsbeschlagnahme. Es hätten jetzt aufs neue Wohnungsbeschlagnahmungen eingesetzt, teils für die Armee und teils für die UNRRA. Hiervon würden vor allem jetzt auch antifaschistische Kreise betroffen. Besonders schlimm sei, daß den Leuten verboten werde, überhaupt irgendwelches Inventar mitzunehmen, so z. B. nicht einmal Eßbestecke. Wenn die Wohnungen wieder freigegeben würden, sei vom Mobiliar nicht mehr viel da.
Dr. Hoegner erwidert, er habe wegen der Verschleuderung von Mobiliar sich an General Muller gewendet. Die Antwort sei sehr entgegenkommend gewesen. Er sei gebeten worden, Einzelfälle zu bringen. Der Oberbürgermeister habe ihm aber bis heute keinen einzigen Fall berichtet.
MinisterpräsidentSeifried erwidert, er könne solche Fälle benennen.
StaatsministerDr. Pfeiffer führt aus, er habe sich mit General Muller lange über diesen Punkt unterhalten. Dieser habe gesagt, er hoffe der bayerischen Regierung sehr bald in der Wohnungsfrage helfen zu können. Die Schwierigkeiten lägen bei der Armee infolge der Umlozierung der einzelnen Truppenteile. Er hoffe aber, daß diese Sache in 3 bis 4 Wochen abgeschlossen sei.
StaatssekretärSeifried erklärt noch, es sei wiederholt von verschiedenen Kreisen an ihn herangetreten worden, man solle doch Material und Pläne über den Ausbau der bayerischen Wasserkräfte herausgeben. Er habe sich bisher dagegen gesperrt.
StaatsministerDr. Hoegner hat keine Bedenken, wenn es sich darum handle, auswärtiges Kapital für diesen Ausbau zu bekommen.
MinisterpräsidentSeifried erwidert, darum habe es sich nicht gehandelt, sondern um ganz andere Pläne.
Staatsminister